Sven Später

Blutbad

 
Jerry wartete geduldig bis sich die junge Frau ihrer wenigen Kleider entledigt hatte. Für eine, die man üblicher Weise an berüchtigten Straßenecken aufgabelte, sah sie erstaunlich elegant aus und wirkte so als seien ihr gehobenere Umgangsformen alles andere als fremd. Ein wenig tölpelhaft streifte sie ihren schwarzen Mini über die viel zu dünnen Beine, versuchte danach verzweifelt den BH zu öffnen und als diese Hürden genommen waren, begann sie damit, ihre Nylonstrümpfe in geschmeidigeren Bewegungen über die weiße Haut Richtung Knöchel zu rollen.
Sie war schön, keine Frage. Das leichte Make-up unterstrich ihren feinen Teint. Klare, blaue Augen blickten hungrig in seine Richtung, während er, ganz der Gentleman, bereits die Bettdecke auf den Boden geworfen hatte. Natürlich spielte sie ihm nur etwas vor, so wie sie es mit allen Kunden tat. Wie lange mochte sie schon auf den Strich gehen?
Eine jämmerliche Verschwendung, aber er war glücklich, dass es solche Mädchen gab. Sie hatten kaum Freunde in einer Großstadt wie New York und die Familien würden sie nicht vermissen, wenn sie verschwanden. Man las so viel in den Zeitungen über ermordete Prostituierte und kein Mensch kümmerte sich darum. Fast niemand weinte ihnen nach.
Nun endlich begann sie mit einem erotischen Tanz zu imaginärer Musik. Leidenschaftlich fuhr sie mit ihren feingliedrigen Fingern durch die hellbraune Mähne, zwinkerte ihm zu und spitzte die Lippen des kleinen Mundes. Ein wahrer Leckerbissen.
Am Bett angekommen, stellte sie einen Fuß neben Jerry’s Bauch und rieb sich die kleinen Brüste. Er streichelte ihr Bein und begann, die schlanke Fessel zu küssen, knabberte spielerisch daran. So eine Frau hatte er niemals zuvor kennengelernt. Alles an ihr fühlte sich an wie Samt und Seide, geradezu perfekt. Und er kannte sich aus. Jerry war ein Feinschmecker was solche Dinge betraf.
Pro Woche genehmigte er sich ein bis zwei sexuelle Abenteuer, da ihm seine Frau nicht das geben konnte, wonach ihm verlangte. Nach fast neunzehn Jahren Ehe liebte er Pamela zwar noch immer, aber sie hatte alles verloren was ihn damals an ihr fasziniert hatte. Allein ihr Wesen hatte sich nicht verändert. Auch heute noch war sie der liebste und beste Mensch den Jerry kannte, aber all die hochgelobten inneren Werte konnten ihren Hang zur Fettleibigkeit nicht verbergen, der sich nach der Geburt des dritten Kindes eingestellt hatte.
Pamela hatte zu viele Falten im Gesicht, ihre Haut war fleckig und erinnerte ihn irgendwie an altes Pergament. Da konnte ein Mann gar nicht mehr geil werden. Zum Glück hatte er oft in New York geschäftlich zu tun, so blieben seine Ausflüge in das wilde Nachtleben unentdeckt und das tat seiner Ehe gut. Seine Frau hätte das nicht verstanden. Sie konnte ja nicht wissen was ein Mann brauchte, der unter starkem Haarausfall litt und nicht mehr der begehrte Footballheld von einst war. All die Muskeln waren erschlafft, hatten dem einsetzenden Alter Platz gemacht. Jerry fühlte sich unattraktiver als jemals zuvor. Die Prostituierten gaben ihm das Gefühl wieder jung zu sein, ein Aufreißer. Ein kostspieliger Ausflug in eine Phantasiewelt, aber es war das Geld wert.
Während Jerry die Wade des jungen Geschöpfes entlang fuhr, über den Schenkel zum Paradies der Männerträume strich, dachte er an Jack the Ripper. Der hatte auch immer seinen Spaß gehabt. Vielleicht auf eine mehr als krankhafte Art, doch die Geschmäcker waren eben verschieden. Zudem konnte die Macht über Leben und Tod sehr befriedigend sein. Das wusste Jerry nur zu gut. Es war beinah wie Sex.
Serienmörder stellten für ihn ein interessantes Mysterium dar. Sie folgten ständig einem geheimen Drang, den nur sie verstehen konnten und nahmen sich was sie wollten. Ja, das waren noch richtige Männer. Kein Kuschen vor dem Gesetz. Sie führten ihr Leben so frei als seien sie Pioniere in einem unerforschten Land.
Das Mädchen stöhnte als Jerry seinen Zeigefinger in die Öffnung gleiten ließ, in der später sein bester Freund verschwinden sollte. Es glich der Vorhut in unbekanntes Terrain, bevor die Kavallerie nachrückte. Dort unten waren seiner Meinung nach alle Frauen gleich, aber dennoch machte es ihm jedes mal so viel Spaß als sei es sein erstes Erlebnis dieser Art.
Das hübsche Ding gab sich alle Mühe ihn heiß zu machen. War auch besser für sie. Sollte sie ihn nicht befriedigen können, würde sie so enden wie etliche ihrer Vorgängerinnen. Die Werkzeuge lagen in einem Koffer unter dem Bett bereit und warteten nur darauf, ihre Aufgabe erfüllen zu dürfen.
Besser als einfacher Sex war für Jerry noch immer das Schreien junger Frauen, die sich unter Qualen hilflos wanden. Er wusste, dass er selbst nie zu einer Legende werden konnte. Dafür tat er es einfach zu selten. Einer einzelnen ermordeten Nutte schenkte die Polizei kaum Beachtung. Ganz gleich, wie bestialisch sie zu Tode gekommen war. Man wälzte pflichtbewusst ein paar Akten, schob sie von einer Schreibtischseite auf die andere und legte es irgendwann ab. Sollte in der Zwischenzeit ein Zuhälter geschnappt werden, der eines seiner Mädchen um die Ecke gebracht hatte, schob man es dem ganz einfach zusätzlich in die Schuhe.
Nun begann das letzte Ritual vor der Offenbarung. Sie packte sanft seinen Hinterkopf, küsste die kahle Stirn und leckte ihm über die Schläfen.
Ja, genau das ist es. Das ist es, verdammt.
Zwischen Jerry’s Beinen begann die Schwellung und es wurde höchste Zeit, das Gummihütchen überzustreifen um sich vor möglichen Infektionen zu schützen. Wenn er sich etwas einfing, war das seine Sache, aber Pam sollte auf keinen Fall unter so etwas zu leiden haben, obwohl er im Grunde lieber mit blanker Waffe focht.
“Komm zu mir”, hauchte er. “Du bist das zarteste Wesen, das ich jemals berührt habe.”
“Ich tue viel für meine Haut. Sie soll immer jung und schön bleiben.”
Jerry fragte sich, was das Geheimnis dieser Haut war und träumte davon, sie in einem Stück von dem darunter liegenden Fleisch lösen zu können, um sie selbst zu tragen. Dazu bräuchte man ein besonders scharfes Messer und viel Geschick.
Ruckartig beförderte sie sein Gesicht zu dem Liebesdreieck und genoss die warme Luft seines Atems.
“Willst du wissen, was ich für mein Aussehen tue?“ fragte sie stöhnend. „Ich bin älter, als ich aussehe.”
Ihr Flüstern drang gedämpft an sein Ohr, so sehr war er damit beschäftigt, seine Zunge in sie hinein zu stoßen. Es war ihm eigentlich vollkommen gleichgültig, wie sie sich so samtweich hielt. Hauptsache war, dass sie sich perfekt anfühlte.
“Ich bade in Blut”, stieß sie leise hervor. “Und Blut verleiht ewige Jugend.”
Bevor Jerry über die Worte des Mädchens nachdenken konnte, stieß sie ihm hart ihr Knie gegen die Schläfe. Es tat höllisch weh und für einen kurzen Augenblick erschienen grelle Lichtblitze vor seinen Augen. Dann zerquetschte sie sein steifes Glied mit ihrer Ferse, packte ihn am Kinn und schleifte ihn ins Badezimmer.
Alles ging so schnell. Jerry konnte weder reagieren, noch sich verteidigen. Seine Hoden pochten wie verrückt und der Kopf tat immer noch schrecklich weh.
Mit unglaublicher Leichtigkeit warf sie den schweren Mann in die Wanne, krallte ihre Finger in seinen Hals und zerfetzte seine Schlagader. Blut strömte schnell und unaufhaltsam in das weiße Badegefäß und sie bearbeitete weitere Adern an Armen und Beinen, damit Jerry vollständig ausblutete, bevor die bereits ausgelaufene Kostbarkeit gerann.
Rasch warf sie den leblosen Körper zu Boden, nachdem er nichts mehr hergab. Sie legte sich in den roten Lebenssaft, beeilte sich alles über ihren Körper zu verteilen und genoss, wie ihren Poren jeden einzelnen Tropfen aufsaugten.
Sie würde für immer jung bleiben. Es gab Tausende wie Jerry und jeder von ihnen wollte sie haben.
Jeder.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.02.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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