Frank Hornburg

Die Maske

Edward Mason arbeitete auf einer Mülldeponie. Alle möglichen Industrien, Firmen und Haushalte brachten ihm ihren Schrott per LKW oder Auto und luden ihn ab. Der Job machte Edward Spaß, weil er abwechslungsreich war. Nach dem Feierbabend ging er wie immer in seine Stammkneipe. Begleitet wurde er von seinem Freund Terence Gore, der Edward am Abend manchmal Gesellschaft leistete. Fröhlich lachend setzten sie sich an einen Tisch und bekamen wenig später die bestellten Whiskys. Als sie so tranken, setzte sich ein alter Mann an ihren Tisch.

„Sind Sie an Antiquitäten interessiert?“, fragte er lallend.

Edward, der gern in seinen Schrotthaufen wühlte, antwortete mit einem Ja. Der Mann zog eine goldene Maske aus der Tasche, die ziemlich ramponiert  aussah. Er erzählte eine faszinierende Geschichte über dieses alte Stück und bot sie Edward für 10 Dollar an, weil sie nicht mehr ganz so hübsch war. Der überlegte nicht lange und kaufte die Maske. Der Fremde legte sie auf den Tisch und verschwand. Edward nahm die Maske in die Hand und hielt sie in die Höhe, um sie genauer zu betrachten.

„Meinst du, die ist irgendwas wert?“, wollte er von Terence wissen.

„Also wenn ich mir deine bisherigen Fundstücke anschaue, schon.“, sagte Terence.

„Wie meinst du das mein Freund?“, fragte Edward verständnislos.

„Das ist bis jetzt das Hübscheste, was hier jemals herumlag.“, neckte Terence.

„Ach mit dir ist ja nicht zu reden.“, bemerkte Edward bloß. „Etwas Politur und …“.

„Du willst diese Maske wirklich mitnehmen?“, fragte Terence ernst.

Edward nickte bloß, dachte dabei aber an Francis. Seine Frau hasste seine Leidenschaft, weil die Garage wirklich immer enger wurde. Aber diese Maske wollte er unbedingt haben. Die goldene Oberfläche und die liebevoll verzierten Details zwangen ihn förmlich dazu. Und die Augen schienen mit ihm zu reden. Lächelnd steckte Edward sie in die Manteltasche und klopfte seinen Freund auf die Schultern.

„Francis wird mir schon nicht den Kopf abreißen.“, sagte er lachend.

„Dein Wort in Gottes Ohren.“, antwortete Terence nur.

Beide verließen den Schrottplatz, gingen zu Terences Auto und fuhren heimwärts.

Auch wenn Francis jedes Mal einen riesigen Aufstand wegen Edwards Fundstücke machte, bei der Maske sagte sie nicht ein Wörtchen. Sie fand das Ding sogar richtig schön.

„Da hast du mal etwas richtig Hübsches ausgegraben.“, bemerkte sie beim Abendbrot.

Voller Stolz verschwand Edward mit seiner Errungenschaft in die Garage und war mehrere Stunden damit beschäftigt, die Maske zu restaurieren. Mitten in der Nacht war ihm das Werk geglückt und er hielt sein glänzendes Werk in den Händen. Jetzt schienen die Augen noch mehr zu funkeln. Plötzlich überkam Edward der Wille, sich die Maske aufzusetzen. Das tat er auch. Dann nahm er sich einen spitzen Schraubenzieher von der Werkbank und ging damit hinaus auf die Straße. Dort ging gerade ein junges Pärchen spazieren. Edward hob den Schraubenzieher, rannte auf die beiden zu und rammte den jungen Mann die Waffe mehrmals in den Rücken. Danach rannte er ins Haus zurück, steckte die Maske in ein Schubfach und legte sich ins Bett.

Als Francis ihn am nächsten Morgen beim Frühstück fragte, ob er die Maske wieder hinbekommen hätte, antwortete er nur mit einem einfachen Ja. Der Tag auf der Deponie verlief ohne besondere Vorkommnisse. Es war ein Tag wie jeder andere. Bevor Edward morgens aus dem Haus gegangen war, hatte er  die Maske in seine Tasche gesteckt. Er wusste nicht, warum er das getan hatte. Etwas ließ ihn das wollen. Als nun der Abend hereinbrach und die Tagesabrechnung gemacht war, griff Edward wie im Traum in seine Tasche und holte die Maske heraus. Als nun Terence kam, wurde dieser von seinem Freund mit einem Brieföffner attackiert. Allerdings konnte er seinen Angreifer abwehrend, indem er im letzten Moment wegrannte. Wochenlang herrschte Funkstille zwischen den beiden Freunden und Francis begann sich zu wundern. Aber Edward konnte sich nicht vorstellen, warum sein Freund ihn so fallen ließ. Abends zog es ihn immer wieder hinunter in den Keller, wo er die Maske aufbewahrte. Und jeden Morgen las man in der Zeitung von neuen grausamen Verbrechen, bei denen weder etwas geklaut wurde noch ein erkennbarer Grund vorlag. Die Opfer hatten nichts miteinander zu tun. Außer dass sie Edward Mason über den Weg liefen. Mittlerweilen hatte Edward festgestellt, dass diese Maske ihn zu einem furchtbaren Mörder werden ließ. Allerdings hatte er sich bis jetzt nicht an seine Taten erinnern können. Aber als er zufällig auf der Arbeit ein Gespräch zwischen zwei Kollegen beobachtet hatte, kamen ihm Fragen. Die haben sich nämlich über den Fall unterhalten und eine Beschreibung des Täters gegeben. Außerdem hatte Terence sich nach zwei Wochen endlich gemeldet und Edward erzählt, was er getan hatte. Zuerst wollte der es gar nicht glauben, aber als er darüber genauer nachdachte, ergab alles einen Sinn.

„Was kann ich nur tun?“, fragte Edward hilflos, als die beiden sich aussprachen.

„Erstmal musst du dich dem Ding entledigen.“, meinte Terence.

Edward erklärte seinem Freund, dass er keine Kontrolle über die Maske hätte und er sie automatisch aufsetzte. Darauf wusste Terence leider auch keine Lösung, aber er wollte seinem Freund helfen. Natürlich war die Polizei auch auf die Morde aufmerksam geworden. Ein Mann namens Inspektor Handsfield wurde auf den Fall angesetzt. Er untersuchte das Umfeld der Morde und bekam heraus, dass sie immer nur in einer Gegend geschahen. Also befragte er die Anwohner, ob sie von einem wahnsinnigen Mörder angegriffen wurden. Alle Beschreibungen, die er bekam, passten auf Edward Mason. Als er den eines Tages befragte, konnte und wollte der nichts zu dem Fall sagen. Auch Terence, den man als Edwards Freund ausfindig machte, schwieg zu den Vorfällen. Er behauptete, er wurde noch nie angegriffen. Francis konnte nichts aussagen, weil sie von allem nichts wusste. Sie kannte nur die scheußlichen Zeitungsartikel. Durch einen Zufall fand Inspektor Handsfield in einer Kneippe einen Mann, der vor kurzem eine Maske weggeworfen hatte, weil sie ihm zu unheimlich war. Dieser Mann interessierte den Polizisten. Deswegen setzte er sich zu ihm.

„Mein Name ist Inspektor Handsfield vom Scottland Yard.“, stellte er sich vor.

„Was wünschen Sie von mir?“, fragte der Mann erschrocken. „Ich habe nichts getan.“.

„Sie erwähnten eben eine unheimliche Maske.“, sagte der Inspektor. „Was war damit?“.

„Nun, ich habe sie vor einigen Wochen von einem alten Mann gekauft.“, erzählte der Fremde. „Er meinte, sie wäre ein Glücksbringer, aber sie bescherte mir nur Pech. Eines Abends setzte ich sie auf und ab da an weis ich nichts mehr. Am folgenden Tag lag sie neben mir auf dem Bett. Scheinbar hatte ich zum Glück nichts Böses damit angestellt. Jedoch musste ich immer wieder gegen den Zwang ankämpfen, diese Maske aufzusetzen. Ich setzte mich mit dem Mann, von dem ich sie gekauft habe, in Verbindung und erzählte mir deren Geschichte. Die Maske vor vielen Jahren von einem religiösen Fanatiker angefertigt, der wohl so eine Art Zauberer war. Er belegte die Maske mit einem Fluch, dass ihren Besitzer mörderische Kräfte verleihte. Jeder der sie aufsetzte, wurde automatisch zum Mörder. Ob er nun wollte oder nicht. Nach der Tat erinnerte der sich an nichts. Und ich habe diese Maske an Edward Mason verkauft, weil ich sie loswerden wollte. Mit tödlicher Sicherheit hat Edward Mason diese Verbrechen alle verübt.“.

„Wie kommen Sie auf Edward Mason als Täter?“, fragte Handsfield neugierig.

„Die Opfer sind wahllos ausgewählt. Die Morde fanden alle in seiner Umgebung statt und die Beschreibung die alle vom Mörder abgeben trifft auf ihn zu.“, sagte der fremde Mann.

Am folgenden Abend verspürte Edward wieder den Zwang die Maske aufzusetzen. Nach dem Abendbrot, als Francis im Bett war, schlich er in den Keller und holte sie. Aus der Küche holte er ein Messer und ging hinauf ins Schlafzimmer, wo Francis schlummerte. Von dem Geräusch der Tür geweckt, schreckte sie hoch. Da sie Edward mit dem Messer vor sich stehen.

„Edward, was hast du vor?“, wimmerte sie.

„Denk doch mal nach!“, befahl Edward mit dumpfer Stimme.

„Du bist der entsetzliche Maskenmörder?“.

Statt eine Antwort zu geben, stützte Edward mit dem Messer auf Francis zu. Aber ehe er sie erstechen konnte, drehte er die Klinge und rammte sie sich ins Herz.   

     

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.10.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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