Andreas Rüdig
Beruf Logopäde
"Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen
meiner Welt," behauptet der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein.
"Logopäden sorgen dafür, daß unsere Grenzen immer weiter werden,"
berichtet Uwe Kurz, seines Zeichens Diplom - Sprachheilpädagoge und
Leiter des Instituts für Sprachtherapie - logopädische Praxis -.
"Worum geht es?
Logopäden untersuchen und beraten Patienten jeden Alters, die unter
Stimm-, Sprach-, Sprech- oder Schluckstörungen leiden. Auf der Basis
einer ärztlichen Verordnung setzen sie therapeutische Maßnahmen ein.
Wenn die Kommunikation gestört ist
Bei der logopädischen Untersuchung holen sie zunächst Informationen
über die Vorgeschichte und die Art der jeweiligen Kommunikationsstörung
des Patienten ein. Um diese Informationen richtig interpretieren zu
können, erheben Logopäden Daten über den Beginn und den bisherigen
Verlauf der Störung sowie die psychische, familiäre und berufliche
Situation der Patienten. Danach wählen sie das geeignete
Untersuchungsverfahren zur Erfassung der spezifischen
Krankheitserscheinung aus und führen diese Untersuchungen durch. Sie
ermitteln beispielsweise, welche Möglichkeiten und Schwierigkeiten ein
Patient hat, sprachlich zu kommunizieren und Sprache zu verstehen, oder
untersuchen den sprachlichen Entwicklungsstand, etwa Sprachverständnis,
Wortschatz oder Satzbau. Schließlich werten sie die Befunde aus und
beziehen dabei die Diagnosen anderer behandelnder medizinischer bzw.
therapeutischer Fachkräfte (beispielsweise Ergotherapeuten) mit ein.
Sie besprechen die Diagnose und den Therapieplan mit den Patienten,
ggf. auch mit deren Angehörigen.
Physisch oder psychisch?
Die von Logopäden behandelbaren Kommunikationsstörungen sind im
Wesentlichen Stimmstörungen organischer, funktioneller und seelischer
Art sowie solche nach Kehlkopfoperationen. Weiterhin fallen darunter
Störungen der Sprachentwicklung, die z.B. auf minimale Hirnschädigungen
zurückführbar sind oder Verzögerungen der Sprachentwicklung, die
mitunter auch auf psychischen oder sozial bedingten Problemen beruhen.
Auch die Behandlung von Schlaganfallpatienten gehört zum
Aufgabenbereich von Logopäden und Logopädinnen. Zudem behandeln sie
Störungen beim Essen, Trinken, Schlucken und Atmen, die durch
Erkrankungen der Nerven entstehen können. Darüber hinaus therapieren
sie funktionelle und organische Störungen der Nasalität, also dem
Sprechen eines Lautes durch die Nase, und Störungen des Redeflusses,
z.B. Stottern.
Stottern im Rollenspiel
Bei der Behandlung des Stotterns bei erwachsenen Patienten in den
entsprechenden medizinischen und sozialen Einrichtungen müssen
Logopäden u.a. berücksichtigen, dass nicht nur der Sprechverlauf im
Sinne von Laut- und Silbenwiederholung gestört und damit Heilungsziel
ist, sondern dass sie gemeinsam mit den Patienten auch Veränderungen in
deren psychischem Verhalten und Erleben anstreben. Dazu gehört auch,
dass sie mit ihnen gemeinsam eine realitätsbezogene Einstellung zu
deren Störungen erarbeiten. Das heißt, die Patienten registrieren
sowohl die eigene Sprachstörung bewusst als auch die Reaktionen von
Seiten der Umwelt und die eigenen Gefühle dabei. Im weiteren Vorgehen
leiten Logopäden die Patienten dazu an, selbstbewusst zu stottern;
verschiedene als schwierig empfundene Situationen, z.B. beim
Telefonieren, werden zunächst im Rollenspiel und dann in der Realität
trainiert. Schließlich wird ein flüssigeres Sprechen erarbeitet; nach
und nach müssen die eingefahrenen Muster der Stottersymptome
aufgebrochen und Veränderungen zugänglich gemacht werden. Das
flüssigere Sprechen wird dann Schritt für Schritt in den Alltag
übertragen.
Ein langer Prozess
Zu jeder Behandlung erstellen Logopäden Protokolle,
Verlaufsbeobachtungen und -auswertungen. So können sie den Fortgang der
Therapie kontinuierlich kontrollieren und evtl. notwendig werdende
Änderungen des Therapiekonzeptes vornehmen. Oft stellen sich spürbare
Erfolge bei den Patienten erst nach langem Üben ein. In solchen Fällen
behandeln Logopäden und Logopädinnen ihre Patienten möglicherweise über
Monate und Jahre hinweg. Bei der Arbeit mit Kindern setzen Logopäden
und Logopädinnen spezielle Methoden und didaktisches Material ein, um
ihnen spielerisch Lautverbindungen und schwierige Buchstabenfolgen
beizubringen, ohne sie in ihrer normalen Entwicklung zu verunsichern.
Dies erfordert ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen in kindliche
Vorstellungen und ein fundiertes Wissen über entwicklungspsychologische
Aspekte," beschreibt BerufeNet, die berufskundlichen Seiten des
Arbeitsamtes, den Beruf des Logopäden. "Es ist durchaus richtig, was
die Arbeitsverwaltung schreibt," bestätigt Kurz und ergänzt, daß der
Logopäde eine reine Fachschulausbildung ist. "Wie ein angehender
Logopäde die Kursgebühren und seinen Lebensunterhalt finanziert, muß er
selbst abklären. Da sind Institutionen wie die Agentur für Arbeit
besser Ansprechpartner als ich.
Empathie (= die Fähigkeit, mit Menschen umgehen zu können), die Liebe
zu Kindern und die Fähigkeit, mit ihnen umgehen zu können,
Organisationstalent und Musikalität sind Eigenschaften, die die
logopädische Nachwuchskraft mitbringen muß. Ein guter Realschulabschluß
und ein Mindestalter von 18 Jahren sind eher formale Voraussetzungen.
Der Logopäde kann in einer eigenen Praxis arbeiten, aber auch in
Behinderteneinrichtungen, Krankenhäusern und Kindergärten. 80% der
Kunden sind Kinder. Sie leiden oft unter Sprachentwicklungsstörungen,
auditiven Wahrnehmungsstörungen (man kann dann Worte und Laute nicht
richtig verstehen und unterscheiden) und Legasthenie.
Der Weg zu einer logopädischen Behandlung beginnt immer beim Hausarzt;
der muß nämlich eine entsprechende Verordnung ausstellen. Ob er
Zuzahlungen leisten muß, kann der angehende Patient dann bei seiner
Krankenkasse abklären. Dann gilt es nur noch, einen Termin bei jemandem
wie Kurz auszumachen. Aus eigener leidvoller Erfahrung weiß ich, wie
wichtig eine solche Behandlung sein kann. Im Zweifelsfall steht man
sich sonst im eigenen Leben nur im Wege.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.02.2008.
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