Gaby Schumacher

Dialog Handwerker/Kunde

Die Küche soll abgebaut werden. Für 9.00 Uhr haben sich die Handwerker angemeldet, um 11.00 Uhr sind sie endlich da. Wieso überhaupt ´sie`? Zunächst mal nur einer. Der Zweite trudelt erst eine halbe Stunde später ein.
 
Ich bitte ihn herein.
Handwerker:
„Ja, wo ist denn nu die Küche?“
Ich:
„Kommen Sie mit.“
Handwerker besieht sich ,bereits leicht verunsichert, den Flur:
„Die Diele ist aber lang.“
(Es hieße ´schleppen`).
Ich schäme mich bereits etwas. Wie hatten wir uns nur eine solche Diele ...
 
Dann betritt er die Küche.
„Die ist aber groß.“
(Noch mehr zu schleppen!!)
Ich stottere:
„Aber, d...die im Küchenstudio s... sagten uns, die Küche sei zwar nicht kl...klein, aber auch nicht richtig g...groß.“
Ich schäme mich noch mehr.
 
Nicht allein der Gedanke an unsere Unverschämtheit, einen langen Flur anzulegen, macht mir zunehmend zu schaffen, sondern erst recht das mehr als kecke Unterfangen, uns zusätzlich noch keine nur winzige Küche einzurichten. .
Handwerker guckt leicht beleidigt:
„Doch, die ist groß!“
´Ist gar nicht wahr!`, liegt es mir auf der Zunge zu widersprechen, doch eingeschüchtert bleibe ich stumm.
 
Handwerker macht eine all umfassende Bewegung mit den Armen, nur bin ich mir sicher, dass jetzt nicht etwa der Papstsegen folgen wird. Ich behalte Recht.
Handwerker:
„Es wäre besser gewesen, Frau X von Firma Y hätte vermerkt, dass es sich um eine große Küche handelt.“
Der Papa meiner Kinder rafft den letzten Rest Mut zusammen:
„Wir hatten miteinander telefoniert. Da hätten Sie ja diesbezüglich nachfragen können.“
 
Die Miene unseres Handwerkers verrät nicht Gutes:
„Und diese Decken hohen Schänke! Es bedeutet viel Holz." Viel Holz zu entsorgen ist teuer,
ist teurer als wenig Holz beiseite zu schaffen.“
(Seine armen Arme!)
Und asetzt hinzu:
"Viel Holz zu entsorgen, ist teuer, teurer als wenig Holz beiseite zu schaffen."
Wir staunen schweigend.
 
Inzwischen ist auch sein Kollege eingetroffen, begrüßt mich ebenfalls freundlich, guckt beim Anblick unserer Räumlichkeiten gleichfalls leicht indigniert, überläßt aber das Meckern Handwerker Nummer Eins.
 
Dieser hat sich inzwischen wieder ein wenig gefangen und dann damit angefangen, immerhin schon mal die Schubläden eine nach der anderen vor die Haustür zu tragen. Selbstverständlich jede einzeln. Vielleicht steht dies für seine Auffassung von Fitnesstraining.
 
Kurze Zeit später: Es ist mir zu doof, einfach nur rum zu stehen und ich packt mit an, was mir einen anerkennenden Blick von Nummer Eins einträgt. Ich fühle mich geschmeichelt und trage als nächstes eine der hohen Schranktüren nach draußen.
 
Das Lächeln von Nummer eins wird breiter:
„Aber, Frau Schumacher, das ist doch nicht nötig.“
Ich denke:
´Nanu, was ist denn das plötzlich für ein Tonfall?“
 
Anstatt mich zum Nichtstun zu verleiten, spornt es mich dermaßen an, dass ich anschließend die halbe Küche selber raus schleppe. Derweil  fummelt der arme, beinahe arbeitslose Handwerker beinahe genau deswegen ein wenig verschämt an einigen noch fest sitzenden Schrauben herum. Er scheint sich mittlerweile so sehr zu schämen, dass er sogar auch noch an welche dreht, die gar nicht vorhanden sind.
 
Handwerker übt sich Im-netten-Gespräch-zustande-Bringen:
„Frau Schumacher, viele wählen noch neue Fliesen.“
Regelrecht fürsorglich schaut er mich an.
Ich:
„Will ich aber nicht. Ich finde diese Fliesen nach wie vor sehr schön. Sie sind zeitlos und trotzdem nicht langweilig.“
(Sie sind weiß mit schwarzem Linienrand).
 
„Ich find` sie auch schön. - Wissen Sie, ich hab` nen Kunden gehabt, der hat sich die Wand bis zur Decke fliesen lassen. Ist heute gar nicht mehr in.“
Ich:
„Mag sein, aber auf jeden Fall praktisch.“
Er:
„Ja, da gebe ich Ihnen Recht. Ja, da gebe ich Ihnen unbedingt Recht. Sie haben Recht!“
Ich dachte:
´Das macht ´Recht haben` hoch drei. Einfach toll!`
 
Vor Dankbarkeit wegen so viel der Zustimmung greife ich mir die letzten Küchenelemente und befördere sie vor die Tür, wo Handwerker Nummer Zwei sie dann gnädig entgegen nimmt.
 
Handwerker Eins und Handwerker Zwei begegnen sich in der Diele.
Handwerker Eins:
„Du, findeste nicht auch ... So sportliche Kunden haben wa nich oft, nüch?“
„Gott sei Dank: Er hat uns vergeben!“, atme ich erleichtert auf.
 
Nun ist die Küche leer, alle Möbelstücke weg. Was keinesfalls weg ist, sind die - zig Winzigschrauben in den Fliesenfugen (damit man prima drüber fallen kann) und genauso wenig der Dreck und der ist wahrlich beeindruckend.
 
Es gab mal Zeiten, zu denen baten Handwerker um Besen, Schrubber, Aufnehmer und putzten alles blitzblank, reagierten sogar beinahe erbost, wenn die Hausfrau etwa dabei helfen wollte. Heutzutage muss man ihnen dankbar sein, wenn sie ihren Auftrag überhaupt noch selber erledigen.
 
Wiiee - der Kunde ist König???
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.04.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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