Dorian Kirschstein

Die Wahrheit über Tomatensuppe

 WARNUNG: Nachfolgende Erkenntnisse könnten möglicherweise bei psychisch labilen Personen und Tomatensuppenfetischisten zum sogenannten Fünf-Phasen-Verhalten führen: Zunächst Verleugnung der Tatsachen, dann Wut und Anklage, anschließend Verzweiflung und Depression, langzeitliche Trauer und schlussendlich Neuorientierung. Vorsicht ist auch geboten bei Menschen, deren emotionale Lebensabschnitte eng mit dem Glauben an Tomatensuppe verknüpft sind oder deren Existenzgrundlage eben diese ist.


Haben Sie sich schon mal gefragt, was Sie täglich essen? Wenn ja zeugt dies entweder von Ernährungsbewusstheit oder einer anterograden Amnesie. Ich möchte jetzt nicht mit Ihnen über Ihr Essverhalten und das statistisch erhobene deutsche Essverhalten („Das große Fressen“) diskutieren; sollten Sie jeder zweite und übergewichtig sein, schauen Sie doch bitte auf unserem Informationsportal unter todesursache-uebergewicht.de nach.

Aber zurück zur Tomatensuppe. Genauer gesagt, der Instant-Tomatensuppe. Pulverisierte Pestizide im Fachjargon. Laut Hersteller ein „natürliches Produkt“ aus: Tomaten, Stärke, Zucker, Fett (z.T. gehärtet), Salz, Weizenmehl, Säuerungsmittel Zitronensäure, Aroma, Geschmacksverstärkern (E 621, E 627, E 631) Kräutern und Gewürzen und Paprikaextrakt. Friede, Freude, Finanzmarktkrise.

Nun bin ich aber gelernter Dr. mis. c. (mis. für misericordia: Doktor des Mitleids wegen) und lasse mich so nicht abspeisen. Die Wahrheit ist: - Ich habe meine Brille verlegt. Wenn ich sie wiedergefunden habe, kann ich Ihnen vielleicht die bahnbrechenden Erkenntnisse mitteilen.


Nun also zur Sache: In Wirklichkeit besteht das seltsame, schnell aufquellende Fertigprodukt aus etwa 0.1 % Tomate. Eigentlich darf ich Ihnen die weiteren Inhaltsstoffe ohne ärztliche Bescheinigung gar nicht weiter vortragen. Zum Glück ersparen uns die Suppenhersteller normalerweise detaillierte Inhaltsangaben so gut es geht und sprechen nur liebevoll von „unserem kleinen, bunten, radioaktiv strahlenden Geheimrezept nach Großmutters Art“. Falls Sie schon in der Phase der Verleugnung angekommen sind, werden Sie jetzt vielleicht das Argument „So wenig Tomate kann da garnich drinne sein; schließlich schmeckt das nach Tomate, sieht nach Tomate aus und da steht auch Tomate drauf.“ hervorbringen. Ich kann Sie beunruhigen: Was Sie schmecken, ist nicht Tomate. Tomate natura kann der Genussmensch von heute gar nicht mehr schmecken; der Tomatengeschmack in der Suppe wird durch eine Mischung aus Zucker, Zitronensäure (die übrigens aus Schimmelpilz gewonnen wird), Trinatriumcitrat, Aromastoffen aus physikalisch-chemisch-biotechnologischem Anbau, Proteinhydrolysat, dem Geschmacksverstärker Natriumglutamat, dem Geschmacksverstärker Inosynat, der das Natriumglutamat verstärkt, Guanylat, das wiederum das Inosynat unterstützt und einigen unbedeutenden, nicht kennzeichnungspflichtigen Antioxidantien und Emulgatoren. Was Sie sehen – wollen Sie wirklich die volle Wahrheit erfahren? Reicht Ihnen nicht dieses Teilwissen? Nun gut, es muss wohl sein.  Was Sie sehen, ist mehr Paprika als Tomate, nämlich die Paprikafarbstoffe  Capsanthin und Capsorubin. Die Kräuter sind auch nur für die Optik; ich tippe mal auf gehäckselte Grünabfälle. Den Kräutergeschmack machen diverse Aromen samt Verstärkern. Selbst die appetitliche Konsistenz der Pharmaka-Tomatensuppe, mit der man bei jeder Dopingkontrolle auffallen würde – eine Lüge! Ein Trick aus verschiedenen Spezialfetten und Maltodextrin, vornehm für vorverdaute Stärke.


Das muss man erst mal verdauen. Ich vermute nämlich auch einige nicht abbaubare Schwermetalle in dieser Chemiekeule. Inzwischen sollten Sie bei Phase 5, der Neuorientierung, angekommen sein.

Ich schlage vor, versuchen Sie's mal mit selbstgemachter Tomatensuppe. Aber Achtung! Stellen Sie sich, um Entzugserscheinungen von undefinierbaren Tütensuppenbestandteilen zu vermeiden, nur langsam auf „einigermaßen gesund“ um. Ich empfehle Ihnen spanische Tomaten für die Übergangsphase.

Vielen Dank für Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit und dafür, dass jeder von Ihnen so zahlreich anwesend war. Beim nächsten Mal: „Eine unbequeme Wahrheit – Wo unser Speiseeis eigentlich herkommt“. Wiedersehn.


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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.11.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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