Silke Bärsch

Von der Modellbahn in die Wirklichkeit

„Oh je, der arme Skifahrer, der muß ja verhungert sein. Ein Jahr lang hat der hier drin gelegen und keiner hat sich drum gekümmert.“ „Na dann kehr mal die Reste zusammen und dann bau die Bahn endlich auf.“
 Nein das wird kein Krimi, das wird ein Reisebericht. Denn mit diesen Worten begann unser erstes „Schweizabenteuer“
 Die Bahn, die ich aufbauen sollte war das Modell der alten Rigi-Seilbahn und ich hatte beim letzten Abbau vergessen den Fahrer aus der Kabine zu holen. Es war November und wir bauten gerade unsere Gartenbahnanlage für eine kleine Ausstellung auf. Mein Schatz und ich träumten schon länger davon, mit dieser Seilbahn selbst einmal auf die Rigi zu fahren.  Da wir beschlossen hatte nicht mehr zu träumen sondern unsere Träume zu leben buchten wir kurz entschlossen die Reise.
Ein halbes Jahr später war es dann soweit. Das Auto voll gepackt bis an den Rand, einen verschlafenen Teenager samt Gitarre auf dem Rücksitz verstaut geht es ab in Richtung Urlaub.
Nach zehn Stunden Fahrt im Regen stehen wir mitten in Küssnacht im Kreisverkehr und haben nicht den Haus einer Ahnung welche Ausfahrt die richtige sein könnte. Wer ahnt denn auch das die Richtungsweiser in 5m Höhe hängen….. Nach mehreren Ehrenrunden ging es in Richtung Weggis. Wes gibt mehrere Möglichkeiten auf die Rigi zu kommen. Einmal zu Fuß (fällt aus mit Gepäck und Teenager), per Helikopter (zu teuer, zu nebelig) mit der Zahnradbahn (müssten wir erst suchen, wo der Bahnhof ist) und mit der SEILBAHN (da parken wir gerade). Vom Berg sieht man fast nichts. Die Seile führen ein paar Meter in den Nebel und verschwinden im Weiß der Wolke die am Berg fest hängt. Wir hatten einfach den Kanal voll vom Autofahren und wollten einfach nur ankommen, so luden wir das Gepäck aus und kletterten in die Gondel. Jens, unser Junior, war von Anfang an Misstrauisch, was die Streckenführung anging. Laufen wollte er aber auch nicht. Kurz und gut, obwohl kaum etwas zu sehen war bekam man doch eine Ahnung von der Höhe und es war ein mulmiges Gefühl durch das scheinbare Nichts zu gleiten. Dafür war der Empfang um so wärmer und herzlicher. Unser Zimmer hatte eine herrliche Bergwiese als Terrasse. Später am Tag, nach einem überreichlichen Abendbrot machten wir einen ersten Rundgang durch Rigi-Kaltbad. Etwa 100m  von der Hostellerie entfernt fanden wir den Bahnhof. Wir standen einfach nur da und genossen den Anblick. Monatelang hatten wir täglich auf der Rigi-Seite im Internet alles beobachtet und nun standen wir selber auf dem Berg. Es war so schön.
 Nach einer erholsamen Nacht weckte uns die Sonne. Die Szenerie war komplett verändert. Welch ein Anblick! Unter uns schwamm ein weißes Wolkenmeer. Über uns der blaue Himmel und strahlender Sonnenschein. Vor uns die schneebedeckten Häupter der Alpengipfel im strahlenden Morgenlicht. Noch vor dem Frühstück war mein erster Film voll. Diesen ersten Morgen in den Bergen werde ich nie vergessen.
 Das Frühstück war reichlich, lecker und vor allem frisch. Frisch gestärkt brechen wir auf zu unserem ersten Abenteuer. Die Wolken haben inzwischen den Blick auf den Vierwaldstätter See freigegeben. Was für ein Panorama! Allerdings haben wir jetzt ein kleines Problem: wir sehen wo es lang geht. Jens will auf einmal laufen und auch ich hab ein bisschen weiche Knie. Nur zwei Masten auf dem ganzen langen Weg und der Blick nach unten hat es sehr sehr weit.  Lieber nach vorn blicken und den herrlichen Blick über den See und die Berge geniessen.  Oliver ist begeistert und filmt. 
Unten wartet unser Auto schon sehnsüchtig auf uns. Wir machen uns auf um ein bisschen Geschichte zu erleben und ein paar Minuten später stiefeln wir durch die „Hohle Gasse“. Hier unten regnet es noch immer ein bisschen. Da wir Herrn Tell nirgends entdecken konnten, haben wir uns ins Auto geschwungen um Luzern zu erobern.  An der Kapellbrücke entlang kämpfen wir uns zum Verkehrshaus vor.
Ein Tag voller Technik liegt vor uns. Sechs Stunden haben wir im Verkehrsheus zugebracht und immer noch nicht alles gesehen. Ein Museum zum Mitmachen und Anfassen, empfehlenswert für Alle die noch neugierig sind.
 Zum Abend hat sich das Wetter entschieden und auf Sommer gestellt. Am see entlang geht es zurück diesmal bis nach Vitznau. Schweizer sind erfindungsreich, was Parkplätze angeht. Unser Parkplatz ist auf dem Dach des Lokschuppens. Auf dem Bahnhof wartet die Rigi-Bahn schon auf uns. Jetzt geht es mit der ältesten Zahnradbahn der Schweiz auf den Berg hinauf. Die Fahrt zu beschreiben würde hier den Platz sprengen. Es ist einfach TRAUMHAFT! Viel zu schnell ist die Station Rigi-Kaltbad erreicht.  Ohne einen ausgiebigen Spaziergang haben wir auch diesen Abend nicht beschlossen. Einmalig schön wie die sich Landschaft im Abendrot veränderte. Aus der majestätischen Bergwelt eines herrlichen Sommertages in eine wundervolle Märchenwelt die in den Farben der untergehenden Sonne leuchtet und funkelt.  Herrlich entspannt träumen wir uns dem nächsten Tag entgegen.
Heute geht es wieder mit der Zahnradbahn hinunter. Neben dem Bahnhof ist der Hafen. Und wo wir schon mal hier sind, da kommt doch auch gleich passend ein Raddampfer und nimmt uns mit zu einer herrlichen Fahrt bis nach Brunnen. Einfach auf der Uferpromenade entlang schlendern, die Sonne genießen, leckeren Schweizer Kuchen naschen und die Aussicht auf die Rütliwiese und die Berge geniessen. Zurück in Vitznau zwinkert uns die kleine rote Bahn zu und wir können nicht wiederstehen. Wir fahren hinauf bis nach Rigi-Kulm. Den Rest bis zum Gipfel schaffen wir Stadtmenschen dann tatsächlich zu Fuß. Da stehen wir Drei nun ganz oben und staunen. Das Wetter ist herrlich Strahlender Sonnenschein und die Sicht reicht im Norden bis zum Feldberg im Schwarzwald. Der Blick im Süden schweift über scheinbar unendliche Bergketten. Über allem strahlt die Sonne und man fühlt sich auf einmal so wunderbar frei. Zum Abendbrot gibt es wieder ein hervorragendes Drei-Gänge-Menü. Diesmal wandern wir am Abend zum Mini-Golf-Platz. Obwohl, es ist weniger ein Platz, vielmehr ein Steilhang. Bahn 1 und 18 liegen oben am Weg, Bahn 9 liegt etwa 300m tiefer und die anderen Bahnen verteilen sich dazwischen. Sehr abenteuerlich das Ganze. Wir schlendern weiter und entdecken noch mehr herrliche Ecken. Erst als die Sonne hinter Luzern verschwindet kehren wir zum Hotel zurück.
 Unser letzter Tag auf dem Berg bricht an. Heute wollen wir hinüber zum Pilatus. Gut wir waren nicht oben, ohne irgend ein „Abo“ der Schweizer Bahn war uns die Fahrt einfach zu teuer, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Nachdem wir am Bahnhof noch den „Golden Pass Express“ bewundert haben machen wir auf den Rück So cruisen wir am See entlang bis nach Hergiswil. Die Glasi ist immer einen Besuch wert. Das ich auch noch andere Dinge in Hergiswil sehenswert finde ist eine andere Geschichte, aber die gehört nicht hierher, auch wenn sie eigentlich „mitschuldig“ ist am diesjährigen Reiseziel. Genug davon! Gemütlich sitzen wir im Restaurantgarten und geniessen das Wetter, das Essen, die Ruhe und die gemeinsame Zeit. Zum Nachmitag geht es zurück nach Luzern. Da die gute Luft hungrig macht wollen wir uns preiswert beim „geizigen Enterich“ (McDonalds) den Bauch voll schlagen. Welch ein Irrtum! Wir hatten jedenfalls das Gefühl einen Großteil des Geschäftes erworben zu haben. Langsam wird es Zeit wieder ins Hotel zu fahren. Wir müssen noch packen, weil es morgen weiter nach Zürich geht.
 Diesmal geht es wieder mit der Seilbahn nach oben. Ein letztes abendliches Festmahl und ein letzter Spaziergang durch Kaltbad. Eines ist jetzt schon sicher: Wir kommen wieder!
 Unser letzter Morgen begrüßt uns mit herrlichster Fernsicht. Ein letztes Mal streift der Blick über die schneebedeckten Gipfel und der Pilatus grüßt von schräg gegenüber.
„Uf widerluege“ bis Bald, hoffentlich.  Langsam gleitet die Seilbahn hinunter nach Weggis. Viel zu schnell ist alles im Auto verstaut und nun ist der abschied nicht mehr herauszuzögern. Hinunter geht es nach Küssnacht und weiter nach Zürich.
 

So endet unser erstes Schweizer Bahnabenteuer. Aber die Schweiz wird ganz schnell zur „Sucht“.  Ein Jahr habe wir uns tapfer gewehrt, aber 2007 haben wir es nicht mehr ausgehalten und waren wieder da. Davon dann im nächsten Bericht mehr.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.06.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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