Eine längere Zeit ist
vergangen. Die in Schweine verwandelten Hilfsteufel haben allmählich wieder
ihre normale Teufelsgestalt angenommen. Mephisto hatte sie in dieser
Übergangszeit der allmählichen Rückwandlung sicherheitshalber in einen
unbeachteten Teil der Hölle schaffen lassen, denn die Übergangsformen zwischen
Schwein und Teufel dürften teilweise etwas amüsant ausgesehen haben. Menschen
hätten die Schweine-Hilfsteufel und diesen Prozess zwar nicht gesehen, aber er
wollte diese Peinlichkeit vor umher fliegenden Engeln und umher streunenden
Hilfsteufeln verbergen. Man würde sowieso darüber tratschen.
Aber allmählich war die
Teufels-Welt äußerlich wieder in Ordnung gekommen, nur innerlich in Mephisto
natürlich nicht. Aber das kann bei solch einem Naturell, wie Mephisto es ist,
auch gar nicht sein. Die Bündischen und seine Blamagen beschäftigten ihn mehr,
als ihm lieb war.
Mephisto sitzt nicht mehr auf dem Brocken-Gipfel,
sondern etwas abseits am Hang zwischen Felsen und Bäumen. Er wirkt irgendwie
verunsichert, schaut sich auch nicht frei um und nach oben, wie es sonst seine
Art ist, sondern schaut geduckt nach unten und schräg vorwärts. Manchmal schaut
er geradezu ängstlich unsicher nach oben. Dabei murmelt er verbissen vor sich
hin.
Mephisto: Jetzt
muss man sich schon als Teufel etwas verkriechen, damit einen die vielen
Auftragsengel nicht sehen. Früher machten die einen großen Bogen um mich, ich
war ja ihr gefürchteter Gegner, vor dem sie zwar nicht Angst hatten, der ihnen
aber unangenehm war. Jetzt scheint es mir, dass sie mich geradezu aufsuchen,
eine Runde um mich fliegen und dabei mir Nasen drehen und hämisch lachend
winken. Neulich hatte sogar eine kleine Gruppe dieser Botenengel bündische
Baretts auf den Lockenköpfen und Halstücher und Gitarren umgehängt und haben
über mir ein Wanderlied gesungen.
Das ist alles nur Hohn und
Spott über meine Niederlagen gegenüber den Bündischen. Wie weh das selbst einem
Teufel tut. Wie habe ich mich früher hämisch gefreut, wenn ich Streit und Zank
zwischen den Menschen säen konnte und beobachtete, wie die anderen über einen
der Menschen herfielen und ihn verspotteten. Heute geht es mir selber so. Die
da oben im Himmel würden jetzt sagen, das sei ausgleichende Gerechtigkeit. Aber
ich sage nur, dass das zum Verzweifeln ist. Als Teufel so blamiert worden zu
sein, das kam lange Zeit nicht mehr vor.
Und die in der Hölle sind
jetzt auch nicht mehr so unterwürfig mir gegenüber. Man weiß zwar um meine
vielen Verdienste im Dienst des Schlechten und Bösen, aber trotzdem ist die große
Bewunderung vorbei. Auch ein Oberteufel ist mit Fehlern behaftet, denken sich
viele Hilfsteufel jetzt. Wer weiß, wenn die erste Befehlsverweigerung, die
erste offene Höllen-Revolte kommt.
Aber ich habe ja auch
entscheidende Fehler gemacht. Ich habe es bei den Bündischen jedes Mal mit
einem Generalangriff versucht, habe alles auf eine Karte gesetzt. Und jedes Mal
habe ich alles verloren. So etwas macht kein kluger General. Nach einer
schweren Niederlage haben sich kluge Generale auf kleine Aktionen, auf kleine
Nadelstiche beschränkt, bis sich wieder eine größere Möglichkeit geboten hat. Das
hätte ich nach der ersten Blamage auch tun müssen.
Im Himmel dürfen die Bündischen
sogar, durch keine strengen Heiligen mehr behindert, ihre wilden Lieder singen.
Die Bündischen gelten dort oben jetzt als eine Menschengruppe, die sich selbst
vor dem Teufel nicht fürchtet... Wenigstens ein kleiner Sieg über die
Bündischen würde mein Ansehen wieder etwas heben und denen da oben einen
Dämpfer geben... Wenigstens nur ein kleiner Erfolg... Aber wie könnte ich das
erreichen?...
Ich müsste bei einer
besonders angesehen bündischen Gruppe das Ansehen mindern, das wäre schon ein
kleiner Teilerfolg... Aber wo und mit was?... Am besten, ich schicke einige
Spionage-Hilfsteufel aus, damit sie herausfinden, wo eine besonders angesehene
Gruppe ist und wo ihre Schwachstellen sind... Ja, das wäre eine Möglichkeit.
Mephisto ruft nach allen Seiten seinen Teufels-Sammelruf,
den Menschen zwar nicht hören können, sie meinen höchstens der Wind heule in
den Wäldern, und der auch für Teufel nicht so weit wirkt wie die
Teufels-Seifenblasen-Botschaften, aber einige Hilfsteufel in der weiteren
Umgebung des Brocken werden ihn hören und kommen. Und so ist es auch. Noch am
selben Abend sind etwa ein Dutzend Hilfsteufel um ihn versammelt. Diesmal hält
Mephisto keine teuflisch-freundliche Einleitungsrede, sondern ist kurz und
knapp.
Mephisto:
Ich habe 2 Aufträge an euch.
Erstens möchte ich gerne
durch euch herausfinden lassen, wo es besonders vorbildliche bündische Gruppen
gibt. Streift deswegen unauffällig durch die Lande, beobachtet, horcht und analysiert
Gruppen, die zu den Bündischen gezählt werden, achtet auf ihr Auftreten, ihr
Programm und ihr Verhalten in der Öffentlichkeit, versucht über ihre
Gruppenstunden, Fahrten und sonstigen Treffen etwas Genaueres heraus zu
bekommen. Widmet euere Aufmerksamkeit dabei besonders vorbildlichen Gruppen. Wo
Gruppe und Führung schlecht sind, das merkt man schnell. Die interessieren mich
diesmal nicht. Ich möchte Mustergruppen von euch ausgespäht haben. Ich denke,
in einem Monat könnt ihr mir sicher schon einige Beobachtungsergebnisse
mitteilen. Dann seid wieder zu Beginn der Dämmerung hier.
Meinen zweiten Auftrag
erfüllt gleich. Schickt mir einen von den kleinen Benjamin-Teufeln hierher,
einen von denjenigen, die bisher bevorzugt in Schulklassen eingesetzt worden
sind, um dort das Lehren und Lernen zu erschweren. Er soll seine Personalakte
mitbringen. Ich warte hier auf ihn.
(Damit entlässt Mephisto die Gruppe der Hilfsteufel und wartet auf einen
Benjamin-Teufel. Er muss nicht lange warten. Es erscheint bald ein kleiner,
jugendlich-jungenhaft aussehender Teufel mit einem verschlagenen Gesichtsausdruck.
Mephisto betrachtet ihn lange und fragt ihn dann)
Mephisto: Informiere
mich kurz, wo du in der letzten Zeit eingesetzt warst und wie du dort gewirkt
hast.
Der kleine Hilfsteufel: Ich war bevorzugt in Schulklassen eingesetzt. Ich
habe mich dort jeweils als angeblicher kurzzeitiger fremder Gast wegen
familiären Reisen aufgehalten und so viel Schwierigkeiten und Schaden
angerichtet wie möglich. Ich war ein schlechtes Vorbild für die anderen
Schüler, ich habe gestört und vom Lernen abgelenkt, so gut ich konnte. Ich habe
die Lehrer schlecht gemacht und die Schüler gegen die Lehrer aufgewiegelt. Ich
hoffe, ich habe jeweils länger wirksame teuflische Spuren hinterlassen und
manchen labilen Jugendlichen für länger negativ beeinflusst.
Mephisto (zufrieden nickend): Du scheinst für mich
geeignet zu ein. Diesmal habe ich einen Spezialauftrag für dich, den wir
gründlicher besprechen und vorbereiten müssen. Du sollst dich als Gast oder
interessierter Neuling in eine besonders vorbildliche bündische Jugendgruppe
einschleichen und dort Schaden anrichten. Du merkt, dass das eine besondere
Aufgabe ist, die viel teuflische Phantasie und Menschenkenntnis erfordert.
Traust du dir das zu?
(Der kleine Hilfsteufel hat erst erwartungsvoll abgewartet, aber bei dem
Hinweis, dass er in einer bündischen Jugendgruppe, und dazu noch in einer besonders
vorbildlichen, Schaden anrichten soll, ist er zusammen gezuckt und unsicher
geworden. Nun stottert er verlegen)
Der kleine Hilfsteufel: In einer bündischen Jugendgruppe... Man hat in der
letzten Zeit so einiges erzählt von teuflischen Misserfolgen bei diesen
Bündischen... Das sind keine normalen Menschen, sondern für Teufel harte Nüsse,
die offensichtlich nicht leicht zu knacken sind... Wäre es da nicht besser, ein
anderer Benjamin-Teufel mit mehr Geschick würde sich dieser Aufgabe
annehmen?...
Mephisto (blättert in der Personalakt des kleinen
Teufelsund liest): Eine bisher ruhige Schulklasse renitent gemacht... Einen
bis dahin guten Lehrer zur Frühpensionierung getrieben... Einen Lehrer in den
psychischen Zusammenbruch geführt... Ein Schulfest mit Streit enden lassen ...
Eine Klassenfahrt musste abgebrochen werden, weil die Schüler nicht mehr
lenkbar waren... (Mephisto packt den kleinen Teufel jetzt an seiner
teuflischen Ehre): Das sind ja sehr positive teuflische Beurteilungen... Das
mit der abgebrochenen Klassenfahrt
wäre genau die Qualifikation,
die deine neue Aufgabe erfordert... Du wärest der Richtige dafür... Sei nicht
so ängstlich... Denke an die Ehre, die dir zuteil würde, wenn du gerade den
Bündischen einen erheblichen Schaden zugefügt hättest.
Der kleine Hilfsteufel (nach einem
gewissen Zögern, aber stolz geworden):
Also gut, ich übernehme die Aufgabe. Was soll ich konkret tun?
Mephisto: Lass
dir in der teuflischen Bibliothek ein kleines Buch geben über gute bündische
Fahrten, das du dann gründlich durcharbeiten musst. Darin wird dargestellt
sein, wie eine gute bündische Jugendgruppe einfach in der Natur lebt; wie sie
zusammen hält; welche schönen Fahrtenziele in Deutschland ausgewählt werden
können, worauf ein guter Führer bei einer solchen Fahrt alles achten muss, usw...
Du hast nun die Aufgabe, alles dort Dargestellte in der realen Fahrtenpraxis einer
Gruppe zu torpedieren, zu erschweren, die Jugendlichen renitent zu machen,
usw., so dass eine Fahrt, an der du teilnimmst, dann abgebrochen werden muss...
Sei bitte in einem Monat gut vorbreitet wieder abends hier. Ich werde dir dann
weitere Instruk-tionen geben.
Der kleine Hilfsteufel: Gut, ich gehe gleich in die teuflische Bibliothek
und hole mir so ein Buch und beginne mich vorzubereiten. Die Aufgabe wird nicht
einfach sein, das merke ich, aber sie ist für mich als Jugendteufel reizvoll. Ich
werde mir Mühe geben.
(Er geht ab bzw. verschwindet genauer als Schatten irgendwo in der
Bergwand)
Mephisto (bleibt sinnend zurück): Vielleicht ist
das eine Chance für einen kleinen taktischen Erfolg... Der kleine Jugendteufel,
wir nennen die hier auch Benjamin-Teufel, macht einen ganz brauchbaren
Eindruck.
Etwas zur selben Zeit im Haus der alten
bündischen Führers
Dort sitzt eine kleine
bündische Runde, Sokrates ist auch dabei, und plaudert über die Qualität der
Gruppen, über die geplanten Fahrten und natürlich auch über die Ereignisse der letzten
Monate, zu denen ja auch die ärgerlichen, aber glücklich abgewehrten Schadens-Bemühungen
des Mephisto gehören. Während der alte bündische Führer meint, dass Mephisto
jetzt eine Weile Ruhe geben werden, ist Sokrates diesbezüglich anderer Meinung.
Er hat als Begründung angefügt, dass er Mephisto schon seit über 2000 Jahren
mehr oder minder kenne bzw. von ihm gehört habe und wüsste, dass dieser schon
als früherer Engel ein überehrgeiziger und überempfindlicher Charakter gewesen
sei und nach dem Bruch mit seinem Chef seien diese
Charaktereigenschaften noch
ausgeprägter geworden. Der werde keine Ruhe geben, er werde nur andere Wege und
Zielobjekte suchen. Er, Sokrates, könne sich vorstellen, dass Mephisto aber
nicht mehr global gegen die bündische Bewegung als Ganzes vorgehen, sondern
sich auf Schadaktionen gegen einzelne Gruppen spezialisieren werde und dass
sich hier wiederum seine Aktionen gegen die leichter negativ beeinflussbaren
bündischen Jugendlichen richten könnten. Dass Sokrates mit seiner Vermutung Recht
hatte, hat der Leser bereits erfahren.
Der bündische alte Führer
hatte daraufhin gemeint, dass sich Mephisto dann wohl weniger gegen schlechte
und schlecht geführte Gruppen wenden würde, sondern eher guten und gut
geführten Gruppen Schaden zuzufügen sich bemühen werde. Er kenne außerdem nur
wenige schlechte und schlecht geführte bündische Gruppen, die Mehrzahl der
Gruppen sei gut geführt und gut und eine ganze Reihe sei sogar als vorzügliche
Gruppen unter sehr guten Führern zu kennzeichnen. Diese besonders guten Gruppen
werde sich Mephisto vermutlich als Ziele seiner Bemühungen auswählen, denn ein
eventueller Erfolg sei dann umso höher zu bewerten.
Der alte bündische Führer
verfasste deswegen mit Hilfe der anderen anwesenden Freunde ein vertrauliches
Schreiben an die besonders guten Führer von bündischen Gruppen mit etwa
folgendem Inhalt: Man müsse vermuten,
dass Mephisto nach seinen bisherigen demütigenden Niederlagen weitere, aber
anders geartete Aktionen planen werde und dass vermutliche Ziele seiner Schadens-Aktionen besonders gute
Gruppen sein könnten. Es wäre denkbar, dass über Neue oder Gäste in den Gruppen
negative Einflüsse verschiedener Art in die Gruppen gebracht werden sollten. Es
seien deswegen Neuzugänge freundlich, aber kritisch zu beobachten und
Auffälligkeiten vertraulich an ihn, den alten Führer, zu melden. Denn solche
eingeschleusten Kinder-Teufel, und darum werde es sich vermutlich handeln, dürften
nicht zu früh verunsichert werden, um ihre Demaskierung nicht zu erschweren.
Das sei wie bei der Spionageabwehr. Er, der alte Führer, und seine Freunde
würden dann die richtigen Gegenmaßnahmen empfehlen und steuern
Der alte Führer
(zur Runde seiner Freunde): So, mehr
kann man jetzt nicht tun, jetzt müssen wir abwarten. Und du, lieber Sokrates,
wirst sicher auch wieder mit Ideen, Rat und Tat dabei sein.
(Und damit wandte sich die bündische Freundesrunde wieder anderen,
heitereren Themen zu)
Einen Monat später, gegen Abend am
Brocken
Die ausgesandten Späher-Teufel sind zurück und
ebenfalls ist der kleine Hilfsteufel erschienen.
Die Späher-Teufel berichten von ihren Beobachtungen.
Die Späher-Teufel (der Reihe nach): Es gibt
viele gute bündische Gruppen und eine Reihe sehr guter Gruppen unter guter
Führung... Die meisten bündischen Gruppen sind besser, als sie missgünstige
Spießbürger darstellen... Die Jugendlichen werden meistens gut erzogen und erhalten
positive Anregungen für ihr ganzes Leben... Es ist schwer, eine besonders gute
und besonders gut geführte Gruppe zu nennen... Ich müsste mehrere Gruppen zugleich
als Spitzen nennen, wenn ich eine Rangfolge aufstellen sollte... Es gibt da
eine Gruppe in Y-Stadt, die mir besonders auffiel. Die könnte ich vielleicht als
Spitzengruppe nennen...
Mephisto (unterbricht): Weshalb könntest du diese
Gruppe in Y-Stadt aus den anderen herausheben? Bericht mal genauer.
Der Späher-Teufel: Also, da muss ich weit ausholen und ausführlicher berichten. Ich
zähle mal einige Merkmale auf:
- Der dortige Gruppenführer,
er benutzt den Ausdruck Gruppenführer unbekümmert neben dem Ausdruck Gruppenleiter,
hat bereits als junger Mann eine Gruppe aufgebaut oder auch übernommen, das
konnte ich nicht herausbekommen. Nun ist er verheiratet, hat selber Kinder,
aber er führt seine Gruppe weiter. Seine Gruppe ist ein erweiterter Teil seiner
Familie, sagt er.
- Er nimmt erst Jugendliche
ab 11/12 Jahren, je nach Entwicklungsstand, in seine bündische Gruppe auf.
Jüngere seien dafür noch nicht reif genug und seien deswegen besser in seiner
bündischen Jungschar aufgehoben, die eine Mutter betreut.
- Der Gruppenführer nimmt
zwar Jungen und Mädchen auf, aber er hat sie auf jeweils eine separate Mädchen-
und Jungengruppe verteilt. Er meint, dass für die Jugendlichen ab diesem Alter
eine getrennte Entwicklungswelt und Erziehung besser sei. Bei der Mädchengruppe
hilft ihm seine Frau. Aber er veranstaltet regelmäßig gemeinsame Treffen und
Fahrten, damit die Jungen mit den Mädchen zusammen leben lernen. Er betreibt
also eine sinnvolle, sowohl getrennte als auch koedukative Erziehung.
- Er sorgt sich sehr um seine
Jugendlichen, betreibt eine aktive Gesundheitserziehung und achtet auch auf ihre
schulischen Leistungen. Wenn einer seiner Jugendlichen in der Schule Probleme
hat, spricht er mit den Lehrern und besorgt, wenn nötig, kostenlose Nachhilfe durch
ältere Bündische oder Eltern.
- Er betreut und unterhält die
Jugendlichen nicht nur mit bündischem abenteuerlichem Leben, sondern er erzieht
sie neben und in Abstimmung mit den Eltern zu höflichen, freundlichen,
selbstständigen und fleißigen Menschen. Wenn Eltern ihrer Erziehungspflicht
nicht genügend nachkommen, dann spricht er mit diesen Eltern.
- Zu allen seinen Gruppenstunden
kommt er gut vorbereitet. Er bezieht die Gruppenmitglieder in das jeweilige
Thema mit ein, behält aber immer die Fäden in der Hand. Für ein rein partner-schaftliches
Miteinander seien Jugendliche noch nicht geeignet, meint er, dass müssten sie
erst allmählich lernen.
- Er gewöhnt die Jugendlichen
an ein einfaches Leben in jeder Hinsicht, weil er meint, dass in unserer Wohlstandsgesellschaft
Jugendliche vor allem Einfachheit und Selbstbescheidung lernen müssen. Dazu
gehört, dass alle bei Fahrten und Lagern auch niedere Arbeit verrichten und
körperlich arbeiten müssen und dass sich alle einfach ernähren.
- Die Mahlzeiten sind für
alle gleich. Alle Mahlzeiten werden gemeinsam begonnen und beendet und keiner
darf sich gesondert Leckereien gönnen. Wer mit Essen fertig ist, wartet ruhig,
bis der Letzte ebenfalls fertig gegessen hat.
- Als Fahrtenziele und Fahrtenräume werden
überwiegend mitteleuropäische Landschaften gewählt. Dieser Gruppenführer ist
der Ansicht, dass seine Jugendlichen zuerst den weiteren Heimatraum kennen lernen
sollen. Fahrten ins weitere Ausland sollen in der Jugend nur eine Ergänzung
sein. Bei den Auslandsfahrten werden aber alle europäischen Landschaften gleich-wertig
berücksichtigt.
- Dieser Führer besucht an
Wochenenden, wenn er mit seinen Jugendlichen auf Fahrt ist, öfter Gottesdienste
und betet manchmal auch vor dem Essen oder abends mit ihnen, weil er der
Ansicht ist, dass bündisches Leben nicht religionsloses Leben sein soll (bei diesen Worten schüttelte sich der
erzählende Späh-Teufel unwillkürlich).
Mephisto (unterbricht): Das genügt... Dieser
Führer besucht sogar öfters Gottesdienste mit seinen Jugendlichen (er schüttelt sich ebenfalls unwillkürlich)...
Vermutlich gehört der zum Umfeld des alten bündischen Gandalf, denn der hat
auch so fromme Allüren... In diese Gruppe
Unordnung zu bringen, wäre
natürlich sehr verlockend... Aber sie gehört zum Umfeld des alten Gandalf und
damit in den Bereich eines sehr ernst zu nehmenden Gegners... Was soll ich da tun?...
Ob diese Gruppe den ausgewählten Kinderteufel überfordert?...
(Mephisto geht unruhig und vor sich hin murmelnd hin und her) Ist
das zu leichtsinnig und zu schwer... Soll ich es wagen?... Ich wage es, ein
Teufel muss Mut für seine Bosheiten haben.
(Zu den anderen Teufeln um ihn herum) Nur der Kinderteufel und der
letzte Erzähler bleiben hier, alle anderen gehen wieder ihrer normalen
teuflischen Arbeit nach.
So, Späher-Teufel, nun
erzähle mal diesem Benjamin-Teufel hier genau von dieser Gruppe, beschreibe den
Gruppenführer und die einzelnen Gruppenmitglieder genau, berichte von den Gruppestunden
und den Fahrten, von den eventuellen Problemen in dieser Gruppe... Und du,
kleiner Jugend-Teufel, höre ganz genau zu, mache dir eventuell Notizen. Je
besser du über deine Einsatzgruppe informiert bist, desto größer ist dein
möglicher Erfolg, ich meine der durch dich angerichtete Schaden.
(Der Späher-Teufel berichtet nun ganz detailliert, was er beobachtet und
erfahren hat. Der Jugend-Teufel macht sich Notizen. Anschließend entlässt ihn
Mephisto mit einer Anweisung)
Mephisto: Du
meldest dich jetzt als Feriengast in dieser Gruppe. Deine Eltern würden die
Ferien in der Y-Stadt verbringen und du wärest schon Bündischer und möchtest
auch in diesen Ferien bündisches Leben erleben. Du zeigst besonderes Interesse
an der Sommerfahrt dieser Gruppe. Sobald ihr dann auf Fahrt seid, versuchst du
die anspruchsvollen Ziele des Führers bei den Gruppenmitgliedern zu
unterlaufen, sie lächerlich zu machen und durch moderne, flache Vorschläge und
Theorien zu ersetzen. Schaffe Unfrieden innerhalb der Gruppe, unterminiere das
Ansehen des Gruppenführers. Dein Ziel muss sein, dass diese Sommerfahrt ein
Misserfolg wird oder sogar vorzeitig abgebrochen werden muss.
So und jetzt brauchst du noch
eine glatte Haut, wie sie bei den Menschen-Jugendlichen üblich ist, und eine
fahrtengerechte bündische Kleidung und Ausrüstung. Bleibe bitte ruhig stehen.
(Mephisto schnippt mit den Fingern, murmelt:“ So soll er aussehen, das
soll er anhaben und das soll er als Ausrüstung haben“, und schon seht vor ihm
ein bündischer Jugendlicher mit Halstuch, Barett, festen Schuhen, gepacktem
Rucksack und Schlafsack. Mephisto betrachtet ihn und murmelt)
Mephisto: Du
siehst gut aus. Der Gruppenführer wird keinen Verdacht schöpfen, wenn er dich
mitnimmt... Ich werde ständig mit dir Kontakt halten. Wie und wo, das wird sich
ergeben... So und jetzt ab nach Y-Stadt. Ich beame dich dorthin, das geht
schneller als eine normale Reise.
(Und wieder schnippt Mephisto mit den Fingern und murmelt: “Dort soll er
hin“ und schon ist der Benjamin-Teufel verschwunden, den Menschen sowieso nur
als Schatten wahrgenommen hätten)
Etwa 1 Monat später im Haus des alten
bündischen Führers
Sokrates ist wieder zu Besuch
gekommen und der alte bündische Gandalf erzählt ihm, dass einer seiner besten
Gruppenführer ihn kürzlich angerufen und einen interessanten Verdacht mitgeteilt
habe. Offensichtlich versuche Mephisto, einen Jugend-Teufel in seine Gruppe einzu-schleusen.
Anfangs sei dieser Neue, der sich als befristeter Gast in der Gruppe angemeldet
habe, nicht negativ aufgefallen. Aber als der Gruppenführer nach den angeblich zu
Besuch weilenden Eltern in Y-Stadt forschte, bekam er keine konkreten Hinweise
auf die tatsächliche Existenz solcher Eltern. Deren Anmeldeschreiben schien
also gefälscht zu sein. Und dann seien nach immer mehr Auffälligkeiten und
Hinweise auf eine Teufelei dazu gekommen, so dass er sich an die Warnung des
alten Führers erinnert und ihm sicherheitshalber die Auffälligkeiten mitgeteilt
habe. Als der alte Führer eine der beobachteten Auffälligkeiten seinem Freund
Sokrates weiter erzählte, mussten beide erst einmal eine Weile herzlich lachen.
Aber dann wurden sie beide wieder schnell ernst und sie waren sich sicher, dass
es sich um den Versuch eines Einschleusens eines Jugend-Teufel und eine geplante
Teufelei von Mephisto handele.
Der Gruppenführer habe nun angefragt,
was er machen solle. Er plane eine größere Fahrt und würde diesen verdächtigen
Neuen sicherheitshalber ausschließen. Aber dieser habe gedroht, er werde die
ganze Stadt rebellisch machen, wenn er nicht mit dürfe. Der alte Gandalf und
auch Sokrates meinten nun, der Gruppenführer solle den verdächtigen Neuen ruhig
mitnehmen. Er solle nur die Gruppe, auf die er sich ja völlig verlassen könne,
insgeheim von dem Verdacht informieren. Sie Beide würden die Gruppe unauffällig
begleiten und gemeinsam nach Mitteln und Möglichkeiten suchen, den
Kinder-Teufel und Mephisto gründlich zu blamieren. So geschah es denn auch.
Was war zwischenzeitlich geschehen?
Bei dem Gruppenführer in
Y-Stadt hatte sich eines Abends ein Junge, der bündisch gekleidet war, gemeldet
und gebeten, er möchte für einige Zeit als Gast in seiner Gruppe dabei sein und
an der geplanten Großfahrt teilzunehmen dürfen. Er legte eine schriftliche
Bitte seiner Eltern vor. Der Gruppenführer hatte eingewilligt und den
bündischen Gast aufgenommen. Aber er konnte keinen Kontakt mit den Eltern
aufnehmen (das tat er stets bei Neuen), weil deren Aufenthalt nicht zu
ermitteln war. Deswegen hatte er ein Probe-Wochenendlager angesetzt um zu
testen, ob sich der Neue in die vorzügliche Gruppe einfügen würde. Er hatte
dieses Wochen-endlager als koedukatives Lager getarnt, weil eines schon längst
wieder stattfinden müsste. An diesem Lager nahmen also Jungen und Mädchen teil.
Und dort hatte es einige Überraschungen gegeben die jetzt etwas genauer
dargestellt werden müssen.
Zuerst einmal fiel auf, dass
der Neue anfing, die bisherigen klaren Gruppenregeln erst heimlich und dann
immer offener und provokativer zu missachten. Er kam nicht in der bündischen
Kluft, sondern mit Jeans, einem modernen Hemd mit grellen Werbeaufdrucken und
einer knallroten Schirmmütze auf dem Kopf. Er hatte auch keinen Rucksack,
sondern einen Kunststoffkoffer mit 2 Rädern. Mit dem rollte er mühsam und
ständig schimpfend stundenlang zu der Waldwiese, auf dem die Kothen aufgebaut
werden sollten, und verlangte gefahren zu werden. Das sei heute doch üblich.
Dann naschte er unterwegs
dauern Süßigkeiten und ungesunde Kartoffelchips und hielt alle Viertelstunde
eine Cola-Flasche an den Mund. Niemand konnte sich genauer erklären, wo er
diese Mengen an Knabbereien und Cola eigentlich hernahm, zumal er dauernd davon
an die anderen verteilen wollte. Bei dieser guten Gruppe kam er allerdings an
die Falschen. Denn die bisherige Erziehung zu gemeinsamer Disziplin,
Einfachheit und gesunder Ernährung hatte gut Früchte gebracht.
An den Kohten bemeckerte er
das umständliche Aufbauen und plädierte für bequeme moderne Campingzelte. Statt
eines weichen Lagers aus Schilf, Gras und Zweigen holt er eine riesige Luftmatratze
aus seinem scheinbar unerschöpflichen Roll-Koffer. Nur als Feuer in den Kothen
angemacht wurde und das Holz anfangs noch tüchtig qualmte, saß er behaglich und
zufrieden im dicksten Rauch. Den Kräutertee lehnte er allerdings wieder ab und
das gemeinsame Abend-essen war ihm zu einfach. Sein Koffer gab für seine
persönlichen Wünsche wieder eine Flasche Cola und fertige Toastbrote her. Als
es dann ans gemeinsame Holzholen ging, zog er aus dem Koffer einen Game-Boy
hervor und vergnügte sich mit albernen PC-Spielen. Und als das gemeinsame
Singen begann, holte er aus seinem Koffer ein Kofferradio und hörte sich laute
Schlagermusik an. Die gesungenen Lieder (die Gruppe sang übrigens vorzüglich)
bezeichnete er als überholtes altmodisches Gesinge.
Bisher hatten alle mit
erstaunlicher Geduld das Treiben des Neuen ignoriert. Als es aber jetzt dem
guten Gruppenführer doch zu bunt wurde und er ihn ermahnte, sich den
Gruppenregeln anzupassen, musste er sich anhören, dass sein Stil völlig
veraltet sei und dass er, der Neue, den weit verbreiteten modernen bündischen
Stil praktiziere. Dabei schaute der Neue sich um, ob er bei den anderen
heimliche Zustimmung beobachten könne. In Wirklichkeit hatte er aber bei der
Gruppe den letzten Rest an Toleranz eingebüßt und er musste sich nun anhören,
dass dieser angeblich neue bündische Stil hier völlig unerwünscht sei. Darauf
setzte sich der Neue beleidigt vor das Zelt und nahm zur allgemeinen
Erleichterung nicht an dem besinnlich-nachdenklichen Gespräch teil, das der
Gruppenführer im Rahmen seiner Charaktererziehung begonnen hatte. Nur als dann
ein sehr kurzes Nachtgebet gesprochen wurde, hörte man den Neuen aufschreien
und mit den Händen an den Ohren davon rennen.
Wo er die Nacht verbrachte,
war nicht klar, denn er hatte sich mit seiner Luftmatratze in den Wald verzogen,
weil er dort angeblich besser schliefe und Radio hören könne (Mephisto hatte
ihn in Wirklichkeit getröstet und ihm neue Instruktionen mit gegeben). Als er
dann am anderen Morgen zurückkehrte und sich wie alle anderen auch am Bach
waschen sollte, weigerte er sich, selbst die Füße wollte er sich nicht waschen.
Er habe auf einer Seite einen Klumpfuß, sagte er, und er schäme sich, diesen
Fuß zu zeigen. Dann kam das Entscheidende, was den Neuen enttarnt.
Der Gruppenführer hatte für
die Verdauungs-Entsorgung zwei Gebüsche bestimmt, eines für die Jungen und
eines für die Mädchen. Der renitente Neue ging anschließend an das Frühstück,
wo er dasselbe Theater machte wie beim Abendessen und sein Koffer größere
Mengen Toasts und Knusper-Riegel bereit hielt, zur Verdauungs-Entsorgung
demonstrativ in Richtung des Mädchengebüsches und schimpfte dabei auf die
angeblich altmodischen und verklemmenden Erziehungsmethoden. Dort begegnete er
einem Mädchen und weil Mädchen ja auch neugierig sind, entdeckte dieses bei
einem verstohlenen Blick etwas, was sie in höchster Aufregung zum Gruppenführer
rennen ließ. Der Neue habe, so druckste sie verlegen, nicht nur ein kleines Schwänzchen
vorn wie alle Jungen, sondern auch eines hinten.
Spätestens in diesem
Augenblick klingelte es im Kopf bei dem Gruppenführer. Er beendete das Lager
noch vor dem Mittagessen und rief nach der Rückkehr sofort den alten Führer an
und berichtete von dem oppositionellen Verhalten des Neuen und der letzten
Beobachtung des Mädchens. Das war übrigens der Grund, weshalb der alte Gandalf
und Sokrates in ein kurzes herzliches Gelächter ausgebrochen waren. Dann hatten
sie dem Gruppenführer geraten, den Neuen auf die Großfahrt mitzunehmen, um
Mephisto die nächste Blamage zu bereiten. Und so kam es auch.
Die Gruppe, die so
vorbildlich den modernen Lagerstil-Aufweichungen widerstanden hatte, war sofort
Feuer und Flamme, dem Jugend-Teufel und Mephisto eine neue Blamage zu bereiten,
als sie heimlich von ihrem Gruppenführer informiert worden war. Sie würden ihre
Phantasie so viel wie möglich anstrengen, versprachen sie.
Die Großfahrt kam also
zustande und der Neue durfte daran teilnehmen. Diesmal nahmen nur Jungen daran
teil. Was dem Neuen nun alles für Enttäuschungen und Schwierigkeiten durch die
Gruppe bereitet wurden, das soll nur kurz angedeutet werden. Er war diesmal zwar
in bündischer Tracht und mit Rucksack erschienen, aber auch diesmal schien
dieser Rucksack einen unerschöpflichen Inhalt zu haben, denn was der Neue sich gerade
wünschte, konnte er aus dem Rucksack ziehen, ob es Essen, Radio, Laptop,
Game-Boy, Cola, Video-Kamera oder Sonstiges war. Aber er hatte nicht viel
davon. Denn die Gruppenmitglieder sammelten heimlich alle diese Geräte ein und
schicken sie in einem Paket postlagernd nach Y-Stadt. Sie fütterten mit den Naschereien
die Wildtiere und füllten die leeren Tüten mit Rindenstücken. Sie gossen das
Cola in den Bach und füllten die Flasche mit Moorwasser. Sie sangen
Volkslieder, in denen Engel vorkamen und weideten sich an dem Anblick des Neuen,
der dann geduckt dasaß und ängstlich nach oben schielte. Sie sprachen täglich
ein Gebet, was sonst nicht üblich war, und feixten, wenn der Neue sich die
Ohren zu hielt und schreiend fortlief. Aber das Finale bereitete sich vor, als
man erlebte, dass sich bei einer Kirchenbesichtigung der Neue in den Büschen
versteckte und mit dem Rücken zur Kirche schweißtriefend wartete, bis die Gruppe
wiederkam. Da endlich beschloss man dem Neuen, dessen Nerven mittlerweile blank
lagen (und die des Mephisto auch), den entscheidenden Stoß zu versetzen.
Der alte Führer hatte den
entscheidenden Plan vorbereitet und mit der Gruppe besprochen. Er kannte in
einer kleinen Stadt in der Nähe einen von außen unauffälligen viereckigen
Kloster-komplex, in dessen Innenhof man durch ein großes Tor mit 2 Holzflügeln gelangen
konnte. In diese Stadt zog man nun singend, wie bisher üblich, ein. Doch dann
erklärten die Jungen, sie hätten jetzt das einfache Leben satt. Viel
schmackhafter als die einfache (aber gesunde) Fahrtenkost sei die moderne
Mehlpampe, viel besser als ihr (gesunder) Kräutertee seien die modernen Limos
mit Aroma und Farbstoffen, viel gesünder die modernen Fertiggerichte mit Geschmacksverstärkern
und viel erfrischender als kühler Zitronentee seien die modernen Fertig-Eise
ohne Milch und Früchte, nur aus Imitaten und Geschmacksstoffen hergestellt. Und
der Gruppenführer gab sich (angeblich traurig) geschlagen und war bereit, dass
die Gruppe in einen modernen Fress-Gebäudekomplex gehen und sich dort voll
schlagen dürfe. Der Neue glaubte bereits, dass sich das Blatt zu seinen Gunsten
gewendet habe und schwelgte bereits in den Lobsprüchen, die er hören würde. Er
ließ sich deswegen überreden, sich sein Halstuch vor die Augen binden zu
lassen, bis man den Fress-Komplex betreten habe, denn die Gruppe wollte ihm
angeblich eine Überraschung bereiten.
So führte man den Kinder-Teufel
mit verbundenen Augen in den Klosterkomplex, schloss die beiden Holzflügel und
hängte von innen ein großes Kreuz dagegen, das man heimlich aus 2 größeren
Ästen gemacht hatte. Als der Neue sich dann voller Erwartung das Halstuch von
den Augen nahm und wieder um den Hals hängen wollte, erstarrte er. Zuerst fiel
sein Blick auf die einfache, niedrige Kirche, dann auf die anderen Gebäude mit
Heiligenbildern und zuletzt auf das große geschlossene Tor. Brüllend wie ein
verwundetes Tier rannte er auf dieses Tor zu, doch kurz davor prallte er
zurück, weil er das Holzkreuz sah. Als dann noch auf einen Wink des alten
Führers die Kirchenglocke zu läuten anfing, setzte sich der Kinder-Teufel mitten
in den Innenhof auf den Boden, wickelte sich wieder das Halstuch um die Augen,
hielt sich die Ohren zu und schrie so jämmerlich, dass er einem leid tun
konnte, sofern man mit einem Teufel überhaupt Mitleid haben kann. Als dann noch
der Abt und die Mönche neugierig auf den Hof kamen, sich um ihn herum stellten
und ihn mit Bibelworten bedrohten und ihm ankündigten, er käme jetzt in eine
enge Zelle mit lauter Kreuzen an den Wänden, schrie und krümmte sich der kleine
Teufel so, dass man bei einem Menschen denken würde, er werde bald sterben.
Das war der Zeitpunkt, an dem der alte Führer zu
Sokrates und dem Gruppenführer sagte:
Der alte Führer:
Ich glaube, es ist jetzt Zeit, dass wir das Ganze zu Ende bringen. Draußen wird
jetzt ein gewisser Mephisto verzweifelt auf und ab gehen und nicht helfen
können. Denn auch draußen vor das Tor habe ich ein Holzkreuz hängen lassen und
damit kann er nicht hinein und seinen Benjamin-Teufel abholen. Mal sehen, zu
welchen Zugeständnissen er bereit ist.
(Und damit öffnete er das Tor einen kleinen Spalt und schlüpfte mit
Sokrates hinaus)
Draußen ging tatsächlich eine
dunkel gekleidete Gestalt, die irgendwie halb durchsichtig war,
unruhig auf und ab. Als die
Beiden heraus kamen, ballte diese Gestalt die Fäuste, fluchte und stampfte mit
den Füßen wütend auf den Boden. Die Beiden blieben ruhig vor dem Tobenden
stehen und nach einer Weile fragte der alte Führer ungerührt:
Der alte Führer:
Na, sieht man sich so wieder, Mephisto? Weshalb bist du so erregt?
Mephisto (direkt und keuchend vor Wut): Welche
Bedingungen stellt ihr, damit der arme Teufel da drinnen heraus kann?
Der alte Führer
(ganz ruhig): Du kommst also direkt
auf das Wesentliche... Du hast dir auch dieses Mal wohl alles etwas anders
vorgestellt... Gut, wir haben Bedingungen, wobei man bei einem Teufel niemals
weiß, ob er abgeschlossene Bedingungen auch einhält. Denn ihr Teufel seid ja
Lügner von Berufs wegen. Aber wir können es diesmal ja mal mit einem kleinen
Vertrag versuchen. Ich habe hier bereits einen Vertrag vorbereitet, in dem du
uns zusicherst, diese vorbildliche Gruppe hier künftig in Ruhe zu lassen. Wenn
du diesen Vertrag jetzt eigenhändig unterschreibst, lasse ich die Holzkreuze
von den Torflügeln abhängen und du kannst mit deinem Kinder-Teufel in die Hölle
abziehen... Hier habe ich einen schwarzen Permanent-schreiber.
(Er hält Mephisto den Schreibstift hin. Der greift hastig danach und
unterschreibt mit einem schwarzen M..., das sich zum rechten Rand hin langsam
in Wellenlinien auflöst).
Mephisto (zähneknirschend): Du hast viel von mir
verlangt, eine eigenhändige Unterschrift... Weshalb hast du kein Geld von mir
verlangt? Du hättest davon einen ganzen Bund ausrüsten können.
Der alte Führer
(lächelnd): Des Teufels Geld bringt meistens
kein Glück, auch für einen guten Zweck bin ich unsicher... Vielleicht aber das
nächste Mal... (dann nach hinten gewandt)
Jetzt hängt die Kreuze bitte wieder ab und macht die Tore auf.
Einige Jungen hängen die
Kreuze wieder ab und öffnen die Torflügel. Mephisto stellt sich vor das offene
Tor und ruft den kleinen Teufel. Sobald der die Stimme seines Herren hört,
springt er auf und rast durch das offene Tor nach draußen. Dort nimmt ihn
Mephisto wortlos am Arm, beide drehen sich um und verschwinden dann irgendwie,
ohne dass man sagen könnte, ob sie weggeflogen sind oder sich einfach aufgelöst
haben.
Der alte Führer
(lächelnd zu den anderen gewandt):
Teufel sind zwar raffiniert, aber sie sind überwindbar, wenn man ihre
Schwachstellen kennt. Dann ist das gar nicht so schwer.
Der Abt (der das Erlebt erst noch verdauen muss, denn
wann trifft ein Abt schon einen echten Teufel und dazu noch in einer derart
peinlichen Lage): Offensichtlich... offensichtlich!
Der alte Führer
(faltet das Dokument mit der
Originalunterschrift des Mephisto sorgfältig zusammen und steckt es in eine
mitgebrachte Tasche) Wie gesagt, man kann einem Teufel niemals trauen, ob
er ein Versprechen hält... Vermutlich wird Mephisto jedoch eine Zeit lang Ruhe
geben... Aber dieses Dokument mit seiner eigenhändigen Unterschrift werde ich
sorg-fältig aufheben. Vielleicht bekommt es einmal Seltenheitswert... Denn ein
Dokument mit einer eigenhändigen Unterschrift des Mephisto besitzt nicht jeder.
Die bündische Gruppe aus Y-Stadt wird ihre Großfahrt
vermutlich fortsetzen, unbeschwerter als vorher und mit berechtigtem Stolz.
Übrigens: Jeder bündische Führer, der eine solche Gruppe
führt, darf berechtigt stolz sein, und jede bündische Gruppe, die einen solchen
Gruppenführer besitzt, ebenso.
(Verfasst von discipulus
socratei, der die Reinschrift des Dokumentes anfertigen musste)
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.07.2009.
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