Helga Siebecke
Kochen vor der Linse oder gibt es einen Ausweg?
Kochen ist modern. Alle kochen hemmungslos, begeistert, öffentlich: zuweilen Gerichte, die den Atem stocken lassen. Mit fantasievollem Namen versehen, erscheint die Sache kochmäßig betrachtet auf einer niveauvollen Ebene. „Ungewässertes Nierencarpaccio mit Taubnesselblüten auf einem Bett aus Ziegenhirnschaum“ steht auf der Karte, liebevoll in Birkenscheiben geritzt. Es verspricht spannend zu werden, vielleicht sogar ein toller Abend mit Gaumensex, meinte einer der mutigen Teilnehmer augenzwinkernd.
Eine Woche lang kocht jeder für jeden, bzw. jeder einmal für alle. Die Wohnung des Gastgebers darf inspiziert werden. Von der rosa Handschelle bis zum Fanzimmer für Barbie-Puppen, über zweihundert Paar Schuhe, hin zu den Ahnentafeln der lieben Familie, wird alles aufgestöbert, ausprobiert und aufgestülpt. Die Bürger sind puppenlustig und finden sich in der super Kochgemeinde absolut gut aufgehoben. Bis das Punkten losgeht. „Ääh, eine Gräte im Fisch und das Gericht war zu unspektakulär…hm,hm…ich hätte da etwas Ausgefalleneres erwartet und der Gastgeber war ja nur in der Küche. Mäh…ganz liebe 6 Punkte! Bussi, Bussi.
Einschaltquoten erreichen kosmische Höhen. Sind wir nun total verrückt oder total verfressen, oder gibt es nichts Besseres? Vielleicht das Dschungelcamp… oder DSS (Deutschland sucht den Superstar…), nein, dann lieber doch kochen, was auch immer.
Aber wir entscheiden uns spontan für etwas ganz Abwegiges, machen etwas total Abgefahrenes:
Wir schalten den Fernseher aus, trinken Tee und lesen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.02.2008.
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