Stefanie Beck

Knallrote Sportautos

 

Knallrot war er, der Sportwagen, den ich in meiner Phantasie erst mit quietschenden Reifen um die Ecke biegen und dann im Schritttempo vorbeituckern sah. Ein Hoch auf die Erfindung der Automatik-Gangschaltung!

 

Nicht, dass es irgendwas zum Gesprächsthema beigetragen hätte - es war einfach nur das, was fehlte, um die Szenerie perfekt zu machen: Ein erbarmungslos heißer Sommernachmittag, an dem der Kleiderschrank absolut nichts Brauchbares zu bieten hatte und an dem sich kein erfrischendes Lüftlein regte, weshalb die Menschheit mit übermäßigem aber sinnlosem Deokonsum und den entgegenwirkenden Ausdünstungen sowie durch den exzessiven Genuss kohlensäurehaltiger Erfrischungsgetränke zweifellos die Vergrößerung des Ozonlochs begünstigte. So ein Nachmittag, an dem ich mir (Achtung: Sarkasmus!) nichts Besseres vorstellen konnte, als schwitzend im Eiscafé zu sitzen und mir in Ermangelung eines Schirms das nicht vorhandene Dekolleté zu verbrennen, während meine beste Freundin die neuesten Flirttips aus dem von ihr bevorzugten Klatschblatt an den dafür unempfänglichen, jedoch sichtlich amüsierten italienischen Kellnern ausprobierte und gleichzeitig ihre Frauengespräche (ohne es zu merken) gegen eine Wand führte. 

 

Und wäre unser Eiscafé nicht zufällig mitten in einer Fußgängerzone gelegen – ich bin sicher, ich hätte mich tatsächlich über ein paar dieser albernen Idioten amüsieren können, die zwanzigmal um denselben Häuserblock fahren, die Sonnenbrille auf der Nase, die Musikanlage bis zum Anschlag aufgedreht, im Schneckentempo und unrhythmisch aber lässig zu HipHop-Beats zuckend, am Eiscafé vorbei. Und das alles nur, um mit ihrer fahrbaren Männlichkeitsprothese anzugeben oder um irgendeine gefärbte Blondine im knallroten Lackmini mit nichts drunter aufzureißen, was aber in der Regel nicht funktioniert. Deshalb merken diese Typen meist auch nicht, dass in ihrem schicken Zweisitzer überhaupt kein Platz mehr für die gefärbte Blondine wäre, weil sie immer mit dem besten Kumpel auf Tour gehen, da sie sich allein nicht trauen würden. Und die Frage, wer von den beiden denn am Schluss die Blondine bezahlen muss stellt sich somit gar nicht erst.

 

       Und während sich in einem Anfall plötzlicher Ironie der knallrote Sportflitzer vor meinem inneren Auge in einen quietscheentchen-gelben Mini verwandelte, musste ich wohl unwillkürlich grinsen. So erfuhr ich schließlich auch von meiner empörten Freundin, dass sie mir, während ich über männliche Macho-Blödheit und den eigentlich nicht vorhandenen Nutzen von roten Sportautos im Stadtverkehr sinniert hatte, vorgejammert haben musste, dass sie von ihrer neuen Enthaarungscreme an einer nicht vorzeigbaren Körperstelle juckende, rote Pusteln bekommen hatte und das natürlich alles andere als zum Grinsen fand. Sie mochte zwar ob meiner vermeintlichen Schadenfreude stinkend sauer sein, aber – so entschied ich – nicht in halb so lebensbedrohlichem Ausmaß, als wenn sie erführe, dass ich mich erdreistet hatte, nicht mit der vollsten Aufmerksamkeit jedes noch so winzigen Atoms, das am Zellbau meiner Ohren beteiligt war, zu lauschen…

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.02.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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