Andreas Rüdig

Textilmuseum Krefeld

Kleider machen Leute. So heißt ein bekannter Roman von Gottfried Bürger. Daß von unserer Bekleidung eine ganze Industrie lebt, wissen wir nicht erst seit Karl Lagerfeld seine Mode in Paris präsentiert. Modische Bekleidung, aber auch viele andere Textilien sind das Fachgebiet, mit dem sich das Deutsche Textilmuseum beschäftigt, das im Krefelder Stadtteil Linn angesiedelt ist. Etwa 25.000 Textilien aus 2 Jahrtausenden und allen Herren Länder trug das Museum seit seiner Gründung im Jahre 1880 zusammen, schätzt die Leiterin des Museums, Tieztel. „Der Jugendstil ist bei uns genauso vertreten wie Textilien aus Afrika, Südamerika, der Südsee, Indonesien oder den koptischen Christen Ägyptens.“ Daß nicht nur spitzenbesetzte Damenkleider oder prunkvolle Mäntel zu den Sammelgebieten gehören, zeigt ein Blick in die Sammlung schnell. Auch andere Textilien wie etwa großflächige Tücher oder Schals sind hier vertreten. „Wie könnten natürlich nicht alle Exponate zur selben Zeit zeigen, dafür sind es zu viele. Es hat sich als sinnvoll herausgestellt, dass wir nur Ausstellungen zu bestimmten Themen machen und dann auch nur die dazu passenden Textilien zeigen,“ erzählt Tietzel.
Auch seien gerade älter Textilien nicht immer präsentabel; sie müssten oft eigens restauriert werden. Eine zeitaufwendige und teure Angelegenheit, wie die Museumsleiterin weiß. „Ich kann ja nicht einfach anfangen zu weben. Ich muß mir erst einmal das Material ansehen: In welchem Zustand ist der Stoff? Oft sind Farben durch Lichteinfall verblasst, alte Seide bricht sehr leicht. Erst wenn ich die Bestandsaufnahme durchgeführt habe, kann ich festlegen, wie ich restauriere. Wir haben hier eine eigene Werkstatt, in der wir dann die Restaurierung durchführen können.“ Angesichts knapper (städtischer) Kassen erledige das Museum zwar gelegentlich auch Restaurierungsarbeiten für auswärtige Kunden; ein knapper Personalbestand enge den Spielraum hier aber sehr ein.
Daß das Museum in Krefeld ansässig ist, wird bei einem Blick in die Stadtgeschichte verständlich. Seit 1226 zur Grafschaft Moers gehörig, wird Krefeld seit dem Jahre 1600 von den Oraniern regiert. Die Oranier erlauben es in den kommenden Jahren verfolgten Protestanten, sich in Krefeld niederzulassen. Es sind die Mennoniten, die den Seidenhandel nach Krefeld bringen. Die Seidenproduktion gibt es erst seit 1720 in der rheinischen Stadt, die seit 1702 zu Preußen gehört. Samt und Seide – für lange Zeit sind sie die Basis des wirtschaftlichen Wohlstandes der Stadt. Und heute? Chemie, Metallindustrie und Maschinenbau sind hinzugekommen, der Niederrhein entwickelt sich zum Dienstleistungsstandort.
Seit 1936 befindet sich das Museum in städtischem Besitz. Wie sieht die Situation für das Museum heute aus? „Wie bereits gesagt: Wir organisieren Ausstellungen zu verschiedenen Themen; wir arbeiten dabei auch sehr viel mit anderen Museen zusammen. Krefeld hat eine Partnerstadt in den USA, nämlich Charlotte. Wir sind eingeladen, dort eine Ausstellung zu zeigen. So etwas will allerdings sehr gut organisiert sein. Daher kann ich derzeit noch keinen konkreten Termin nennen.“
Was denn das Faszinierende, das Interessante an Textilien sei, diese Frage kann Tietzel nach kurzem Überlegen anschaulich beantworten: „Die Geschichte der Seidenweberei ist sehr, sehr faszinierend. Der Webstuhl ist der erste Computer, weil er nach dem Binärsystem funktioniert. Entweder ist das Schiffchen angehoben oder nicht. Auch das soziale Umfeld ist sehr spannend: Was ist das kulturelle Umfeld? Wann werden welche Textilien getragen? Welche Farben, Stoffe und Schnitte werden bevorzugt, wie war der Stand der Technik?“ Vielleicht produzieren ja nicht nur Menschen Textilien, sondern machen ja auch wirklich Kleider Leute?

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