Kerstin Meinecke

Gedankenweg

Ich gehe meinen Gedanken nach. Von allen Seiten preschen Wellen von Gefühlen auf mich ein. Ziehen mich runter und der Sog unter den Wellen zieht mich vom Strand der Wahrheit fort. Verloren in einer Welt von vergangenem, bewege ich mich in einem Land voller Spiegel, die das was war und mich verzerren zu unerkenntliche Formen. Gepresst zu etwas, was ich nicht bin, setze ich den Weg fort, den ich so oft gegangen bin. Immer wieder aufs neue erlebt baut sich der lange Weg der Gedanken vor mir auf. Ich möchte zurückblicken auf jenes, was hinter mir liegt, um zu wissen, ob es sich verändert hat in das was es wirklich ist, doch die Form, in die mein Inneres mich presste, lässt eine solche Bewegung nicht zu. Mehr gezogen und vorwärtsgestoßen als gehend, schleppe ich mich durch die verworrenen Gänge meines Inneren um den Ausgang zu erreichen, nach dem mein Herz sich so sehnt. Ruhe wünsche ich mir. Ruhe vor den Gefühlen, dem Chaos, das sich aufbäumt und mich erbeben lässt. In dem Moment, wo sich die Hoffnungslosigkeit, wie ein Schleier aus Stahl über mich zu legen droht, erreicht mich eine Welle warmen Wohlbefinden. Schwach, zart hauchdünn taucht eine Schnur, ein Faden vor mir auf. Bleich schimmernd. Ich ergreife den Faden und ziehe mich an ihm vorwärts oder zieht mich das Band? Ich bin mir nicht so sicher aber es spielt auch keine Rolle. Denn ist es da. Es existiert. Das ist es, was wichtig ist. Etwas zerrt an mir und versucht mich zurück in das Zentrum des inneren Chaos zu ziehen. Ich folge dem Band durch die verzerrten Dinge, die längst Teil einer vergangenen Zeit sind. Die Wärme hüllt mich mehr und mehr ein, je weiter ich der Verlockung des Fadens folge. Ich schließe meine Augen und gebe mich den Wellen hin, die mich sanft und beinahe unmerklich auf den Strand der Wirklichkeit legen. Ich öffne meine Lider, stehe auf und meine Füße berühren den Boden der Tatsachen.

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