Sabine Weiß

Angst bestimmt mein Leben

Schon als Kind war ich sehr schüchtern, zog mich zurück, lebte in meiner eigenen Welt. Ich besuchte nie einen Kindergarten oder die Vorschule. Am liebsten war ich bei Mutti Zuhause. Ich durfte nie wiedersprechen und Erwachsenen solte ich immer freundlich und mit Respekt begegnen. Das hörte ich jeden Tag. So verhielt ich mich auch. Immer mehr zog ich mich zurück und grübelte schon als Kleinkind sehr viel. Ich habe noch 4Schwestern auch sie wurden so erzogen aber ihnen schien bis auf meine älteste Schwester nichts hängen geblieben zu sein. Als ich in die Pupertät kam, begannen die Probleme. Ich ging nicht zur Schule um mich lieber mit Freunden u treffen. Manchmal blieb ich nachts weg. Ich hatte dann Angst heim zu gehen. Meine Eltern meldeten mein Verschwinden der Polizei. Irgendwann schaffte man mich in ein Heim für schwererziehbare Jugendliche. Als ich dort ankam brachte man mich in den  Bunker. Das war ein Raum mit einer großen Eisentür, Spion und einer Liege. Darin befand sich ein Eimer,in dem ich meine Notdurft verrichten konnte. Ich war 13 Jahre und man behandelte mich wie eine Verbrecherin. Angst kam in mir hoch und ich weinte. Meine Schwestern waren so viel besser als ich. Das sagten ja auch meine Eltern.Ich wollte ihnen nie weh tun aber die ständigen Auferlegungen von Zwängen, waren wohl der Anlass das ich mich so verhielt. Es war immer wichtiger was die Leute redeten. Nie sollte etwas negatives von der Familie gesag werden. Nur ein kurzes Beisspiel. Meine jüngste Schwester war so ungefähr 12 oder 13 Jahre. Wenn sie von der Schule kam, war mein Schwager oft Zuhause weil er Schichten arbeitete. Sie hatte es mir schon gesagt, dass er sich manchmal mit steifen Penis an ihr rieb und sie bedrängte. Ich riet ihr es unseren Eltern zu sagen. Was sie dann auch tat. Die Reaktion von Mutti war:" Lass es bloß nicht deine Schwester hören". Anstatt ihr zu helfen, wurde alles verschwiegen und es ging immer weiter so. Als ich nach 10 Monaten aus dem Heim entlassen wurde, lernte ich meinen späteren Mann kennen. Er war schon 22Jahre und ich gerade 14. Mutti und Vati wußten von meinem Freund und das wir nicht nur ins Kino gehen, hätten sie sich denken können. So kam es wie es kommen mußte, meine Regel blieb aus. Ich hatte Angst es meinen Eltern zu sagen und wartet noch einen Monat ab. Als wir eines abends mit dem Schwager in einer Gaststätte saßen, sprachen wir über das Thema Schwangerschaft. Da platzte es aus mir heraus. Ich erzählte, das ich bereits 2Monate keine Blutungen mehr hatte. Am anderen Tag, sprach er mit meinen Eltern und erzählte ihnen das ich wahrscheinlich schwanger sei. Vati beschimpfte mich als Hure und gleich wurde beschlossen, dass das Kind abgetrieben wird. Keiner fragte mich nach meiner Meinung, es war doch mein Körper über den sie entschieden. Wieder wagte ich nicht zu widersprechen, glaubte nicht das Recht zu haben meine Meinung zu äußern. So wurde kurze Zeit später der Abbruch in der 12. Woche vorgenommen. Als ich in den OP gebracht wurde , stand vor dem OP Tisch ein gläserner Eimer mit Blut. Wahrscheinlich hatte man vor mir einer Frau das Kind abgesaugt und vergessen den Behälter zu entsorgen. Das machte mir alles so viel Angst. Zuhause wurde nicht mehr darüber gesprochen. Doch ich sollte wieder mit den Geschehnissen konfrontiert werden. Ein paar Monate später bekam meine Klassenkamerdin von einem Mitschüler ein kleines Mädchen. Deren Eltern hatten sich wohl mit dem Problem auseinander gesetzt. Ich war wie immer traurig. Mein Freund trank und wenn er volltrunken war, schlug er mich. Wie oft hatte ich "blaue Augen", mein linkes Ohr ist kaputt. Da schlug er mir als ich schlief mit der Faust drauf. Seit dem höre ich fast nichts mehr auf dem Ohr. Auch er sagte mir was ich zu tun hatte. Nie durfte ich allein entscheiden. Das taten immer andere für mich. Ich fühlte mich klein und minderwertig, so wie ich mich schon als Kind fühlte. 1982 ich glaubte schon nicht mehr daran, blieb meine Regel erneut aus. Ach ich sehnte mich danach ein Kind zu bekommen, dem ich all meine Liebe geben konnte. Aber auch diesmal sollte ich kein Glück haben. Ich bekam schlimme Schmerzen und mußte notoperiert werden. Es war eine Eileiterschwangerschaft. Der rechte Eileiter wurde entfernt. Wieder mußte ich allein damit klar kommen. Niemand war da mit dem ich reden konnte. Alles fraß ich in mich hinein. Mein Mann bekam Einberufungsbefehl und mußte ein halbes Jahr als Reservist zur Armee. Zum ersten Mal war ich auf mich allein gestellt. Das machte mir große Schwierigkeiten, da ich noch nie allein war. Urlaub bekam er so gut wie nie. Der wurde ihm verwehrt weil er so viel trank und sich dann unmöglich benahm. Wir beschlossen zu heiraten und so bekam er auch mal Urlaub. Der Tag der Hochzeit sollte für mich eigentlich ein schöner Tag sein aber auch an diesem tag hielt er sich nicht zurück , betrank sich und am Abend gab es Streit. Er meinte:" Ich habe nur geheiratet das ich Urlaub bekomme". In mir brach eine Welt zusammen. Ein paar Tage später fuhr er zurück und bei mir blieb eine Monat später wieder die Regel aus. Ein komisches Gefühl kam in mir hoch, als ich wieder diese Schmerzen bekam, die ich von der letzten Schwangerschaft kannte. Ich sollte Recht behalten, denn ich mußte wieder notoperiert werden. Wieder eine Eileiterschwangerschaft. Ich weinte, war traurig aber niemand war da mit dem ich meine Trauer teilen konnte. Als mein Mann Wegen der OP Urlaub bekam, kam er schon wieder volltrunken und meinte nur, wann er wiedermal Sex habe könnte. Ich hatte einen frischen Bauchschnitt, die Wunden in meiner Seele waren ja nicht sichtbar und er wollte Sex. Das war alles zu viel für mich. Ich dachte nicht, das es noch schlimmer kommen könnte aber da hatte ich mich getäuscht. Eines Tages , ich war Einkaufen, überkam mich so eine komische Unruhe. Es war anders als ich es kannte. Mein Herz begann zu rasen, die Beine zitterten, meine Atmung wurde heftiger, der Schweiß brach mir aus und mir wurde schwindlig. Ich hatte Todesangst.Ein Passant brachte mich nach Hause. Von nun an bestimmten diese Attacken mein Leben. Ich ging nicht mehr allein raus, wenn überhaupt nur in Begleitung. Von den Ärzten hörte ich nur, dass alle Befunde in Ordnung waren. Das ich unter Panikattacken litt, wußte ich noch nicht. Also schluckte ich täglich meine Beruhigungsmittel und wartete darauf das Tag vorbei gin. Wenn mein Mann betrunken war beschimpfte er mich als:"unnützer Brotfresser". Ich wollte nicht mehr leben. Meine Familie verstand auch nicht warum ich nicht zu Familienfesten kam. sie meinten, das ich nichts mit ihnen zu tun haben wollte. Worüber sollte ich mit ihnen Reden? Alle hatten Arbeit, Kinder und waren zufrieden. Sollte ich von einer Krankheit Reden die niemand verstand. Ich verließ die Wohnung nun garnicht mehr, lebte isoliert. Meine Schuldgefühle und Selbstvorwürfe brachten mich fast um den Verstand. Eigentlich war ich doch schon tot! leben heißt aktiv sein, Freude haben. Aber wie lange konnte ich keine Freude empfinden.Ein Arzt verschrieb mir irgendwann Antidepressiva die mir halfen mich einigermaßen zurecht zu finden.Ich konnte wieder die Wohnung verlassen und die nötigsten Dinge erledigen. Es war so ein schönse Gefühl, ich begann wieder zu Leben. Die Sorgen bezüglich des Trinkverhaltens meines Mannes wurde immer schlimmer. Manchmal versteckte ich mich nachts im Kleiderschrank, das er mich nicht sah, wenn er seine Wutausbrüche bekam. Es war die Hölle. Er warf mich aus der Wohnung, beschimpfte und demütigte mich. Die Tabletten halfen zwar aber ich war unglücklich. Meine Anerkennung und den respekt bekam ich von den vielen neuen Freunden die ich nun kennen gelernt hatte. Im wohngebiet unternahm ich mit den Kindern Wanderungen. Ich hatte mehrere Minijobs und Daheim durchlitt ich jeden Tag die Hölle. Meine Nachbarin mit der ich täglich spazieren ging, bekam öfter Besuch von einem jungen Mann. Ich begenete ihm genauso freundlich, wie ich es mit meinen anderen Mitmenschen tat. Nie glaubte ich, das sich so ein Bürschchen in mich verlieben würde. Schließlich war er 14Jahre jünger als ich. Deshalb nahm ich seine Schmeicheleien nicht ernst.Frank gab nicht auf und sagte mir Dinge die ich schon viele Jahre nicht gehört hatte. Es tat mir gut, so liebe Worte zu hören. Nach langer Zeit bemerkte auch ich, dass ich mich verliebt hatte. Er trug mit mir die Zeitung aus und half mir auch bei vielen anderen Angelegenheiten. So kam es das wir zum ersten Mal miteinander schliefen. Frank nahm sich Zeit, sagte Worte die ich noch nie gehört hatte. Es tat mir so gut, ich fühlte mich begehrt und geliebt. Es war so schön aber wie solte ich es meinem Mann sagen? Ich hatte Angst. Dann passierte etwas was ich nie vergessen werde. Mein Mann war wieder betrunken und er wußte schon, das sich zwischen Frank und mir etwas angebahnt hatte. An diesem Tag hatte ich eine Jeansjacke an und ich setzte mich zu ihm an den Tisch um zu reden. Plötzlich stand er auf und meinet:"Das überlebst du heute nicht". Er zog meine Jacke am Kragen über Kreuz zusammen. Ich rang nach Luft aber es war vergeblich. Ich wehrte mich doch bald bemerkte ich wie meine Kräfte nach ließen. Irgendwie fielen wir zu Boden und er saß auf mir und würgte weiter. Aufeinmal versagte meine gesammte Muskulatur. Ich konnte mich nicht mehr wehren und spürte wie ich langsam das Bewußtsein verlor. Das ich da nicht mehr raus komme war mir klar. Ich hoffte nur das es schnell vorbei ist.Vor meine Augen begann es zu blitzen und plötzlich wurde es sehr, sehr hell. Als ich wieder zu mir kam, hatte bereits eingenässt und Stauungsblutungen in den Augen. Meine Zunge war blau und dick und meine Lippen blutig aufgebissen. Das werde ich nie vergessen. Ich habe ihn angezeigt und weil er betrunken war, bekam er 10 Monate auf Bewährung.Mit Frank lebe ich seit 5Jahren zusammen. Ich bin weg gezogen aber seit dieser Zeit geht es mir wieder schlecht. Die Wohnung verlasse ich nur selten und die schönen Dinge die Frank mir versprochen hat, waren leere Versprechungen. Er hat mich auf eine ganz miese Tour betrogen. Um an eine Frau zu kommen, erzählte er sachen von mir die nicht wahr sind und für die ich mich hier schäme es zu schreiben. Ich habe meine Tiere die ich liebe und die mich so lieben wie ich bin. Da muß ich mich nicht verstellen. Sie merken wenn es mir nicht gut geht. Am liebsten würde ich nicht mehr leben wollen. Die Angst begleitet mich schon mein ganzes Leben und ich glaube nicht, dass es irgendwann besser wird.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.07.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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