Wilhelm Westerkamp

Olympia

Aus dem nichts komme ich und fliege fort mit schweren Flügeln in die leu-

chtende Einsamkeit der Medaillen, - so wird der erfolgreiche Athlet wohl

fühlen, hoch schwebend auf dem Siegespodest, der siegreichen Helden.

Im Kampf gegen die Zeit und dem aufkommenden Schmerz, donnern die

Athleten wie Düsenjäger über das weite Feld der Tartanbahnen, in die

berstende, gnadenlose Sonne. Frenetischer Beifall entwickelt sich zur Ex-

tase, wenn der Athlet (sonnen gebräunt versteht sich), zur Höchstleistung em-

por rankt wie eine Kletterrose in blühend heißer Sommernacht.

Der IOC Präsident, der ernsten Hauptes, pathetisch mit schäumenden Glanz

in den Augen, glühend wie heiße Kohle und selbst verliebt wie ein Diamant

aus der Vitrine glitzernd, dem Geschehen folgt; denn weit entfernt über dem

Dach des Stadions, rufen die Götter in weiß, zum Kampf gegen alles Irdische

und der Athlet kämpft nun gegen die Macht des Himmels.

Eine pseudoreligöse Show braucht aber nicht nur die Götter des Zorns, son-

dern eine brennende Fackel, die die olympische Flamme entfacht, die bitter,

feurig funkelnde Tränen in den Himmel wirft, wie auch das Schwert den

Krieger zum Ritter schlägt. Der Fackelträger vorher, hoch auf dem Olymp

steigend, auf dem das lodernde Feuer speiend brandet. Die Splitter des Zorns

wandeln im lodernden Feuer, züngeln messerscharf in heißer Glut. Die Fla-

mme, die im Dunst der Dopingküche feuert wie eine sich sorgende Mutter,

die ihr kleines Kind schützend in den Armen hält. Perlt Träne um Träne siegreicher Athleten geschwind in den Strudel hinab in das Meer aus Fla-

mmen, steigt der Teufel empor wie der warme Wind über dem Wüstensand.

 

Ich erlaube mich zu fragen, welch schmutzig tränkende Chemie breitet sich

aus, in den stählernen Muskeln gottverlassener Athleten, die raubtierhaft mit

großen schweren Lungen, Runde um Runde, dem Raubtier im Menschen

geltend sein Dasein beglückend in die Seele tragend, schneller als der Sturm

und schneller als der Tod zugleich.

 

Wenn Hohn und Spott der schleichende Freund des besiegten Athleten wird,

der sich wie ein Tiger aus Zähnen wie Nadelspitzen ihm entgegen wirft,

mit der Geschwindigkeit einer Guillotine und voller Gier zu töten versucht,

brandet der Sturm. Die Ebbe wird zur Flut, steigt hoch hinaus geballt mit

der Panzerfaust. Der Blitz lässt den Donner folgen, die Sonne geht un-

ter im Mond und die Medien ranken kunterbunt und hart polternd, flüsternd

in den Vordergrund.

 

Das Suchlicht der Scheinwerfer, spähend in den Zirkus hinein – ausschnitts-

weise durch das zusammengepresste Kameraauge, fühlt sich wohl im Bad der

Menge, das zu verschmelzen droht, mit Gott und den Göttern, und dem Teufel

im Handgepäck. Ich sage nur noch eines dazu, dann muss Schluss sein und

alle Fragen offen: Die Verhüllung in Scheinheiligkeit, mündet meistens in

das kristallklare Wasser eines Flusses, das sich dem spielenden Kind ent-

gegen wirft, welches atemlos wild seine Triebe stillt.

 

 

 

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