Wie so oft lernt man bestimmte Dinge erst richtig schätzen, wenn sie nicht mehr vorhanden sind. So auch ich heute morgen, als der Kaffeeautomat bei der halb gefüllten Tasse plötzlich nur noch kleine Tropfen spukte, bevor er gänzlich stoppte. Entsetzt sprang ich von meiner ausgebreiteten Zeitung auf, drückte einige Knöpfe, Tasten, klopfte einmal an die Drüse, streichelte das schwarze Riesenmonster, das eigentlich jeden Morgen freiwillig und gleichgültig Kaffee in meine Tasse füllte. Außer heute. Liebe Worte hauchte ich. Beruhigte ihn. Tätschelte ihn. Als sei er ein lieber Freund. Nichts. Kein Kaffee. Missmutig nahm ich also meine halbgefüllte Tasse, setzte mich wieder und informierte mich weiter über die Welt. Erst beim Anschalten des Radios, bemerkte ich schließlich, dass mein lieber Kaffeeautomat nicht Schuld war- sondern betroffen. Stromausfall. Was würde nur eine Frau tun, die sich am Morgen nicht ihre Haare föhnen konnte, sich nicht im Licht schminken konnte, nicht ihre Mails checken konnte, überlegte ich. Die Antwort war schnell gefunden: Sie würde sich höchstwahrscheinlich im Bett verkriechen. Ich nicht. Eine halbe Stunde zu früh verließ ich das Haus. Ohne Föhnen, ohne Schminken, ohne Radio, ohne Fußballergebnisse, ohne E-Mails. Ohne Hausaufgaben, die ich schließlich nicht mehr ausdrucken konnte. Jedoch mit Mütze und einer halben Tasse Kaffee.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.06.2008.
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