(26. April 2008)
Es ist Sonnabend und mein Mann hat Entspannung auf das Tagesprogramm gesetzt. Das bedeutet, wir fahren an einen unserer Lieblingsplätze. Also wurde der Rucksack gepackt, die Stimmung angekurbelt und das Auto gestreichelt. Unser Ziel ist der Ort Timmendorf auf der Insel Poel. Heute darf mal mein Gatte das Lenkrad führen. Er folgt vorschriftsmäßig der B 104 bis nach Wismar. Die B 104 gleicht einer Alleenstraße, wo 70 zur Reisegeschwindigkeit auserkoren wurde. Kleine Dörfer, die nicht alle vor Freude strahlen, lassen wir hinter uns (Kirch Stück, Lübstorf, Zickhusen, Niendorf, Groß Stieten, Dorf Mecklenburg, Karow und Steffin). Nach einer kurzen Begrüßungsdurchfahrt verlassen wir Wismar und folgen dem Wegweiser Richtung Poel. Der Ort Redentin/Fischkaten begegnet uns als erstes und ist außerdem der Ausgangspunkte für den neu gebauten Fahrradweg. In Groß Strömkendorf wird man vom Hotel Schäfer Eck begrüßt. Der Fischerstieg ist die Zufahrt zur Insel. Schafe, Pferde, Wasser und Wiesen säumen seine Ufer links und rechts. Zügig durchfahren wir Fährdorf, Niendorf, Kirchdorf, Weitendorf und Wangern. Bis zum Schluss Timmendorf erscheint. Kirchdorf gleicht einer touristischen Ministadt mit Yachthafen, Souvenirläden, vielen kleinen Restaurationen, etlichen Übernachtungsmöglichkeiten, einem großen Parkplatz und dem Inselmuseum. Wer mit Pferden in Urlaub fahren möchte, findet in Wangern den Reiterhof Plath. Die Fahrt verlief ohne Probleme, da zahlreiche Straßenbauarbeiten endlich abgeschlossen sind. Nur ab und zu reizte ein Sonntagskutscher die Nerven. Insgesamt benötigten wir ca. 90 Minuten. Die Sonne schenkt uns heute ihr schönstes Frühlingslächeln. Auf dem Weg zum Strand erobert der Seetanggeruch unsere Nasen. Ich bleibe für einen Moment stehen und atme ihn in meine Lungen. Dieses Ritual vollziehe ich jedes Mal, wenn meine Augen die See erblicken. Bei meinem Mann beschwört es mit Garantie ein Lächeln herauf. Doch mittlerweile kennen wir uns über dreißig Jahre und er weiß um meine Leidenschaft. Strandatmosphäre Unsere Decke breiten wir am Strand gleich unterhalb der Dünen aus. So kann man all die wohltuenden Stimmen der Natur auf sich wirken lassen oder betrachtet ganz einfach seinen Schatten auf dem feinen Sandstrand. Dabei muss ich schmunzeln, denn der Wind spielt mit meinen Haaren und dieses Schattenspiel amüsiert mich. Auf solche kleinen Details achtet man im Alltag kaum. Nur wer sich der Entspannung hingibt, bekommt solche Momente geschenkt. Am heutigen Tag ist die See ruhig, so als wäre sie noch nicht aus dem Winterschlaf erwacht. Ihr Flüstern hört man nur direkt am Ufer, wo winzige Schaumkronen an Land gespült werden. Die erste Berührung mit dem salzigen Nass lässt die Zehe und danach den restlichen Körper leicht erzittern. Doch meine Füße gewöhnen sich schnell daran und versinken mit jedem Miniwellenschlag langsam im Sand. Wie bereits erwähnt, wachen hinter uns die Dünen. Noch einige Meter dahinter sitzen die Musiker versteckt in Sanddorn- und Hagebuttensträuchern und spielen ihr Schlaflied für die Mittagsruhe. Eigentlich ist es gefährlich jetzt einzuschlafen, aber wir können dem Drang nicht widerstehen und lassen es geschehen. Das Resultat verspüren wir abends zu Hause. Leichte Kopfschmerzen und ein wunderschöner Sonnenbrand im Gesicht. Strafe muss sein! Aber widmen wir uns lieber wieder dem Strandgeschehen. Einen Wecker benötigt man hier nicht. Nach der Mittagszeit wird es leider jetzt menschlich gesehen etwas lauter. Eltern und Großeltern mit Kindern erobern den Strand. Es ist ein Kommen und Gehen, nicht nur der Besucher, sondern auch ihrer stimmgewaltigen Ausbrüche. Damit will ich nicht sagen das mich spielende und tobende Kinder am Strand stören. Aber ich hasse verzogene Quälgeister, die ständig jammern und plärren. Ich grabe indessen meine Zehe in den weichen Sand und der Blick wandert über das Wasser, wo Segelboote sich sachte im Wind wiegen. Am Horizont zeigt sich ein großes weißes Segel und ich begrüße gedanklich einen alten Bekannten, der bisher bei jedem unserer Besuche die Fantasie anregte. Sein Anblick erinnert an ein Segelschiff aus der Piratenzeit. Man sitzt und starrt ihn an. Die Ohren werden gespitzt. Eigentlich könnte es doch zu unserer Begrüßung einen Kanonenschlag absetzen. Aber es segelt nur gemütlich die Küste entlang und läst sich bewundern. Uns fallen abermals die Augen zu. Man ist eben nicht mehr zwanzig, auch wenn im Innern öfter eine andere Zeit ihr Unwesen treibt. Wiederum lassen wir unsere Winterhaut von der Sonne bescheinen und vergessen das Eincremen, denn die ersten warmen Strahlen wirken beruhigend und der Körper gibt sich dem allzu gerne hin. Man lässt sich fallen und schickt den Stress auf eine weite Reise. Eine frische Brise weckt uns. Oder war es der Hunger? Wir schlagen uns die Bäuche voll, ganz unkompliziert auf unserer Decke am Strand. Es gäbe natürlich auch die Möglichkeit in einem der kleinen Lokalitäten essen zu gehen, aber wir haben keine Lust dazu. Wir sind da unkompliziert und ziehen ein Picknick bei diesen Wetterverhältnissen vor. Dabei gibt es dann sogar ein kostenloses Fernsehprogramm. Der Titel des Spielfilms lautet "Erwachsene und Kinder". Alte und junge Darsteller laufen über die Leinwand. Nicht alle finden unser Wohlwollen. Da gibt es doch tatsächlich Minizwerge, die sich langweilen und Eltern, die nicht in der Lage sind mit ihren Kindern Sandburgen zu bauen, sondern sich nur genervt fühlen. Dabei ist es so einfach und kostet keine Mühe, sondern nur Zeit und die Bereitschaft, sein im Innern verstecktes Kind frei zu lassen. Was haben wir früher für Burgen gebaut und mit Muscheln geschmückt. Unsere Söhne waren manchmal nicht aus dem Wasser zu bekommen, obwohl ihre Lippen bereits blau waren und sie am ganzen Körper gezittert haben. Liegt es an der Zeit oder an den heutigen Menschen? Halt stopp! Vor uns gibt es ein Elternpaar, die mit ihren kleinen Zwergen spielen. Es scheint noch Hoffnung für die Menschen zu geben. Dafür hocken rechts von uns Oma und Opa mit Enkelsohn. Ich schätze ihn mal auf neun bis zehn Jahre. Die Großeltern schlafen und der Enkelsohn soll sich mit Eimer, Schippe und Backformen beschäftigen, was ihn sichtlich anödet. Aber er ist gut erzogen und jammert nicht, sondern sucht sich gleichaltrige Spielkameraden, mit denen er Ball spielen kann. Diese Beschäftigung füllt ihn sichtlich aus und sein Lachen hallt über den Strand. Eine Harmonie für meine Ohren. Wir beenden das Fernsehprogramm, stecken unsere Augen in mitgebrachte Bücher und genießen den Zustand aufkommenden Friedens. Die Stimmen um uns rücken weit weg. Was einen Besucher so interessiert! Der Ort Timmendorf ist in unseren Augen eine kleine Perle. Ob sie es bleibt, kann ich nicht mit Gewissheit bestätigen, denn es werden zur Zeit viele Ferienhäuser gebaut. Sie passen hervorragend in die Gegend, aber es werden dadurch mit Sicherheit mehr Besucher vor Ort sein. Zwei große Parkplätze für PKW und Busse bieten genügend Stauraum. Für Wohnwagen gibt es einen eigenen Parkplatz. Bezahlung ist hier Pflicht. Eine PKW-Tageskarte kostet 3,00 €. Was einem sofort ins Auge fällt ist der hübsche Leuchtturm, der direkt in der Mitte des kleinen Örtchen steht und voll funktionstüchtig ist. Weiterhin gibt es ein Hotel mit Außenterrasse und eine Pension. Beide gewähren aus ihren Fenstern einen herrlichen Blick auf Wasser und Hafen. Vor dem Hotel etwa zehn Meter nach links wurde ein Grillplatz eingerichtet. Hinter dem Hotel befinden sich noch eine kleine Appartementanlage, einige Wohnhäuser und eine Gartenanlage. Bäcker/Cafe, Imbiss, Souvenirladen und zwei kleine Restaurants mit Außenterrasse säumen die schmale Straße zum großen Campingplatz. Da wir schon viele Male zu unterschiedlichen Jahreszeiten vor Ort waren, kann ich mit Gewissheit behaupten, dass es in allen Restaurationen schmeckt. Habe ich noch etwas vergessen? Natürlich! Das Minifischrestaurant ebenfalls mit kleiner Außenterrasse. Es steht rechts vom Hafen. Der kleine Hafen ist im Sommer voller Yachten und einheimischen Fischerboten. Es werden Dampferfahrten und Segelboottouren angeboten. Inselrundfahrten gehören ebenso zum Touristenangebot. Hinter dem Souvenirladen befinden sich die Toiletten mit Duschen und Babywickeltischen. Eine Bezahlung entfällt. Kurtaxe muss natürlich auch gezahlt werden. Eine Tageskarte kostet 1,50 € und ermäßigte Karten (Kinder 6-17 Jahre) 0,50 €. Die Kurtaxenautomaten haben eigentlich schon das Rentenalter erreicht und schlucken nur Münzen im Wert von einem Euro oder fünfzig Cent. Deshalb hat man zusätzlich zwei Wechselgeldautomaten aufgestellt, was öfter mal chaotische Zustände hervorruft, weil die Besucher ständig zwischen den Automaten hin und her rennen. Der Strand ist sehr breit und sauber. Im Sommer stehen hier Mietstrandkörbe. Eine Tageskarte kostet 7,00 €. Die Strandkörbe befinden sich in einem sehr guten Zustand. Vor den Strandkörben bleibt aber noch genügend Platz für Decken- und Strandmuschelgäste. Einen FKK-Strand und einen Hundestrand gibt es ebenfalls. Im Strandbereich des Campingplatzes wurde ein Volleyballnetz aufgestellt. In dieser Strandgegend ist der Weg ins tiefe Wasser sehr lange; bestens geeignet für Kleinkinder. In der Saison ist der Strand bewacht. Außerdem gibt es am Strand Umzugskabinen und Abfallkörbe. Wenn man Glück hat und der Fang der einheimischen Fischer sehr gut ausgefallen ist, gibt es frischen Räucherfisch zu kaufen. Schmeckt hervorragend. Die Übernachtungsmöglichkeiten in Timmendorf und Umgebung sind vielfältig und reichen vom Hotel, über Pensionen, Ferienwohnungen, Ferienhäuser bis zum Campingplatz, der einen qualitativ sehr guten Eindruck macht. Timmendorf ist ein Ort zum Ausruhen. Hier stehen Wanderungen, baden, Fahrradtouren, schlafen und faulenzen auf dem Programm. Wer mehr Aufregung benötigt, muss sich schon in sein geliebtes Auto setzen und nach Wismar fahren oder Schwerin oder Rostock oder Warnemünde. Ich heiße euch herzlich willkommen! Zwei negative Punkte möchte ich aber noch erwähnen. Da alles nicht sehr groß ist, dafür aber sehr gepflegt, ist es in der Sommerzeit öfter schwierig noch einen Essenplatz in den Restaurants zu bekommen. Für die Gastlichkeiten natürlich hervorragend, nur der Besucher muss Geduld mitbringen oder seinen eigenen Picknickkorb. Und für die Angsthasen, es gibt manchmal Quallen im Wasser, aber dafür ist die Wasserqualität hervorragend. Im Jahre 2007 wurde der Insel Poel der Titel Osteebad verliehen. So jetzt ist es 17.00 Uhr und wir verlassen den Strand. Ich denke, ich habe euch ausreichend informiert und ihr hatten ein wenig Freude beim Lesen. Mai 2008
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.11.2008.
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