David Völker

Der Schwarze Mann

David Völker
 
Teil 1
 
Der Schwarze Mann
 
 
 
 Sam war sich nicht sicher was das laute Geschrei verursacht hatte aber er wusste das die anrollenden Menschenmassen eine Katastrophe bedeuteten. Wie eine erschrockene Herde junger Gazellen, von einem Krokodil am Flussufer aufgescheucht, rannte die Masse ziel- und planlos Richtung Ausgang. Wahnsinn stand in den weit aufgerissenen Augen eine unerklärliche Hysterie die urplötzlich ohne ersichtlichen Grund hunderte von Menschen erfasste. Menschen mit Schreckerfüllten Gesichtern überrannten ihn beinahe und überrannten sich fast selbst beim davonlaufen. Eine Flut verirrter Seelenloser Körper bahnte sich ihren Weg durch den Ausgang des Einkaufszentrums und plötzlich kehrte Stille ein als auch der letzte Umherirrende den Weg nach draußen gefunden hatte. Drei Etagen voller Einkauflustiger binnen weniger Minuten leergefegt. Die Tische und Stühle des Cafes, eben noch üppig besetzt, lagen verstreut herum. Die Lichter der geräumigen Halle gingen aus und plötzlich stand Sam gelähmt von seiner Angst ohne den Gedanken an eine Bewegung verschwendend einfach nur da und lauschte den Schatten. In völliger Dunkelheit lies ihn ein klirrendes Geräusch aus seiner Abwesenheit erwachen. Ein fürchterliches Geräusch in dem umfassenden Schweigen dieses Gemäuers das in seinen Ohren schmerzte. Er konnte es nicht ausmachen weder die Richtung noch seinen Ursprung. Die Finsternis die sich ihm darbot war eine von Schatten zerrissene Wirklichkeit die zahlreiche Konturen aus dem Nichts hervor scheinen ließ in der er nichts wirklich greifbares erkennen konnte. Nichts was seine Augen fixieren konnten. Schwindel breitete sich in seinem Kopf aus. Jede Fiber seines Körpers war zum zerreißen gespannt. Der Gedanke an eine Flucht erschien ihm aussichtslos in dem gnadenlosen Schwarz. Die scharfe Rationalität seines Verstandes drang wie kalter Stahl an die Oberfläche seines Bewusstseins.
„Stromausfall.“ kam nur leise über seine Lippen. „Da ist sicherlich nur irgendwo eine Sicherung durchgeknallt.“ versuchte er sich, jetzt schon mit etwas festerer Stimme, zu beruhigen. Ein Stromausfall hätte den Verlust der technischen Beleuchtung erklärt doch dieses Gebäude besaß eine riesige Glaskuppel, unter der er sich gerade befand, durch die massenhaft Sonne scheinen kann. Zu dieser Tageszeit müsste hier noch genügend Beleuchtung sein um das Kleingedruckte eines Vertrages lesen zu können, selbst bei einer Sonnenfinsternis. Außerdem laufen Menschen, erwachsene Menschen reich an Jahren voller Schrecken, nicht einfach vor einem Stromausfall weg. Da muss schon etwas grausames in den Katakomben des Einkaufszentrum lauern.
Aber das Licht wo ist das Licht hin verschwunden? dachte er verängstigt. 
 Nur dieses immer näher rückende Geräusch. So hatte sich das angehört wenn in  den Gefängnisfilmen jemand eine Eisenkugel hinter sich her zog.
In den Horrorfilmen wo das Opfer vor einem Mörder flieht hören sich auch einige Dinge so an flüsterte eine Stimme in seinem Kopf. Eine gemeine Stimme der scheinbar nichts an seiner geistigen Konstitution lag.
 Keine Schritte oder an andere Bewegung erinnernde Geräusche. Nur dieses klirrende Schleifen auf dem polierten Marmorboden des Centers das immer näher kam. 
Als seine Augen sich gerade an die Dunkelheit gewöhnen wollten machte er die Gestalt vor dem Sportgeschäft aus in dem er sich eigentlich heute neue Laufschuhe holen wollte. Für sein gesundes Gewissen.
Ob diesem Typen dort viel an deiner Gesundheit liegt?
Bei dem Gedanken gaben seine Knie ein wenig an Konsistenz nach und verwandelten sich in trockenes Stroh.
Die Gestalt kam wieder ein Schritt näher doch kein Laut hallte von dem Boden wieder und auch die Bewegung seines Körpers ließ keine Rückschlüsse auf ein gehen mit den Füßen zu denn diese hingen leblos an den Beinen wie bei einer Marionette. Langsam konnte er die Umrisse erkennen die zu einer kühlen Gewissheit wurden.
Diese Person war gefährlich. Einfach alles was er sehen konnte sprach für Gefahr.
Und nicht nur das. Er glaubte dieses Ding zu erkennen.
Es ist der Schwarze Mann. 
Ein breiter ausladender Hut im staubigen Schwarz krönte die Silhouette. In Fetzen hing die Krempe tief im Gesicht oder was auch immer sich unter der Kopfbedeckung befand. Der restliche Körper war von einem schwarzen Tuch bedeckt. Die Ärmel waren weit ausgeschnitten und beherbergten die knochigen Arme. An den Handgelenken konnte er je eine massive Stahlfessel erkennen die an einer langen Kette befestigt war. Diese Ketten mündeten in den schmutzigen Horizont seines Blickfeldes. 
Wieder schwebte die Gestalt ein bisschen näher an Sam heran der zu fasziniert war von dem was er sah als das er an eine Flucht denken konnte.
Jetzt erfassten seine Augen das Geschöpf schon viel besser. Es bewegte sich nur wenige Zentimeter vom Boden entfernt auf ihn zu. Wenn die Füße nicht regungslos nach unten baumeln würden könnte er fast denken einen menschliches Wesen vor sich zu haben mal von dem außergewöhnlichen Geschmack für Mode abgesehen.
Die Gedanken wirbelten in seinem Kopf.
Lauf weg! Verschwinde! Lauf um dein Leben verdammt! Bring dich in Sicherheit!
Doch er tat nichts. Warum auch. Bis jetzt lief doch alles ganz gut. Er war einfach zu neugierig. War er schon immer gewesen. Das hat ihn schon oft in Schwierigkeiten gebracht. Damals als er erkunden wollte warum die Erwachsenen immer alles in Jungs und Mädchen aufteilen mussten. Ausgerechnet in einer Schwimmhalle ist er dem geschlechtlichen Unterscheidungswahn auf den Grund gegangen und hat für ein fürchterliches Geschrei gesorgt. Oder als er sich in das Sägewerk seines Vaters geschlichen hatte um auf Erkundung zu gehen und in das Sägespänsilo gesprungen ist ohne darüber nachzudenken das dort die Luft sehr dünn ist. So dünn das er fast erstickt wäre wenn nicht ein Mitarbeiter seine Schreie gehört hätte. Sam war schon immer ein Entdecker der ohne viel darüber nachzudenken alles erforschte was ihn interessierte.
Die Ketten klirrten widerlich unter der letzten Bewegung und spannten sich leicht als die Gestalt einen halben Meter vor Sam zum stehen kam. Sie hingen in der Luft als wären sie an die Dunkelheit gekettet.
Fassungslos schaute er von oben nach unten an diesem Körper entlang. Jetzt bemerkte er das der Stoff sich bewegte. Nur ein bisschen fast nicht zu sehen schienen Wölbungen zu entstehen die sich kurz darauf wieder glätteten. Als würden dort etwas entlang wandern. Auch den Hals konnte er jetzt sehen, bleistiftdünn war er von so etwas ähnlichem wie Haut überzogen und verband den Kopf mit dem Torso.
Irgendwie jagte ihm diese Figur eine unbeschreibliche Angst ein trotzdem dachte er nicht im entferntesten daran sich in irgendeiner Form aus dem Staub zu machen. Sein Verstand hatte sich wahrscheinlich schon damit abgefunden hier und jetzt zu sterben.
„Willst du mich töten?“ wimmerte er dem düsteren Wesen entgegen.
„Du hast nach mir gerufen. Du hast meine Dienste erbeten.“ Dröhnte die Stimme unerbittlich in die riesige Halle.
Das Echo hallte wie ein Gewitter in seinem Kopf wieder. „Wer bist du und was willst du von mir?“ stammelte er mit einer hoffnungslosen Tapferkeit.
„Du hast mich gerufen. Schon oft hast du nach meiner Hilfe verlangt doch angeboten hast du mir nie etwas. Vor neun Monaten hast du mir etwas zugesichert. Ich bin gekommen um zu holen was du mir versprochen hast.“

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.10.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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