Heike Clarissa Conundrum

Fegefeuer

 

 

„Celeste, Celeste was um Himmels Willen tust du denn da schon wieder?“ fragt sie sich kopfschüttelnd selbst. Draußen sind eisige Temperaturen und sie hat nichts Besseres zu tun als früh am morgen barfuss über die Terrasse in den Garten zu tippeln, um dort die Wildvögel zu füttern. Die Tatsache des barfuss Laufens wird im selben Moment verdrängt als sie über die an sich eben selbst gerichtete Frage nachdenkt.

„Himmels Willen, Gottes Willen?
Wie heißt es denn nun wirklich? Und vor allem ist irgendwas davon wahr und wirklich? Was gibt es, was gibt es nicht und was muss sie für den Notfall beachten?
Und was wird mal mit ihr geschehen, wenn eines schönen oder auch schlechten Tages Herr oder Frau Sensemann vor ihr steht? Wohin wird sie mitgenommen?
Himmel oder Hölle?
Das ist wohl eine berechtigte Frage. Auf einmal schießt ihr für diese Tageszeit einfach viel zu viel durch den Kopf.
Diese unrealistischen, dussligen Fragen können nur mit viel durch den Körper laufenden Kaffee in Angriff genommen und bewältigt werden.

Celeste schießt wie ein Pfeil in die Küche. Während der Kaffee duftend durch die Maschine blubbert, schaut sie durchs Küchenfenster, hoch in den Himmel.

Mit Gott plaudern, Himmel, Hölle, Teufels Küche?
Wohin wird und vor allem will sie nach ihrem Ableben kommen? Sie muss sich diesbezüglich einen Plan aufstellen.

Grundlegend tendiert Celeste ja für Himmel.
Das wäre sogar günstig, denn der Himmel hängt zwar nicht wirklich voller Geigen, aber dafür auf jeden Fall voller Wolken.
Und auf Wolke Sieben schweben möchte doch jeder. Auch sie. Das dürfte dann doch wohl machbar und realistisch sein.
Aber ob es dann wirklich soweit kommt, Celeste ist sich da auf einmal gar nicht mehr so sicher.
Und andererseits, dem Teufel mal am Schwanz zu ziehen, wäre doch auch nicht nur das Schlechteste.
Wobei sich natürlich die Frage stellt ob der denn auch wirklich in Besitz eines solchen ist.

Sie holt Stift und Zettel hervor, gießt sich eine Tasse mit braunschwarzer, Lebensgeister erweckender Brühe voll und plätschert einen Schuss Milch dazu.
Fein säuberlich teilt sie ihren Zettel in zwei Hälften. In „gut“ und “schlecht“.
Sie zögert eine Sekunde, zerknüllt den Zettel und wirft ihn weg.
Das neue Blatt wird anders aufgeteilt.
Die dreiviertel Seite bekommt groß und fett das Wort „gut“ und das andere Viertel, deutlich kleiner geschrieben, erhält die Worte „etwas weniger gut“.

Sie beschließt, die kleiner unterteilte Blattseite als erstes in Angriff zu nehmen.
Ihre Auflistung sollte stichpunktartig erfolgen.
So schreibt sie:
„- Dann und wann mal eine Winzigkeit schnippisch“
„Der Anfang ist getan“, denkt Celeste, legt den Stift beiseite und gönnt sich endlich den ersten Schluck Kaffee.
Schaut dabei aus dem Fenster und sieht, wie zwei Katzen nichts Besseres zu tun haben, als sich mitten auf der Fahrbahn zu prügeln.
„Na das geht ja gut los“ brabbelt sie,  die Tasse landet polternd und plempernd auf Zettel und Tisch , während sie los läuft Richtung Tür.
„Halt, soviel Zeit muss sein“ spricht sie in erstem Ton mit sich selbst. „Lust auf eine Lungenentzündung hab ich ja nun gar nicht“, zieht sich Schuhe und Jacke an und eilt los.
Den Blick starr auf das sich prügelnde Knäuel gerichtet läuft sie auf die Straße.
Hörte sie eben noch kreischende Katzen, so war ihre letzte Wahrnehmung als Erdenbewohner, das kreischende Bremsen des direkt auf sie zukommendes Pkw´s.

***

„AUTSCH!“
Celeste fühlt sich irgendwie seltsam. Sie weiß nicht was es war, aber es ist einiges anders.
Sehr anders. Es ist still, steril und dennoch nimmt sie ein Rauschen und irgendein ihr unbekanntes Flackern wahr.
„Wenn hier mal nicht einiges faul ist.“

Sich mehrfach umschauend, was circa einige Stunden dauert, nimmt sie irgendwann traurig zur Kenntnis, was mit ihr passiert ist.
„Ich bin tot, dabei war ich mit meiner Liste noch nicht einmal fertig, was für ein katastrophales Timing.“
Sie dreht sich einmal im Kreis, schaut sich erneut um, kann aber weder Himmel, noch Hölle erkennen.
„Das wird ja immer besser“ schimpft sie wütend.
„Hallo, ist hier irgendwer? Könnt ihr euch bitte mal entscheiden?“
„Was für eine Ironie“ denkt Celeste. „Nur weil ich in meinem gutmütigem Leben manchmal etwas vorlaut war, ist das längst kein Grund mich im Fegefeuer der Unentschiedenheit schmoren zu lassen!“
Und während sie immer mehr wettert, nimmt sie dennoch etwas wahr.
Etwas angenehmes, etwas unbeschreiblich Schönes. Von Sekunde zu Sekunde intensiver.

Kaffeegeruch.

Ihre Augen leuchten etwas auf und stramm folgt sie jenem Duft.
Ankommen tut sie dort, wo ihr Leben endete. In der Nähe jenen Autofahrers, der ihr das Leben nahm. Und obwohl es Celeste´s Verschulden war, dass dieser Autofahrer nicht zu seiner geplanten Verabredung kam, wo er nicht wusste ob er es überhaupt will oder nicht und Celeste ihm die Entscheidung unfreiwillig abnahm, schaut er sie lächelnd an, hält ihr eine Tasse des dunklen Lebenssaftes hin und sagt:„Schön, dass du endlich deine Orientierungslosigkeit verloren hast!“
Dankend und inzwischen besser gelaunt nimmt sie die Tasse entgegen, lächelt ihn sanft an und sagt: „Wer braucht schon „oben“ oder „unten“, Himmel“ oder „Hölle.“
„Und wo zum Teufel noch eins ist eigentlich die Milch?

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.02.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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