Helga Moosmang-Felkel

Die Abenteuer des Katers Maurice und seiner Freunde 1

Maurice lag mit Fleur und seinen Freunden Pierre und Missy behaglich in der Abendsonne am Fluss. Er leckte über Fleurs schneeweißes Fell und sah zu, wie der rot glühende Sonnenball langsam verblasste und die Schatten unter den Bäumen tiefer wurden. Es war eine friedliche Zeit. Die Sommerabende waren lang und die Katzen hatten fetten Fisch im Überfluss zu fressen.

„Machen wir einen Bummel in die Altstadt,...ich möchte schon lange mal in den Lobstershop...“, schlug Missy vor, die der gemächliche Trott langweilte. Sie vermisste die aufregenden Ereignisse des vergangenen Jahres. „Lobstershop,...so ein neumodischer Kram...“, brummelte Pierre, „wir haben doch hier frischen Fisch, direkt aus der Tatze ins Maul...“ „Ich möchte aber Hummer probieren und Garnelen und Muschelfleisch...“, seufzte Missy, „die sind so schön rosa...und dort gibt es immer einen großen Katzenteller...“

„Das möchte ich auch mal probieren...“, rief Fleur und sprang auf. Sie senkte die Augenlider und blinzelte Maurice zu, der ihr ohnehin keinen Wunsch abschlagen konnte.

„Warum eigentlich nicht...?“ rief Maurice und streckte sich. „Was ihr immer habt,...es ist doch gerade so gemütlich hier...“, grummelte Pierre und zottelte widerwillig hinter den anderen her, die schon in schnellem Lauf die Böschung erklommen.

Auf Schleichwegen erreichten sie den Marktplatz. Hinter einem großen Brunnen mit sprühenden Fontänen lag das Restaurant „Lobstershop“. Es war frisch gestrichen in einem blendenden Weiß und auf den Tischen lagen lindgrüne Tischdecken mit Goldrändern. Mehrere Katzen drängelten sich bereits um den Katzenteller, der voll beladen war mit Fisch- und Hummerresten. „Was für ein Gedränge,...das muss ich mir doch nicht antun,...“ brummte Pierre, der von einem riesigen, vierschrötigen Kater mit wilden Ohrbüscheln zur Seite gedrängt wurde. „Hey, du...“, stell dich hinten an...“, schimpfte Missy und  drückte dem fremden Kater ihre kleine Pfote mitten auf die Nase...“

„Was,...was hast du gesagt...?“ schrie der Kater, der schwerhörig war und versuchte Missy abzuschütteln, die ihn immer noch mit der Pfote malträtierte. Missy huschte an ihm vorbei und stürzte sich auf ein saftiges Stück Hummer. Der große Kater drehte sich zu den Freunden um und grinste breit, dann wies er bewundernd auf Missy: „Die hat aber Pfeffer, die Kleine...“ Er leckte sich über die Lippen. „Die geht dich nichts an...“, sagte Pierre steif. „Was,...was hast du gesagt,...wie heißt sie...?“ dröhnte der Kater, „ich bin der Fritz...“ Schnell drückte er sich an die Seite von Missy. „Ich habe ja gesagt, dass das keine gute Idee ist,...überhaupt keine gute Idee...“, beklagte sich Pierre in beleidigtem Ton bei Maurice.

Als es den Freunden endlich gelang, sich zu dem Teller durchzukämpfen, war längst alles aufgefressen. Nur Missy leckte sich über die Lippen: „Das war verdammt lecker...“, strahlte sie, „ziehen wir noch um die Häuser...?“ „Ich bin dabei...“, rief Fritz in seiner dröhnenden Stimme, obwohl ihn niemand eingeladen hatte. Fleur, der der ungehobelte Kerl auf die Nerven ging, verdrehte die Augen, während Missy gar nicht mehr aufhören konnte, zu kichern. „Ich will nicht, dass der mitgeht,...“, sagte Pierre und stemmte seine Pfoten in das Kopfsteinpflaster. Doch als ihn niemand beachtete, zottelte er hinter den anderen her.

Wie immer tänzelte Missy vorne weg und Fritz lief ihr mit einem breiten, dämlichen Grinsen im Gesicht hinterher, ohne nach links oder rechts zu blicken.

„Der braucht nicht wieder zu kommen,...das fehlt noch, dass er jetzt dauernd am Fluss rumhängt...“, sagte Pierre zu Maurice, während sie ihre Lieblingsplätze abklapperten. Sie kletterten die steilen Stufen zum Chat Noir hinauf und hielten gerade unter einer Laterne einen Schwatz mit der alten Babuschka, als unten ein fremder, großer Kater auftauchte.

Er starrte völlig unbewegt zu ihnen hinauf und lauerte. Sein Fell war langhaarig und von einem glänzenden Tiefrot, das stellenweise an dunkles Gold erinnerte. Zwei Narben zogen sich über sein Gesicht bis zu seinem Augenlid und etwas Unheimliches ging von seinem durchdringenden Blick aus. Alle verstummten und Pierre beobachtete, dass Missy den Blick gar nicht mehr abwenden konnte von dem den Kater mit dem großen Kragen. Ihre bernsteinfarbenen Augen glühten.  „Wer ist das...?“ flüsterte Missy. Die alte Babuschka, die alle Katzen in der Altstadt und in der Umgebung kannte, schüttelte den Kopf: „Den habe ich hier noch nie gesehen,...wenn ihr mich fragt, riecht er nach Ärger...“ Missy sah, dass die Luft um den Kater herum flirrte. Sein schwungvolles Profil beunruhigte und faszinierte sie zugleich. Immer noch sah der Kater zu ihnen herüber, dann schweifte sein Blick in die Ferne, als suchte er ein Geheimnis zu ergründen. Missy verschlang ihn mit den Augen. Sie war nahe davor, sich die Treppe hinunterzustürzen, doch die herausfordernde Aura des Katers hielt sie noch zurück. Ihr Schwanz war steil aufgestellt und ihr Hintereil bebte. Pierre sah bestürzt zu Maurice hinüber.

Maurice betrachtete den Fremden genauer. Er war ein Kater im Vollbesitz seiner Kräfte. Er schien vollendet, ohne Unsicherheiten. Völlig reglos saß er dort unten. Er schien nicht zu atmen und konnte jeden Augenblick zum Sprung ansetzen. Missy beobachtete ihn mit einer seltsamen Gier. „Wer ist denn der da.., hää.?“ schrie Fritz.

„Sie versuchen die Welt aus dem Gleichgewicht zu bringen..., sie sind Zwillinge, der eine tiefrot, die andere blauschwarzes Indigo...“, vernahm Maurice plötzlich eine leise Stimme hinter sich. Er fuhr herum und sah eine dreibeinige Katze, die um eine dunkle Ecke bog. Trotz ihrer Behinderung bewegte sie sich mit einer außergewöhnlichen Geschwindigkeit, so als wäre sie auf der Flucht. „Warte...“, rief Maurice, „was hast du gesagt...?“ Doch er sah nur noch die Spitze des rötlichen Schwanzes wippen, dann verschwand die Katze in einem düsteren Gemäuer.

Trotz der schönen Sommernacht legte sich eine starke Beklemmung über die Katzen. Missy verfolgte jede der Bewegungen des Fremden. Er zwang sich ihr auf, ohne dass sie die Anziehung erklären konnte, die er auf sie ausübte. Der Kater warf ihr noch einen komplizenhaften Blick zu und entfernte sich dann hoch aufgerichtet. Die Freunde stiegen langsam die Stufen zum Chat Noir hinauf, doch sie fanden nicht zu ihrer ursprünglichen Heiterkeit zurück. Pierre ließ den Kopf hängen und auch die sensible Fleur fühlte eine seltsame Beunruhigung. Missy war ganz still und in ihre Gedanken versunken, was bei ihr sehr ungewöhnlich war.

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Helga Moosmang-Felkel).
Der Beitrag wurde von Helga Moosmang-Felkel auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.03.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Helga Moosmang-Felkel als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Gott gibt keine Zeichen ... oder? von Wolfgang Luttermann



Eine gesellschaftskritische Betrachtung über Terror und Menschen.
Die tragischen Ereignisse vom 11. September 2001 in New York und Washington haben Wolfgang Luttermanns Leben komplett umgekrempelt. Die menschenverachtenden Taten der Terroristen und die drastische Gegenmaßnahme der US-Regierung störten sein inneres Gleichgewicht.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Tiergeschichten" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Helga Moosmang-Felkel

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Courage von Engelbert Blabsreiter (Tiergeschichten)
Unglaublich dreist von Rainer Tiemann (Mensch kontra Mensch)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen