Anke Ritter
Auf Brautschau
Ist sie nicht wunderbar? Diese unendlich langen Beine, diese wohlgeformten Schenkel, eine Taille . . . zum verlieben. Und diese Augen . . . ich könnte sie stundenlang anschauen und in ihnen abtauchen.
Hallo Leute, hier, hier hinten, hinterm Baum sitze ich, und da vorn, dass ist Daisy, meine heimliche große Liebe. Ihr seht sie nicht? Na dort, beim Nachbarn, sie sitzt doch auf der Terrasse. Na also, nun habt ihr sie entdeckt. Sie ist doch wunderbar, oder?
Ich glaube heute wage ich es, einen Schritt in ihren Garten zu machen. Aber vorher sollte ich mich noch mal abchecken, kontrollieren, ob auch alles gut aussieht, ob jedes Haar perfekt sitzt und nirgendwo ein Fleck ….. aaaa ….. da am Oberschenkel. So ein Mist, wie ist denn der da hin gekommen und was ist das . . . ach so, nur ein Krümel von heute morgen, diese harten Dinger krachen auch ganz schön wenn man drauf beisst und krümeln dann so. Aber sie sollen gut für gesunde Zähne und Zahnfleisch sein. Und sonst? Alles okay? Beine, Rücken? Alles perfekt? Sieht so aus, also dann, einmal durchgeatmet und los.
Langsam trotte ich von unserer Terrasse weg, geh noch mal zum Teich um einen Blick in den Spiegel zu werfen – also nicht, dass ihr denkt ich bin eitel. Aber wenn man auf Brautschau geht, sollte man schon was hermachen. Die Mädels heutzutage sind doch ziemlich wählerisch. Ihr glaubt es nicht, aber ich habe tatsächlich schon die eine oder andere Abfuhr kassiert. Das war hart und ich habe einen Augenblick lang darunter gelitten. Also, wie siehts aus? Na ja, ganz ordentlich, die Augen leuchten, jedes einzelne Haar glänzt – der Bauch? Nö, noch nicht zu dick. Also los! Das kribbeln setzt ein, so eine Brautschau ist doch immer wieder ein Abenteuer.
Wenn erstmal der Zaun hinter mir liegt, dann gibt es kein zurück mehr. Sie hat mich noch nicht bemerkt, sie schaut auf ihre Nägel, ist beschäftigt. Vielleicht ist das gerade jetzt mein Vorteil, sie schaut nicht auf ihre Umgebung.
Vorsichtig schleiche ich auf dem Rasen weiter, ich bin in ihrem Reich, hoffentlich schickt sie mich nicht zurück. Langsam werde ich aufgeregt, merkt ihr das? Ooooh, sie ist so wunderschön und sie ist heiß, ich spüre das, sie ist wirklich heiß.
Der Augenblick kommt näher, ich bin fast an der Terrasse, nur langsam, noch die kleine Erhebung zur Terrasse hoch und da, sie hat mich entdeckt. Ich erstarre zu einer Salzsäule, sie schaut mich an, ich kann kaum noch atmen. Langsam und mit grazilen Bewegungen steht sie auf, streckt die herlichen Glieder einzeln und geht auf mich zu.
Meine Nackenhaare sträuben sich, mein Körper zittert, meine Stimme vibriert als langsam der Brautgesang in mir hoch steigt und ich begrüße sie mit einem lauten: Miiiaaaaaouuuuuuuuuu . . .
Aus meinem Bürofenster kann ich auf einer Mauer Kätzchen entlanggehen sehen und vielleicht schleicht ja der eine oder andere Kater gerade zu einem Stelldichein.
Ich habe die Geschichte auf "Humor" gestellt, weil man beim Beobachten von Tieren doch so manches mal grinsen kann. Und unter "Liebesgeschichte" stell ich mir was andere vor und bei "Tiergeschichte" hätte ich schon zuviel verraten.
Viel Spaß weiterhin allen Lesern hier bei e-stories.
Grüße,
AnkeAnke Ritter, Anmerkung zur Geschichte
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.06.2008.
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