Iris Fritzsche

Das Entlein oder so spielt das Leben

 Wer möchte nicht gern mal etwas besonderes sein, anders als alle anderen, herausragen. Das kann ja manchmal ganz nett sein, aber auf die Dauer recht anstrengend. Außerdem ist es gar nicht immer gut heraus zu ragen, aufzufallen, etwas außergewöhnliches sein zu wollen. Manche Leute werden hochnäsig und wollen gar nicht mehr mit den anderen gleich sein. Doch Hochmut kommt vor dem Fall. So wie auch in der folgenden Geschichte:         Es ist die Geschichte von der kleinen Ente und eigentlich beginnt sie schon vor ihrer Geburt.Alles fing mit einem übergroßen Ei, welches ihre Mutter ins Nest legte, an. Es war schon das fünfte. Deshalb bemerkte die Mutter auch nicht gleich den Unterschied. Das sie kräftiger Pressen musste beim Legen schob sie darauf, dass sie schon etwas ermüdet war. Erst als sie sich danach ansah, was sie an diesem Tag vollbracht hatte, fiel es ihr auf, dass dieses Ei viel größer war.Doch es machte für sie keinen Unterschied. Sie würde das Ei ausbrüten wie sie es gewohnt war.
Eines schönen Tages war es dann so weit. Die Küken begannen sich in den Eiern zu recken und strecken und drückten immer heftiger gegen die Schale. Eines nach dem anderen schlüpfte heraus. Nur das Riesenei wollte sich nicht öffnen. Nun, vielleicht braucht es etwas länger weil es so groß ist, dachte die Entenmutter. Zwei Tage später bewegte sich dann auch in dem großen Ei etwas.Vielleicht ist die Schale zu dick geraten, dachte die alte Entenmutter und klopfte vorsichtig ein wenig von aussen mit dem Schnabel darauf herum. Es dauerte auch gar nicht lange und die ersten Risse zeigten sich,wurden schnell grösser, bis krax die Schale zerplatzte. Aber was war denn das? So sah doch kein Schnabel aus! Ein weiches, spitz zu laufendes, flauschig gelbes Ding schob sich über den Rand der Schale. ( Tja, wo andere mit dem Kopf durch die Wand wollten, benutzte unser Entlein ein anderes Körperteil, sein Schwänzchen.) Dann folgten zwei wacklige kleine Entenbeine.Sie zappelten und strampelten so lange  bis endlich auch der Rest des Kükens aus der Schale heraus fiel. Der Schnabel erschien als letztes. "Gag" machte es nach Entenart und unsere kleine Ente hatte das Licht der Welt erblickt.
Der Bauer, dem der Hof auf dem die Entenfamilie lebte gehörte, hatte natürlich alles beobachtet. Er amüsierte sich köstlich darüber, wie unser Entchen aus seiner Schale heraus gepurzelt war. Doch da es keinen Grund gab einzugreifen, tat er es auch nicht. Aber das außergewöhnliche Entlein wollte er auf alle Fälle gut im Auge behalten.Schon in seinen ersten Lebenstagen geschahen merkwürdige Dinge. So passierte es zum Beispiel, das unser Entlein im Schlamm ausrutschte, als alle gemeinsam auf dem Weg zu ihrem ersten Schwimmunterricht waren. Nun sah es gar nicht mehr hübsch gelb aus, sondern schlammig-grau. Bis zum Teich war der Schlamm angetrocknet und die flauschige Babyfedertracht völlig verklebt.Da half nur besonders intensives tauchen und waschen. Trotzdem dauerte es fast zwei Tage bis alles abgewaschen war.Nach jeder Wäsche war das Entchen ein wenig sauberer als zuvor. Dafür konnte es nun schneller schwimmen, tiefer tauchen und länger unter Wasser bleiben als seine Geschwister. Natürlich war die Entenmuttersehr stolz auf ihr besonders begabtes Kind. Deshalb übte sie auch öfters und länger mit ihm als mit den anderen. Wenn diese einmal eine Übung nicht so schnell und gut schafften, bekamen sie immer wieder die Leistungen unseres Entleins unter den Schnabel gerieben. Klar das sie sauer auf ihr Geschwisterchen waren. Schließlich wollten sie auch mal dafür gelobt werden, was sie schon so alles konnten.
Der Bauer, der ja die kleine Ente die ganze Zeit beobachtet hatte, dachte sich, es wäre vielleicht ganz lustig der Kleinen einige besondere Kunststückchen bei zu bringen.So lernte sie zum Beispiel zählen. Na ja, nicht so wie es Menschenkinder in der Schule lernen, aber es sah so aus, als ob sie zählen könnte. Der Bauer sagte eine Aufgabe, legte Körner hin und brachte der Ente bei, nur so viele Körner weg zu fressen, wie das Ergebnis lauten musste. Es war ein toller Trick! Sie lernte sogar auf einem  ( am Boden liegenden ) Seil zu gehen. Das war schon ein recht schwieriges Kunststück wenn man daran denkt wie Entenfüsse aussehen.
So wuchs unser Entlein heran und war selber mächtig von sich eingenommen. Doch es sollte noch besser kommen.Durch einen Zufall erfuhren Leute vom Film von dem Entlein, welches so tolle Kunststücke konnte. Sie fuhren also hinaus zu dem Bauern und sahen sich an, ob das auch stimmte, was sie da gehört hatten. Am Ende waren sie so begeistert, dass sie beschlossen das Entlein für Filmaufnahmen mit zu nehmen. Dafür kassierte der Bauer eine Menge Geld. Und unser Entlein wurde ein Filmstar. Zuerst bekam sie eine Nebenrolle in dem Film " Das hässliche Entlein", danach spielte sie schon die Hauptrolle in "Weihnachtsgans Auguste". Schließlich wurde sie sogar " Die goldene Gans". Dazu wurde ihr gesamtes Gefieder mit Goldfarbe eingestrichen. Diese Rolle stieg ihr mächtig zu Kopf. In den Drehpausen wollte sie immer zu gestreichelt und mit Leckereien gefüttert werden. Wenn sie die nicht bekam, rannte die den Filmleuten laut schnatternd zwischen den Beinen herum, bis sie ihre Wünsche erfüllt bekam. Doch einmal waren auch die Dreharbeiten zu diesem Film zu Ende. Die goldene Farbe aber ging nicht mehr ab von den Federn. Es war wie damals, als unser Entchen noch klein gewesen und in den Schlamm gerutscht war. Dieses Mal half aber auch waschen und tauchen nichts. Die Farbe war ungewöhnlich hartnäckig. Die einzige Möglichkeit war, die Ente zu rupfen. Danach war sie völlig nackig. Nun hatte sie zwar noch den Pullover aus dem Auguste-Film, doch der wärmte nicht so wie er sollte. Das Ende vom Lied war, das unser Entchen eine letzte Hauptrolle bekam,
           die als Hauptgericht auf der Premierenfeier ihres eigenen Films.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.04.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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