Birgit Leschanovsky

An einen Freund

Hallo alter Freund!

 

 

Na du? Schon ausgeschlafen? Wie war dein Freitagabend? Was machen die Pläne für das Wochenende?


Mein Wochenende dürfte mal wieder gelaufen sein. Ich liebe es, jede Menge Probleme zu haben, die ich ohne Beziehung nie gehabt hätte.
Ja, ja - sag nichts! Ich weiß schon, was kommt. Aber was soll ich dazu sagen? Außer: so alt geworden und immer noch nichts dazu gelernt.

Ich glaube, ich will auch nicht wirklich dazulernen. Zumindest nicht so, wie du meinst, dass ich sollte: alle meine Erfahrungen summieren und mir bei jeder sich anbahnenden neuen Beziehung vor Augen halten; mich auf gar keine Beziehung mehr einlassen.

Denn schließlich hat doch am Ende immer alles seinen Sinn. Und sei es, dass ich nach einer unerfreulichen Beziehung wieder froh bin, dass das Elend ein Ende hat und ich das Singleleben wieder so richtig genieße.

Weißt du - ich mache das ja auch in anderen Lebensbereichen so, dass ich mich ab und zu ganz bewusst in unerfreuliche Situationen bringe oder mir das Leben weniger angenehm mache. Denn danach kann ich viele Dinge, die zur Selbstverständlichkeit geworden waren, wieder genießen. Vielleicht eine etwas durchgeknallte Philosophie - aber es funktioniert.

Wobei - wem erzähl ich das. Du kennst mich und meine Macken ja lange genug. Und meinen Optimismus, von dem du bei unserem letzten Gespräch meintest, du könntest nicht glauben, dass ich ihn noch immer habe. Ja, ich habe ihn noch immer und wenn nichts dazwischenkommt, werde ich ihn auch behalten. Auf die Schnauze fallen, aufstehen, weitermachen. So bleibt man in Bewegung und was wäre das Leben ohne eine gesunde Portion Optimismus; ohne den Glauben, dass alles einen Sinn hat, auch wenn es uns oft anders erscheint; dass es weitergeht; dass alles gut wird?

Schau doch einfach mal auf unsere Beziehung zurück: viele Höhen; Zeiten, in denen Flaute herrschte und das Beziehungsboot träge auf der offenen See dahintrieb; Stürme, die das Boot leck schlugen, so manches mal drohte der Untergang, aber einer von uns beiden warf immer den Rettungsring. So lange, bis die Planken nur noch dazu taugten, zwei Flöße zu bauen, mit denen jeder für sich neuen Zielen entgegenpaddelte - Liebe allein reicht halt nicht. Aber wir sind gewachsen an den Stürmen. Jeder auf seine Weise.

Für mich hat alles, was an Schönem und weniger Schönem gewesen ist, seinen Sinn: ich weiß, dass ich nach wie vor lieben und vertrauen kann. Und ich weiß, dass ich geschickt und stark genug bin, ein Floß zu bauen. Und das ist doch ein guter Grund, jedem Sturm optimistisch entgegen zu sehen, oder?!

Du weißt, ich halte nicht viel von deiner Unkerei. Du nennst es "ich wusste es schon vorher" - ich nenne es "self-fulling prophecy". Deshalb bin und bleibe ich unheilbar "blauäugig". Auch wenn du vielleicht in ein paar Wochen wieder Gelegenheit hast zu sagen: "ich hab's dir doch gleich gesagt..."

 

 

Liebe Grüße und gute Gedanken

 

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