Klaus-Peter Behrens

Artefaktmagie Teil 6 (vorläufiger Titel)

 

Gefährliche Bekanntschaften

 

In dieser Nacht schlug das Wetter um. Düstere Regenwolken waren aufgezogen und hatten den Mond verschluckt. Ein auffrischender Wind rauschte unheilverkündend in den Bäumen, und die ersten Regentropfen klatschten auf den trockenen Boden. Rasch wurde daraus ein hartes gleichmäßiges Prasseln, das den Wald zu einem undeutlich verschwommenen Ort machte, in dem die Stämme der hochaufragenden Bäume wie düstere Säulen wirkten.

Jedes lebende Wesen hatte sich längst vor dem Unwetter in sichere Schlupfwinkel zurückgezogen, aber trotzdem bewegte sich etwas zwischen den Stämmen, das noch finsterer war als die mondlose Nacht. Etwas, das mit der Dunkelheit verschmolz.

Ein Schatten, der durch das Labyrinth der schwarzen Stämme glitt. Wasser perlte von den Blättern und Stämmen auf das Wesen herab als es sich durch das dichte Unterholz zwängte und durchnäßte sein mönchsähnliches Gewand. Mit einem verärgerten Zischen glitt eine gebogene Klaue aus dem weit geschnittenen Ärmel und zog die Kapuze noch tiefer ins Gesicht, bevor es sich vorsichtig der Waldlinie näherte, wo der Regen wie ein Vorhang hing.

Im Schutz des dichten Unterholzes hielt es an und knurrte vor Verlangen, als es die formlose, finstere Masse mit den verrammelten Läden und der gesicherten Tür musterte, die sich als undeutlicher Schattenriß im Regen gegen den verhangenen Himmel abzeichnete. Selbst durch die dicken Mauern hindurch konnte es spüren, was es begehrte. Es war dort drinnen! Sicher verwahrt.

Aber es würde es bekommen.

Irgendwie.

Mit seltsam anmutenden, schlurfenden Schritten schlich es durch den niederprasselnden Regen in den Schutz des nahen Schuppens, der in der Dunkelheit nicht mehr war, als eine konturlose Masse aus Holz, blinden Fenstern und uralten Schindeln. Ein wahrer Sturzbach ergoß sich für einen Moment aus der betagten Regenrinne, deren Fassungsvermögen erreicht war, als das Wesen sich kurz gegen die feuchte, wackelige Wand des Schuppens anlehnte. Es knurrte verärgert, als ein Teil des Wasserfalls sein Gewand durchnäßte. Dann konzentrierte er sich wieder auf sein Ziel. Einen Augenblick später glitt ein zufriedenes Grinsen über das verunstaltete Gesicht des Wesens. Nun wußte es, was es tun mußte. Vorsichtig, die Schatten ausnutzend, schlich es zu dem dunkel daliegenden Haus hinüber.

 

Michael, der unruhig schlief und von einem Alptraum geplagt wurde, in dem ihn ein gesichtsloses Monster durch einen nicht enden wollenden Wald jagte, wachte schweißgebadet auf.

Irgend etwas hatte ihn aus dem Schlaf gerissen.

Verärgert registrierte er, daß heftiger Regen gegen sein Fenster trommelte und in der Ferne das Grollen eines starken Gewitters zu vernehmen war, das ihn vermutlich geweckt hatte. Hin und wieder erhellte ein Blitz für einen Sekundenbruchteil das Zimmer.

"Willkommen in Schottland", murmelte er sarkastisch, "dem Land des guten Wetters."

Frustriert legte er sich wieder hin und zog sich die Decke über die Ohren, als ein Geräusch ihn erneut hochfahren ließ.

Ein dumpfer Schlag. Irgendwo unten im Haus.

Wieder erklang das Geräusch.

Michael spürte, wie sich seine Nackenhaare aufrichteten und sein Herz wild zu klopfen begann. Möglicherweise war das Gewitter gar nicht der Grund gewesen, warum er aufgewacht war.

Aber wer oder was verursachte dieses Geräusch?

Darum bemüht, keinen Krach zu machen, tastete er nach der Taschenlampe, die er am Vorabend zu seinem Erstaunen in der Schublade seines Nachtisches entdeckt hatte. Den Scheinwerfer mit der Hand abdeckend schaltete er sie ein und schlich im Halbdunkel zur Tür hinüber, um zu lauschen.

Da war es wieder.

Ein dumpfer, hämmernder Schlag.

Michael beruhigte sich damit, daß der Hund nicht anschlug. Dann gab es für dieses unheimliche Geräusch vermutlich eine harmlose Erklärung, vorausgesetzt, der Hund war noch in der Lage, anzuschlagen. Fröstelnd erinnerte Michael sich an das, was Sammy am Vortag zugestoßen war.

Er brauchte Gewißheit.

Vorsichtig öffnete er die Tür einen Spalt und spähte in den Gang, der in Dunkelheit getaucht war. Zögernd nahm er die Hand von dem Reflektor und leuchtete den Gang bis zur Treppe ab.

Doch dort war nichts.

Dafür erklang erneut das dumpfe Geräusch. Vor Schreck hätte er beinahe seine Taschenlampe fallen gelassen.

Sein Herz hämmerte vor Angst wie eine wild gewordene Dampfmaschine, als er auf Zehenspitzen zum Treppenabsatz schlich und dort den Lichtschalter betätigte, der die Deckenbeleuchtung im Erdgeschoß aufflammen ließ. Nun war es zumindest hell. Während er leise die Treppe hinunter ging, sah er sich so gut es ging im unteren Wohnbereich um. Aber dort war nichts Ungewöhnliches. Sein Herzschlag beruhigte sich ein wenig, als sein Blick auf Sammy fiel, der auf der Couch vor sich hin döste und ihn mit einem Auge träge musterte. Das andere war geschlossen. Erleichtert stieß Michael die angehaltene Luft aus. Der vor sich hin dösende Hund hatte eine ungemein beruhigende Wirkung auf ihn.

"Na, alter Junge, was ist hier los?", fragte er und ging zu Sammy hinüber, um ihm den Kopf zu kraulen. Ein erneuter dumpfer Schlag ließ ihn innehalten und herumfahren. Jetzt wußte er, woher das Geräusch kam. Aus der halboffenen Küche, die an den Wohnbereich angrenzte. Da dort kein Deckenlicht installiert war, lag sie im Halbdunkeln.

Zu Michaels Irritation lag der Hund noch immer verschlafen auf der Couch. Was auch immer dieses Geräusch verursachte, Sammy schien es jedenfalls nicht zu erschüttern.

Etwas entspannter ging Michael zur Küche hinüber, wobei er insgeheim seine Tante um ihren gesunden Schlaf beneidete. Wenn er so schlafen könnte, müßte er jetzt nicht hier unten auf der Suche nach einem mysteriösen Geräusch herumschleichen. Wieder ertönte das dumpfe Geräusch und ließ ihn erschrocken zusammenfahren. Dann lachte er erleichtert, als er die Ursache der hämmernden Schläge entdeckte. Ein Fensterladen vor dem Küchenfenster hatte sich im Sturm gelöst und schlug nun in den Windböen hin und her. Es kam einem Wunder gleich, daß das Fensterglas noch nicht zersprungen war. Michael erkannte auf einen Blick, daß das, wenn er nichts unternehmen würde, aber nur eine Frage der Zeit war. Also stellte er die Taschenlampe auf dem Küchentisch ab und beugte sich über das Waschbecken, um an das Fenster zu gelangen. Es klemmte, so daß Michael kräftig ziehen mußte, bevor es sich mit einem protestierendem Quietschen öffnen und das Unwetter hinein ließ.

Sofort fuhr der Wind durch seine Haare und peitschte ihm den Regen ins Gesicht. Zu seiner Verärgerung stellte er fest, daß er den im Sturm hin und her schlagenden, nassen Fensterladen so nicht zu fassen bekam. Mit einem Fluch auf den Lippen lehnte er sich weit aus dem Fenster in den heulenden Sturm hinaus, um endlich in eine Position zu gelangen, die es ihm erlauben würde, den störrischen Fensterladen heranzuziehen, als plötzlich ein Blitz den Hof taghell erleuchtete. Das Ganze dauerte zwar nur den Bruchteil einer Sekunde, aber was Michael dabei offenbart wurde, ließ ihn vor Schreck erstarren. Für einen winzigen Moment sah er die dunkle, gebeugte Silhouette eines Mannes mit einem seltsamen schlurfenden Gang in die tiefen Schatten der verfallenen Scheune verschwinden.

Was hat es mit dem Unbekannten auf sich? WIrd er Michael in ernste Gefahr bringen? Falls Ihr dies wissen wollt, schaut mal in zwei Wochen wieder nach. Dann erscheint Teil 7.

Euer

Klaus-Peter Behrens

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.04.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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