Werner Gschwandtner

Das Einsatzteam, Fall 11

« Schuldig? »
 
Nieselregen hang über den Wiener Zentralfriedhof. Leichter Nebel stand in der Höhe und es war kalt. Sogar schon sehr kalt!
Schweigsam schritten zwei Männer die gepflegten Reihen der Gräber entlang, und lange Zeit war es absolut Still um sie.
In der Ferne schlug eine Kirchenuhr die siebente Abendstunde. Die Männer hielten vor einer reichlich geschmückten Ruhestätte an und gemeinsam legten sie einen frisch gebundenen Kranz auf das Grab, zuzüglich noch jeweils eine rote Rose.
„Ein Jahr ist es nun her“, sagte einer der beiden, „vor einem Jahr bist du von uns gegangen. Doch vergessen wirst du niemals von uns werden. Besonders in dieser Zeit der Umstrukturierung nicht!“
Heute schreiben wir den 1. November 2002, wenige Minuten nach 19h.
Reinhold Jäger, erster Inspektor der Kripo unter Oberkommissar Reumehr, ging langsam in die Knie. Er streckte seine Hand nach den goldenen Buchstaben des Verstorbenen aus und berührte sie sanft.
„Nichts ist mehr so wie es war Herb“, sprach Rainer weiter, „alles verändert sich. Die Zeit verändert sich!“
Der zweite Mann, Kommissar Georg Ripkis, der gegenwärtig das sechste Einsatzteam führte, legte seine Hand auf Jägers Schulter. Fest, und um seine eigenen Gefühle zu vermitteln, drückte er sie. Doch zunächst blieb Ripkis stumm.
„Ich hoffe nur“, bei diesen Worten stand Jäger langsam wieder auf, „das du in Frieden ruhen kannst. Dein Mörder wurde zur Strecke gebracht und ich habe mein Versprechen erfüllt… “
Eigentlich wollte Rainer ja noch etwas sagen, doch die Trauer übermahnte ihn und er musste sich, die Augen voller Tränen, abwenden. Die Erinnerung an vergangene Zeiten kam zu leibhaftig in dem Kripobeamten hoch.
„An deinem ersten Todestag wollen wir dir nur sagen“, vollendete Georg Ripkis Reinholds Satz, „das wir dich alle Vermissen Herbert. Was geben wir alles dafür, wenn wir in der Lage wären manch Geschehenes ungeschehen zu machen!“
Ripkis schlug ein Kreuz und dann wandten sich beide zum gehen. Jäger war in Gedanken, er sah Herbert Bachmann vor sich, in jener Zeit, wo er noch ein grüner Streifenpolizist gewesen war und der Oberinspektor, durch sein intelligentes Auftreten, auf ihn Aufmerksam wurde.
„Lebe wohl Kollege“, ruckartig blieb Rainer stehen und wandte sich nochmals um, „du warst mein Mentor, mein Partner und mein Freund. Und deine Erfahrungen, welche du an mich weiter gegeben hast, werde ich immer ehrenvoll im Andenken halten. So wie dich!“
 
Montag, 4. November, 8h Morgens.
Für diesen Tag hatte Oberkommissar Reumehr, den Abschluss der Umstrukturierung bekannt gegeben. Alle Kollegen der Einsatzteams waren zugegen und fieberten der neuen Konstellation entgegen.
„Männer“, Reumehr richtete seine Worte direkt an die Belegschaft, „und auch Frauen. Der Tod einen der unseren, verursachte enorme Wellen. Wie ein Kiesel, denn man ins flache Wasser wirft, um zu sehen welche Kreise er zieht. Herb Bachmann hat sein Leben in für das Gesetz gegeben, er starb in Erfüllung seiner Pflicht und zum ersten Todestag unseres geschätzten Kollegen, wird unsere Abteilung zum ersten, in den HB Flügel umbenannt. Zum zweiten, die bisherige Zusammenstellung der Einsatzteams wird Aufgelöst und zum dritten, ab Heute besteht jedes neue Einsatzteam aus drei Beamte.“
Reumehr schwieg kurz, ein raunen ging durch die Kriminalisten und ältere Kollegen, wie Georg Ripkis wagten  es sogar, die Aussage des Oberkommissars in Frage zu stellen.
„Verzeihen sie mir meine Offenheit“, der Kommissar erhob sich, „Punkt Eins ist absolut in Ordnung. Aber was versprechen sie sich von den beiden Folgenden Ereignissen?“
Reumehr vermittelte seine Darstellung, er war der Ansicht, das zwei Augen gut waren. Vier Augen sahen doppelt, aber bei sechs Augen pro Team, könnte ein Verlust, wie jener durch Herbert Bachmann, vermieden werden!
„Wie stellen sich die neuen Teams zusammen?“ diese Frage kam nun von Inspektor Jäger. Doch man konnte auch von verschiedenen anderen Stellen vernehmen, das jene brisante Frage von fast allen geteilt wurde.
„Die neue Zusammenstellung gebe ich in einer Stunde bekannt“, Oberkommissar Reumehr nickte der Belegschaft zu, „jene Kollegen, die zur Zeit noch an unerledigten Fällen arbeiten, kommen gleich mit mir.“
Kommissar Wimmer erhob sich, die Inspektoren Steiner und Rogers folgten. Gerald Holler, der im Allgemeinen nur Gerd gerufen wurde, würde an diesem Tag erst in einer Stunde zum Dienst erscheinen und Clarissa Stauer, Jägers Partnerin hatte diese Woche noch Urlaub.
 
Derselbe Tag, dreißig Minuten später.
Knapp vor dreiviertel Neun, öffnete sich die Tür zum großangelegten Bürokomplex der Kripo und ein Postbeamte steckte seine herein.
„Ich habe einen Eilbrief für Inspektor Jäger“, Kommissar Ripkis, welcher der Tür am nächsten war, übernahm den Brief, „Rainer ist beim Oberkommissar, lassen sie den Umschlag bei mir, ich werde ihn an Jäger weiter geben.“
 
Inspektor Reinhold Jäger saß Reumehr gegenüber und er vernahm die Order des Oberkommissars. Jäger hatte sich so etwas schon Gedacht, daher Überraschte ihm die Entscheidung Reumehrs auch nicht. Er war nur doch sehr angetan, das sich seine eigene Vermutung, nur zu Hälfte erfüllt hatte.
„Verstehen sie mich nun bitte nicht Falsch Rainer“, der Oberkommissar schob Jäger einen Umschlag zu, „ich möchte ihre Verdienste und Leistungen keinesfalls schmälern. Aber ich bin der Ansicht, das ein etwas älterer Kollege das Einsatzteam Nummer Eins führen sollte. Dennoch übertrage ich ihnen ebenfalls eine Führende Position, nur eben im zweiten Kommando.“
„Ich danke Ihnen Herr Oberkommissar“, Jäger erhob sich, „ich selber habe das erwartet. Und ich Verstehe es auch. Nur sie geben mir doch mehr, als ich zu Hoffen wagte!“
Rainer hatte Angenommen, das er zwar im ersten Einsatzteam bleiben würde, aber eben als zweiter Mann. Doch nun führte er dennoch sein eigenes Einsatzteam, wenn auch so genommen, nur das Zweite!
 
Fünf Minuten vor Neun Uhr.
Jäger kehrte von Reumehr zurück, und auch Gerd Holler erschein zum Dienst. Mit ihm kam Clarissa Stauer, die Kundtat, das sie von Reumehr, für den heutigen Tag mobilisiert wurde. Auch andere Kollegen, trafen noch ein und der Oberkommissar erschein, wie angekündigt, wenige Minuten nach neun.
Ripkis hatte Jäger zuvor beiseite genommen und ihm den Brief überreicht. Leise sagte er.
„Ich habe den Absender studiert“, ein sonderbares Licht lag in Ripkis Augen, „dieser Brief kommt aus Stein. Er ist an dich persönlich gerichtet!“
„Stein?“ etwas irritiert schaute Rainer auf den versiegelten Umschlag, „da sitzen sicher ein paar Bekannte von mir.“ Spöttisch lächelte der Inspektor.
„Ja“, gab der Kommissar ebenso ironisch zurück, „F.M. Hinterort zum Beispiel, ebenso wie Erwin Sandmann oder auch Paul Hammer.“
„Nicht zu vergessen, Andrea Speiedler, die ebenfalls zu diesen Haufen gehören würde.“
„Ja, doch Stein ist ja ein reines Männergefängnis. Die Schweizerin sitzt ihren Schmalztopf im Frauengefängnis Schwarzau ab.“
„Korrekt, aber du hast da ja auch gute Freunde in Stein. Denke an Herbert Lauer… “
„Auch wieder wahr“, lächelte Ripkis, „doch der misse Cop verdient es ja auch, anders wie Georg Ländler, der zwar ebenfalls ein Mörder ist, aber, sagen wir mal, durch widrige Umstände.“
„Na immerhin zeigte sich der Staatsanwalt und auch der Richter sehr gnädig“, äußerte sich Reinhold wissend, „Ländler fasste für den Mord an Manfred Wurm nur, sage mal nur, zehn Jahre aus.“
In diesem Moment erschien der Oberkommissar und Jäger steckte vorerst den Brief aus der Justizanstalt Stein weg.
„Meine Lieben Kollegen, bis Heute verfügten wir über genau zehn Einsatzteams. Ab Heute existieren nur mehr sechs davon. Die Kollegen Kommissar Wimmer und Inspektor Steiner, wurden auf eigene Bitte, in das Drogendezernat von Oberkommissar Pechlanger versetzt. Die verbleibenden 18 Beamte meiner Abteilung sind ab sofort wie Folgt zusammen gesetzt.“
Reumehr verteilte verschlossenen Kuverts, nur Jäger übersprang er, da er seinen Umschlag ja bereits erhalten hatte.
„Sie dürfen nun öffnen“, Reumehr empfahl sich, „auf eine ebenso Erfolgreiche Zukunft, wie sie dennoch, trotz aller Rückschläge, die Vergangenheit war.“
Ripkis wagte den beginn, er riss den Umschlag auf und zog ein Zusammengefaltetes Blatt Papier heraus.
„Ich führe ab Heute das Einsatzteam Nummer Eins“, überrascht schaute Ripkis auf, Jäger nickte, „und was ist mit dir? Diese Ehre stünde eigentlich dir zu!“
„Ich kommandiere das zweite Einsatzteam, zusammen mit Stauer und Holler. Und ich denke, es ist schon gut so, wie es Reumehr sagte, das erste Kommando sollte ein älterer und erfahrener Kollege innehaben.“
„Wer sind nun meine Partner?“ Kommissar Ripkis las weiter, „Inspektor Ronald Rogers und Polizeileutnant Robert Bern!“
Ripkis lächelte, Bern, war seinerzeit im Fall Wurm, noch Streifenpolizist. Dem Kommissar hatte das helle Wesen Berns gefallen und so rekrutierte er den jungen Beamten für die Kripo. Nun war er Leutnant und unter seinen Fittichen…
 
In einer ruhigen Minute, zog sich Reinhold Jäger zurück und öffnete den Brief aus Stein. Er war neugierig, wer vermochte ihn aus dieser Justizanstalt, aus dem Stadtteil von Krems im Bundesland Niederösterreich, zu schreiben?
« Sehr geehrter Herr Inspektor Jäger », so begann der Brief und Rainer vertiefte sich in die folgenden Zeilen. Der Brief war nicht lange und nachdem ihn der Inspektor gelesen hatte, blickte er nachdenklich auf. Diese Sache, wenn sie der Wahrheit entsprach, duldete keinerlei Aufschub!
 
Kommissar Reumehr war skeptisch. Er studierte den Brief einige Male und lehnte sich danach zerstreut zurück.
„Ich weiß nicht“, sagte er, „was ich davon halten soll. Das Geschehen ereignete sich vor mehr als einem Jahr, warum hat er solange damit gewartet? Und woher kennt er Sie?“
„Rainer Jäger schüttelte den Kopf“, Das kann ich auch nicht Beantworten, noch nicht Herr Oberkommissar. Aber ich denke das wir dieser Geschichte auf den Grund gehen sollten. Sandmann war ein verflucht gerissener Hund, und schon einmal, hat er versucht einen anderen in die Schei… sorry, sagen wir lieber, Petunie zu reiten!“
„Das stimmt, ich kann mich Erinnern. Aber Sandmann sitzt nun auch schon etwa neun Monate in Stein, ich frage mich nur warum, wenn das Geschriebene stimmen sollte, warum man damit so lange wartete!“
Jäger regte an, das man der Sache Nachgehen sollte, dann würde man sicherlich auf das Warum stoßen. Oberkommissar Reumehr gab dem schließlich nach.
„Gut Rainer. Fahren Sie, aber nicht alleine. Im Moment haben wir zum Glück eine gewisse saure Gurken Zeit, nur wenige Verbrechen sind gegenwärtig zu Bearbeiten. Sie, zusammen mit Ripkis, begeben sich nach Krems. Untersucht Vorort die Hintergründe, nur ich traue dem ganzen nicht. Seit also auf der Hut!“
 
Fünf Stunden später, Jäger und Ripkis trafen in der Justizanstalt Stein ein. Während der Fahrt hatte Georg den Brief noch einmal gelesen und schien sich auch unsicher. Im Brief stand:
 
« Sehr geehrter Herr Inspektor Jäger, mein Name ist Andreas Garner. Ich schreibe Ihnen in der Hoffnung, das sie mir mit meinem Problem helfen können. Ich weiß selbstredend aus der Zeitung, das Sie es waren, der schlussendlich Erwin Sandmann geschnappt hat, daher richte ich meine Bitte direkt an Sie. Bitte kommen Sie und hören Sie sich meine Geschichte an, denn ich sitze hier Unschuldig, Sandmann hat mich in eine Falle laufen lassen, in die ich Blindlings gerannt bin. Ich bedanke mich jetzt schon für Ihre Geduld und hoffe Sie demnächst persönlich Kennen zu lernen. Ihr A. Garner ! »
 
Schweigsam schritten sie die Gänge der Justizanstalt entlang und ließen sich beim Direktor melden. Dieser war bereits von Oberkommissar Reumehr informiert und begrüße die Beamten freundlich.
„Guten Tag meine Herren“, Mag. Friedrich Nowak, war 62 Jahre alt, als er im Februar die Leitung von Stein übernommen hatte, „ich habe bereits den Häftling Garner isolieren lassen. Die Monate seit man Erwin Sandmann hier einlieferte, waren mehr als hart!“
„Was war denn?“
Nowak schaute geschafft auf Kommissar Ripkis. „Es gab hier in letzter Zeit schon immer übergriffe. Das althergebrachte Gaunerehrenwort gibt es nicht mehr, die Insassen sind aggressiver geworden, brutaler. Ein Angriff auf einen Justizwachebeamten war früher tabu, heute werden die Kollegen nicht selten verletzt.“
„Und Sandmann?“
Nun richtete sich der Blick auf Inspektor Jäger. „Sandmann ist der schlimmste von allen, seit er hier ist, geht es hier drunter und drüber. Sandmann ist langsam dabei, die interne Vorherrschaft der Gefangenen zu Übernehmen. Damit ist es vordergründig gefährlicher geworden!“
„Und was können sie uns über Andreas Garner sagen?“
„Garner war bis zur Einlieferung Sandmanns ein sehr ruhiger Häftling. Er fiel nicht auf, versuchte jedem Streit aus dem Weg zu gehen und führte sich gut. Garner wurde zu 18 Jahren verurteilt, ein Jahr davon sitzt er nun schon ein.“
„Weswegen?“
Nowak lächelte leicht verbittert. „Aus der Akte“, der Magister schob Inspektor Jäger eine Mappe zu, „können Sie entnehmen, das Garner beschuldigt wurde, einen Wettpunkt Mitarbeiter getötet zu haben. Wie es dargelegt wurde, hatte Garner vor, das Wettbüro zu Überfallen!“
„Sie sagten das Garner ruhig war, bis Sandmann hier erschien, was war danach anders?“
Friedrich Nowak erhob sich aus seinem Stuhl und öffnete das Fenster. „Was danach anders war Herr Kommissar“, Nowak blieb am Fenster stehen und verzog etwas den Mundwinkel, „Garner wurde anders. Er begann gegen Sandmann mobil zu machen, er sprach bei mir vor, das war kurz nach meiner Amtsübernahme. Er sagte das er bereits den vorangegangenen Direktor darauf aufmerksam gemacht habe, aber er sitze Unschuldig. Sandmann sei der wahre Täter.“
„Gibt es dafür stichhaltige Beweise?“
„Eben nicht Herr Inspektor“, regte sich Nowak etwas auf, „Garner wurde auf Grund von Indizien verurteilt. Er sagte zwar immer, das er es nicht war, aber es gab keine Beweggründe für eine weitere Untersuchung. Zumal man ja Garner mit der Pistole in der Hand erwischte.“
„Nur das besagt gar nichts“, Jäger blätterte weiterhin den Akt flüchtig durch und fragte, „wie ging es mit der Mobilmachung gegen Sandmann weiter?“
„Wir hielten beide natürlich getrennt, aber irgendwann schaffte es Garner dennoch, in die unmittelbare Nähe Sandmanns zu gelangen. Er griff ihn an und in dem Gemenge, wurde Garner sehr schwer verletzt. Er verbrachte die letzten Monate auf der Krankenstation, ich glaube“, endete Friedrich Nowak offen, „das Garner die Absicht gehabt hatte, Erwin Sandmann zu töten. Das konnte ich damals, in seinen Augen sehen!“
„Wenn man schon Unschuldig sitzt“, überlegte Ripkis diesbezüglich, „dann macht es keinen Unterschied mehr, für was man sitzt. Garner sah, das keiner ihm Glaubte, er wählte dadurch die einzig innvolle Lösung für sich!“
„Glauben Sie das Garner Unschuldig ist?“
Georg Ripkis schwieg, Rainer Jäger legte den Akt auf den Schreibtisch und erhob sich. „Schuldig? Unschuldig? Ich weiß es nicht. Aber warum sollte ein verurteilter Mörder, zunächst ihren Vorgänger, dann sie und zum Schluss nun mich darauf Ansprechen? Irgendetwas muss an dem ganzen Faul sein, anderenfalls wäre es reine Zeitverschwendung und Andreas Garner, wohl ein Psychopath!“
Magister Nowak führte die beiden Beamten aus dem Büro, Jäger hatte zuvor gefragt, ob er sich derweilen den Akt Garner ausleihen durfte und der Direktor gestattete dies. Kurz darauf betraten sie eine Einzelzelle, wo Andreas Garner auf die Kripo Kriminalisten wartet.
„Herr Garner?“
Inspektor Jäger trat, sich im Hintergrund haltend, folgte Ripkis.
„Ja“, war die kurze Antwort, „sie sind Jäger!“
„Korrekt“, Rainer nickte, „und das ist mein Kollege, Kommissar Ripkis. Wir sind gekommen um ihre Geschichte zu prüfen“, Garner wollte schon etwas sagen, aber der Inspektor hob rasch die Hand, „bedenken Sie aber“, schloss er mit Nachdruck, „sollten sie unsere Zeit vergeuden, und nur Hirngespinste erzählen, dann hat das schwere Konsequenzen für Sie. Haben wir uns in diesem Punkt verstanden?“
„Natürlich Herr Inspektor“, Andreas Garner nickte zustimmend, „ich bin mir meiner Lage, und der Folgen bei Missachtung, durchaus bewusst.“
„In Ordnung, dann frage ich sie nun das erste und einzige Mal“, Jäger legte eine kurze Gedenkpause für Garner ein, „haben Se mir nun etwas Wichtiges zusagen? Oder sind sie tatsächliches des Mordes Schuldig?“
„Nein Herr Inspektor“, ohne zu zögern antwortete Garner fest, „ich habe keinen ermordet. Ich habe auch kein Wettbüro überfallen wollen. Ich bin das Opfer einer hintertriebenen Intrige!“
„Einer Intrige“, lies sich nun Kommissar Ripkis vernehmen, „gesponnen von Erwin Sandmann?“
„Ja Herr Kommissar“, Garner nickte betrübt, „ich bin ihm Voll in die Falle gelaufen, obgleich ich nicht weiß, wie er wusste, das ich an diesem tag in dem Wettbüro erscheinen würde!“
„Erzählen Sie bitte mal vom Anfang an“, Inspektor Jäger nahm auf einem Stuhl platz und auch Ripkis lies sich, in der Nähe der Tür nieder.
„Ich besitze eine gute laufende Imbisskette, sie läuft unter den Namen „Food Square“. Januar 2001 erschien ein Gentleman und unterbreitete mir, das es in Probleme mit Unruhestiftern geben würde. Er bot seine Unterstützung an!“
„Also Schutzgeld Erpressung!“
Garner nickte dem Inspektor zu. „Ja, eindeutig. Ich sagte ihm, das er sich zum Teufel scheren sollte. Zudem damaligen Zeitpunkt wusste ich noch nicht das es Sandmann war, der seine gierigen Finger nach mir ausstreckte. Drei Wochen später begannen die Übergriffe. Immer wieder kam eine Gruppe von Jugendlichen in meine Stuben und begannen zuerst nur die Gäste zu belästigen, dann in Folge sogar das Inventar zu Beschädigen. Ich rief die Polizei, es wurden sogar Verhaftungen gemacht, aber es kam nichts heraus und die Quälereien nahmen kein Ende, sondern verstärkten sich nur noch. Dann“, Garner legte eine rasche Pause ein und trank einen Schluck Wasser, „im März 2001, erschien Erwin Sandmann in meinem Zentralimbiss, zusammen mit zwei weiteren Männern, die ich als Schlägertypen einstufen würde. Er vermittelte mir, das er von meinem Problem gehört hätte und einen Umfassenden Schutz anbieten könnte. Nur 20 Prozent des Tagesumsatz würde mich das kosten, ich sollte es mir überlegen und ihm nach Ablauf eines Monats bescheid sagen!“
„Und was taten Sie?“
„Ich habe diesen Hund aus meinem Imbiss geworfen“, Garner redete sich in Rage, „ich habe ihm gesagt, das er keinen Groschen jemals von mir bekommen würde. Wenn er sich hier noch einmal blicken lassen sollte, würde ich ihn anzeigen!“
„Und weiter?“ Jäger verfolgte gespannt die Ausführung Garners, auch Ripkis war nun etwas interessierter.
„Das Monat verstrich und ich hatte immerwährend mit den Störenfrieden zu kämpfen, meine Gäste blieben langsam aus und dann, trotz meiner eindeutigen Warnung, erschien abermals Sandmann bei mir. Wieder mit den zwei Typen, die mich so finster anstierten, das ich wusste, Heute würde es mit Sicherheit zum Eklat kommen!“
„Sie wurden Handgreiflich?“
„Oh ja, und das nicht grade wenig. Ich hatte schon vor einem Monat mit der Polizei gesprochen und gefragt, wie ich mich dagegen währen kann. Man hatte mir erlaubt, eine Notfall Leitung zu installieren und ich musste dazu nur auf einen bestimmten Knopf steigen, der am Boden, unter dem Teppich, platziert war. Sandmann wollte meine Entscheidung wissen, schon als er eintrat, habe ich den Knopf betätigt und ich blieb weiterhin bei meinem Standpunkt. Kein Geld, aus meiner Kassa für diesen missen Halsabschneider. Sandmann befand dies weniger Lustig, er meinte nur, das es nun an mir wäre, die Kontinuität zu tragen und er gab seinen Handlangern einen Wink. Er selber verließ das Imbiss… “
„Was konnte die Polizei, welche sicherlich rasch Vorort war, ausrichten?“
„Nicht viel“, Sandmann hatte sich ja entfernt. Als er die Polizei kommen sah, brachte er sich komplett in Sicherheit. Meine Aussage, stand gegen die der beiden Schläger, die dadurch nur wegen Körperverletzung dran waren.“
„Ich nehme an“, äußerte sich Ripkis betroffen, „das keiner der beiden Sandmann angefahren haben?“
„Nein“, Garner stieß einen verächtlichen Laut aus, „beide sagten, das es nicht stimmt, das sie für Sandmann arbeiteten. Sie nahmen alle Schuld auf sich und erklärten, das sie selber Schutzgelder kassieren wollten. Die Polizei musste dieser Aussage, welche sie auch Unterschreiben, Glauben schenken.“
„Und was ereignete sich dann?“
„Zunächst blieben die Randalierungen aufrecht“, Andreas Garner ballte bei den weiteren Worten die Fäuste, „meine Zahlende Kundschaft blieb lange Zeit aus und ich dachte schon, das ich in den Ruin schlitterte. Dann, von Heute auf Morgen, hörten die Besucher der Jugendlichen Banden auf und ich konnte im letzten Moment noch, den Konkurs herumreisen. Über ein halbes Jahr blieb alles Ruhig, ich dachte da wirklich schon, das ich Sandmann die Stirn geboten, und er sein Ziel bei mir aufgegeben hätte!“
Garner schwieg, er senkte den Kopf und blickte verloren zu Boden. Inspektor Jäger sagte nichts, auch Ripkis schwieg. Beide wollten dem Manne die Gelegenheit geben, das erlebte, richtig zu Verarbeiten.
„Im Oktober“, leise setzte Garner seine Erzählung fort“, machte ich mich zu meiner Monatlichen Wette auf. Immer am selben Tag, also am 2. des Monats, suchte ich ein Wettbüro vom Wettpunkt auf und platzierte meine Sportwette. So auch im Oktober 2001… “
Wieder eine Pause.
„Mir ist nichts aufgefallen, ich habe nicht bemerkt, das mich über die Monate lang, jemand Beschattet hatte, anders kann es nicht gewesen sein. Ich trat in das Büro und wollte soeben an den einzig geöffneten Schalter gehen, als hinter mir ein anderer eintrat. Ich sah eine Uniform, dachte mir nichts Böses und achtete auch nicht weiter auf den Polizisten… “
„Wieder ein korrupter Bulle mit im Spiel?“ Ripkis war aufgefahren, Jäger ließ den Kollegen innehalten und richtete seine Worte an Garner.
„Sprechen sie weiter, was war dann?“
„Zwei Schritte fehlten mir noch auf den Schalter. Da fiel ein Schuss und der Kassierer fiel vorne über. Ich wandte mich um, schaute in das lachende Gesicht des Beamten und… es war Sandmann. Er lachte mich spöttisch aus und schrei, das ich nun meine Rechnung von ihm für damals bekäme. Er warf mir die Pistole zu und lief hinaus… “
Andreas Garner schluckte, es schien ihm sehr zu schaffen zu machen über das Erlebte zu sprechen, auf der anderen Seite wirkte er mit jedem Wort entspannter. Es schien ihm auch gut zu tun, diese Last endlich los zu werden!
„Ich war damals wie in Trance, ich hatte die Waffe gefangen, ich weiß auch nicht warum. Ich hielt sie in der Hand, und blickte nur verstört zur Tür. Ich stand wie angewurzelt da und etwa eine Minute später erschein ein anderer Polizist in dem Wettbüro und erwischte mich sozusagen in flagranti. Ich stand mit der Pistole da und war unfähig zunächst etwas zu sagen. Daraufhin beschuldigte man mich des Mordes an dem Kassierer und auch, das ich eben die Absicht gehabt hatte, den Wettpunkt zu Überfallen!“
Sehr langes Schweigen. Andreas Garner war mit seiner Geschichte fertig, Inspektor Jäger musterte den Manne genau, konnte aber keine Täuschung in seinem Verhalten erkennen. Und warum sollte jemand eine so phantastische Geschichte erfinden? Auch Kommissar Ripkis blickte betroffen auf den Häftling. Er hatte ins einer Laufbahn schon viele unglaubwürdige Stories vernommen, aber jene, war so was von Unfassbar, das sie schon wieder wahr sein konnte.
„Haben Sie ihre Darlegung den Kollegen offenbart?“
„Natürlich Herr Inspektor“, konterte Garner etwas schroff, „ich habe alles erzählt. Sie haben sogar gewisse Punkte geprüft und auch bestätigt bekommen. Es wurde definitiv gesagt, das meine Imbisskette von Randalierern heimgesucht worden war. Doch es wurde keine Verbindung gefunden, im Gegenteil, man agierte damit, das eben meine Konkursprobleme der Auslöser für meine Tat war. So genommen eine Verzweiflungstat!“
„Und Sandmann als Polizist?“
„Das wurde gar nicht Untersucht. Man sagte, das dies nur meine Ausflüchte wären. Denn der Streifenpolizist hätte Sandmann noch sehen müssen. Egal was ich in diesem Bezug sagte, man Glaubte mir nicht!“
„Und ihr Anwalt?“
„Er hat versucht, eine Offenlegung dieser Variante zu erwirken, konnte aber sein Ziel nicht erreichen. Es gab keine Augenzeugen, keine Spuren und auch keine Beweise, die meine Aussage bekräftigen konnten!“
 
Drei Stunde nach der Ankunft in Stein, befanden sich Jäger und Ripkis auf den Weg zurück nach Wien. Das Warum Garner so lange mit seinem Brief gewartet hatte, das hatte Jäger zum Schluss auch noch gefragt und Garner gab zu, das er zunächst nur Rache und den Tod Sandmanns vor Augen hatte.
„Ich erfuhr davon, das Sandmann endlich überführt worden war. Ich erfuhr auch das er nach Stein kommen würde, was ja klar war. Ich regte sofort, bei Nowaks Vorgänger und später auch bei ihm, meine Ansicht an. Doch keiner schenkte mir ein bisschen Glauben. Da wollte ich nur mehr eines, Sandmann mit meinen eigenen Händen erwürgen. Denn wenn ich schon wegen Mordes verurteilt war, dann sollte es wenigstens auch stimmen!“
Garner erzählte, das er aber bei dem Versucht, selber so schwer verletzt worden war, das er über die Monate auf der Krankenstation verweilen musste und dort, hatte einer der Pfleger angereckt, das er sich nicht weiter dem Hass hingeben, sondern versuchen sollte den Mann zu kontaktieren, dem es gelungen war, Erwin Sandmann endlich zu stellen…
„Wenn Garners Aussage der Wahrheit entspricht“, brach nach längerer Fahrt, Ripkis endlich das Schweigen, „dann wird es wieder ein lautes rascheln im Blätterwald geben. Die Zeitungen werden wieder über uns herfallen und uns wie immer in der Luft zerreisen!“
„Mit Sicherheit“, gab Jäger zurück, „aber das müssen wir hinnehmen. Mal sehen, was Reumehr zu dieser Geschichte sagt. Nur ich für meinen Teil, glaube dem Manne!“
 
Der kommende Tag, kurz nach acht Uhr.
Inspektor Jäger sprach bei Oberkommissar Reumehr vor und nach längerer Debatte, gab der Leiter der Mordkommission seine Zustimmung. Reumehr befand selber die Ausführungen Garners für Schwerwiegend und da Sandmann für seine Hinterlistigkeit bestens bekannt war, ordnete der Oberkommissar an, das Jäger, zusammen mit Ripkis, diesen Fall untersuchen sollte.
„Nehmt noch eine Mann zur Unterstützung mit“, erklärte sich abschließend Reumehr, „die übrigen, bleiben bis zum Abschluss im Innendienst. Leutnant Stauer hat ja diese Woche ohnedies noch Urlaub!“
Man entschied sich für Inspektor Ronald Rogers, da Gerd Holler in diesen Tagen ohnedies noch Zeuge bei einer wichtigen Verhandlung war. Zu dritt, machten sie sich auf, um vorerst einmal auf dem zuständigen Revier herum zu schnüffeln. Besonders der Streifenpolizist, der etwa eine Minute nach dem verschwinden von Erwin Sandmann auf dem Plan erschien, war von großem Interesse für die Kripobeamten.
Der Mann hieß Philip Bors, er schaute mit intelligenten, wachen Augen auf die Kriminalisten und hörte sich ruhig an, was die Zivilfahnder zu sagen hatten.
„Der Fall Garner“, Bors zückte sein oft benutztes Notizbuch und blätterte darin, „da haben wir es ja. Andreas Garner, verdächtiger in der Mordsache Wettpunkt Kassierer. Ja, ich kann mich nun wieder an diesen Tag erinnern. Was wollen Sie genau darüber wissen?“
Inspektor Jäger nahm auf dem Schreibtisch des Polizisten platz und schaut ihn durch dringlich an.
„Erzählen Sie uns bitte ihre persönliche Darstellung der Ereignisse von damals. Wo waren sie, als der Schuss fiel?“
„Ich hatte an diesem Tag meine Runde dort“, gab Bors kund, „ich befand mich etwa fünfhundert Meter, auf der anderen Blockseite des Gebäudes, als vom Revier der Funk kam. Den Schuss selber, habe ich nicht gehört!“
„Gut, der Funk kam. Was besagt er?“
„Die Meldung war kurz. Es wurde Mitgeteilt, das ein Anruf eingegangen war, der einen Schuss im Wettbüro Wettpunkt gemeldet hatte. Ich war dem Büro am nächsten und so wurde ich beauftragt, die Sachlage zu sondieren!“
„Und ist ihnen, auf dem Weg zum Wettpunkt Büro etwas verdächtiges aufgefallen? Wie lange benötigten sie zum Wettbüro?“
„Ich habe über die gesamte Zeit, nichts gehört und auch nichts gesehen. Ich lief zu dem bezeichneten Büro und errechte es etwa nach einer Minute. Ich trat ein und sah den Verdächtigen, Herrn Andreas Garner mit der Pistole in der Hand, etwas zwei Schritte von dem Schalter entfernt stehen. Der Kassierer war Tot, erschossen mit jener Waffe, die Garner in der Hand hielt!“
„Was sagen Sie persönlich zu Garners Behauptung?“
„Im Bezug auf Sandmann?“, Bors überlegte einen Augenblick, „Sandmann ist ein, oder besser war ein gerissener Hund. Aber warum sollte er den Kassierer töten und es dann diesen Mann anlasten wollen?“
„Das war keine Antwort auf meine Frage, beantworten sie das was ich gefragt habe!“
„Ich persönlich glaube, das Garner es war. Es ergibt anders keinen Sinn. Doch darf ich nun Fragen, warum sie mich das alles Fragen?“
Inspektor Jäger erklärte es kurz und Bors schüttelte den Kopf.
„Ich wiederhole ich“, sagte er, „ich habe keinen anderen gesehen. Und wenn da ein anderer Polizist gewesen wäre, gleich nun ob eine echter, oder ein verkleideter, dann hätte ich etwas davon bemerken müssen!“
„Würden Sie sich dazu bereit erklären, bei einem Lokalaugenschein dabei zu sein?“
Philip Bors schaute auf.
„Ich habe keine Probleme damit, aber ich sage es noch mal“, der Streifenpolizist blieb weiterhin bei seinem Standpunkt, „sie verschwenden ihre Zeit. Andreas Garner hatte ein Motiv, und er hatte die Waffe in der Hand. Er war es, kein anderer. Klar, Sandmann hat ihn beinahe ruiniert. Aber eben darin steckt ja sein Motiv und da erfand er rasch jene Story um uns Irrezuführen. Doch es gab und wird keine Grundlage für seine Theorie geben!“
 
Noch in der gleichen Nacht, das Dezernat für Gewaltverbrechen, jetzt auch als HB Flügel bekannt,  war so gut wie verlassen. Beinahe überall war es Dunkel, nur im Abschnitt des Einsatzteams Zwei, brannte noch Licht. Inspektor Jäger saß alleine an seinem Schreibtisch und dieser war mit einigen Schriftstücken von dem Fall Garner überseht.
Soeben legte Rainer den Pathologischen Befund beiseite und rieb sich die müden Augen. Er war keinen Schritt weiter gekommen, langsam konnte er Verstehen, warum Garner keiner geglaubt hatte. Es gab bisher keinen Anhaltspunkt, das Garners Aussage der Tatsache entsprach. Dennoch glaubte Jäger nicht, das der arme Mann log!
Immer wieder ging er die wenigen Niederschriften durch und vertiefte sich zunehmend in die Tatortfotos. Andreas Garner war von allen Seiten Fotografiert worden, ebenso der erschossene Kassierer und in Folge jene Plätze, wo zuvor Garner gestanden, und das Opfer vorn über gebeugt war.
„Es muss doch auf einem dieser Bilder, etwas geben, das die Aussage Garners bekräftigt!“ Jäger kniff die Augen zusammen, er war vollkommen fertig. Ripkis hatte noch bis nach 22 Uhr, bei ihm gesessen und zusammen hatten sie jedes Dokument durchleuchtet. Und nun, drei Stunden, nachdem der Kommissar nach Hause gegangen war, klebte der Inspektor noch immer hinter dem Schreibtisch und kam sich vor, wie ein Hamster, der sich in seinem Laufrad abmüht, aber keinen Meter vorwärts kommt.
Die Aussage Philip Bors’, von Heute, deckte sich eins zu eins mit seinem Protokoll vor mehr als einem Jahr. Gut, der Streifenbulle hatte sein Notizbuch zurate gezogen, aber welcher Kriminalist tat dies nicht, besonders wenn das Ereignis mehr als ein Jahr zurück lag.
Auch der Bericht über die kurzen Ermittlungen war recht explizit. Inspektor Schaffer, der die Untersuchungen leitete, vertrat denselben Standpunkt wie Polizist Bors.
„Bors’ Aussage, das er per Funk von dem Schuss informiert worden war“, sinnierte zu sich selber Rainer, „wurde von der Streifenzentrale bestätigt. Bors gab damals an, das er sich etwas fünfhundert Meter von dem Wettpunkt Büro, auf der anderen Seite des Gebäudeblocks, entfernt befand.“
Jäger war einerseits über diese Entwicklung froh, andererseits, wurmte es ihm, da er dadurch keinen Lichtschein am Horizont sah.
„Also nehmen wir mal an“, sprach Jäger zu sich, „das Philip Bors zu uns Guten gehört. Er ging an jenen Tage brav seine Streife, wurde per Funk über den Schuss informiert und bekam die Order, der Sachlage nachzugehen. Daraufhin“, Jäger begann zu suchen, „lief er los und erreichte etwa seine Minute danach, das Wettpunkt Büro und trat ein. Garner stand mit der Pistole in der Hand da und sonst… “
Der Inspektor fand nicht wonach er suchte, irritiert hielt er inne. In selben Moment läutete sein Handy du der Inspektor sah, das Manuel, seine Gattin anrief. Verlegen hob der Kriminalist ab!
„Verzeihe mir mein Schatz“, sagte er, ohne auf die Aussage seine Frau zu warten, „auf dich habe ich nun leider komplett vergessen.“
„Na das fängt ja schon etwas früh an“, kam es etwas spöttisch zurück, „wir sind nun grade mal anderthalb Jahre verheiratet und du kannst mich schon vergessen. Was mein Lieber soll ich davon halten?“
Die Aussage Manuela Jägers, war nicht ernst gemeint. Rainer hatte sie, als Ripkis nach Hause fuhr, angerufen und gesagt das er an einem neuen Fall sitze. „Ich bin eventuell dabei, einen Unschuldigen aus Stein zu holen“, hatte der Inspektor verkündet, „es wird noch etwas dauern, aber ich bin bestimmt vor Mitternacht Zuhause.“
„Na ich wollte dir nur sagen, das es nun nach ein Uhr ist“, Manuela lächelte, „keine Sorge mein Hase, ich werde weiterhin auf dich warten. Egal wann du kommst, und wenn es erst Heute Abend ist!“
Jäger entschuldigte sich noch einmal, doch Manuela erwiderte, das dies eben das Los einer Polizistengattin wäre. „Besser, du kommst spät, als überhaupt nicht.“ Sagte sie noch, dann fand das Telefonat ein Ende.
Nachdem der Inspektor aufgelegt hatte, war es Sekundenlang ganz still in dem Raum. Jäger lehnt sich in seinem Stuhl zurück und schloss die Augen. Er musste ein paar Minuten Frieden tanken, dann konnte er abermals gestärkt, auch den Rest bewältigen.
Dann, in diese vollkommene Stille, erklangen Schritte. Sie kamen rasch näher und traten genau in jenen Bürokomplex, in dem sich auch Reinhold Jäger aufhielt.
„Du bist auch noch da?“ es war Inspektor Rogers, der sich sichtlich wunderte, das Jäger noch zugegen war.
„Ja“, raunte Jäger leicht schläfrig, „aber was führt dich so spät noch her?“
„Ich war auf Erkundung“, Rogers zog sich einen Stuhl zum Schreibtisch und lies sich darauf nieder fallen,  „ich habe Erhebungen in dem Wettbüro durchgeführt. Habe euch ja gesagt, das ich einiges Prüfen will!“
„Ja, das hast du. Aber ich dachte, das du uns deine Ergebnisse erst Morgen, also Heute früh mitteilen wirst.“
„Na deine Frau wird auch nicht so Glücklich darüber sein, wenn sie immer alleine Zuhause sitzt“, witzelte Rogers, auf Jägers Darlegung. Reinhold musste schmunzeln.
„Ich habe kurz bevor du kamst, mit Manuela gesprochen. Sie ist sicherlich nicht Glücklich darüber, aber sie sagt das sie es versteht. Werde mich dennoch bei Ihr Erkenntlich zeigen, Frauen können in dem Punkt sehr eigen sein!“
„Sag schon“, Rogers zeigte auf den Wust von Unterlagen und Fotos, „haben wir etwas, was Garners Behauptung Untermauert?“
„Leider noch nicht“, wieder begann der Inspektor mit seiner Suche, „aber es gibt auch noch keinen eindeutigen Beweis dafür, das Garner wirklich der Mörder des Kassierers ist. Was ergaben deine Erkundungen in jenem Wettbüro?“
„Ich habe zuerst mit dem anwesenden Kassierer gesprochen“, Rogers verfolgte verwundert, Jägers tun, „er ist seit fünf Jahren in dem Büro tätig und kennt Andreas Garner sehr gut. Er konnte sagen, das Garner wirklich immer am 2. des Monats wegen seiner Sportwette kam. Je nach Saison, waren es entweder Pferde, oder Fußballwetten.“
„Seit wann kam den Garner um seine monatliche Wette zu platzieren? Verdammt“, entfuhr es Jäger dann, grimmig blickte er auf, „wo ist das verdammte Ding nur?“
„Was suchst du denn Rainer?“
Jäger schlug hart mit der Faust auf den Tisch und knurrte. „Ich suche das Protokoll über jenen Anrufer, der den Schuss gemeldet hat. Laut der Streifenzentrale war es ein Passant, der am Wettpunkt vorüber ging. Er rief von seinem Handy an, meldete das im Wettbüro Schlachthausgasse 16, ein Schuss gefallen war. Ich suche nun jenes Protokoll, welches mit diesem Zeugen aufgenommen worden war!“
„Warte“, Rogers beugte sich nun auch über die verschiedenen Dokumente und Unterlagen, „ich helfe dir und um deine Frage zu beantworten, der Kassierer konnte das nicht genau sagen. Jedenfalls länger als fünf Jahre, das konnte mir noch der Betreiber sagen. Doch eine genauere Angabe, konnte er auch nicht machen.“
„Na dann wird uns das Garner selber sagen können“, geschwind hatten sie zusammen, die Befunde und Schriftstücke sondiert, doch jenes Protokoll war nicht dabei.
„Wie war eigentlich die persönliche Meinung der Wettpunkt Leute zu diesem Thema? Wie standen sie zu der Tatsache, das Garner ein Mörder sein soll?“
„Gut das du mich das fragst“, gab Rogers zurück, „der Kassierer der Anwesend war, sagte wörtlich, das die Beschuldigung Garners ein Witz sei. Selbst der Betreiber war der Ansicht, das wenn Garner wirklich einen Überfall vor gehabt hätte, das er sich sicherlich ein anderes Wettbüro dafür ausgewählt hätte, und nicht das, in dem er seit Jahren selber seine monatliche Wette platzierte.“
„Diese Aussagen kann ich auch in keinem der Berichte vorfinden“, abermals begann Jäger zu suchen, diesmal die Befragungsprotokolle, „ich habe hier nur die Aussage von Polizist Bors, und jene die Garner gemacht hat. Sonst gibt es weder die Aussage des Anrufers, noch eine von einem anderen Angestellten des Büros.“
„Wurden diese Protokolle verschlampt?“
Jäger blickte seinen Kollegen schief an, seine Mine verriet, das er an so etwas nicht glaubte.
„Mit Sicherheit nicht“, schüttelte er den Kopf, „ich glaube vielmehr“, setzte er fort, „das diese Aussagen entweder gar nicht Aufgenommen wurden, oder man hat diese Leute erst gar nicht Befragt.“
„Das sich ein Inspektor eine solche Blöße gibt?“ Rogers schaute Jäger fassungslos an. „Das grenzt ja schon fast an Vernachlässigung. Sollte Garner wahrhaftig Unschuldig sein, so kann er in Folge eine Klage einbringen. Er würde Hochhaus gewinnen, und das ohne Anwalt!“
„Der Fehler hier“, konterte Jäger. Die Darstellung, das jener Inspektor so gefehlt hatte, war bei weitem nicht erbaulich, „liegt darin, das Garner nur auf Grund von Indizien verurteilt worden ist. Man sah ihn mit der Waffe, man vernahm seine Probleme mit Sandmann und schon hatte der arme Mann ein eindeutiges Motiv. Und eben die Gelegenheit, da ja kein anderer in der Nähe war. Es wurde da nicht mehr viel Recherchiert, sondern egal was auch Garner vorbrachte, dies wurde als Falsch angesehen!“
„Willst du wirklich einen Lokalaugenschein beantragen? Dazu musst du auch Garner frei bekommen!“ Rogers streckte die Beine von sich.
„Ja Ronald“, bestätigte Jäger, „das will ich. Aus zweierlei Gründen. Erstens, ich möchte direkt Erkennen, ob Garners Aussage wirklich der Tatsache entspricht. Ob es Zeitlich und auch Technisch möglich war, das eben ein anderer, egal nun wer, der Täter war. Und zweitens, ich möchte auch Polizisten Bors davon überzeugen, wenn Garner wirklich die Wahrheit spricht, das eben doch seine Darlegung auf Wahrheit beruhen kann. Deswegen werde ich noch Heute, Oberkommissar Reumehr bitten, den Lokalaugenschein vorzubereiten und auch dafür zu Sorgen, das Andreas Garner dafür bereit steht!“
„Na ich habe es mir eh gedacht“, Rogers lächelte etwas müde. Es ging nun hart auf die zweite Morgenstunde zu, „deswegen habe ich mir die Freiheit genommen, und bereits Vorort den Lokalaugenschein zu deklarieren. Der Betreiber, und auch der anwesende Kassierer haben dafür ihre Bereitwilligkeit kundgetan. Sie wollen alles dafür tun, um eben die Unschuld Garners zu bekräftigen!“
„Ausgezeichnet“, damit haben wir schon mal einen extra Pluspunkt für den Oberkommissar gesammelt. Damit dürfte der Verwirklichung nichts mehr im Wege stehen. Nur eines macht mich traurig… “, kurz hielt Jäger in seiner Ausführung inne. Rogers richtete sich etwas auf und wartete gespannt darauf was der Kollege nun als nächstes sagen würde.
„Wenn Garner Unschuldig ist, dann wissen wir ja alle, wer für den Mord an dem Kassierer die Verantwortung trägt.“ Rogers nickte stumm, er konnte sich nun denken, worauf der Inspektor hinaus wollte.
„Nur leider, egal wie es ausgeht, wir werden es ihm wieder einmal nicht beweisen können. Auch hierbei war dieser misse Hund zu schlau. So viele Opfer gibt es, die nach Vergeltung rufen. Und eigentlich nur eines wird hierbei gesühnt. Und dieses eine“, etwas in Melancholie verfallen sprach Jäger zu Ende, „war der Auslöser für einen vorangegangenen Mord. Irgendwie ist die Welt ungerecht und Justitia wirklich Blind!“
„Dennoch hat Erwin Sandmann seine Bestrafung erhalten“, Inspektor Rogers versuchte den Kollegen etwas aufzuheitern, „er wird lange Zeit gesiebte Luft atmen und wenn er in 20 Jahren oder später aus Stein kommt, dann kräht kein Hahn mehr nach ihm. Seine Verbrecherkarriere ist beendet. Auch wenn es kein großer Trost ist“, schloss Rogers seine Interpretation, „es bleibt dennoch ein kleiner, ein kleiner Sieg der Gerechtigkeit über das Böse.“
 
Weder Jäger, noch Rogers waren danach noch nach Hause gefahren, beide Inspektoren hatten es sich im Bereitschaftsraum gemütlich gemacht und dort ein paar Stunden geschlafen. Nach der morgendlichen Toilette, kehrten beide frisch geduscht und auch rasiert, in der Kantine ein um sich ein ausgiebiges Frühstück zu gönnen. Es war 25 Minuten vor acht Uhr, zu ihrer Überraschung, war Kommissar Ripkis bereits anwesend.
„Morgen Leute“, Georg Ripkis lies die Kronenzeitung sinken und lächelte seine Kollegen an, „wer von euch war Zuhause?“
Beide verneinten. Ripkis gab an, das er das bereits wusste, da er bei jedem gewesen war. Er legte die Krone beiseite und schob den Inspektoren, jeweils eine Tasse Kaffee zu.
„Ich habe mir überlegt“, begann der Kommissar, „so wie die Dinge liegen, muss Garners Darstellung stimmen. Auch wenn er durch Sandmanns Manipulation ein Motiv hatte, warum sollte er so plump vorgehen. Es passt alles nicht zusammen, das konveniert mir überhaupt nicht. Wann könnten wir frühestens den Lokalaugenschein starten?“
Jäger berichtete über das, welches sie in der Nacht noch besprochen hatten und dann sagte er.
„Ich möchte Reumehr für Morgen darum bitten. Die Erlaubnis des Wettpunkt Betreiber haben wir, ebenso wie die Unterstützung des gestrigen Kassierers und ich denke, das auch die anderen Zustimmen werden. Und, wir haben auch die Beteiligung von Philip Bors. Morgen müsste es bereits gehen, denn Garner kann ja in wenigen Stunden in Wien sein!“
„Wer geht zu Reumehr?“
Jäger lächelte Ripkis an. Ich werde gehen, gleich nach dem Frühstück mache ich dem Oberkommissar meine Aufwartung. Und ihr“, bat er, „kontaktiert derweilen bitte Inspektor Schaffer. Ich möchte einiges mit ihm klar stellen!“
Rogers erklärte zwischen zwei Bissen was, und Ripkis schniefte. „Man sollte seine persönlichen Ansichten niemals mit zum Dienst nehmen“, äußerte sich der Kommissar, „eine so geheure Fehlung bei einer Ermittlung, könnte die Suspendierung des Betreffenden nach sch ziehen.“
„Mir geht es dabei rein darum“, gab Jäger bescheid, „das ich wissen möchte, hatte Schaffer es nur außer Acht gelassen, weil er von der wirklichen Schuld Garners überzeugt war. Oder hatte er Fahrlässig gehandelt. Beim ersten Punkt, könnte man von einem Missgeschick sprechen. Aber falls der Inspektor einfach nur den leichteren Weg genommen hat, dann muss man seine Kompetenz in Frage stellen!“
„Bei ausnahmslos Indizienbeweisen“, gab nun Ripkis zu verstehen, „ist schnell ein Fehler gemacht. Gesehenes rasch falsch interpretiert und Konstruiertes schell zur Realität gemacht. Noch ist es ja nicht absolut Sicher“, blieb dennoch der Kommissar leicht reserviert, „aber es schaut wirklich so aus, als wäre Andreas Garner Nichtschuldig!“
 
Vier Augen blickten sich ruhig an. Keiner sprach mehr ein Wort und es herrschte absolute Stille im Büro des Oberkommissars. Inspektor Jäger hatte seine bisherigen Erkenntnisse kund getan und in Folge, für Morgen, um einen Lokalaugenschein gebeten.
„Was sonst noch?“ kam nach einiger Zeit die etwas barsche Frage Reumehrs. „Eventuell noch eine Exhumierung?“ Buddeln wir den erschossenen Kassierer aus um zusehen, ob er nicht doch an eines natürlichen Todes dahin geschieden war?“
„Sie Scherzen“, konterte der Inspektor trocken, „und nach meiner Ansicht ist jene Beweisaufnahme gerechtfertigt. Es wurde weder der anonyme Anrufer ausgeforscht, noch das Wettpunktpersonal befragt und man ging auch sonst keinen eventuellen Spuren nach. Für mich Herr Oberkommissar, rechen diese Fehlungen aus, um einen Lokalaugenschein zu bewilligen. Besonders da wir die volle Unterstützung des Wettpunkt Betreibers, und auch die freiwillige Zusage der Beteilung von Polizist Bors haben. Wollen wir nun für Gerechtigkeit sorgen? Oder ist es nur wichtig, das der Akt damals rasch und unkompliziert geschlossen werden konnte!“
Abermals blieb es lange Ruhig. Reumehr ging in sich, er wusste das der Inspektor recht hatte. Und er hatte zuvor im Grunde wirklich nur einen Spaß gemacht. Anerkennend nickte der Oberkommissar.
„Sie sollen ihren Lokalaugenschein bekommen, ich werde sofort Magister Nowak kontaktieren und die vorübergehende Überstellung Andreas Garners erwirken. Aber Jäger“, der kommende Tonfall lies erkennen, das es hierbei keine Diskussion gab, „sie haben ab Heute, mit dieser Stunde, nur mehr 36 Stunden Zeit, um einen Beweis für Garners Unschuld zu finden. Oder sie finden eben den Beweis das er Schuldig ist. Ganz gleich, aber nicht mehr länger, als genau 36 Stunden!“
 
Als Jäger zu seinen Kollegen Ripkis und Rogers zurück kam, lächelte der Inspektor voller Tatendrang. Ein weiterer Kollege war anwesend, es handelte sich dabei um Inspektor Thomas Schaffer, der damals im Fall Garner die Ermittlungen geführt hatte. Etwas erbost, blickte der Übergewichtige Beamte aus seinen Augen.
„Sie wollten mich sprechen Kollege“, in seinem Tonfall lag etwas Respektlosigkeit, „machen sie es kurz, ich habe noch einiges zu tun.“
„Nehmen sie bitte vorerst mal Platz“, Jäger bot dem Inspektor einen Stuhl an, „haben sie meine Kollegen bereits Informiert, worum es geht?“
„Nur Oberflächlich“, etwas schnaufend lies sich der dickliche auf einen Stuhl nieder, „es handelt sich um eine Neuaufrollung des Falls Garners?“ Habt ihr Zivilfahnder nichts Besseres zu tun, als die erledigten Akten anständiger Revierpolizisten zu öffnen? Ich für meinen Teil Herr Kollege, halte diese Vorgehensweise für diskriminierend. Es verletzt meine Ehre und meinen Stolz, das habe weder ich, noch mein Revier verdient!“
„Nun Herr Kollege“, begann Jäger ruhig, Rogers hatte sich etwas seitlich positioniert und Ripkis, als Ranghöherer, verweilte hinter Jäger.
„Es liegt uns wirklich Fern, sich in die Arbeit anderer zu mischen. Soweit jene Kollegen ihre Arbeit auch gewissenhaft getan haben. Und da wären wir auch schon beim Thema“, Jäger blickte Schaffer fest in die Augen, „sagen sie mal Herr Kollege, haben sie im Fall Garner, wirklich alle Eventualitäten in Betracht gezogen?“
Thomas Schaffer schnaufte, er zog ein Taschentuch aus der Hose und wischte sich über die nasse Stirn.
„Polizist Bors hatte Garner noch mit der Waffe in der Hand angeroffen“, Schaffer beugte sich etwas vor, „es war weit und breit kein anderer zu sehen. Garner hatte ein Motiv, die Gelegenheit und vor allem, er stand durch die Aktionen Sandmanns, vor dem nahenden Ruin. Weshalb sollte Sandmann, auch wenn er genug Dreck am Stecken hatte, sich solchen Spielereien hingeben. Was hätte er davon?“
„Also haben Sie Garner, nur auf Grund dieser Indizien als Mörder vorgeführt?“ die Frage Schaffers, überging Jäger augenblicklich.
„Es ging in der Zentrale ein Anruf ein“, noch immer verteidige der Inspektor seine Vorgehensweise, „dieser Besagte, das er beim vorbeigehen, aus dem Wettpunkt Büro einen lauten Schuss hörte. Daraufhin wurde Polizist Bors, der sich nur fünfhundert Meter, auf der anderen Seite des Blocks auf Runde befand, mobilisiert. Er hatte die Order erlangt, die Sachlage zu Prüfen. Etwa eine Minute nur, brauchte der Streifenbeamte zu dem Wettbüro und er hatte weder einen anderen gesehen, noch gehört. Was hätten Sie an seiner Stelle gedacht, wenn sie dann Garner mit der Pistole in der Hand vorgefunden hätten?“
„Der Augenschein im Moment wäre vorerst klar gewesen“, antwortete Kommissar Ripkis an Jägers Stelle, „aber der weitere Schritt machte den Fehler erst aus. Und dieser lag im Grunde nicht bei Polizist Bors, denn er war nicht Leiter der Ermittlung. Sie Herr Inspektor, waren es und sie hätten gewisse Aspekte genauer und vor allem Umfangreicher kontrollieren müssen. Doch“, und nun ging Ripkis tiefer in die Kerbe, „sie wandelten auf dem einfachen Pfad und blickten nicht über das erste Erscheinungsbild hinaus. Was nun“, stellte der Kommissar die Frage, „wenn sich herausstellt, das Andreas Garner, zu unrecht des Mordes bezichtigt wurde? Was, wenn er Unschuldig ist? Wen das, was er ihnen zu Protokoll gegeben hat, der Realität entspricht? Wie wollen Sie Herr Kollege vor dem Manne begründen, das er nun gut ein Jahr Schuldlos inhaftiert war?“
„Unschuldig? Garner?“ Schaffer schien die Tragweite nicht zu erfassen. „Wie kann er Unschuldig sein, er hatte die Tatwaffe in der Hand, kein anderer war da, nur er hatte ein Motiv.“
„Und wie steht es mit dem Motiv Erwin Sandmanns?“ konterte nun Inspektor Jäger wieder, „Ein Mann wie er, kann sich einen Aufständischen Lokalbesitzer nicht leisten. Er muss dafür sorgen, das die anderen bei der Stange bleiben, sonst wäre er seine lukrativen Einkünfte rasch los. Nur um ihre Frage zu beantworten, was hätte Sandmann davon!“
„Und da würde Sandmann so weit gehen, ein solches Spektakel vom Stapel zu lassen?“
„Er würde, und er hat eventuell sogar. Er musste an dem widerspenstigen Eigentümer ein klares Exempel statuieren. Damit eben all die anderen Besitzer, brav und artig sein Schutzgeld zahlten. Wenn er Garner aus seinen Fingern gelassen hätte, hätte es nicht allzu lange gedauert und einer nach dem anderen hätte sich ebenfalls gegen den Verbrecher erhoben.“
„Nur das ist nur eine Theorie, nur nein vages Indiz, das noch lange nicht Beweist, das Garner Unschuldig sei!“
„Das mein Lieber Kollege“, übermittelte nun Kommissar Ripkis erneut, „tun ihre Indizien auch nicht. Auch sie können nicht hieb und stichfest Beweisen, das Andreas Garner absolut Schuldig ist an dem Mord an dem Kassierer. Und genau um das geht es ja, Garner wurde rein nur auf Grund ein paar Indizienbeweise verurteilt!“
„Wo zum Beispiel ist ihr Bericht über den Anrufer? Wer war es? Wo wohnt er? Was genau hat er gehört?“
Schaffer stierte Jäger unsicher an, was sollte er nun sagen?
„Der Anruf kam von einem Handy, es stellte sich heraus das es eine Aufladenummer von Telering war. Wir haben zurück gerufen, aber die Nummer war immer abgeschaltet, wir erreichten stets nur die Mobilbox der Nummer!“
„Und da haben sie einfach gesagt“, Jägers Stimme wurde zunehmend spöttischer, „sei’s drum, nicht so wichtig. Wir haben den Mörder ja im Gewahrsam!“
„Im Grunde ja“, verteidigte sich Schaffer, „meine Ermittlungen ergaben, das nur Garner der Schuldige sein konnte. Was hätte mir der Anrufer noch sagen können, als das er eben den Schuss gehört hat. Das hat er ja bereits am Telefon getan, er hat seine Pflicht als Bürger von Wien getan und uns Benachrichtig. Ein anderer wäre womöglich Tatenlos weiter gegangen und Garner hätte entkommen können!“
Jäger sagte nichts mehr, es war offensichtlich, das Inspektor Schaffer nicht über den Rand des Tellers hinweg sehen konnte. Er blieb bei jedem gegen Argument bei seinen Ansichten. Ripkis fertigte das Protokoll der Unterredung ab und reichte es dem Kollegen zur Unterschrift.
„Bestätigen sie ihre Aussage mit ihrer Unterschrift Kollege“, der Kommissar rieb sich danach die Schläfen, die Sturheit des Inspektors machte ihm zu schaffen, „des weiteren müssen sie sich für einen Lokalaugenschein zur Verfügung halten. Er wird ihre weitere Zukunft bestimmen. Falls Garner, nach dieser Beweisfindung, auch in unseren Augen eindeutig Schuldig ist, dann haben sie die Runde gewonnen. Andernfalls“, Ripkis nahm das Unterschriebene Protokoll entgegen, „könnte es sein, das ihre Tage als Inspektor der Polizei gezählt sind. Guten Tag für Heute, die Beweisaufnahme finde Morgen, um exakt 10 Uhr statt. Sie kennen den Ort, treffen sie pünktlich ein, ich möchte sie nicht holen müssen. Haben wir uns Verstanden?“
Schaffer nickte, erhob sich ächzend und wankte auf etwas weichen Knien zur Tür.
„So einen unnachgiebigen Kerle habe ich auch noch nicht erlebt“, Inspektor Rogers, der die gesamte Unterhaltung schweigend mitgeschrieben hatte, schüttelte den Kopf, „man kann ja immer seine Meinung vertreten, aber derartig rechthaberisch, das ist schon nicht mehr normal.“
„Nein“, bestätigte Jäger trocken, „das ist nur Naiv!“
„Wir können doch den Lokalaugenschein durchführen?“ Ripkis fragte dies nun lauernd, denn Jäger hatte von seinem Gespräch mit dem Oberkommissar ja noch nicht berichtet.
„Oder habe ich mich nun vor Schaffer Lügen gestraft?“
„Nein“, äußerte sich Jäger nun zufrieden, „das hast du nicht. Morgen können wir die Beweisaufnahme durchführen. Einzige Forderung des Oberkommissars war, das wir den Fall so oder so, innerhalb von 36 Stunden beenden!“
„Das sollte kein Problem sein“, gab Rogers kund, „nach dem Lokalaugenschein werden wir wohl etwas deutlicher sehen, was Sache ist, oder nicht!“
 
09:40 Uhr, am Folgenden Tag.
Ein Zivilstreifenwagen der Wiener Kripo hielt an der Schlachthausgasse Nummer 16 an und die Inspektoren Jäger und Rogers, zusammen mit Andreas Garner, stiegen aus dem Fond aus. Kommissar Ripkis hatte den Wagen gesteuert und folgte nun zügig seinen Kollegen, diese waren mit Garner bereits in dem Wettpunkt Büro verschwunden. Bereits anwesend, war Streifenpolizist Philip Bors. Inspektor Thomas Schaffer war noch nicht zugegen!
„Er wird es doch nicht darauf ankommen lassen?“ knurrte Ripkis sauer.
„Gebe ihm noch Zeit“, Jäger warf einen Blick auf die Uhr, „er hat ja noch gut zehn Minuten.“
Da öffnete sich die Tür und drei andere Beamte, ausgesucht von Jäger, kamen herein.
„Erich Stolz, Rudolf Zauner und Helmut Pichler, melden sich wie befohlen“, jeder der Polizisten gab Order und Jäger instruierte sie für die kommende Beweisfindung.
„Stolz“, sagte er, „sie haben die Videokameras dabei?“
„Natürlich Herr Inspektor. Alles bereit für den Dreh. Was exakt soll ich alles Filmen?“
„Sie filmen alle Sequenzen, die Herr Garner angeben hat. Sie Pichler“, damit wandte sich Jäger an den zweiten Uniformierten, „schlüpfen in die Rolle von Erwin Sandmann. Sie haben in etwas eine Statur und sie kennen ihre Aufgabe. Handeln sie so, wie es Herr Garner wiedergegeben hatte!“
Bors horchte sich doch interessiert die Anweisungen an, dann, als Jäger sich an den Bürobetreiber wandte, fragte er Ripkis.
„Wozu das Filmen?“
„Um ihnen zu zeigen, das es durchaus so gewesen sein kann, wie Herr Garner es Ausgesagt hat. Sie stehen nicht unter Verdacht, wir möchten nur ihren kriminalistischen Horizont etwas erweitern!“
Fünf Minuten vor 10h. Endlich, etwas schwerfällig, erschien Thomas Schaffer in dem Wettbüro. Kommissar Ripkis nickte dem Inspektor zu und sagte.
„Dachte wirklich schon, das sie meine Geduld auf eine harte Probe stellen wollten Herr Kollege. Sie bleiben nur als Beobachter an meiner Seite. Sehen sie und überdenken sie ihr Einstellung!“
„Okay meine Herren“, Jäger wandte sich an alle Anwesenden, „zuerst geht es nun um die Darstellung der Geschehnisse von Herrn Garner. Wir drehen diese Sequenz zuerst, danach stoppen wir die Zeit, welche Kollege Bors hierher benötig. Ronald“, Jäger wandte sich an Inspektor Rogers, „sie gehen nun mit Bors an jene Stelle, wo er sich damals befand, als der Funk von der Zentrale einging. Wartet auf dieser Position, bis ich mich, ebenfalls per Funk melde. Das wäre dann die Meldung der Streifenzentrale… “,
Rogers nickte, auch Philip Bors zeigte weiterhin seine Bereitschaft zur Kooperation. Gemeinsam verließen sie das Wettbüro.
„Wir geben ihnen fünf Minuten Zeit“, Jäger sprach nun zu den übrigen, „dann geht Herr Garner nach draußen, sie ebenfalls Pichler und dieser Dummy hier“, der Inspektor platzierte die Puppe hinter dem Kassierpult, „dient uns als Opfer.“
„Was ist“, mischte sich Schaffer schroff ein, „wenn Garner nun stiften geht?“
„Erstens“, Ripkis deutete dem Inspektor an zu schweigen, „Polizist Pichler ist dabei und zweitens, „setzte der Kommissar fort, „Herr Garner will uns Glaubenmachen das er Unschuldig ist, Schuldlos eines Mordes bezichtigt wurde, das erreicht er nicht damit das er versucht zu Fliehen. Also halten sie die Klappe und verfolgen sie nur das Szenario!“
Jäger aktivierte den Funk und frage.
„Auf Position?“
„Korrekt“, kam von Inspektor Rogers kurz die Bestätigung, „haben exakten Platz eingenommen, wo Philip Bors seinerzeit den Funk erhalten hatte.“
„In Ordnung. Haltet euch Bereit, gebe laut, sobald die Aktion steigt. Jäger Ende!“
Ein kurzer Blick auf die Uhr, sagte dem Inspektor das auch die fünf Minuten verstrichen waren. Er gab Garner ein Zeichen und zusammen mit Pichler, verließ er das Wettbüro.
„Nun zu Ihnen“, damit wandte sich Jäger an den Bürobetreiber, wenn sie so freundlich wären und uns etwas Unterstützen.“
Klaus Goldtaler, der Geschäftsführer des Wettpunktsbüros nickte befliesend. „Was Herr Inspektor kann ich tun?“
„Sie gehen nun ebenfalls nach draußen, Kollege Zauner wird sie begleiten und ebenfalls das Geschehen vor der Tür Filmen. Sobald Sie den Schuss hören, fingieren sie ein Telefonat und melden denselben der Polizei. Damit wäre ihre Aufgabe erledigt!“
„Geht klar Herr Inspektor“, Goldtaler und Zauner, der längst seine Kamera genommen und zum Dreh bereit gemacht hatte, erließen das Büro. Alles war gestellt und der erste Teil des Lokalaugenscheins konnte beginnen!
„Pichler“, Jäger kontaktiere den Kollegen per Handy, „ja, sagen sie Garner bescheid. Die Aktion kann steigen!“
Ein paar Sekunden verstrichen, dann öffnete sich die Tür und Andreas Garner trat ein. Erich Stolz filmte, während Garner normal in das Wettbüro schritt, kam rasch Pichler, als Erwin Sandmann in Uniform, hintendrein. Als Garner bis auf zwei Schritte dem Schalter nahe gekommen war, ging Pichler etwas seitlich, zog seine Dienstwaffe und feuerte die einzige Kugel ab, die gegenwärtig in der Kammer war. Dann, als sich Garner zu dem Betreffenden umwandte, warf er ihm die Pistole zu und Garner, wie schon damals auch, fing mit der linken Hand die Mordwaffe. Pichler sagte kein Wort, hatte nur höhnisch gegrinst und war dann einfach hinaus gelaufen!
„Schnitt“, Jäger konnte sich das´, nachdem Pichler draußen war, nicht verkneifen.
„Sehr gut“, und zu Garner gewandt fragte er, „hat es sich genauso Abgespielt damals? Oder war doch etwas anders als Heute?“
„Nein Herr Inspektor“, bestätigte Garner ruhig, „so wie es nun war, exakt so war es auch damals, als es wirklich passierte. Es gibt hier keine Abweichung!“
„Okay, noch bleiben alle auf ihren Plätzen“, Jäger trat an Garner heran und markierte mit Kreide, den Standort, wo er gerade verweilte.
„So“, sagte er, „nun gehen wir mal nach draußen“, dabei winkte er auch Inspektor Schaffer zu sich, „und schauen mal, was sich da getan hat.“
Als sie auf der Straße ankamen, bog soeben der Zivilwagen der Kripobeamten auf die Schlachthausgasse ein. Goldtaler schaute verwirrt, Zauner, der alles gefilmt hatte, hatte auch einen etwas merkwürdigen Blick darauf.
„Was ist los meine Herren?“ Jäger trat näher und wollte von Zauner wissen, ob er alles so gefilmt hatte wie vorgesehen?
„Habe ich Herr Inspektor“, Zauner reichte dem Kollegen die Videokamera, „nur etwas an der Sachlage stört.“
„Und das wäre?“ und an Goldtaler gewandt, der sein Handy in der Hand hielt, fragte er. „Haben sie den Anruf getätigt?“
„Nein“, stotterte der Betreiber des Wettpunkts, „ich habe auf den Schuss gewartet… “ und zusammen mit Zauner sagte er, „aber wir haben keinen definitiven Schuss vernommen. Es gab zwar ein sanftes Geräusch, aber eben als Schuss, konnte das nicht eindeutig identifiziert werden!“
„Kein Schuss?“ stelle nun Jäger die rhetorische Frage, „das ist aber sehr interessant. Schaffer, was sagen sie dazu?“
„Vielleicht war damals die Tür zum Wettbüro offen, dann müsste man den Schuss doch gehört haben!“
„Könnte sein“, Jäger schaute Garner an, „war die Tür offen oder geschlossen?“ fragte er.
„Als ich ankam, war sie zu, ich selber habe sie auch nicht offen lassen. Und ich glaube auch nicht, das Sandmann sie auf lies. Nur exakt sagen kann ich es nicht, als ich die Waffe fing, war ich ja irgendwie in einer art Trance!“
„Mal sehen was Polizist Bors dazu meint“, Jäger langte nach dem Funkgerät und sprach, „Rogers hörst du mich?“
„Klar und deutlich“, kam es zurück, „können wir starten?“
„Noch nicht. Einen Moment noch, aber gebe mir mal bitte Bors.“
Es dauerte nicht lange und Philip Bors meldete sich. „Ja Herr Inspektor, was kann ich für sie tun?“
„Nur eine Frage Bors, aber dafür eine sehr wichtige. Erinnern sie sich, und bitte genau. War die Tür zum Wettbüro verschlossen, oder offen, als die das Wettpunkt erreichten und eintraten?“
Kurz schwieg der Funk, Bors schien intensiv zu überlegen. Man hörte es rascheln und Jäger vermutetet, das der Streifenpolizist abermals sein Notizbuch zu Rate zog.
„Die Tür war verschlossen“, kam schließlich die Antwort, „ich musste sie öffnen als ich eintreten wollte.“
„Danke Bors, das war’s schon für den Augenblick. Haltet euch in Bereitschaft, euer Part ist gleich dran.“
Jäger schaltete den Funk vorerst ab und richtete seinen Blick auf Inspektor Schaffer. Lange schwieg er, auch Schaffer wusste nichts zu sagen, endlich brach Jäger die Stille.
„Also verschlossen“, härte lag in seiner Aussage, „und es war kein wirklich erkennbarer Schuss zu hören. Und sie Kollege, haben das nicht mal annähernd geprüft. Sie haben die unbestätigte Aussage des ominösen Anrufers für bare Münze gehalten!“
„Hätten sie das genauer Untersucht“, gab auch Ripkis zu verstehen, „dann hätten sie erkennen müssen, das grobe Unstimmigkeiten im damaligen Gesamtbild vorlagen. Auch wenn noch nicht alles klar ist, so wird es doch immer deutlicher, das Andreas Garner wahrhaftig Unschuldig ist. Oder wollen Sie das noch immer nicht Anerkennen?“
„Aber es gibt noch immer keinen definitiven Beweis dafür“, Schaffer blieb verbohrt, „ein Indiz ist geschwächt, ja, aber noch kann er dennoch Schuldig sein.“
„Ich gebe es auf“, Jäger war nahe daran, seine Geduld zu verlieren, „starten wir nun den zweiten Abschnitt des Lokalaugenscheins, mal sehen was dabei sich ergibt.“
Sie kehrten, alle außer Zauner in das Wettbüro zurück. Jäger blieb noch in der offenen Tür stehen und sagte zu dem Kollegen, das er dann filmen solle, sobald er an Rogers das Starsignal gab. Zauner nickte.
Im Büro stellte sich Garner wieder an den markierten Ort und er nahm die Tatwaffe abermals in seine linke Hand. Auch Stolz hatte, sobald Jäger das Signal gab, zu Filmen.
„Die Tür muss im Bild sein, aber ebenso Herr Garner, wie er eben etwas paralysiert dasteht. Hast du das?“
„Alles klar Herr Inspektor, Stolz nickte, „es kann los gehen.“
Jäger zückte wieder das Funkgerät und rief Rogers. „Achtung Ronald“, sprach er, „es geht gleich los. Meine Ansage ist nun die Kontaktaufnahme der Streifenzentrale, Bors soll nun so handeln, wie er es damals auch gemacht hat. Achtung, fertig und los. Ich stoppe!“
Mit dem Worten „ich stoppe“, drückte Kommissar Ripkis, der die Stoppuhr in Händen hielt, den Aktivierungsknopf. Für Zauner und Stolz war es das Codewort zum Filmen und Rogers, sowie Bors wussten, das sie nun los sprinten mussten… Auch Pichler musste wieder in Aktion treten, er lief etwa dreißig Sekunden danach nochmals aus dem Wettbüro und enterte den, in zweiter Spur, stehenden Wagen und brauste los. Das Fahrzeug hatte mit laufendem Motor gewartet!
 
Genau so wie es Bors Ausgesagt hatte, brauchte er für die fünfhundert Meter eine Minute. Dann erreichte er zusammen mit Kollegen Rogers das Wettpunkt und trat zügig ein. Für ihn war es genau so, wie es damals auch gewesen war. Er hatte nichts gehört, und auch nicht wirklich etwas gesehen. Und nun, sah er nur Garner stehen, mit der Pistole in der linken Hand!
„Und ist auch jetzt alles so, wie es damals war?“
Garner konnte das abermals zusagen, auch Philip Bors musste das bestätigen. Es gab keine Abweichung…
„Dann wiederum Cut“, auch der zweite und letzte Dreh war beendet, „was sehen wir nun?“
Bors schaute sich um. Er sah Garner mit der Pistole und er sah den Dummy, der durch den Schuss vorn über gekippt war.
„Ich sehe das, was ich auch damals schon gesehen habe. Nur, ich kann nichts erkennen, was Andreas Garner Unschuldig macht!“
„Wir wissen mittlerweile“, Jäger wusste, das Bors diesen Aspekt noch nicht kannte, „das kein Passant, den Schuss, als Schuss hatte hören können. Der Anruf, welcher also im Revier einging, war getürkt. Der Anrufer hatte von dem Schuss gewusst, weil er höchstwahrscheinlich selber geschossen hat. Und hier“, dabei zeigte Jäger auf das Bild innerhalb des Büros, „wurde damals, in den Unterlagen ist davon nämlich genauso wenig zu finden, wie über die Identität des ominösen Anrufers, der Schusswinkel untersucht?“
„Das kann ich nicht sagen“, Philip Bors wurde unsicher, „ich war dafür nicht zuständig.“
„Das kann ich verstehen, also Her Kollege“, Jäger wandte seine Worte an Schaffer, „sie haben meine Frage gehört. Wurde damals der exakte Schusskanal, die definitive Richtung, aus welcher der tödliche Schuss abgefeuert wurde untersucht?“
„Nein“, gab der Inspektor widerwillig Auskunft, „das habe ich auch nicht für nötig erachtet. Der Täter stand doch da, wie sie sehen, hält er ja noch die Waffe in der linken Hand. Beweisen sie das Sandmann Vorort war, das können Sie nicht!“
Rogers hatte sich das Bild genau angesehen, er hörte Schaffers Rede und plötzlich läuteten in seinem Gehirn Alarmglocken. Was war das? Dachte er bei sich und rief…
„Linken Hand?“
„Na das sehen sie doch“, regte sich Schaffer auf, „Garner hält doch noch die Waffe in der linken Hand, wo soll es da Zweifel geben, das er eindeutig Schuldig ist?“
„Na eben an der linken Hand“, Rogers trat an Garner heran, „warum haben sie die Waffe mit der linken gefangen?“ fragte er.
„Ich bin Linkshänder“, war die kurze Antwort Garners, „ich war es immer und werde es immer auch sein. Mit der Rechten kann ich diesbezüglich nichts machen, dafür gibt es ärztliche Befunde!“
„Wurden diese Befunde von der Polizei eingesehen?“ Jäger fragte dies.
„Nein“, antwortete Garner direkt, „dieser Umstand war zu keiner Zeit damals, für die Beamten interessant. Was macht das für einen Unterschied?“
„Es ist ein wichtiges Indiz das für sie spricht“, antwortete Ripkis, der Schusskanal kann eindeutig Beweisen, aus welchen Winkeln die Kugel kam. Sie sind Linkshänder, würden also mit der linken Hand schießen. Daher wäre der Einschuss an diesen Dummy, und auch an dem ermordeten Kassierer bei weitem anders, als er nun ist. Und Polizist Bors hat ja bestätigt, das alles exakt so Aussieht, wie damals vor einem Jahr. Dieser Umstand, und zuzüglich die Tatsache, das man bei geschlossener Tür, keinen definitiven Schuss hören konnte, wirft berechtigte Zweifel an ihrer Schuld auf!“
 
Philip Bors schaute sich die Videos vom Dreh an. Er sah das Garners Aussage durchaus möglich war. Er sah, das innerhalb dieser einen Minute, sehr wohl ein anderer Täter, mit Vorort gewesen sein könnte. Auch wenn nicht klar war, in welche Richtung das Fluchtfahrzeug Sandmanns gefahren war, Bors musste eingestehen, selbst wenn es in seine Richtung gewesen wäre, er hätte es nicht bemerkt. Er war viel zu sehr mit seinem Lauf beschäftigt gewesen und hatte weder auf die Straße geachtet, noch auf das was sich sonst noch auf dem Weg zum Wettbüro ereignen hatte können!
 
Derselbe Tag, sechs Stunden später. 16h, vier Stunden vor Ablauf des Ultimatum Reumehrs.
„Einen eindeutigen Beweis für Andreas Garners Unschuld, kann ich leider nicht liefern“, äußerte sich Inspektor Jäger dem Oberkommissar gegenüber, „aber es gibt zwei wichtige Indizien, welche durch unsere Ermittlungen zugunsten des Verdächtigen sprechen. Kein Passant hätte einen definitiven Schuss hören können“, und nach einer kurzen Pause setzte Jäger fort, „und vor allem die Tatsache, das Garner Linkshänder ist. Der Schusskanal hat ergeben, das der Kassierer, ebenso wie der Dummy von einem Rechtshänder getötet wurde. Nach meinem Empfinden Herr Oberkommissar, müssten diese Indizien dazu ausreichen, um Andreas Garner zu rehabilitieren. Er trägt keine Schuld an dem Tod des Kassierers, er wurde eiskalt, von Erwin Sandmann in eine Falle gelockt. Der Grund ist ja offensichtlich, Sandmann musste an Garner ein Exempel statuieren. Seine Schutzgeldquellen wären andernfalls für immer versiegt… “.
 
Eine Woche später. Oberkommissar Reumehr sah es wie Inspektor Jäger und seine Kollegen. Andreas Garner war Unschuldig, er hatte mehr als ein Jahr für ein Verbrechen gesühnt, welches er nicht begangen hatte.
Die Staatsanwaltschaft rollte den Fall neu auf und in Folge wurde Garner, auf Grund der vorliegenden Indizien Freigesprochen. Nicht aus Mangel an Beweisen, sondern wegen berechtigter Zweifel an seiner Schuld.
Andreas Garner wurde eine umfassende Rehabilitierung zuteil und er erhielt eine angemessene Haftentschädigung.
Für Inspektor Thomas Schaffer ging diese Untersuchung weniger Erfreulich aus. Die interne Behörde kam zu dem Beschluss, das der damalige Verantwortliche Fahrlässig in der Ermittlung gehandelt hatte und Schaffer wurde zunächst suspendiert und in Folge unehrenhaft aus dem Polizeidienst entlassen. Jäger sprach mit Garner, entschuldigte sich für Schaffers Inkompetenz und bat den Unternehmer, das er sich doch bitte deswegen nicht an die Zeitungen wenden sollte. Garner sagte des zu.
„Ich habe Ihnen zu danken Herr Inspektor“, Andreas Garner reichte Reinhold Jäger die Hand, „durch sie und ihre Kollegen, bin ich nun wieder ein Freier Mann. Vielen Dank, und leben sie noch lange und vor allem Glücklich und zufrieden!“
 
« Das Einsatzteam
Fall 11,
Schuldig? »
Kriminalfall von 2008
© Werner Alexander
„Literatur für Jung & Junggebliebene“

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Werner Gschwandtner).
Der Beitrag wurde von Werner Gschwandtner auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.08.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Werner Gschwandtner als Lieblingsautor markieren

Buch von Werner Gschwandtner:

cover

Und ich glaube von Werner Gschwandtner



Ein Mädchen mit einer Atypischen Pneumonie. Eltern am Rande der Existenz. Intrige und Schicksalsschläge. Und dennoch gibt es Hoffnung, Glaube und Zuversicht. Familiäre Erzählung in der Weihnachtszeit. Modernes Märchen welches durchaus wahr sein könnte. Werner Gschwandtner, litterarum.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Krimi" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Werner Gschwandtner

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

RC1. Zerstörer der Erde. Leseprobe 2 von Werner Gschwandtner (Science-Fiction)
19“ von Klaus-D. Heid (Krimi)
Einbrecher von Ingrid Drewing (Humor)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen