Alfred Hermanni

Bekifft in Deutschland - Freddy war hier

 

von Alfred Hermanni 10.10.2006 Alle Rechte vorbehalten

 

Freddy war wieder in der Stadt. Das bedeutete nichts Gutes, meistens gab es Ärger, nicht mit Freddy, sondern mit den Folgen seiner Taten.

Hey Dieter, altes Sackgesicht“, war seine Begrüßung als er vor meiner Wohnungstür stand.

Du Arschloch, brauchst du was auf die Backen? Kannst’e nicht ganz normal Tach odda so sagen?“ schnauzte ich ihn an.

Bist aber sehr empfindlich heute, kann ich reinkommen?“

Ja klar, komm rein.“

Wir gingen in die Küche, Freddy zog seine Lederjacke aus und warf sie auf die Eckbank.

Fauchend, wie von der Feder geschnellt sprang Charly der junge Kater hoch, krallte sich in der Gardine am Fenster fest, riss ein paar Löcher hinein und landete nach dem Absprung genau auf dem Küchentisch. Mein Küchentisch ist niemals leer, irgendetwas steht immer drauf. Nach der Landung stand fast nichts mehr drauf. Es lag zerbrochen, zersplittert und durchnässt auf dem Boden.

Das fängt ja gut an dachte ich.

Seit wann hast du ’ne Katze?“ fragte Freddy.

Ist nicht meine, gehört der alten Dame gegenüber, liegt im Krankenhaus.

Steht sehr schlecht um sie, meinte der Notarzt.“

Und dann hast du die Katze am Arsch. Willst du sie behalten?“

Weiß ich noch nicht.“

Freddy guckte mich an. „Woll’n wir was rauchen? Ich hab was Feines dabei.“

Logo. Du weißt ja wo du alles findest.“ sagte ich und fing an das Chaos auf dem Fußboden zu beseitigen.

Nachdem er sich alle Utensilien zusammen gekramt hatte baute Freddy einen Joint, wie immer architektonisch einwandfrei, man konnte ihn auf das Mundstück stellen und er blieb stehen. Genüsslich und mit viel Qualm paffte er ihn an.

Was führt dich diesmal nach Dortmund?“ fragte ich ihn.

Geschäfte, was sonst.“

Wieviel?“

10 Kilo Dope.“

Hast du schon Abnehmer?“

Yo!“

Sicher?“

Ich denke schon.“

Hört sich aber nicht sicher an.“

Freddy zog noch einmal am Joint und reichte ihn mir rüber.

Ich ließ ihn erst mal ein wenig abkühlen, streifte die Asche ab und rauchte.

 

 

Das ist libanesisches“ stellte ich fest

Zur Zeit ist viel davon auf dem Markt. Die PLO hängt damit drin“ klärte Freddy mich auf. „Die liefern Dope gegen Waffen. Hauptsächlich Kriegswaffen. Uzis und Kalaschnikovs sind zur Zeit sehr gefragt. Aber auch Bazookas oder Handgranaten.“

Hab ich schon von gehört. Ein Bekannter, macht in Import- Export, kriegt zur Zeit ständig Anfragen nach Düngemitteln und anderen Chemikalien, hauptsächlich aus dem Nahen Osten.“

Klar, die machen Sprengstoff daraus.“

Das weiß ich auch. Hast du was mit denen zu tun?“

Nein.“

Ist auch besser so.“ Ein paar Minuten schwiegen wir.

Ist nicht schlecht, die Sorte“ meinte Freddy.

Ja, kommt gut. Wer ist dein Abnehmer?“

Ede Z.“

Du weißt, dass das Z. für Zocker steht?“

Ich kenn ihn noch nicht sehr lange.“

Dann lass besser die Finger von ihm. Möchtest du einen Tee trinken?“

Gerne, mit Rum?“

Du säufst zuviel, Alter. Aber wenn du unbedingt willst.“

Ich bereitete den Tee, stellte eine Flasche Rum auf den Tisch und merkte

mir den Pegelstand. Bei Freddy konnte man nie wissen. Wenn er erst mal anfing zu saufen, musste man früh beginnen ihn zu bremsen.

Ein paar Tassen später und ein paar Zentimeter unter dem letzten Pegel

drehte ich einen Joint und paffte ihn diesmal selbst an. War wirklich nicht schlecht die Sorte.

Hast du noch andere Abnehmer?“ wollte ich wissen.

Nee, eigentlich nicht, vielleicht bei Fully?“

Fully sitzt seit ein paar Monaten. Hat ’nem Bullen fünf Kilo andrehen wollen,

der Blödmann.“

Echt? Der lernt es nie.“

Wenn du keinen anderen hast nehme ich das Dope. Preis?“

4500,- pro Kilo“

Ts,ts aber nicht von mir. 3000 DM.“

3500 ?“

Das ist okay. Aber nur weil du es bist.“

Aber nur in bar!“

Freddy, meinst du ich schreib dir einen Scheck oder überweise auf dein nicht vorhandenes Konto?“

Ich mein ja nur.“

Morgen können wir alles checken, ich muss nur ein, zwei Anrufe erledigen.“

Super, kann ich noch Tee bekommen, da ist noch soviel Rum in der Flasche?“

 

 

Später am Abend, wir hatten gerade gegessen und uns einen Joint genehmigt, wollte ich noch ein paar Details mit Freddy klären.

Wo hast du das Zeug abgebunkert?“ fragte ich ihn.

Tja, äh, ja das ist so...“ druckste er herum. „Ich hab das natürlich nicht hier, ich müsste da noch hinfahren und es abholen.“

Wie lange dauert das?“

Schätze, ungefähr ’nen halben Tag.“

Aus Erfahrung wusste ich, dass aus dem halben Tag bei Freddy durchaus ein oder zwei Tage werden konnten, also war ich vorsichtig.

Könntest du etwas präziser sein? Wo musst du hin?“

Freddy guckte weg, spielte mit seinen Fingern und murmelte etwas.

Hab ich richtig gehört? Nach Holland?“ Ich ahnte es, irgendwas passte hier nicht richtig.

Ja“ sagte Freddy. „Nach Holland.“

Soso, und wo genau?“ fragte ich, obwohl ich die Antwort schon wusste.

Rotterdam.“

Innerlich musste ich grinsen.

Und in Rotterdam müsstest du dich mit jemandem treffen, das Dope kaufen und mit dem Auto über die Grenze bringen?“

Ja genau.“

Freddy?“ fragte ich: „Hast du soviel Bargeld?“

Ich dachte, ich mein also, vielleicht könntest du...?“

Freddy! Du kommst aus Berlin zu mir, willst mit meiner Kohle nach Holland, um einen Deal zu machen und bietest mir das Zeug auch noch teuer an? Sag mal, hast du sie nicht mehr alle?“

Ich bin im Druck. Ich brauch Kohle, mit dem was ich noch habe komm ich nicht mehr weit.“

So war er. Wenn’s um Geld geht vergaß Freddy sogar seine letzten, wenigen Freunde.

Sorry Dieter, aber was soll ich machen?“

Warte mal eben“ erwiderte ich. „Ich muss kurz nachdenken. Lass uns noch einen rauchen.“

Während er einen Joint baute, überlegte ich mir wie ich diese Umstände zu meinem Vorteil nutzen konnte.

Ich ging ans Telefon, wählte eine Nummer und wartete, nannte mein Codewort, legte auf, ging zurück zum Tisch und trank eine Tasse Tee.

Wen hast du angerufen?“ wollte Freddy wissen während er den Joint rauchte.

Den Anrufbeantworter von einem Bekannten“ antwortete ich als auch schon das Telefon klingelte. Ich meldete mich und verschwand ins andere Zimmer. Freddy rauchte weiter die Tüte und hörte der leisen Musik aus dem Radio zu.

 

 

Am anderen Ende der Telefonleitung meldete sich mein Freund und Geschäftspartner aus Holland.

Hallo Dieter, alles klar bei dir? Was gibt’s? Was brauchst du?“ fragte er mit seinem typisch holländischen Akzent.

Hör zu, Dick!“ sagte ich. „Freddy ist bei mir. Ich wusste gar nicht, dass ihr euch kennt.“

Ja klar, seit letztem Jahr.“

Wo habt ihr euch kennen gelernt?“

Weißt du das nicht mehr? Bei Christian, auf seiner Geburtstagsparty letztes Jahr. Sag mal Dieter, ist das wichtig? Sollte ich deswegen anrufen?“

Nein, nein. Jetzt ist das nicht mehr wichtig.“

Ich hatte es wohl vergessen. Auf dieser Party war ich ziemlich breit. Freddy

musste irgendwie herausgefunden haben, dass Dick mein Lieferant für Dope war.

Dick, das Geschäft mit Freddy kannst du vergessen, ich will den Kleinen da raushalten, der ist noch zu jung fürs Geschäft. Ich übernehme das.“

Iss’ auch besser so Dieter. Also was wollen wir machen?“

Du lieferst zwanzig zum alten Bunker zum alten Preis und wenn möglich übermorgen.“

Lässt sich machen. Aber nicht zum alten Preis, die Qualität ist einfach zu gut.“

Wieviel?“

ZweiFünf. Pro Kilo.“

In Ordnung. Ruf an, wenn der Kurier losfährt.“

Mach ich, bis dann. Übrigens, erinnerst du dich an Katrin, weißt doch schon, die lange Blonde.“

Ja, klar. Beim letzten Treffen bei dir, ich glaube die ist sehr hübsch.“

Nur sehr hübsch! Die hat gerade einen Modelvertrag laufen. Was ich sagen wollte, sie fragt öfter nach dir, ob du mal wieder zu mir kommst und so. Ich glaube, die steht auf dich."

Ich denke, dann sollte ich mal wieder zu dir kommen. Grüß sie von mir.“

Werd ich machen, bis dann.“

Ich legte auf und rief mir das Bild von Katrin ins Gedächtnis zurück..

Sie ist wirklich sehr hübsch, fiel mir auf. Groß, schlank, endlos lange Beine und ein Gesicht zum verlieben. Ich sollte wirklich mal wieder Dick besuchen. Dann aber ganz privat und mit ein paar Tagen Zeit.

 

Zurück in der Küche sah ich Freddy mit geschlossenen Augen auf der Eckbank sitzen. Sein Kopf wiegte zur Musik hin und her. Ausgerechnet Reggae. Ich mochte Reggae nicht besonders, aber dieser Titel, Redemption Song, von Bob Marley, war einfach gut. Naja, die Version von Mood Swings fand ich allerdings noch besser.

 

 

Hör zu Freddy, ich hab gerade mit Dick geredet. Du bist raus aus dem Geschäft“, sagte ich ihm ins Gesicht.

Überrascht blickte er mich an. Tja, die Welt ist klein. Das ich ihn so schnell durchschaute hatte er wohl nicht erwartet.

Wie? Woher weißt du...? Bitte! Dieter. Ich muss den Deal machen. Ich brauch die Kohle!“ winselte er mich an.

Pass auf, Freddy! Du weißt wie oft ich dich schon aus der Scheiße geholt habe,

einmal im Jahr muss ich dir das Leben retten, alle paar Monate brauchst du Kohle, immer reitest du dich und andere in irgendeine Scheiße hinein, aus der du ohne Hilfe nicht mehr raus kommst!“

Verlegen guckte er nun auf den Boden, jetzt tat er mir wieder leid. So ging das nun schon so lange wie ich ihn kannte. Und ich kannte ihn sehr lange.

Wenn ich es mir genau überlegte, hat das Retten von Freddy bis heute nicht aufgehört. Man hilft ihm aus der Scheiße und wenn man Pech hatte, bewarf er seine Retter mit derselbigen, sobald er halb befreit war.

Wieviel brauchst du?“, fragte ich ihn.

Zehntausend.“

Freddy, ich geb’ dir 5000.- Mark, sozusagen als Vermittlungsprovision.“

Ich wollte aber meinen eigenen Deal durchziehen.“

Mit meiner Kohle, mit meiner Connection und mit Ede Z., ja ja...“

Seine betretene Miene sagte mir alles.

Wir schwiegen eine Weile.

Fünftausend?“ fragte Freddy.

Ja.“

Lass uns einen rauchen und danach in die Stadt gehen“, schlug Freddy vor.

Ich nickte zustimmend.

Das hätte ich besser nicht tun sollen.

 

Fahren wir mit dem Auto oder dem Motorrad?“ fragte Freddy auf dem Weg in die Garage.

Für’s Moped ist es mir zu kühl. Wir nehmen das Auto“ entschied ich.

Wieso fährst du eigentlich diesen scheiß Opel? Mit deiner Kohle hätte ich aber ’nen Porsche oder Ferrari.“

Klar Freddy, du hättest einen Ferrari, rot und mit zwei, drei Blondinen.“

Sowieso!“

Und wenn du gefragt wirst was du beruflich machst, sagst du: arbeitslos, Hilfsarbeiter und das Auto hast du im Lotto gewonnen.“

So war Freddy, naiv und leichtsinnig.

Wir fuhren los, Freddy schaltete das Radio ein und begann einen Joint zu drehen.

Vergiss es Freddy! Nicht im Auto!“ sagte ich energischer als ich eigentlich wollte.

Schon gut, schon gut.“

Freddy! Ich sag es dir noch mal. Du musst vorsichtiger sein. Irgendwann haben dich die Bullen am Arsch, weil du einfach nicht aufpasst. In unserem Geschäft kannst du dir so etwas nicht leisten.“

Kann ich ihn wenigstens zu Ende bauen? Dann rauch ich nach dem Aussteigen.“

Nein. Und pass auf, dass keine Krümel hier drin liegen bleiben.

 

Ich parkte den Wagen in einer Nebenstrasse und wir stiegen aus.

Gehen wir ins Prince oder ins Mojo?“ fragte Freddy.

Prince war eine Diskothek, Mojo eine Szenekneipe.

Weder noch“, sagte ich „Kennst du Cafe Bohne?“

Klar. War früher mal Professor Charly Jazz?“

Richtig.“

Da laufen aber nur Dealer herum. Ist das nicht unvorsichtig?“

Ich weiß, ich muss nur kurz jemanden treffen.“

An der nächsten Straßenecke standen drei Türken, einer spielte mit seinem Butterflymesser.

Ey, braucht ihr was?“ fragte einer von ihnen.

Ich schüttelte den Kopf und ging weiter.

Ey, isse gutte Qualität. Kannste gucken.“

Wir woll’n nichts, verpisst euch!“ machte Freddy den Lauten.

Jetzt gibt es Stress war mir klar.

Hast du Problem? Willst mich anmachen, du Scheißtyp! Machst du mich an, mach ich disch aus!“ bellte der Türke.

Freddy wurde auf einmal drei Meter groß. Logo, ich war ja bei ihm.

Du scheiß Eschek, mach mal nicht den Lauten hier!“

Jetzt standen die drei um uns herum.

Freddy guckte mich kurz an. Ich behielt die anderen im Auge.

Der jüngste der Bande fing an Karate Übungen vorzuführen, sollte uns wohl einschüchtern.

Toll, Karate, bist bestimmt ein Meister“ verhöhnte Freddy ihn.

Arschloch, isch hab’ braunen Gurt.“

Ach“ meinte Freddy. „Und jetzt willst du mich mit deiner Garderobe erschlagen?“

Ich mach disch platt, du scheiß deutscher Nazi!“ brüllte der junge Türke,

steppte einen Schritt vor, drehte sich auf seinem linken Fuß und trat mit dem rechten, gestreckten Bein zu.

Freddy wich nach rechts aus, ergriff das Schienbein des Angreifers mit seiner linken Hand und hielt es fest.

Nun hüpfte der Türke auf einem Bein herum und versuchte es aus Freddy’s Umklammerung zu zerren. Aber Freddy hatte ihn fest im Griff, grinste ihn an und hieb mit der Handkante dem Burschen heftig auf den Oberschenkel. Grinste noch mal und ein zweiter Schlag folgte auf dieselbe Stelle.

Dann ließ er ihn los, der junge Türke hielt sich am Bein und wollte irgendwas losbrüllen als Freddys rechte Faust ihm ins Gesicht fuhr.

Genau auf die Nase.

Jetzt hatte er Grund, um zu brüllen.

Einer der beiden anderen stürmte jetzt auf Freddy los, musste dazu aber an mir vorbei.

Ich gab ihm einen heftigen Stoß. Mitten in der Beschleunigung prallte er

mit dem Gesicht voran auf die Straßenlaterne neben ihm. Die war aus Stahl und das Klonngg des Aufpralls vermischte sich mit dem Geschrei des nun stark aus der Nase blutenden Türken, dem Freddy noch eine Kopfnuss verpasst hatte. Langsam sank der andere an der Laterne nach unten. Ein mächtiges Horn zierte seine Stirn.

Der dritte hatte sein Messer gezückt und fuchtelte wie wild damit herum.

Er überlegte wohl noch wen er zuerst angreifen sollte, als er auch schon in

die Knie ging. Ein Tritt von mir, in seine Eier, wirkt nun mal immer. Ein dosierter Hieb mit dem Faustballen auf seinen Hinterkopf, direkt neben dem Ohr

und der Messerheld ging zu Boden. Ich nahm das Messer und zerbrach die Klinge.

Du hast ja was drauf “ stellte ich zu Freddys Zufriedenheit fest.

Er grinste mich an und sagte: „Hab ich von dir gelernt.“

Wir müssen weg.“

Besser ist das.“

 

Einige Schaulustige standen mittlerweile um uns herum. Wir zwängten und durch sie hindurch und beeilten uns, schnell um die nächste Ecke zu kommen.

Cafe Bohne können wir jetzt aber vergessen“, meinte Freddy.

Wenn die Bullen kommen werden sie als erstes dort suchen“ erwiderte ich.

Zügig gingen wir zum Auto, als uns zwei Typen zielstrebig entgegenkamen. Bullen! Abhauen machte nun keinen Sinn mehr.

Merkwürdig dachte ich die sind ein bisschen sehr früh zur Stelle .

Dann wiesen sie sich als Drogenfahnder aus und ich hatte wieder so eine Vorahnung, die nichts angenehmes versprach.

Na Jungs, habt wohl Spaß gehabt mit den Escheks?“ quatschte der ein Bulle los, während der andere lässig seinen Ballermann herausnahm, mich in die Mündung blicken ließ und kaugummikauend: „Die Pfoten hoch!“ zwischen seinen Zähnen hervorquetschte.

Wir hoben die Hände, drehten uns zur Hauswand, lehnten uns mit den Fingerspitzen und breitbeinig an die Fassade.

Der Bulle sprach seinen üblichen Kram in sein Funkgerät, während wir vom anderen durchsucht wurden. Natürlich fand er bei Freddy das Dope.

Guck an Bursche, was ist denn das?“ kam seine dämliche Frage.

Blumendünger!“ rotzte Freddy zurück.

Das ist aber verdammt guter Dünger, davon behalte ich was, Klugscheißer!“

Die Kollegen von der Trachtengruppe rücken an. Sind die sauber?“ fragte der Cop mit dem Funkgerät.

„Ja, ich hab’ sie durchgecheckt. Sind ungefähr zwanzig Gramm Shit,

dazu Körperverletzung in drei Fällen, das reicht erst mal.“

Der Polizeiwagen hielt an, die uniformierten Bullen stiegen aus, packten uns und stießen uns nicht gerade sanft in den scheiß Bullenpanzer.

Dann warfen sie die Schiebetür zu, besprachen sich mit den Kollegen in zivil und stiegen ein.

Mit Blaulicht und Sirene fuhren die Bullen los, vielleicht glaubten sie einen großen Fang gemacht zu haben .

Ich guckte Freddy an und flüsterte: „ Du sagst gar nichts! Egal was sie dir versprechen, hast du verstanden?“

Freddy nickte.

Wieso waren die so schnell da? ging es mir nicht aus dem Sinn. Und warum

haben die uns bei der Schlägerei nur beobachtet? Ausgerechnet Drogenfahnder.

Ich schaute zu Freddy und mich beschlichen seltsame Gefühle.

Die Vorboten eines drohenden Unheils.

 

 

Nachdem ich natürlich keine Aussage gemacht hatte brachten sie mich ins Gewahrsam. Ich lag etwa seit zwei Stunden auf der Pritsche als ein lauter Schrei, Gepolter und das Splittern von Glas durch die Zellentür drangen.

Das war Freddys Stimme. Ich presste mein Ohr an die Tür ohne Türklinke und horchte.

Irgendetwas zerbrach, ein halb erstickter Schrei und das Geräusch dumpfer Schläge erreichten mich.

„Lasst den Kleinen in Ruhe!“ rief ich so laut ich konnte. Freddy hörte es gar nicht gern wenn ich ihn den „Kleinen“ nannte, aber das war mir jetzt egal.

Freddy rief um Hilfe, und wieder brach sein Geschrei abrupt ab.

Wieder das Geräusch dumpfer Schläge auf das diesmal ein jammervolles Winseln erfolgte.

 

„Hört auf! Lasst ihn in Ruhe!“ rief ich wieder und wieder.

„Halt’s Maul da drin! Sonst kriegst du auch gleich Besuch!“ hörte ich.

„Ihr miesen Schwänze! Ihr Drecksäcke! Ihr feigen Säue!“ brüllte ich los.

„Du brauchst wohl ’ne Packung da drin, du Wichser!“

“Komm doch rein, du feiges Schwein!“ forderte ich ihn wütend auf.

Ich hörte wie er den Schlüssel in die Tür steckte, ein paar mal umdrehte und die Tür mit einem leisen quietschen öffnete.

„Was habt ihr mit ihm gemacht?“ wollte ich wissen.

Statt einer Antwort drehte sich der Bulle halb zur Seite und gab den Blick auf Freddys übel zugerichtete Gestalt frei.

Sein Gesicht sah schlimm aus, blutig und voller Beulen in den verschiedensten Farben. Er lag auf dem Boden und hatte sich bepinkelt, jedenfalls roch es danach. Er rührte sich nicht und hatte die geschwollenen Augen geschlossen. Ich glaubte nicht, dass er sie in den nächsten Tagen wieder öffnen könnte.

 

„Willst du wissen was wir mit dem bekifften Wichser gemacht haben? Ich sag’s dir. Er hat gesagt ihm sei kalt, da hat mein Kollege ihm eine Decke gebracht. Leider war die Decke völlig durchnässt, weil ich aus Versehen draufgepisst habe. Und weil er sie auf einmal nicht mehr wollte, haben wir ein bisschen nachgeholfen. Fast eine Stunde hat er es unter der Decke ausgehalten.Und du kommst auch noch dran.“

Fies grinste er mich an und zeigte seine rechte Hand, die hinter seinem Rücken versteckt war. Sie hielt einen Schlagstock und er schlug sich damit mehrmals in die linke Hand.

Hier in der Zelle war es zu eng. Wenn sie dann auch noch zu mehreren sind hätte ich gar keine Chance. Ich musste irgendwie raus auf den Gang.

Jetzt kam er auf mich zu, hob den Arm und schlug zu.

Hinter mir war die Wand und die Kloschüssel aus Edelstahl.

Mit meinem linken Arm blockte ich den Schlag, griff mit dem rechten Arm unter seinen Schlagarm und hebelte den Kerl über meine Schulter.

Mit dem Rücken nach unten stürzte er zu Boden, sein linker Fuß samt Unterschenkel gerieten in die Kloschüssel. Es war ein Tiefspüler und sein Fuß steckte in der Abflussöffnung. Heftig trat ich von oben auf sein Knie und sein Fuß klemmte nun in der Abflussöffnung fest. Mit der Kniebeuge über dem Rand, lag er nun auf dem Rücken.

Der hängt fest war mir klar. Raus jetzt, bevor der zu schreien anfängt.

Kaum gedacht tobte er auch schon los, kam aber nicht frei.

Aber seine Kollegen waren jetzt alarmiert.

Ich sah nun zu, dass ich aus der Zelle herauskam.

Auf dem Gang preschten vier Beamte auf mich zu.

Der Vordere versuchte mit einer Blutgrätsche mich von den Beinen zu holen.

Ich übersprang ihn einfach und flog dem Bullen hinter ihm mit gestrecktem Bein entgegen.

Ich traf ihn voll auf seinem Brustbein. Ein paar Rippen brachen, die Luft wurde aus seiner Lunge gepresst und mit schwerer Atemnot stürzte er rücklings auf den Boden und blieb liegen.

Der Nächste warf sich auf mich aber ich duckte mich unter ihm weg.

Seinen Leib umklammernd warf ich ihn über mich auf den Kollegen, der sich nach seiner vergeblichen Grätsche wieder aufgerappelt hatte.

Ein heftiger Schlag traf mich auf den Rücken. Der Vierte griff mit einem

Gummiknüppel an, holte aus und zielte auf meinen Kopf. Ich wich nach links aus und der Hieb ging daneben. Sein Handgelenk ergreifen, umdrehen und mit der linken Hand seinen Ellbogen packen und ihn durch seinen eigenen Schwung eine Rolle vorwärts machen lassen, war ein einstudierter Reflex. Ebenso der Schlag gegen sein Schläfenbein der ihn erst mal ruhigstellte.

Der Knüppel entglitt seiner Hand und lag stattdessen in meiner.

Das war auch nötig, denn die beiden anderen stürmten schon auf mich los.

Und beide hatten Schlagstöcke.

Den ersten Schlag konnte ich noch abblocken. Der zweite Schlag lähmte meinen linken Oberarm kurzzeitig.

Ich nahm das nur am Rande wahr. Gemäß dem Rat meines Meisters, hörte ich auf bewusst zu denken und ließ Es stattdessen kämpfen. Du musst in Bewegung bleiben, darfst dich nicht ausrechnen lassen hat mein Meister mir immer wieder in seiner leisen, bedächtigen Art zugeflüstert.

Der dritte Schlag ging voll ins Leere, denn ich hatte mich blitzschnell fallengelassen, rollte zwischen beiden zurück und richtete mich hinter den beiden wieder auf.

Der Erste hat von dem Schlag, der ihn bewusstlos zu Boden gehen ließ höchstens den Luftzug gehört.

Dem Zweiten trat ich in die Kniekehle, er sackte auf die Knie und hatte keine Zeit mehr sich umzudrehen, weil er schon im Reich der Träume war, hineingeschickt von einem Schlag in die Halsbeuge.

Einer geht noch. dachte ich. Wo steckt er?

Ich hatte ihn aus den Augen verloren nachdem ich ihn mit dem gesprungenen Sidekick außer Gefecht setzte.

Ich fand ihn in meiner Zelle, wo er versuchte das Bein des Kollegen aus der Klospülung zu ziehen.

„Hier bin ich“ sagte ich leise: „Wir sind noch nicht fertig.“

Wütend kam er nun auf mich zu.

Ich steppte zurück auf den Gang.

Er muss sich wohl an seine Ausbildung in der Polizeischule erinnert haben,

jedenfalls nahm er eine Angriffstellung aus seiner Karateausbildung an.

Fußtritt nach vorne, zwei gerade Faustschläge und wieder zurück in die Verteidigungsstellung. Grundschule. Gut für den Schulhof.

Dilettantisch ausgeführt und hat mich noch nicht einmal berührt.

„Das war stümperhaft!“ ärgerte ich ihn. „Versuch es noch mal.“

Der Blödmann versuchte es tatsächlich noch mal.

Der Fußtritt erreichte mich noch nicht einmal, zu den Fauststößen kam er nicht mehr weil ich nun meinerseits einen Fußtritt, über seine Fäuste hinweg, in seinem Gesicht landete. Seine Lippe platzte auf.

„Wie wär’s mit Boxen?“ war mein Vorschlag.

Er hörte auf mich und fing an wie Muhammed Ali zu tanzen und in meine Richtung zu boxen.

„Du musst schon ein bisschen näher kommen, sonst wird das nix. “  verhöhnte

ich ihn. Und er kam tatsächlich näher.

Er täuschte mit der linken Faust zwei gerade Schläge an und schlug mit der rechten in Richtung meines Kopfes.

Darauf hatte ich gewartet.

Mit meiner rechten Hand wischte ich seinen Arm nach unten,

packte seinen Unterarm mit meiner linken und hielt ihn so fest.

Wirksamer als ein Faustschlag ist ein Hieb mit der Handwurzel, dort wo sich die Handballen mit dem Unterarmknochen treffen.

Mit einem schnellen, präzisen und harten Schlag traf ich ihn voll auf seine Kinnspitze.

Sein Kopf schleuderte nach hinten, er verdrehte die Augen und fiel einfach in sich zusammen.

Da lagen sie nun. Vier Bullen über den Gang verstreut und der fünfte steckte mit seinem Bein immer noch im Klo fest.

Freddy lag regungslos auf dem Boden, er blutete aus Mund und Nase, das war gut so, denn Tote bluten nicht. Dann hörte ich auch schon wie die nächsten Bullen in den Zellentrakt stürmten.

Ich blieb bei Freddy und wartete auf das Unvermeidliche.

 

*

 

Später erfuhr ich, dass Freddy schon eine ganze Weile von der Polizei observiert wurde. Sie hatten es auf meinen Lieferanten abgesehen und wollten über Freddy an ihn rankommen. Wahrscheinlich hatte er wieder ein zu loses Mundwerk und hat sich bei irgendwem verplappert. Darum waren die beiden Drogenfahnder so schnell vor Ort.

Von mir wollten sie eigentlich nichts, ich war ihnen noch nicht einmal bekannt.

Für mich hatte das alles aber keine Bedeutung mehr.

Freddy war an inneren Blutungen gestorben.

Ich muss noch mindestens drei Jahre warten ehe ich sein Grab besuchen kann.

Dann komm ich vielleicht auf Bewährung raus und kann von meinem kleinen Bruder Abschied nehmen.

 

ENDE


Liebe Leser, wie es mit dem Protagonisten weitergeht könnt ihr in der Story
"Der Hund und das Licht über den Bergen" erfahren. Zu finden ist sie in der Kategorie
Abenteuer.  Auch in " Der Gejagte", Kategorie Thriller spielt er eine wichtige Rolle.
"Heimliche Hatz" ,Romane, ist eine überarbeitete und längere Fassung von "Der Gejagte".
Den Abschluss bildet die Story "Sein letzter Job", Kategorie Thriller.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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