Jennifer Uhle

Dunkles Vermächtnis (1)

Kapitel 1 - Ein Licht

 

Einige Jahren waren seit jenem Vorfall ins Land gegangen und jenes Paar hatte eine neue Heimat gefunden. Eine Heimat, in der sie keine Aussätzigen, sondern ganz normale Menschen waren. Zwar war es ebenso ein kleines Dorf, doch hier schien sich die Welt genau entgegen ihrer alten Heimat zu drehen. Nur wenige Muggel waren vertreten in diesem Dorf, der Großteil bestand aus Hexen und Zauberern, die ohne Probleme bestens miteinander auskamen. So war es auch, dass man sich gegenseitig half und die Muggel keine Muggel, sondern einfach ein Teil der Dorfgemeinschaft waren.
Als damals diese fremden Menschen in der sturmumtosten Nacht ins Dorf gelangten, wunderte sich ein jeder, wie sie es geschafft hatten, zum Dorf zu gelangen, lag es doch versteckt und einsam. Schnell jedoch hatten sie erkannt, dass es eine Hexe und ein Zauberer mit ihren Kind waren, entweder auf Wanderschaft oder Flucht. Kaum waren sie zum Marktplatz, der das Zentrum des Dorfes bildete, gelangt, las man sie auch schon auf und hieß sie willkommen.
Natürlich wollte man wissen, was einen bei so einem Unwetter auf Reisen trieb, das junge Paar aber, von Trauer erfüllt, konnte nur den Kopf schütteln und ihnen sagen, dass sie geflohen waren. Erst am nächsten Morgen, nachdem sie geschlafen und gegessen hatten, fingen die beiden an, ihre Geschichte zu erzählen und dass das Ministerium darum fürchtete, eines Tages einen Zaubereiminister oder eben eine Zaubereiministerin zu bekommen, die gänzlich ihre eigenen Entscheidungen treffen könnte, dem Einfluss von anderen hohen Tieren gegenüber also immun sei.
Dass es eine Prophezeiung über ihre Tochter gab, verschwiegen sie jedoch. Aber warum seien sie geflohen? Wegen der überdurchschnittlichen Fähigkeiten ihrer Tochter, die sie schon jetzt in sehr jungen Jahren zeigt. Man hatte sie ans Ministerium verraten und daher waren sie nach einem Übergriff geflohen. Wohin nur, das wussten sie nicht, denn ihre Tochter war es, die ihre Eltern zu jenem Dorf geführt hatte.  Daraufhin gab es natürlich einige Konversationen, dass so etwas doch nicht möglich sei, dass ein Säugling das Apparieren beherrsche, doch scheinbar war dem so.
Ganz so, als ob das Mädchen verstanden hätte, ließ es sich schweben und plötzlich an einen anderen Ort apparieren, womit jegliche Zweifel ausradiert worden waren. Diese Hexen und Zauberer, zwar an außerordentlicher Magie gewohnt, waren dennoch sehr beeindruckt und wussten es zu schätzen, würde solch eine Hexe in ihrem Dorf leben.
So begann man also direkt in der darauf folgenden Woche mit dem Bau eines kleinen Hauses am Marktplatz, welches alsbald auch fertig gestellt war. Während der langen Monate hatte die Familie bei einer anderen, kleineren Familie gelebt, die selbst einen Sohn und eine Tochter hatten. Bei beiden war es wahrscheinlich, dass sie magische Fähigkeiten in sich trugen, doch es war längst noch zu früh, um es sicherzustellen.
Kaum aber, dass das Haus fertig war, kam das ganze Dorf zusammen und feierte die Dorfgemeinschaft die Fertigstellung und hieß die neue Familie willkommen.
Wie sich herausstellte, war das Paar sehr kundig im Heilen, sowie der Verwandlung, was eine große Bereicherung für das Dorf war.
Langsam verging die Zeit, die kleine Familie kam zur Ruhe und schöpfte neue Hoffnung, dass sie nun endlich unter Freunden angekommen waren und widmeten sich ihrer Tochter, die für sie nun weniger angsteinflößend war, denn sie hatten sich an diesen außergewöhnlichen Zustand gewöhnt. Nachbarn und Freunde nahmen sie regelmäßig zu sich, damit sie das zaubern noch besser beherrschen konnte und wurde dadurch immer talentierter.
So vergingen also die Jahre, das Mädchen lernte das Laufen, das Sprechen, sowie Lesen und Schreiben und hatte bald viele Freunde im Dorf, doch mit drei von ihnen verstand sie sich besonders gut, denn auch sie hatten früh angefangen, Magie zu zeigen, was sie fast genauso besonders machte, wie sie es selbst war. Natürlich folgerten die Dorfbewohner das auf den Einfluss des kleinen Mädchens zurück, da sie für sie sowas wie ein Beispiel gewesen ist, weshalb man sie mit großem Respekt behandelte. Einige wenige Kinder hielten sich von ihr fern, weil sie etwas Mysteriöses ausstrahlte, doch die meisten faszinierte es einfach nur.
Mittlerweile brachte das Mädchen Dinge zustande, die selbst einen erfahrenen Zauberer hätten blass aussehen lassen, aber für sie war es eine Alltäglichkeit, dessen Besonderheit sie nicht verstand. Da die Eltern ihren Kindern nichts mehr beibringen konnten, lehrten die Kinder sich untereinander neue Sachen oder sie bekamen zwischenzeitlich auch Bücher, aus denen sie lernten, stets  darauf bedacht, was ihre Eltern ihnen beigebracht hatte: Nutze deine Magie nur für gute Zwecke!
Nie wäre es ihnen in den Sinn gekommen, einem Muggel zu schaden oder einem anderen Mitglied ihrer Gemeinschaft etwas anzutun, nur um sich selbst Vorteile zu beschaffen.
Durch diese enge Freundschaft entwickelte sich ein Band auf Lebenszeit, welches, wie es schien, durch nichts zu zerreißen war.
Das junge Paar, auch um einige Jahre gealtert, besaßen inzwischen einen Heilmittelladen für die Dorfbewohner und waren stets damit beschäftigt, neue Heiltränke zu entwickeln, um auch den Muggeln besser helfen zu können. Leider wussten sie zu jenem Zeitpunkt noch nicht, dass sie selbst es nicht sein würden, die ihr Wissen an die magische Gesellschaft weitergeben würden, sondern es würde ihre Tochter sein, der eine, der Meinung der Dorfgemeinschaft nach, erfolgreiche und glänzende Zukunft bevorstehen könnte. Und so entwickelte sich das Mädchen auch überaus prächtig du wurde zu einer intelligenten und schön anzusehenden jungen Dame. Mittlerweile saß sie mit ihren 3 Freunden tagtäglich zusammen, da sie von ihren Eltern nichts mehr lernen konnte und diskutierte mit ihnen über neue Zauber, Muggelrechte oder aber auch über schwarze Magie, die sehr verbreitet und gefürchtet war. Die Eltern des Mädchens waren schon sehr bekannt gewesen für ihre Ansichten, dass den Muggeln die gleichen Rechte wie der magischen Gesellschaft zustünden, doch hatte man damals, vor ihrer Flucht, vieles versucht, um ihre Ansichten geheim zu halten und so konnten sie niemals mit jemand anderem darüber reden, bis sie in jener Nacht in das kleine Dorf gekommen waren. Natürlich hatten die Kinder die Denkweisen ihrer Eltern angenommen, weil es einfach vernünftig war, doch es half nichts, wenn Zauberer tun und lassen konnten, was sie wollten und nicht dafür bestraft wurden, außer sie hatten sich an einem Mitglied der magischen Gesellschaft vergriffen.
Eines Tages jedoch kam es, wie das Mädchen es schon lange ahnte, denn sie besaß nicht nur die Gabe der Magie, sondern auch der Voraussehung, die sie jedoch nicht so gut wie ihre Magie beherrschen konnte.  Gerade saßen sie, alle vier Freunde, im Hause der Heiler, da hörten sie von draußen Schreie in ihr Haus hallen und sprangen sofort auf. In genau demselben Augenblick wurde auch die Haustüre aufgesprengt und 5 Zauberer stürmten ins Haus, wild mit Zaubern aus ihren Zauberstäben umherschießend. Das Mädchen, da es nie das Dorf hatte verlassen können, aus Angst, dass das Ministerium sie noch immer suche, hatte keinen Zauberstab erhalten können, ganz im Gegensatz zu ihren Freunden. Allerdings, und darin bestand das Talent des Mädchens unter anderem, konnte sie Zauber produzieren, die mit einem Zauberstab nie möglich gewesen wären.
Mit dem Eindringen in das Haus, brach das Chaos, jedoch keine Panik aus, doch es entstand ein Wirrwarr an bunten Lichtblitzen, Schreien und Krachen, als die Zauber zwar nicht ihr Ziel, jedoch die Stützbalken und Wände des Hauses fanden. Die vier Freunde, fest entschlossen zu kämpfen, stürzten sich trotz der Warnungen ihrer Eltern ins Getümmel und konnten zwei der Eingedrungenen niederstrecken für eine kurze Zeit, aber brachte es ihnen nicht viel, denn die Freunde des Mädchens wurden durch einen eigenartigen Zauber an die Wand gepresst, sodass sie unfähig waren zu atmen und sich zu rühren. Einer von ihnen kam nun langsam auf sie zu, während die anderen beiden mit ihren Eltern kämpften. Sie wusste, dass die Dorfbewohner ihnen zu Hilfe eilen wollten, doch selber von jener Übermacht davon abgehalten wurden. Das Haus brannte, es roch überall nach den verschiedenen Noten der Kräuter, es lag dichter Qualm in der Luft, was das Atmen so schwer machte. Sie nahm alles seltsam klar und scharf in sich auf, alles lief in Zeitlupe und sie stand einfach da und schaute ihrem Schicksal entgegen. Kurz bevor der Eindringling sie jedoch erreicht hatte, gab es einen grellen, grünen Blitz, einen Knall und Schreie, die sofort verstummten. In dieser einen Sekunde, wo es geschah, wusste sie, dass ihre Eltern nicht mehr lebten, dass man ihrem Leben den Sinn geraubt und ihre Herz herausgerissen hatte. Ihr vollkommenes Leben war innerhalb weniger Minuten zerstört, der Sinn ihres Lebens innerhalb einer einzigen Sekunde einfach ausradiert worden.
„So, du bist also das Mädchen von dem alle sprechen“, sprach der Zauberer leise und doch über das Tosen der Flammen klar und deutlich hinweg. Sie spürte die Hitze des Feuers, welches ihre Eltern, ihr Leben verschlang und auch sie mit sich reißen würde. „Du hast ja nicht einmal einen Zauberstab.“
Ihr Gegenüber schnaubte verächtlich und hob seinen eigenen.
„Glaub mir, es ist besser so, wenn du nicht weiterlebst. Für uns alle. Du wirst nur Unglück und Leid über deine Mitmenschen bringen.“ Sie schaute ihn weiterhin nur an und überlegte, ob sie ihre Gabe, ihre versteckte Gabe, die sie bisher noch niemandem offenbart hatte, gegen ihn einsetzen sollte, doch sie entschied sich dagegen. Vielleicht war es besser, wenn sie aus dem Leben schied, es war seines Sinns beraubt worden, es gab einfach nichts mehr, wofür sich kämpfen gelohnt hätte…und doch, es loderte urplötzlich eine Wut in ihr über dieses sinnlose Töten auf, ein Zorn über den Tod ihrer Eltern, den sie nicht mehr bändigen konnte. Ihr war es egal, ob sie sterben würde in diesem Versuch, sich zu rächen, sie würde den Tod mit offenen Armen wie einen Freund willkommen heißen.
„Mädchen, tu nichts Unüberlegtes, was nicht nur dir, sondern auch den Bewohnern hier schaden könnte.“
Sie schloss die Augen und schaute in sich selbst hinein. Da sah sie ein Licht in ihr, ganz tief, welches sie nie zuvor in ihrem Leben wahrgenommen hatte. Langsam streckte sie ihre geistige Hand aus und griff danach. Eine unmögliche Energie durchströmte sie, erfüllte sie vollends und ließ sie nicht mehr sie selbst sein, aber gleichzeitig war sie auch jene Person, die sie in ferner Zukunft bestimmt zu sein war. Die Augen öffneten sich und sie blickte ihrem baldigen Mörder ins Gesicht. Das, was sie nun erfüllte, schien er in ihren Tiefen zu sehen und schrak zurück, doch dann war es, als ob jemand mit dem Finger geschnippt hätte und er hob entschlossen seinen Zauberstab und richtete ihn auf das Mädchen.
<i>„Avada Ke….“</i>
Doch niemals würde er jenen unwiderruflichen Fluch aussprechen können, denn in diesem Augenblick füllte der Zorn, die Wut und die Ohnmacht das komplette Denken des Mädchens. Die Kraft durchpulste sie und sie schrie auf vor Trauer und Schmerz und schmetterte dem Zauberer einen derart mächtigen Zauber entgegen, dass er gegen die Wand krachte und bewusstlos an ihr herunterrutschte. Nun kamen auch seine Komplizen auf sie zugeeilt und schossen Fluch um Fluch nach ihr, doch sie brauchte nur die Hände zu heben und die Flüche verpufften einfach in der Luft.
Dann schleuderte auch sie ihnen Zauber entgegen, die sie töteten und ihren Mittäter mitrissen. Das Mädchen kämpfte gegen die Energie und konnte sie dennoch nicht halten. Es war, als würde sie einen reißenden Strom mit bloßen Händen aufhalten wollen. Denn diese Kraft, war ihre eigene und man konnte sich gegen sich nicht wehren. Sie schrie auf und lief hinaus. Auf dem Dorfplatz angelangt, kamen ihr auch schon weitere Eindringlinge entgegen. Von diesem Andrang überwältigt war es, als ließe sie eine Bombe explodieren und sie flogen alle in alle möglichen Himmelsrichtungen davon. Sie wollte sich selbst mit ihrer eigenen Magie umbringen, die sie nicht beherrschen konnte und war unfähig, es zu tun. Stattdessen entlud sie sich in ihre Umgebung.
Raus. Sie musste raus aus dem Dorf, sonst würde sie nur noch ihre Freunde, ihre geliebten Dorfbewohner mit in den Tod ziehen.
Vollkommen auf ihren Plan fixiert, hörte sie nicht die Stimme, die ihr wie aus weiter Ferne einen Warnruf schrie. Doch dann schrie  fast zeitgleich jemand ihren Namen und sie drehte sich im Laufen um und sah nur noch einen grünen Lichtblitz.
Dann ging die ganze Welt in Schmerz, Licht und Stille unter.

© Jennifer Uhle
 

 

 

Jeglich mögliche Paralelle zu einer Geschichte sind Zufall und nicht beabsichtigt. Mit dieser Geschichte will ich kein Geld verdienen und bis auf die bereits bekannten Figuren entspringen die restlichen meinem eigenen Gedankengut. 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.12.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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