Einmal saßen Renee und ich in einer Eisdiele. Renee war
meine beste Freundin; mit ihren 14 Jahren war sie schon sehr attraktiv. Sie
hatte dunkelbraune Augen und glänzendes schwarzes Haar. Ich dagegen war eher
ein Mauerblümchen, ganz niedlich, aber
ohne Ausstrahlung und extrem schüchtern.
Nach einer Weile sagte Renee: „Sieh mal, dort sitzt einer
und schaut die ganze Zeit zu mir herüber. Ich glaube, der malt mich, lass uns
doch mal hingehen.“
Ich mochte nicht extra aufstehen, um einem wildfremden Mann,
der mit einem Skizzenblock dort saß, über die Schulter zu schauen.
Darum sagte ich: „Lass uns beim Rausgehen nachsehen, was er
malt .
Renee war völlig begeistert darüber, dass sie gezeichnet
wurde. Sie stieß mich immer wieder an: „ Er guckt schon wieder her“.
Sie überlegte, ob sie ihn wohl bitten sollte, ein großes
Bild von ihr zu malen. Ich ermahnte sie zur Vorsicht: „ Du kannst doch nicht
irgend jemandem Model sitzen."
Doch Renee’s Begeisterung kannte keine Grenzen, noch nie war
sie gemalt worden! Als ich einmal zufällig zu dem Maler schaute, trafen sich
unsere Blicke. Zufall? Beim zweiten Mal merkte ich, dass er mich aufmerksam
betrachtete. Sollte er vielleicht auch mich zeichnen? Oder hatte er die ganze
Eisdiele auf seinem Blatt festgehalten?
Nun, endlich hatten wir unser Eis bezahlt und wandten uns
dem Maler zu. Renee bat ihn, uns zu zeigen, was er gezeichnet hatte. Er legte
uns den Block vor und wir blickten in mein Gesicht. Am liebsten hätte ich laut
gelacht. Das war typisch für Renee, alles bezog sie auf sich. Renee konnte es
nicht glauben, dass er mich gezeichnet hatte und ließ sich sämtliche Blätter
zeigen, doch von ihr war keine Spur zu sehen.
Schließlich bat sie um einen Termin zum Model sitzen. Sie bekam ihn auch, doch was daraus geworden ist habe ich nie erfahren.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.07.2009.
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