Auf dem Tisch steht die Schmuckschatulle ihrer Mutter. Trauer um den geliebten, verstorbenen Menschen schuf eine große, seelische Leere. Der Tochter war es nicht möglich, den geerbten Schmuck zu berühren, geschweige denn, ihn zu tragen. Tief unten in der hinterletzten Ecke eines Schrankes wurde er vergraben.
Es sollte ein halbes Jahr vergehen, bis Iris die Kraft aufbringt, ihr Erbe näher zu betrachten. Mit klopfendem Herzen öffnet sie die Intarsientruhe. Ein schwacher Parfümduft entweicht dem Kästchen beim Öffnen. Kleine Etuis, Schachteln, Dosen und andere Behältnisse lassen eine gestapelte Ordnung erblicken.
" Typisch Mom ! Alles übersichtlich, sauber und korrekt !" stellt Iris bei ihrer Betrachtung fest.
Eine goldene, sehr aufwendige, längliche Schachtel sticht ihr ins Auge, mit einer besonders hohen Deckelwölbung ausgestattet. Altägyptische Schriftzeichen verzieren den Gegenstand. Der Eindruck eines Sarkopharges entsteht. Zaghaft öffnet sie die Schachtel, um das Geheimnis zu lüften.
Auf einem purpurnen Samtkissen liegt ein großer Smaragd-Cabouchon in Form eines Tropfens. Das ungewöhnliche, grüne Feuer funkelt Iris magisch an. Der Kettenanhänger ist lupenrein. Nicht ein einziger Einschluss trübt den Stein. Das Geschmeide wäre ein Vermögen wert, schmälerte nicht eine ausgebrochene Ecke den Wert des Schatzes. Iris lässt die Schachtel auf ihren Schoß sinken. Das Hochzeitsgeschenk ihres Vaters liegt vor ihr. Umwoben von einer seltsamen Geschichte.
Die Bindung zwischen den Eltern verlief alles andere als harmonisch. Laute, unerträgliche Auseinandersetzungen sorgten für eine immer größer werdende Entfremdung. Der Vater blieb immer häufiger dem Familienleben fern. Mehr und mehr verfiel er der Trunksucht, die mit einer aufkommenden Brutalität einherging.
Die Mutter magerte ab bis zum Skelett. Depressionen suchten sie heim. Aber das Hochzeitsgeschenk, der wunderschöne Smaragd, schmückte weiterhin ihr Dekollete', Tag und Nacht. Nie legte sie die Kostbarkeit ab. Als gäbe der Stein ihr Kraft, die Bindung zwischen den Eheleuten aufrecht zu erhalten. Die Scheidung schwebte wie ein Damoklesschwert über ihr. Als das Unglück eintraf,weinte die Geschiedene tagelang über ihr zerronnenes Glück.
Eines Nachts brach auf mysteriöse Weise der untere Teil des Smaragdanhängers heraus. Durch dieses Ereignis blieb die Halspartie ungeschmückt bis zu ihrem Tode. Iris fand nie den Mut, nach der plötzlich verschwundenen Kette zu fragen. - Jetzt liegt die Antwort vor ihr.
" Hier ruht mein ganzes Glück begraben;" liest die junge Frau auf einem Zettel. Die Untröstliche schloß ihren Kummer samt Stein einfach in dieses Schmuckkästchen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.06.2009.
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75 Tage Donnerstag (Gedichte)
von Edith van Blericq-Pfiffer
Der Liebe kann man immer und überall begegnen, auch donnerstags; sie kündigt sich nicht an.
Sie ist von einer auf die andere Sekunde da. Sie kennt weder Gesetze noch Grenzen. Sie stellt augenblicklich alles und jeden auf den Kopf. Alter hat für sie keine Bedeutung. Allerhöchstens die von ihr Getroffenen fühlen sich mitunter in ihre Teenager-Zeit versetzt, verstehen sich selbst am wenigsten und fragen mit einem
Kribbeln im Bauch und ziemlich verwirrt: „Warum?“
Die poetische Antwort der Autorin, die hierbei auf Erlebtes zurückgreift, lautet hingegen: „WARUM NICHT!“
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