„Endlich hab ich jemanden kennengelernt, der auf meiner Wellenlänge ist“ schrie Bruno, der wieder mal Stundenlang an seinem Rechner saß und sich im World wide web umher trieb. Er ging an den Kühlschrank, holte sich ein kaltes Bier und setzte sich beruhigt und entspannt in seinen Chefsessel. Er drehte sich um 360 Grad, lies dann seine Arme herunterbaumeln und atmete kräftig aus. Es war wie ein Befreiungsatmen, dass mit hohem Druck Brunos Rachen hinauf und aus dem Mund strömte. Auf einmal schien wieder die Sonne in seinem Leben. Er war wieder glücklich und alles schien wieder positiv zu sein. Bruno war ein erwachsener junger Mann, mitte 20 und chattete gerne mit anderen Menschen. Im realen Leben war er sehr schüchtern und konnte so kaum soziale Kontakte knüpfen. Er war nicht so der Partygänger, der sich die halbe Nacht zu soff und dann am nächsten Tag nicht mehr wusste, was er denn die ganze Nacht überhaupt getan hatte. Brunos Leben war generell ganz in Ordnung. Er hatte Freunde, einen guten Beruf, indem er sich auch wohl fühlte, seine Hobbys, die ihm großen Spaß bereiteten, ja sogar ein kleines Häuschen, das er sich schön eingerichtet hatte. Doch wenn er abends vor dem Fernseher saß und einen Film schaute, merkte er, dass irgendwas fehlte. Eine Person, mit der er über den Film lachen oder aber auch weinen konnte. Mit der er reden aber sich auch mal anlehnen konnte. Er hatte zwar fast alles, wollte es aber mit jemand teilen. Die Couch war ihm viel zu groß allein. Der Esstisch war irgendwie leer, obwohl er mit reichlich Essen gedeckt war. Was Bruno aber gar nicht so mochte, war die Stille in seinem Häuschen. Ja, es war fast schon gruselig, so leise war es bei ihm, außer wenn er mal Besuch von seinen Freunden bekam. Bruno hatte leider ein Problem, er hatte oft Depressionen. Sie kamen immer wieder mal und verschwanden dann auch wieder. Deshalb hatte er oft Stimmungsschwankungen, die auch seine Freunde bemerkten. Familie hatte Bruno nicht viel. Nur seine Mutter, sonst niemanden. Sein Vater verstarb vor ein paar Jahren an einem Autounfall. Das hat ihn natürlich schwer mitgenommen und er auch nie wirklich verarbeitet. Genau aus diesem Grund sehnte Bruno sich erst recht nach einer Familie. Nach seiner eigenen Familie, die er selbst gründen wollte. Beim Thema Liebe hatte er aber bis jetzt keinen großen Erfolg. Er hatte früher mal ein paar Freundinnen, mit denen er auch seine ersten Erfahrungen sammelte, doch das ist schon viele Jahre her. Er wurde oft enttäuscht und so beschloss er eines Tages, dass er doch lieber Single bleibe, damit ihn keiner mehr verletzten konnte. Bruno war ein hübscher Kerl, der mitten im Leben stand. Er trank nicht viel, nahm keine Drogen und rauchte auch nicht. Er war Kinder und Tierlieb, ein guter Zuhörer, charmant und auch romantisch. Ein guter Kerl einfach, an dem das Liebesglück einfach immer nur vorbei schweifte. Er machte sich auch nix aus den Mädchen, die nur das Sex wollten, oder nur auf das Geld und Auto des Mannes schauten.
Früher oder später entschloss Bruno sich doch noch jemanden Neues kennenzulernen, weil er oft einsam war. Er wollte nicht mehr so leben, wie er es bis jetzt tat. Er hatte es einfach richtig satt und so entschied er sich fürs Internet. Es war so gesehen die gemütlichste Variante jemanden kennenzulernen. Er meldete sich bei mehreren Communitys und Partnerbörsen an. Bruno legte sich ein inhaltreiches und aussagekräftiges Profil an damit man sah, dass er es auch ernst meinte. So passierte es eines Abends, dass er jemand angeschrieben hatte und die Person sich zurückmeldete bei ihm. So chatteten sie hin und her. Sie schrieben die halbe Nacht miteinander und hatten sich auch viel zu erzählen. Von Minute zu Minute wurde die Chatpartnerin ihm immer mehr sympathischer. Sie schrieben, bis die Finger glühten und gingen auch immer mehr ins Detail. Umso später es wurde, umso intimer wurde es auch. Vor dem Rechner war Bruno nicht so schüchtern wie im realen Leben. Er dachte sich: „Wenn man sich etwas näher kennengelernt hat, kann man sich ja immer noch treffen“.
So vergingen die Stunden und Bruno war in seinem Element. Er vergas alles um sich herum und der Zeiger seiner Uhr schien im Kreis zu rennen. Bis er sich umsah, war es schon 5 Uhr morgens. Natürlich waren beide sehr müde und hörten dann auch allmählich auf mit dem Chatten. Als er sich von ihr verabschiedete und sich aus der Community ausloggte, schrie er vor lauter Freude: „Endlich hab ich jemanden kennengelernt, der auf meiner Wellenlänge ist“.
Er drehte sich mit seinem Chefsessel in Richtung Schlafzimmerfenster, sah hinaus und flüsterte leise: „Bis morgen mein Mädchen“. Er schlief schnell und zufrieden ein.
Am nächsten Morgen wachte er vergnügt auf und machte sich gleich einen Kaffee. Als er seinen Kaffee austrank und frühstückte, saß er sich sofort wieder vor seinen Rechner und loggte sich in der Community ein, wo er gestern seine Chatpartnerin kennengelernt hatte. Die Stunden vergingen und schließlich war es auch schon wieder abends. Er wartete sehnsüchtig darauf, dass sich seine neue Bekanntschaft einloggte und mit ihm chattete. Doch er wartete vergebens. Nun war es mittlerweile nachts und er schaltete den Rechner wieder aus. Er legte sich ins Bett und plötzlich gingen ihm jede menge Gedanken durch den Kopf. So glücklich er anfangs war, war er jetzt wieder in eine Depression gefallen. Er stellte sich viele Fragen. Warum sie nicht online war, ob sie keine Lust mehr auf ihn hatte, ob sie es ernst gemeint hatte, ob er was falsches gesagt hatte oder zu viel redete, bzw. schrieb. Zuerst machte Bruno sich nur negative Gedanken. So war er nun mal. Er dachte immer erst negativ. Doch dann glaubte er, dass es schon einen Grund gab, warum sie heute nicht online war. „Morgen ist sie bestimmt wieder online“ sagte er traurig zu sich.
Am nächsten Tag warf er wieder seinen Rechner an und nahm diesmal aber seinen Kaffee mit. Er frühstückte gar nichts. Dann plötzlich machte es „kling“. Dieser Ton erklang, wenn jemand in der Community online ging. Es war seine Chatpartnerin. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Sie war wieder da. Er schrieb sie gleich an und fragte, wie es ihr ginge. Sie erwiderte, dass es ihr gut ginge und was er jetzt machen würde. So kamen die zwei wieder ins Gespräch. Bruno dachte schon daran sich jetzt mal mit ihr zu treffen, weil er überzeugt war, dass sie die Richtige sei. Er war schon verknallt in sie, obwohl er sie noch nicht mal richtig kannte. Er hatte nur ein paar Fotos von ihr und den Eindruck den er bis jetzt sammeln konnte. Die Person konnte in Wirklichkeit ganz anders sein als er sich vorstellte. Aber genau das wollte er ja herausfinden, indem er sich mit ihr treffen wollte. Als er ihr dann das Angebot machte, versetzte sie ihn und schrieb, dass sie jetzt 4 Wochen zu ihrem Freund fahren würde und sie sich danach gerne mal treffen könnten. „Zu ihrem Freund“? Für Bruno brach eine Welt zusammen. Er dachte sie sei Single. Freunde hatte er doch genügend, er wollte jemanden der ihn liebt und der er die Liebe zurückgeben konnte. Genau dies fehlte ihm noch zum Glücklich werden. Er hatte doch so viel Liebe in sich, die er zu verschenken hatte. Candlelight Dinner zu zweit, romantisches Picknick am See und irgendwann eine Familie gründen. Das waren seine größten Träume. Diese Träume schienen nun zu zerplatzen.
Noch mal um auf den Freund zurückzukommen. Der Freund der Cyberfreundin von Bruno, die übrigens Maria hieß, wohnte in den Bergen und war ca. 200 Kilometer von Maria entfernt, die wiederum ca. 50 Kilometer von Bruno entfernt war. Das heißt, ein persönliches Treffen wäre kaum möglich gewesen und der Freund wäre bestimmt auch nicht glücklich darüber. Maria tröstete Bruno damit, dass sie ihren Laptop mitnehmen würde. Bruno war jetzt richtig verknallt in sie. Er konnte nicht sagen warum er überhaupt so empfand. Aber er musste nur noch an sie denken. Weil er sie so gerne hatte, musste er den Kontakt auch weiterhin pflegen, auch wenn sie doch schon vergeben war. Er wollte sie trotzdem kennenlernen und hatte auch immer ein bisschen Funken Hoffnung. Die Hoffnung, dass sich die Beiden vielleicht doch irgendwann ineinander verlieben könnten.
Das Ende vom Lied war, das sich Maria nicht mehr bei Bruno gemeldet hatte. Sie war die ganzen 4 Wochen nicht einmal online. Bruno fing ein paar Tage darauf an zu weinen. Er weinte sonst nie aber da liefen ihm die Tränen nur noch so herunter. Er betrank sich sogar wegen ihr und hatte sich total zurückgezogen um seine Schmerzen zu verarbeiten.
Weitere 3 Wochen später hörte und sah Bruno immer noch nichts von Maria. Er musste weiterhin an sie denken und war jeden Tag vor seinem Rechner und wartete auf sie. Es hätte ja sein können, dass sie sich doch noch bei ihm meldet. Sie war doch so ein nettes Wesen, dachte sich Bruno. Er war sich zu 100 Prozent sicher, dass sie sein Mädchen sei und sie irgendwann miteinander glücklich werden würden. Sie hatten doch die gleichen Interessen.
Er wollte einfach nicht wahr haben, dass das wieder mal eine kurze Cyberliebe war. Anscheinend hatte er sich so in ihr getäuscht und diese sogenannte Cyberlove hat sich bewahrheitet. Von nun an verschloss sich Bruno komplett und lies keine Gefühle der Liebe an sich ran. Er ging auch fast nicht mehr online, weil er dann nur an Maria denken musste. In der Community lies er sich gar nicht mehr blicken. Er hatte es aufgegeben mit der großen Liebe und so vergingen die Monate, ohne dass er sich noch mal für eine Beziehung interessierte.
Eines Tages machte er einen Ausflug mit seinen Freunden. Sie fuhren nach München ins Deutsche Museum. Bruno war schon wieder ganz gut drauf und hat sich von seiner Cyberliebe erholt. Nun wollte er mal wieder so richtig was erleben und ins Museum fahren und danach noch München unsicher zu machen. Sie schauten sich alles Mögliche in dem wunderbaren und großen Museum an. Bruno ging ein bisschen weiter und schlenderte von Schaukasten zu Schaukasten. Er hatte seine Freunde ein bisschen zurückgelassen.
Plötzlich ertönte eine helle und sanfte Stimme: „Bruno“?
Bruno sah um sich und war starr. Es war Maria, seine Cyberliebe. Er hörte kurz auf zu atmen und sagte dann: „Maria, du hier“? Sie war wunderschön. Noch viel schöner und attraktiver als auf den Profilbildern. Dann holte Bruno gleich noch mal aus und fragte: „Wo ist denn dein Freund“? Maria antwortete: „Es ist vorbei, er hat mich betrogen und nun bin ich wieder Single“! Bruno war baff. Er stellte Maria seinen Freunden vor und fragte sie, ob sie mit ihnen mitkommen würde. Sie sagte mit ihrer hellen und sanften Stimme: „Na klar, warum nicht“? So erlebten alle zusammen einen wunderschönen und sehr spaßigen Tag. Sie hatten wirklich einiges erlebt. Der Tag neigte sich dem Ende zu und Bruno und seine Freunde machten sich langsam auf den Rückweg. Nun kam der Zeitpunkt des Abschieds. Würde er Maria jemals wieder sehen? War das eine einmalige Sache? Das waren seine innerlichen Fragen. Bruno sah Maria einfach nur verliebt an und brachte kein Wort mehr heraus. Maria sagte: „Es war ein wunderschöner Tag heute, vor allem mit dir“ und gab ihm einen Kuss auf die Backe. Er wurde sofort Rot und erwiderte den Backenkuss. Er wollte nur noch eines wissen und zwar warum Maria sich nicht gemeldet hatte bei ihm. Sie sagte zu ihm: „Mein Freund war total eifersüchtig und ich wollte die Beziehung nicht aufs Spiel setzten“. Das hatte Bruno dann schon verstanden und verabschiedete sich bei ihr.
Im laufe der Zeit trafen sich Bruno und Maria immer öfter und aus der Cyberliebe wurde wahre Liebe. Die Beiden haben sich ineinander verliebt und sind später zusammengezogen. Bruno war der glücklichste Mensch auf Erden, denn er hat seine große Liebe doch noch gefunden. Nach ein paar Jahren haben sie sogar geheiratet und 2 Kinder bekommen. Eine Tochter und einen Sohn. Nun war das Leben des Ehepaares perfekt und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihres Lebens.
ENDE
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.08.2009.
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