Andreas Rüdig
Besuch in Haus Kemnade (Bochum)
Haus Kemnade wurde im Laufe des 17.
Jahrhunderts auf einem Vorgängebau im Stil der Renaissnce errichtet und
war über viele Jahrhunderte Sitz der Gerichts- und Patronatsherren von
Stiepel. Zu den wichtigsten kunsthistorischen Werken zählen die
Renaissancekamine, der Treppenaufgang, die Deckenornamente, die
gotische Kapelle und das Syberger Epitaph. Die Stadt Bochum kaufte 1921
das Haus mit rund 500 Morgen Land von Ludwig von Berswordt-Wallrabe.
Hinter Haus Kemnade liegt das rund 250 Jahre alte
Vierständer-Fachwerkhaus, der ehemalige Meierhof Schulte zu Oven.
Dieser Hof stand ursprünglich in Bochum-Stiepel zwischen der Kemnader
und Düsterstraße. 1970 wurde er an seinem alten Standort vollständig
zerlegt und hinter Haus Kemnade wieder aufgebaut. Heute dient er als
Bauernhausmuseum der Stadt Bochum.
Seit wann die Menschheit Geld jeglicher Art benutzt und wer es erfunden
hat, kann heute niemand mehr genau sagen. Da sich Tauschgeschäfte als
kompliziert und mitunter langwierig erwiesen hatten, einigten sich die
Menschen auf die sonderbarsten Dinge als Zahlungsmittel. Teeziegel,
Muschelketten, Salzblöcke, große Bronzetrommeln, Kanonenrohre und sogar
Speere und andere Waffen, sie sind in der Schatzkammer zu bestaunen.
Solche Zahlungsmittel waren schwer zu transportieren und unhandlich.
Leichter wurde es im 7. Jahrhundert vor Christus. In Lydien, einer
Region in der heutigen Türkei, brachte der König Krösus der Sage nach
erste Münzen in Umlauf. In kleine Klümpchen aus Elektron, eine
natürliche Mischung aus Gold und Silber, wurde das königliche Siegel
gepreßt. Der Wert war durch den Metallgehalt festgesetzt. Die
Entwicklung des Münzwesens wird anschaulich in der Museumsburg
dargestellt. Jetzt hatte die Menschheit das Geld, doch wo sollte man
all die Münzen verstauen? Von zierlich bestickten Portemonnaies bis zu
massiven mittelalterlichen Geldtruhen zeigt die Schatzkammer viele
Möglichkeiten der Geldaufbewahrung. Selbst alte Sparstrümpfe sind zu
finden, womit wir beim Thema Sparen, dem Schwerpunkt der Kollektion
sind.
Eine der größten Spardosensammlungen Deutschlands steht im Mittelpunkt
der Schatzkammer. Hier finden sich vom Thesauros, einem griechischen
Schatztempel nachgebildeten Sparhaus, bis zum ältesten deutschen
Sparschwein aus dem 13. Jahrhundert, von der venezianischen
Ballusterdose aus edlem Porzellan bis zur amerikanischen Guss -
Spardose, alle denkbaren Sparbehälter.
Bedeutende Firmen wie die Porzellanmanufakturen Hummel und Goebel oder
auch WMF, die man heute eher als Bestecklieferanten kennt, sind mit
kunstgewerblich bedeutenden Spardosen auf Kemnade zu finden. Ob Holz
oder Metall, Porzellan bis hin zum modernen Kunststoff gibt es kein
Material, aus dem nicht Spargefäße gefertigt wären. Besonderen Wert
stellen die zahlreichen filigranen Silder- und Goldschmiedearbeiten dar.
Ein Sammelgebiet mit lokalhistorischem Bezug bilden die Not- und
Inflationsgeldscheine in Millionenwerten aus Bochum und Umgebung.
Kleine und große Unternehmen brachten 1923 eigene Geldscheine heraus
und dokumentierten so ein Stück Stadtgeschichte.
Soweit zur Theorie, wie ich sie in Faltblättern gefunden habe. Doch wie sieht die Praxis aus?
Haus Kemnade liegt etwas außerhalb des Bochumer Stadtteils Stiepel in
direkter Nachbarschaft zum Kemnader See. Im Sommer eignet sich die
Gegend als Ausflugsziel für Spaziergänger. Da die Bushaltestelle "Haus
Kemnade" direkt vor der Haustüre liegt, ist Haus Kemnade auch gut mit
Bus und Bahn zu erreichen.
Doch auch Haus Kemnade selbst ist einen Ausflug wert. Wer Bochumer
Kunstverein zeigt hier seine Ausstellung. Eine
Musikinstrumentenausstellung kommt hinzu. In der Zeit vom 25.11.2007
bis zum 30.3.2008 ist dort auch die Ausstellung "Jäger und Sammler" zu
sehen. Nein, nein, nicht um Neanderthaler und andere vorgeschichtliche
Menschen geht es hier. Man sagt uns Männern ja nach, daß wir auch als
Erwachsene in unserem Herzen Kinder wären. So kann es durchaus
vorkommen, daß wir auch in vorgerücktem Alter noch unseren Sammeltrieb
ausleben. Franz Mittag sammelt Kinder- und Reisegrammophone, Herbert
Waschkewitz Rasierapparate, Werner H. Rukowski Rechengeräte, Hans -
Henning Otto Zinnfiguren, um nur einige Beispiele zu nennen. Dies ist
zwar keine großartige Ausstellung, die lange in Erinnerung bleiben
wird. Die Ausstellung lebt eher aus ihrem historischen Charme heraus.
Hier werden Erinnerungen, vielleicht sogar an selbst erlebte
Geschichten, wach. Kleine Schautafeln berichten, wie die Sammler zu
ihrem Hobby gekommen sind. An dieser Stelle gewinnt die Ausstellung
sogar einen persönlichen Bezug. Einen Besuch ist die Ausstellung sogar
wert.
Ich besuche Haus Kemnade Mitte Februar 2008. Sonnig aber eiskalt ist es
an diesem Samstagvormittag. Auf einen Besuch in der umliegenden
Landschaft verzichte ich daher. An einem warmen Sommertag würde sich
ein solcher Spaziergang sicher lohnen. So aber mache ich mich ganz
schnell wieder auf den Weg nach Hause.
Die "Geldgeschichtliche Sammlung der Sparkasse Bochum", die
Schatzkammer von Haus Kemnade, ist auf jeden Fall einen Besuch wert.
Auch hier ist der Eintritt kostenlos. Doch hier geht es nicht nur um
den schönen Schein und die vielen funkelnden, hübschen und oft auch
prächtigen Sparschweine. Wer kennt das nicht: am Weltspartag mit dem
prall gefüllten Sparschwein zur nächstgelegenen Sparkasse zu gehen und
das viele Geld (für Kinderverhältnisse) auf eigene Sparbuch einzuzahlen?
Ich erinnere mich noch genau an mein eigenes Sparschwein. Es war aus
Keramik, hatte oben einen Schlitz, unten ein Schloß, war weiß mit
aufgemalten Blümchen und sah tatsächlich aus wie ein Schweinchen.
Irgendwann ist es dann zerbrochen und war nicht mehr zu retten. Der
beste Kleber half nichts - zusammengeklebt sah das Sparschwein nur noch
häßlich aus. Folglich landete es kurze Zeit später im Abfalleimer. Eine
Kundenbindung erreichte die Duisburger Sparkasse damit übrigens nicht.
Andere Banken bieten die Möglichkeit, überall in Deutschland auf das
eigene Geld zugreifen zu können. Also wechselte ich schon vor langer
Zeit.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.02.2008.
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