Ich ging durch dicht bevölkerte Strassen, voll von hübschen Leuten, jung und erfolgreich.
Ich bin verloren unter ihnen. Alle scheinen gute Freunde zu sein. Alle? Außer die, die man nicht sehen kann. Sie sind hier, aber man sieht sie nicht. Während ich weitergehe höre ich die Freunde, die Unbekannten reden. Sie nehmen nicht einmal Kenntnis von meiner Gegenwart. Sie unterhalten sich sehr lebhaft, bilden eine Mauer. Es sind Themen für Eingeweihte. Es sind Angelegenheiten der guten Leute. Ich kann sie reden hören, aber ich verstehe sie nicht.
Leeres Lächeln, tote Augen, in Gesichtern wie Marmor. Rosen mit einem Duft und einer Schönheit ohne Gleichen. Die Blütenblätter mit wunderschönen Farbnuancen, die vom Regenbogen selbst abstammen. Kristalle, deren Glanz sich in der Sonne reflektiert. Schmuckstücke von unschätzbarem Wert und Bibliotheken voller gefährlicher Weisheit.
Mich zogen die Rosen an. Ich wollte sie berühren. Ich wollte sie riechen. Ich wollte sein wie sie, aber ihre Dornen verletzten mich und ihr Duft betäubte mich, sodass es mir gleichgültig war, dass mein Blut sie ernährte.
Mir war kalt in diesen glänzenden Strassen und all diese Weisheit und Perfektion machten mir Angst.
Ich lief weg. Manchmal verkleidete ich mich als Rose, manchmal versteckte ich mich einfach. Dann kam ich an eine enge Gasse, mit kleinen, wenig ansehnlichen Häusern.
Ich folgte diesem Weg, zweifelte aber, ob es der richtige wäre, aber es gab keine Möglichkeit mehr umzukehren, denn hinter mir waren die Rosen, die mir soviel Angst machten. Ich hielt oft an und fragte mich, wohin dieser Weg führen würde.
Als ich plötzlich um eine Ecke bog, lag vor mir eine Wiese, übersät mit kleinen Blumen und Unkraut. Da konnte ich ausruhen. Ich warf mich in die Wiese, ohne mich an irgendwelchen Dornen zu verletzen.
Die Kräuter streichelten mich sanft. Die Sonne spiegelte sich in einem See, aus kristallklarem, kaltem Wasser aus dem ein Regenbogen entsprang, auf dem ich mit dir spazieren gehe.
Wir reden Blödsinn und lachen über unsere Bedeutungslosigkeit.
Ich bin jetzt glücklich und ohne Angst, aber es tut mir leid um all die Leute, die sich immer noch in den Straßen verstecken. Ich hoffe, dass auch sie eine Möglichkeit finden zu entfliehen…
Gewidmet an alle, die den Glauben an sich verloren haben.
Regina Sedelke
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.10.2008.
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