David Harlander

Tod in der Vergangenheit oder Zeitreise ins Ungewisse

 

„…und damit, meine Damen und Herren, wäre bewiesen das Zeitreisen nicht möglich sind!“ schloss Edwin mit lauter Stimme seinen zweistündigen Vortrag. Schon schossen mehrere Hände in die Luft, erpicht darauf ihre Meinung kund zu tun oder nur um mit bohrenden Fragen das logisch Richtige zu bezweifeln. Doch Edwin bewahrte Fassung, er wusste dass diese nun mal Teil seiner Präsenz und damit seines Vortrags war. „Und manchmal“ so dachte Edwin, während er in der Menge einen Kandidaten für eine intelligente Frage suchte „ sind auch recht anregende Fragen dabei“. Eine junge Frau mit intelligenten Blick und einem betörenden sanften Lächeln in der dritten Reihe hatte es Edwin angetan. Mit einem ermutigenden Lächeln wies er mit seiner Hand auf die junge Frau. Mit strahlendem Gesicht stand sie auf, blickte kurz in die Menge und richtete schließlich ihren Blick auf Edwin, der in eben diesen einen Hauch von Bewunderung entdecken konnte. „Mein Name ist Emily Deloid. Herr Professor, in ihrer These gehen sie davon aus dass die bloße Anwesenheit eines Zeitreisenden in einem anderen temporalen Handlungsstrang ein Paradoxon hervorrufen würde. Worauf stützen sie diese Annahme?“ fragte die junge Frau mit diesem Lächeln. Edwin konnte seine Überraschung nur mit Mühe unterdrücken. War es Zufall? In Gedanken ging er ihre Frage erneut durch. Nein, es konnte kein Zufall sein, sie hatte genau die richtige Frage gestellt. Und dann der Name. Aber eigentlich sollte ihn das nicht überraschten. Er hätte damit rechnen müssen dass sie ihn eines Tages überprüfen würden. Doch schon hatte er seine öffentliche Fassade wieder errichtet und lächelte leicht. „Mrs. Deloid, dies ist eine Frage der Logik. Zwei Individuen im selben Zeitstrang können nicht existieren. Aber die genauen Gründe hier zu referieren würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Wie ich weiß beginnt in kürze der nächste Kurs. Aber gerne stehe ich ihnen für einen Termin zur Verfügung!“ antwortete Edwin auf die Frage, jedes Wort wohl überlegt. „ Diese Möglichkeit werde ich gerne in Anspruch nehmen. „ antwortete sie genau so galant wie zuvor. Er bedacht sie noch mit einem kurzen Lächeln und richtete sich dann dem ganzen Auditorium zu „Das gilt übrigens für alle!“ meinte Edwin und richtete dabei seinen Blick auf die wenigen Hartnäckigen die noch immer die Hand erhoben hatte. Er griff nach seinen Papieren, ordnete sie und richtete seine Aufmerksamkeit das letzte Mal auf die jungen Studenten. „Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag“. Dann wandte er sich ab und stieg von seinem Pult. Vereinzelt waren Grüße zu hören, doch beherrscht wurde der Raum vom scharrenden Geräusch zurückrückender Stühle und Notizen die eilig eingepackt wurden. Mit schnellen und großen Schritten verließ Edwin den Raum und machte sich auf den Weg zu seinem Büro. Ständig musste er den Drang unterdrücken sich umzudrehen oder einen Blick zurück zu werfen. Kollegen kamen ihm entgegen und grüßten ihn. Ein paar Studenten warfen ihm einen bewunderten oder verachtenden Blick zu. Die eine Gruppe unterstütze seine Thesen, die andere sah sie als aus der Luft gegriffene Annahmen eines alten Spinners. Bei diesen Gedanken musste Edwin lächeln. Manchmal fühlte er sich tatsächlich wie ein alter Spinner. Schon weit vor der Tür seines Büros kramte Edwin in seiner Tasche nach dem Schlüssel. Schnell schloss er die Tür auf und verschwand im kleinen mit Möbel und Regalen vollgestellten Raum. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Doch kaum war das klickende Geräusch der Türschnalle verklungen pochte es an die Tür. „Komm rein!“ war seine kurze Antwort. Langsam öffnete sich die Tür und die junge Frau, Emily Deloid, trat ein. Ihre unschuldige Art war wie weggewischt. Stattesen war eine Art Rutine in ihre Miene getreten. „Hallo Professor“ sagte sie und schenke ihm wieder eins ihrer hypnotischen Lächeln. Edwin lehnte sich gegen seinen Schreibtisch und nahm seine Brille ab.“Hallo Emmy, du bist groß geworden.“ antwortete er, blickte zu ihr auf und lächelte sie strahlend an. „Weißt du, die Zeit vergeht in jeder Zeit.“ Meinte sie. „Komme her!“ lächelte sie und breitete ihre Arme aus. Mit einem wissenden Grinsen umarmte er sie. Als er sich von ihr löste betrachtete er sie genauer „Wie geht’s Albert?“ fragte er. Als er das letzte Mal vor drei Jahren seinen Freund gesehen hatte war seine kleine Tochter erst 12 Jahre alte. Jetzt sah sie aus wie 30. Ein dunkler Schatten trat in ihre Augen. „Er ist krank geworden. Krebs. Er bekommt jetzt Testoran. Seine Chance stehen 50 zu 50.“ Edwin blickte ihr tief in die Augen. „Aber er schafft es. Er ist stark!“ lächelte sie. Edwin antwortete mit einem aufmunternden Lächeln. „Sag ihm schöne Grüße von mir. Aber was machst du hier?“ fragte Edwin. Er wollte dieses freudige Erlebnis zwar nicht vorzeitig beenden, doch war er zu neugierig um sich vor dieser Gefahr zu scheuen. An ihren Blick sah er dass sie ihn verstand. „Weißt du, ich dachte ich besuchte dich mal!“ meinte sie, doch er wusste dass das nicht alles war. „ Und die Behörde wollte dass man dich mal überprüft!“ fügte sie noch hinzu. Er wusste was das bedeutet. Man würde einen derartigen Eingriff nicht riskieren wenn es keinen vernünftigen Grund gab. „Weißt du, ihr in der Zukunft wisst doch besser Bescheid über die Dinge die ich tue als ich selbst. Was wird passieren? Werde ich sterben?“ fragte er ganz offen, bemüht nicht aggressive zu klingen. Sie sah ihn mit einem Blick aus Bedauern und Bewunderung an. Das sagte ihm dass er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Bedauern, weil er sterben würde, Bewunderung dass er es aus ihrer bloßen Anwesenheit geschlossen hatte. „Es tut mir Leid“ sagte sie nur. „Die Behörde dankt dir für deine hervorragende Arbeit!“ meinte sie noch kleinlaut. Sie wusste wie diese Worte wirken mussten, doch ihr war aufgetragen worden es zu sagen. Das Protokoll verlangte es. Genauso wusste er, dass seine Einwende, die er nun äußern würde genau so sinnlos waren. Doch es war ein Instinkt und Edwin rührte nicht den kleinsten Finger ihn zu unterdrücken. „Also schickt ihr mich in die Vergangenheit um diese primitiven Egoisten daran zu hindern zu entdecken dass die Bewegung eines Körpers nicht auf die räumliche Ebene beschränkt ist und plötzlich wollt ihr mich abspeisen, weil ein Ereignis, das mich eigentlich gar nicht betreffen würde weil es tausende Jahre vor meiner Geburt passiert mir den Lebensatem rauben würde? Das ist eine Ironie die einer kompletten Verhöhnung des Lebens und allen Sarkasmen die damit verbunden sind gleich kommt! Sag mir was passieren wird, ich werde es verhindern und meine letzten zwei Jahre hier abarbeiten. Mit der Markierung kehre ich wieder zurück. Warum nicht?“ redete er sich in Rage. Es würde außerdem gegen das Protokoll verstoßen. Allein seine Anwesenheit musste von 20 Computern über drei Jahre lang berechnet werden damit die Zukunft davon nicht beeinflusst wurde. Würde er jetzt etwas anderes als vorgeschrieben machen könnte das im schlimmsten Fall die Menschheit zerstören. „Es tut mir wirklich Leid“ sagte sie wieder. Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und stürmte quasi Richtung Ausgang. Edwin folgte ihr. Sie lief den Gang entlang. Er war dicht hinter ihr, musste jedoch immer wieder schwerfällig anderen Studenten ausweichen die Emily leichtfüßig umging. Er streckte seine Hand aus und…griff ins Lehre. Plötzlich war Emily weg. Die Markierung hatte das ihre getan und Emily in die Zukunft zurück gefördert. Edwin fragte sich warum man sie überhaupt hier her geschickt hatte. Um sich zu verabschieden? Um sich im Namen der Behörde für seine Dienste zu bedanken? Oder, wie es ihm plötzlich eiskalt den Rücken runter kroch, um ihn dort hin zu bringen wo er sein sollte. Plötzlich spürte er etwas in seinem Rück. Gerade als er sich umwenden wollte zerriss ein ohrenbetäubender Knall die Luft. Schreie und panisch davon eilenden Studenten waren die letzte Empfindung die er wahr nahm. Dann brach er zusammen, fiel auf die Knie, blickt ein letztes mal den Gang entlang und stürzte dann der Länge nach auf den Boden. Er spürte keinen Schmerz, nur etwas Warmes über seinen Rücken laufen. Als er seine Augen schloss fragte er sich nur noch warum.

Warum?

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.07.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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