Schicksals-Lotterie
Käthe Schieselowsky und Änne Kowalski, zwei echte Ruhrgebietsgewächse, machen sich so ihre Gedanken. Auch wenn diese durch die fehlenden Batterien in Käthes Hörgerat nicht immer schnurgerade verlaufen...
Da die beiden begeisterte Leserinnen von „Lila Blatt“, „Frau mit Schmerz“ und ähnlichen Presseerzeugnissen sind, haben sie sich daran gemacht, selber einen Schicksalsbericht zu schreiben. Käthe hat schließlich journalistische Erfahrung…sie hat erfolgreich einen Schreibkurs an der Volkshochschule absolviert. Um ihre Kenntnisse vertiefen zu können, fehlt leider eine erneute Möglichkeit. Änne geht davon aus, dass die Kursleiterin nur deshalb keine „Schreibwerkstatt“ mehr anbietet, weil sie nie mehr einen Kursanten wie ihre Schwägerin erleben möchte…
Das Neueste aus dem Leben von Nicht-Prominenten
Heute: Karin M. (23) aus E.
Karin M., eine junge Frau, von ihrer Krankheit gezeichnet, sitzt in ihrem Lehnstuhl, während ihr ausdrucksloser Blick durch die vergilbten Gardinen ins Leere geht. Sehr früh begann für Karin M. der Leidensweg. Alle Schäden sind genetischen Ursprungs – verursacht durch die Beeinträchtigung des Ejakulats ihres Vaters. Dieses war durch die väterliche Phimose beim Liebesakt zu stark beschleunigt worden und kollidierte heftig mit der Gebärmutterwand.
Richard P, der behandelnde Arzt von Karin M. und Spezialist für genetische Traumaforschung: „Sie müssen sich das vorstellen, als wenn sie mit Samenzellen Drei-Band-Billard spielen. Da bleibt eine Schädelkontusion des Spermiums nicht aus!“
Dieser Vorgang hatte dramatische Folgen für das werdende Leben.
Eine unkontrollierte Defragmentierung der Erbgutinformationen führte bei der von Sozialhilfe in einem heruntergekommenen Souterrain-Einzimmerappartement lebenden Frührentnerin zu panischen Angstzuständen. Jedes Mal, wenn der Postbote nicht dreimal klingelt, bricht die gravierende pränatale postdemenzielle Psychose im Aschoff-Tawara-Stadium aus. Die daraus resultierende
Knotenbildung der semipermeablen Synapsen im mittleren Suomi-Lappen lässt sie hektisch in die Küche rennen, um ihrem hemmungslosen Zwang nach einem Glas Leitungswasser nachzugeben. Aufgrund der schockbedingten ante-graviditätischen Transpirationsstörung entwickelt sich binnen Sekunden ein manisch-depressiver Tränenflussdrang. Meist wird dieser Zwang von schizoid-paranoiden Betroffenheitsschüben begleitet.
Wie ihr behandelnder Arzt unter Berufung auf seine Schweigepflicht berichtete, seien die Heilungschancen äußerst niedrig. Die Situation werde sich in naher Zukunft eher zuspitzen, da dass partielle Abwesenheitssyndrom hochgradig ansteckend sei und unbedingter Quarantisierung erfordere. Dies führe in Bälde zum völligen Verlust der sozialen Kontakte. „Isolationshaft ist nix dagegen!“, so Dr.P wörtlich. „Ist ja wohl klar, dass so was mal mit einer suizidalen Notbremse enden kann.“
Auf Antrag des Sozialen Dienstes, der Karin M. seit 37 Jahren betreut, sind zu ihrem Schutz die Fenster vergittert worden. Die Kosten für das ebenfalls aus Sicherheitsgründen bewilligte Plastik-Einmal-Besteck können gemäß Paragraph 1357, Absatz 1, Satz 3, lit. h,Spiegel-17 SGB IXX leider nur bis Mitte Oktober 2010 übernommen werden. Der Redaktion ist es ein Herzensanliegen, Karin M. zu helfen. Sie ruft daher alle Leserinnen zu Spenden auf.
Stichwort: Genetisches Mitochondrien-Leck
Bank für Gemeinwirtschaft
Bankleitzahl 08154711
Kontonummer 0190331331
Redaktion: Käthe und Änne
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Sabine Wagenknecht).
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.09.2008.
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