Margit Kvarda

Der Beginn meiner Eltern und unsere Familie

Am 21. August kam ein pausbackiger Junge zur Welt. Es war der zweite einer Bergmann Familie und es folgten noch 10 Kinder. Also eine reiche Familie,
aber eine Kinderreiche. Sie lernten recht früh den Hunger kennen, wie es so oft im Leben spielt, stirbt der Vater beim 12ten Kind. Die Mutter nahm sich keinen Mann mehr und der Hunger war ihr ständiger Begleiter. Doch auch hungrige
Kinder werden groß. So bekamen die älteren Söhne Arbeit im Bergwerk. Der zweit ältere (mein Vater)  war von Anfang an überall sehr beliebt, er war ein lustiger,
fescher, guter Sänger, war für alle Späße und jeden Schabernack zu haben.
Er war auch bei einer Schuhplattlergruppe dabei, er konnte tanzen wie ein Gott, er trug einen Oberlippenbart, der ihn noch männlicher erscheinen ließ. Die Mädchen waren begeistert und jede wollte mit ihm tanzen. So kam es, dass er einmal mit der und einmal mit einer Anderen tanzen ging. Er hatte aber noch eine Leidenschaft, das war das Kartenspielen. Es gab fast bei jedem Fest eine zünftige Rauferei, ob am Kirtag, oder andere Feste, er war kein Raufer, aber auch kein Feigling. Eines Tages, es war wieder mal ein großes Fest, ging er mit seinem Freund Franz zum Tanz. Da fiel ihm ein fremdes Mädchen auf, er fragte seinen Freund, wer ist dieses schöne Mädchen?
 
Ach meint der Franz, das ist meine jüngste Schwester, sie arbeitet Auswärts, bei Herrenleuten ist sie im Dienst. Von diesem Tag an gab es nur mehr ein Mädchen für ihn. Das Mädchen wurde später unsere Mama. Zwei Jahre gingen sie miteinander, in der Zeit gab es bei einem großen Fest, ein riesen Aufsehen. Es wurde fast mit allem geschmuggelt, dies wussten auch die Burschen. Sie wussten aber auch genau wann der Weintransporter kam. Sie legten sich auf die Lauer, es war eine dunkle Nacht. Als der Weintransporter ankam, hielten sie ihm einen Stock entgegen und schrien Hände hoch! Der Schmuggler ließ die Körbe und Taschen stehen und lief davon, doch die Burschen hatten den größten Rausch, den sie sich nie leisten hätten können. Denn sie mussten ja das ganze Geld zu Hause abliefern, mit der Mutter waren es 13 Mäuler die zu stopfen waren. Nach zwei Jahren konnte unser Vater unsere Mama heiraten, da seine Geschwister die Ernährung der restlichen Familie übernahmen. Nun, mein Vater übernahm das Erbe seines Vaters und bekam auch 12 Kinder. Das erste Kind war da, der Vater ist beim Kartenspielen, es regnete in Strömen, die Mama nahm den Schirm und geht ihren Mann ab hohlen. Aber was musste sie sehen, ihr Mann in einem Raufhandel verwickelt. Unsere Mama nicht faul nahm den Schirm und kommt ihren Mann zu Hilfe. Sie verdrischt die Burschen bis sie Reißaus nahmen. Sie war ein resolutes Mädchen, was sie auch blieb. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass der Schmalhans immer im Hause war. Doch die Mama vom Vater half überall aus, obwohl auch sie sehr wenig für das Leben hatte. Das erste Mädchen ging schon zur Schule, da gab es den ersten Vorfall. Ein Schüler aß einen Apfel und schoss den Apfelputz mit den Fuß nach vorne, dieser blieb genau bei meiner Schwester liegen. Als die Lehrerin den Apfelputz sah, musste meine Schwester hinaus, sie wurde gefragt warum sie den Apfelputz nicht aufhebt? Meine Schwester sagte, dass sie ja keinen Apfel gehabt hätte.
  
Was du willst es abstreiten auch noch. Die Lehrerin nahm den Tafelputzfetzen und steckte ihn meiner Schwester in den Mund und so musste sie knien, bis die Schule aus war. Als unsere Mama das erfuhr, war sie am anderen Tag in der Schule und steckte der Lehrerin den Fetzen in den Mund und verdrosch die Lehrerin, bis der Schuldirektor vom Lärm angelockt in die Klasse stürzte und unsere Mama beruhigte. Wir Kinder waren ihr Heiligtum, uns durfte keiner schief ansehen geschweige noch schlagen. Dem ging es schlecht, egal ob es viele oder große Männer waren, Angst kannte sie nicht! Sie war ein gemütlicher Mensch, tanzte für ihr Leben gern und hat den richtigen Partner in unserem Vater gefunden. Unsere Eltern waren das größte Liebespaar, das die Welt je hatte. So lange wir uns zurück erinnern, wir finden keinen Tag wo unsere Eltern gestritten hätten. Oder sich böse Worte gesagt hätten. Es war zu Hause ein unvergessliches Erlebnis. Unser Vater lernte uns das Singen, er war bei einem Männergesangsverein und war ständig voller Übermut.
Wir Kinder haben schon gestritten und gerauft untereinander, aber da ist unsere Mama dazwischen gefahren und hat jedem eine geklebt, dann war wieder Ruhe im Haus. Es gab auch große Schattenseiten in der Familie. Das erste Kind wurde schwer krank, als sie noch ein Baby war, der Arzt hat sie schon aufgegeben. Unsere Schwester hatte Würmer, der Arzt sagt die Würmer haben die Eingeweide schon aufgefressen. Die Eltern gaben dem Kind Knoblauchwasser, wo sie es hinein leeren konnten. Auf einmal kamen die Würmer von Nase Mund und hinten heraus. Mama und Vater zogen die Würmer aus dem Kind bis kein Wurm mehr kam. So haben sie ihr erstes Kind gemeinsam gerettet. Die Freude war sehr groß. Das zweite Kind war ein Mädchen, das dritte ein Bub, der war so lebhaft und brachte die Lehrer zur Verzweiflung.
 
Er musste oft in der Schule nachsitzen, doch er ging immer wieder heim. Der Lehrer sperrte die Klassentüre zu, doch unser Bruder stieg aus dem Fenster vom zweiten Stock. Er hat das ganze Temperament von Mama geerbt, er war alleine so schlimm wie Max und Moritz zusammen. Bei einer Geburt wäre unsere Mama bald gestorben sie hatte Kindbettfieber und einen Blutsturz. Wenn Mama gestorben wäre, hätte sich unser Vater zu Tode gekränkt. So kamen immer wieder ein Hoch und ein Tief, das nächste Hoch kam mit dem 4. 5. 6. und 7. Kind, unsere Eltern waren schon selbst Ärzte und pflegten ihre Kinder sämtlichen Kinderkrankheiten fast alleine wieder gesund. Unsere Mama hat in der Zwischenzeit ein eigenes Dienstmädchen, das war meine älteste Schwester, die sehr fleißig und brav war. Ein Jahr darauf kam wieder der Storch, und brachte ein Mädchen, das war ich. Die Eltern sagten sich jetzt haben wir einen Hans, so wollen wir das Mädel Gretl nennen. Da sich dies alles in Ungarn nahe der österreichischen Grenze abgespielt hat stand in meiner Geburtsurkunde Margit (ausgesprochen Morgit und zu Deutsch Margarete übersetzt wurde) Nun dieses Mädchen wurde schwer krank Lungenentzündung und Keuchhusten.
 
Der Arzt war mit seiner Weisheit am Ende, er sagte zu den Eltern diesem Kind kann nur mehr eine Luftveränderung retten. So gingen unsere Eltern mit sieben Kindern nach Österreich. Die Eltern waren deutschsprachig. Es war Ende Mai 1939, ich 8 Monat und schwer krank. Mit einem Pferdewagen wurden wir zur Bahn gebracht und nur mit ein bar Habseligkeiten kamen wir in Grünbach am Schneeberg an. Wir wurden im Arbeiterheim einquartiert, später bekamen wir eine kleine Wohnung und unser Vater begann im Bergwerk als Hauer zu arbeiten. Sie gingen mit mir jeden Tag am Bach spazieren, bis ich gesund war. In Grünbach kamen noch vier Kinder nach, unsere Mama schnitt uns die Haare, näht unsere Kleider die, die jüngeren Geschwister immer geerbt haben, so war es auch verständlich, dass unsere Mama ausrastete, wenn wir einmal zerrissen nach Hause kamen. Zu Weihnachten bekamen wir selbst gemachte Puppen, wo unsere Brüder die Köpfe abtrennten und Fußball spielten. So gab es immer wieder kleine Streitereien, die unsere Mama mit dem Kochlöffel bereinigte.
 
Unser Vater hatte eine wunderschöne Stimme, er ging zum Männergesangsverein in Grünbach am Schneeberg. Natürlich sang er auch mit uns Kindern zu Hause, er stellte vier Kinder zusammen und wir sangen vier stimmig. Wir tanzten schon mit drei Jahren alle Tänze perfekt, es war eine Freude dabei zu zu sehen. Meine jüngste Schwester drei Jahre und der Bruder 2 Jahre älter tanzten wie Erwachsene, ob Polka, Walzer, Tango, Buggy. Das werde ich nie vergessen, es war eine herrliche Kinderzeit. Eines Tages es war um die 1950 war unsere Mama so was von nervös, sie lief in der Wohnung von einen Zimmer in das andere und stammelte immer, mit unsern Vater ist etwas passiert, mit unserem Vater ist etwas passiert, so haben wir sie noch nie gesehen. Dann fuhr noch die Rettung mit tatü und trara zum Bergwerk hoch. Da war es mit unserer Mama vorbei. Als die Rettung zurückkam, war unsere Mama auf der Strasse und wartete schon. Und wirklich die Rettung blieb stehen und man musste unsere Mama stützen und mitnehmen. Zu allem Überdruss lief auch noch ein Bruder durch die Wohnung und wollte auch sehen was da los ist, stolperte über eine Stufe und brach sich das Bein.
 
Das war noch nicht genug so kam ich auch noch 12 jährig mit Blinddarmentzündung ins Spital. Unser Vater hatte Glück im Unglück, er hätte tot sein können, wenn er nicht so schnell reagiert hätte. Eine Riesen Platte hat sich gelöst, er konnte noch mit dem Körper zurück weichen, doch sein Fuß wurde zerquetscht. Er war 1 3/4tel Jahre im Spital in Steinhof, unsere Mama hat den Vater jede Woche besucht, er hat nicht geglaubt, dass ihn die Mama finden wird, er hat geweint vor Freude, als er endlich wieder heim kam, denn wir hatten das Haus mit Blumen geschmückt und einem großen Transparent, wo darauf stand: Steinhof, Steinhof die Tore auf, der Vater kommt im Dauerlauf! Er kam mit Krücken angehumpelt, es war für uns schöner als Weihnachten. Mit 56 Jahren bekam er Lungenkrebs, die Mama weinte und konnte sich nicht beruhigen. Es war der Vater der unsere Mama als schwerkranker Mensch beruhigen musste. Er war so was von geduldig und hat uns Trost zugesprochen. Er wünschte sich nur von uns, Kinder singts mir was vor. Wir stellten uns auf und sangen die Lieder, die er uns gelernt hat. Unser Vater weinte vor Rührung, er war stolz auf uns. Mit nicht ganz 59 Jahren ist er gestorben. Unsere Mama hat nie im Leben einen Alkohol getrunken, doch die Kinder waren alle außer Haus und sie alleine.
 
Sie sah keinen anderen Ausweg, als ihren Kummer mit Alkohol zu ertränken. Doch 1982 konnte ich nicht mehr zusehen, ich löste ihre Wohnung auf   und nahm sie zu mir. 1980 ist eine jüngere Schwester mit 38 Jahren an Brustkrebs gestorben, sie hatte eine 9jährige Tochter. 1982 nahm ich auch noch dieses Mädchen zu meiner 8 jährigen Tochter und 17 jährigen Sohn dazu. Wir waren eine wunderbare Großfamilie und verstanden uns recht gut. 1986 wurde mein Mann Dialysepatient, 1990 bekam er eine Niere und heute ist er Nierenmässig gesund. Meine Mama starb 1988 im 83ten Lebensjahr, 1997 bekam auch ich Brustkrebs mit Metastasen. Gott sei Dank habe ich den Humor von unserem Vater geerbt. Ich bin die einzige von uns Kindern, die auch Chorsängerin ist und zwar gleich bei drei Chören. Nach Meinungen anderer soll ich auch eine schöne Stimme haben, aber darüber kann ich nichts sagen. Ich singe gern und habe das Lachen nicht verlernt.
 
Noch dazu bin ich die einzige von den 12 Kindern unserer Eltern die eine rege Fantasie hatte und Lieder (Text und Musik) von mir geschrieben hat und von Kind an Gedichte und Geschichten erzählte zur Belustigung aller. Mein Vater hat einen Spruch gehabt und den vergesse ich nie. Wo man singt da lass dich ruhig nieder, denn böse Menschen haben keine Lieder. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Zurzeit habe ich über Tausend Werke beisammen, drei Gedichtbände drucken lassen, dreihundert Werke im Internet www.e-stories.de  die mit viel Erfolg in verschiedenen Ländern gelesen und kommentiert werden. Ich habe vom Verkauf der Gedichtbände 1989 dem
St. Anna Kinderspital (Krebshilfe) 12.000.- S gespendet. 1.000.-Eure der Feuerwehr Tribuswinkel gespendet. Einem blinden Mädchen aus Teesdorf 400.-Euro und dem Samariterbund 1.500.-Euro, alles aus dem Verkauf der Gedichtbände gespendet.
 
Und noch vieles mehr. Bin seit vielen Jahren bei der Caritas Seniorenheim Baden, wo ich immer mit großer Freude von den Damen mit einem Küsschen empfangen werde. Bin seit einigen Jahren Obfrau vom Literarischen Cirkel Thermenland.
Ein kleiner Auszug aus meiner Familie. © M.K.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.05.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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