Gaby Schumacher

Abschiedsbrief an meine alte Küche


Liebes Ehemals-Schneeweißchen!


Hier spricht Dein Ex-Frauchen. Mir blutet das Herz, während ich diese Zeilen schreibe. Schließlich haben wir etwa zweiundzwanzig Jahre lang unser Leben geteilt, wobei Du mir manchmal treuer warst als umgekehrt. Zumindest zu der Zeit, als meine Minis dann allmählich erwachsen wurden und auf ihrem Fast Food bestanden.

Andererseits durftest Du Dich darüber wahrlich freuen: Du musstest nicht mehr meine überragenden Kochkünste ertragen, nicht mehr angebrannte Bratkartoffeln, keine übergekochten Nudeln und erst recht nicht mehr die Kohlen-Braten, die ich in schöner Regelmäßigkeit alle zwei Jahre einmal produzierte. Aber Du wirst mir zugestehen, dass es dagegen auch oft unwahrscheinlich lecker roch und entsprechend attraktive Gerichte auf dem Tisch standen.

Jeden Tag habe ich Deine Kunststoffhaut gestreichelt, alle Krümel aus Dir entfernt und Deine Kochplatte blitzend sauber gehalten. Genauso habe ich Dir jeden Tag mehrmals gesagt, wie toll Du aussahst, so richtig elegant! Ich war sehr stolz auf Dich, zumal Du Dich klaglos all meinen Umräum- und Stilveränderungsaktivitäten gebeugt hast. Dieses Flexibelsein hast Du wohl von mir übernommen, warst ja auch meine Küche.

Dennoch wirst Du es zugeben, dass Du nun, nach dieser immens langen Zeit, den vier Kröten und den drei vierbeinigen Schlingeln und natürlich auch dem Papa der Kinderschar ziemlich gelitten hattest. Dein Alter sah man Dir deutlich an. Die Kunststoffschminke pappte nicht mehr, sondern blätterte ab bis auf den Boden. Sogar Gurken-im-Kühlschrank-aufbewahr-Masken haben da nicht mehr geholfen. Deine Lebenszeit neigte sich dem Ende zu.

Liebes Schneeweißchen: Du brauchst nicht traurig zu sein, denn

erstens soll Dir all das, was Du in den viellen Jahren leeistet hast, die neue erst einmal nachmachen
und
zweitens werde ich Dich niemals vergessen!!

Dein Ex-Frauchen

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.04.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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