Thekla E. Morgenroth

Bahnhofsreflexionen

Schon von Weitem erkenne ich die imposante Gestalt des Hauptbahnhofs. Sobald die Straßenbahn anhält und sich die Türen öffnen, strömen viele Menschen hinein und ich muss mir mit meiner großen Tasche einen Weg nach draußen bahnen. Beim Eintreten in die Bahnhofshalle überkommt mich das alte Gefühl, das ich jedes Mal unter dem Eindruck dieser Reiseatmosphäre erlebe. Und Menschen. Menschen, Menschen, Menschen. Die mich umgeben, an mir vorübergehen, mich mustern oder Nichts beachtend und unbeachtet vorbeihetzen. Ich schaue sie an und versuche mir zu vergegenwärtigen, dass jeder und jede von ihnen eine ganz eigene Lebensgeschichte mit sich bringt, die ihn genau zu dieser Zeit an genau diesen Ort geführt hat.

Mein Blick fällt auf den Boden und ich sehe Schuhe; wie ein großes Meer verbinden sie sich zu einer Masse, die hier und dort von Taschen, Koffern und Fahrrädern unterbrochen wird. Unter der hohen, lichten Decke der riesigen Halle fliegen Vögel, die vielleicht einen Weg nach draußen suchen oder einfach nur den Schutz der Überdachung genießen.

Nun lenke ich mein Augenmerk doch wieder auf die vielen Menschen um mich. Sie sehen ganz verschieden aus, haben große Einkaufsbeutel dabei, tragen eine Uniform, laufen schnell oder langsam, unterhalten sich mit ihren Begleitern oder am Telefon. Manche wirken glücklich, anderen zeichnen jahrelange Sorgen tiefe Furchen in die Gesichtszüge. Eine Gruppe Touristen studiert verwirrt einen Stadtplan, am Informationsschalter der Bahn reihen sich Hilfesuchende in langen Warteschlangen. Geschäftiges Treiben herrscht überall. Trotz, dass es von einer positiven Stimmung getragen zu sein scheint, hat es nichts Tröstendes an sich.

Wo ist der Ort der Ruhe, ein Ort der Begegnung mit mir und Dir? 

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Die letzte Unterrichtsstunde war zu Ende, das Wochenende stand bevor. Studienrat Edmund Konrad strebte frohgemut auf seinen blauen Polo zu. Hinterm Scheibenwischer steckte der Werbeflyer eines Brautausstatters, und indem er das Blatt entfernte, fiel ihm beim Anblick des Models im weißen Schleier siedend heiß ein, daß sich heute sein Hochzeitstag zum fünften Mal wiederholte.
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