Ida Grebe

Südstadt

Herr Nachbar
mit Stolz trägst du deine immerwährende Bierschwangerschaft, liebevoll betont unter Werbetshirt und Herrenfreizeithose.
Dir kann man schon nichts mehr vormachen. Die Welt und ihre Tücken hast du tausendmal gesehen, schaltest sie weg, weil sich alles wiederholt. Du weißt wie das Leben spielt. Die Liebe kennst du auswendig. Juliane Werding singt sie dir von der Live-DVD. Du singst mit und teilst sie dir mit deinen Sitzfreunden. Wie auch das Bier und die Aussicht, die das Amt bezahlt.
Zufriedenheitswasser schwimmt in deinen Augen, denn alles läuft, solange es immernoch etwas zu trinken und zu klagen gibt.
Du hast zwar weniger als du dir wünschst, aber alles was du brauchst und mehr als dir zusteht. Du gehst deinen Weg. Nichts kann dich schrecken. Weder die Polizie, die ohne große Überzeugung immer wieder deinen Dezibelrausch mit Ermahnungen straft. Noch all das was klebt und riecht an dir und deiner Welt. Vor allem nicht die angewiderten Blicke der wenigen, die sich von dir noch unterscheiden.
Weder das noch Regen oder Kälte können die schönen Stunden der Gemeinschaft trüben, die du mit den anderen dus vor der Betonkulisse vertrinkst.
Selbst Sex ist etwas für Intellektuelle, seit man weiß, dass Alkohol impotent macht. Warum also der jungen Studentin noch nachpfeiffen. Sie sieht immer so müde aus und schaut schon lange nicht mehr hoch, wenn sie nach hause kommt. Kramt nach dem Schlüssel in der Tasche und verschwindet. Als wär sie was besseres.
Dir kann man nichts mehr vormachen. Dir geht es gut. Soll sie doch lernen und was werden. Sie wird dir noch den Rausch, die Wohnung, die Zigaretten bezahlen. Sogar die neue Werding-Platte. Du weißt das und sie weiß das. Warum also nicht weiter freundlich grüßen jeden Tag. 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.09.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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