Was hatte Claudia sich nur
dabei gedacht, für sie einfach eine Annonce für so ein Blind Date in die
Zeitung zu setzen? So etwas kannte sie aus Hollywood-Filmen. Da treffen sich
Mann und Frau, ohne etwas voneinander zu wissen. Und dann kommt es erst zu Verwicklungen,und später folgt ein Happyend, eben Kino!
Nicht mit ihr! Sie hatte genug von Verwicklungen. Von dem Mann, der ihr Liebe
und Treue „bis dass der Tod euch scheidet“ versprochen hatte, war sie seit drei
Jahren glücklich geschieden. Sie hatte von Männern die Nase voll.Sie brauchte
keinen Mann, der sich von ihr versorgen ließ und sie betrog. Ihrem Ex hatte sie
quasi das Studium finanziert, um ihn dann einer seiner Kolleginnen aus dem
Krankenhaus zu überlassen.
„Aber deshalb musst du doch nicht wie eine Nonne leben, schließlich bist du
erst dreißig Jahre jung, und außerdem gibt es auch nette Männer“, versuchte
Claudia, ihre beste Freundin, ihr Mut für eine neue Partnerschaft zu machen.
Sicher, die gab es, aber meistens waren sie schon verheiratet und hatten
Kinder. Sie tröstete sich damit, dass Nonnen eine weitaus höhere
durchschnittliche Lebenserwartung als andere Frauen aufzuweisen hatten.
„Du musst unter Menschen, einen neuen Partner kennen lernen, die Uhr tickt!“,
war Claudias anderer Paradespruch, wenn sie ihr mit ihrem Beziehungswahn in den
Ohren lag. Offenbar übertrug sie ihre eigenen Probleme auf sie, denn Claudia,
32 Jahre alt, war auch nicht liiert. Zum Glück war es ihr gelungen, sie zu
überzeugen, an ihrer Stelle den Testversuch “rote Rose“ durchzuführen.
Allerdings hatte Claudia darauf bestanden, dass sie sich währenddessen in ihrer
Nähe aufhielt.
Und nun saß sie in einer Ecke am Fenster in dem gut besuchten Kurcafe, trank
ihren Tee und begutachtete, möglichst unauffällig schauend, das Blind Date.
Claudia schien sich ja gut zu unterhalten. Der Mann war wohl auch eher ihr Typ.
Das wäre doch wunderbar, wenn Claudia auf diese Weise einen passenden Partner
fand.
Sie war so beschäftigt damit, nach Ihrer Freundin und dem Rosenkavalier zu
sehen, dass sie den jungen Mann nicht bemerkt hatte, der zwei Tische seitlich
hinter ihr saß und sie schon geraume Zeit beobachtete. Erst als er plötzlich
vor ihr stand und sagte:“ Entschuldigung, wir kennen uns doch, bist du, äh sind
Sie nicht das nette Mädchen, das mich im Geschichtskurs immer hat abschreiben
lassen“, schaute sie ihn erstaunt an.
Das war Sven, tatsächlich Sven, ihr Jugendschwarm! Wie sehr war sie damals am
Ende der Oberprima in ihn verliebt gewesen! Aber sie hatte sich nichts anmerken
lassen. Wie hatte Mutter doch immer gesagt: “Mädchen müssen stolz sein, der
Mann will die Frau erobern.“ Doch er dachte nicht ans Erobern, jede freie
Minute hatte er trainiert. So sagte sie jetzt etwas reserviert: „Nett dich zu
sehen. Was machst du hier?“
Sven, der recht aufgeräumt wirkte, zog den Stuhl heraus, sagte: „Ich darf
doch?“ , und setzte sich zu ihr an den Tisch.“ Du wirst es vielleicht nicht
glauben, ich bin hier wegen eines Blind Date.“ Aha, der also auch! Na, das
scheint ja hier neuerdings ein beliebter Treffpunkt für frustrierte Singles zu
sein. Auf ihren spöttischen Blick hin, erklärte er, er sei wegen eines Freundes
hier. Nein , nicht auch das noch! Sie hatte ja früher nie etwas davon gemerkt,
dass Sven schwul war. Aber das erklärte einiges. Schade immer die schönen
Männer! Sie ließ sich aber ihre Enttäuschung nicht anmerken und erklärte ihm,
warum sie hier war. „Ach, deshalb hast du die beiden die ganze Zeit über beobachtet.
Ich dachte schon, du wärst eine Detektivin, die einer verheirateten Frau
nachspionieren muss. Der Mann, der da bei deiner Freundin am Tisch sitzt, ist
nämlich mein Freund Jonas. Er ist etwas schüchtern, und wenn er mit der Frau
nicht richtig ins Gespräch käme, sollte ich an den Tisch kommen, um ihn
loszueisen. Und nun habe ich dich hier getroffen. So ein glücklicher Zufall!
Weißt du eigentlich, dass ich damals heimlich für dich geschwärmt habe?“, sagte
er ganz offen und strahlte sie an. “Aber ich habe mich nicht getraut, es dir zu
sagen. Irgendwie warst du immer so unnahbar.“ „Komisch, und ich habe geglaubt,
für dich existiere nichts außer deinem Sport“.
Er lächelte verschmitzt: “Soll das heißen, dass du auch ..?" Sie nickte." Du, die beiden
scheinen sich doch blendend zu verstehen. Wollen wir sie nicht lieber hier
allein lassen und gemeinsam im Kurpark etwas frische Luft genießen?“ Das hätte
sie auch nur zu gerne gesagt, jetzt, wo sie Bescheid wusste. Wie gut, dass er
die Initiative ergriffen hatte. Freudig ging sie auf seinen Vorschlag ein.
Sie hinterließen beim Ober eine Nachricht für ihre Freunde und verließen
gemeinsam das Cafe.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.07.2009.
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