Gaby Schumacher

Osterhasenstreik

In der Osterhasenstadt herrschte Aufruhr. Alles wuselte durcheinander und trommelte wütend mit den Pfoten.
"Für die haben wir lange genug geschuftet. Jetzt ist Schluss!"
Osterhasenbürgermeister Mümmel regte sich furchtbar auf und mit ihm sämtliche Einwohner von Mümmelhausen.
"Die Menschen benehmen sich wirklich unmöglich!"
Darin waren sich alle Hasen einig.
 
"Was bilden die sich eigentlich ein? Wir bemalen Tausende von Ostereiern und schleppen dann die schweren Kiepen voller Gaben zu ihren Häusern, um ihnen eine Freude zu machen. Und was ist der Dank dafür ... ? Ein paar Monate später knallen sie uns mit ihren Donnerbüchsen einfach ab!!"
Die Empörung schlug hohe Wellen.
"Wir müssen uns wehren!", meinten die Einen.
"Aber wie bloß?", fragten die Anderen.
Rat suchend blickten sie auf Mümmel. Schließlich war der ihr Bürgermeister.
 
Mümmel legte seine Stirn in Falten und grübelte noch mehr als ohnehin schon. Es bedeutete eine extreme Anstrengung für ihn, denn das Denken fiel den Hasen ausgesprochen schwer.
"Hört her. Ich hab` ne Idee!"
Andächtig horchten alle auf. Ideen waren etwas sehr Seltenes im Osterhasenleben.
"Ja, wir werden streiken!"
 
Mümmels Worte schlugen ein wie eine Bombe. Manche hätten am liebsten das Hasenpanier ergriffen. Was sie davor zurückhielt, war der Respekt vor ihrem da so mutigen Bürgermeister.
Andere wieder fühlten sich plötzlich so stark wie noch nie in ihrem Leben und steckten dann mit ihrer Euphorie die Angsthasen an.
"Genial!", riefen sie.
Sogar die Angsthasen nickten und waren gar keine mehr.
"Und wie ... ?", fragte einer.
 
"Anstatt denen noch länger zu helfen, machen wir einen schönen Osterausflug. Eiermalen und all der Stress fällt flach. Sollen die Menschen doch mal sehen, wie sie ohne uns klar kommen!"
"Genau!!"
Sie packten sämtliche Malutensilien in die hintersten Winkel ihrer Nester, die blöden Kiepen dazu, zogen stattdessen ihre Wanderkäppis auf und zogen los. Ausgelassen tobten sie über Felder und Wiesen und hatten viel Spaß.
"Und nun gucken wir mal zu, wie die Menschen auf unseren Streik reagieren!"
 
Die Hasen hoppelten in die Städte und versteckten sich in den Büschen am Straßenrand. Nervöse Menschenmassen schoben sich hektisch durch die Einkaufszonen und in den Geschäften herrschte eine Enge wie in Sardinenbüchsen. Die Leute rissen die aller letzten Eier und Schokoriegel aus den Regalen und sich gegenseitig aus den Händen und es kam sogar zu Handgreiflichkeiten.
 
Mit aufgelösten Frisuren und Schweißperlen auf der Stirn hasteten die Mütter mit prall gefüllten Einkaufstaschen nach Hause. Es war ja noch so viel zu tun ...
"Wo sind bloß die Osterhasen geblieben?", jammerten sie.
 
Doch die Hasen zeigten kein Mitleid, genauso wenig Mitleid, wie es sonst die Menschen mit ihnen hatten. Im Gegenteil: Ausgesprochen zufrieden wandten sie der Stadt den Rücken zu, hoppelten zurück aufs Feld und genossen zum ersten Male in ihrem Leben das Osterfest von ganzem Herzen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.03.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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In meinen Gedichten, schreibe ich mir meine eigene Realität, meine Träume auch wenn sie oft surreal, meistens abstakt wirken. Schreiben bedingt auch meine Sprache, meine Denkmechanismen mein Gefühl für das Jetzt der Zeit.

Ich vernehme mich selbst, ich höre tief in mich rein, bin bei mir, hier und jetzt. Die Sprache ist dabei meine Helfershelferin und Komplizin, wenn es darum geht, mir die Wirklichkeit vom Leib zu halten. Wenn ich mein erzähltes Ich beschreibe, beeinflusse, beschneide, möchte ich begreifen, wissen, welche Ursachen Einflüsse bestimmte Dinge und Menschen auf mein Inneres auf meine Handlung nehmen, wie sie sich integrieren bzw. verworfen werden um mich dennoch im Gleichgewicht halten können.

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