Benjamin Bieber

Das Wort Liebe (Die verbrannten Briefe 1)

To my beloved  

 
Was hast du getan? Mit welchem Zauber hast du mich belegt?
Meine sonst so sichere Hand zittert während ich diesen Brief hier schreibe und verzweifelte Tränen tränken das Papier
Die Tinte verschmiert
Mein Herz rast
Mein Kopf fühlt sich so benommen an, so verwirrt
Und auch das Wissen, dass so viele wunde Herzen vor meinem ebenso gefühlt haben, hilft nicht
Dass sie ebenso lange vor dem blanken Blatt gesessen haben, die Feder oder den Stift zum ersten Strich bereit und doch, für endlose Ewigkeiten nicht fähig waren zu schreiben was uns so tief beweg.
Dabei sollte es so einfach sein
Ein Wort sollte ja im Grunde genügen
Dieses eine Wort
 
Liebe
 
So gross dieses Wort, so schön und verheissungsvoll
Und doch, so unzureichend
Es mag nicht tragen was wir ihm alles auferlegen
Wir sprechen es aus, lassen es im Raum schweben und schon verhallte es wieder
Vom Wind getragen
verblassend , verloren
Ungehört und missverstanden
Was hast du getan? Mit welchem Zauber hast du mich belegt?
Oh wenn ich doch nur wüsste ob es wirklich Liebe ist, welche mich so tief bewegt
Dieser Brief hätte anderes gelautet
Vielleicht hättest du ihn dann gelesen
Vielleicht hätte er dich erfreut
Vielleicht gerührt und bewegt
Vielleicht wäre er dann nicht in Flammen aufgegangen und nicht zu Asche verbrannt
Und es wäre mehr von ihm geblieben, als dieser schwache Nachhall, auf einer Maschine getippt

Briefe sind viel mehr als Kommunikation. Sie sind eine Hilfe die Gedanken zu ordnen. Für mich jedenfalls. Und anders als die langen Geschichten an denen ich schreibe, kann ich in einen Brief genau das hineinsetzen, was mich zur Zeit des schreibens gerade bewegt.

Briefe sind vergessen, oder fast. In unserer Zeit des Internets, Mail, Chat und SMS. Wer schreibt schon noch von Hand einen Brief. Dabei würde allein die Schrift eines vertrauten Freundes mehr verraten als die Worte selbst. Und mehr noch, ein Handgeschriebener Brief, in ihm enthält selbst das Papier auf dem er geschrieben worde, noch viel von jenem Moment in dem er geschrieben wurde.

Doch Briefe will niemand, so scheint es bekommen. Wozu auch, er ist teuer, langsam und oft wird er, besonders in Fällen von Herzenseifer, als über romantisch gewertet.

Weshalb meine Briefe, von denen einige Kopien hier landen werden, nie gesendet wurden. Ich habe sie verbrannt und ihre Asche in einen Behälter gepackt.

Warum? Nun vielleicht schreib ich das mal in einem Brief.
Benjamin Bieber, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.05.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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