Sara Puorger

Ich erinnere mich...


Ich erinnere mich an den Tag an dem sie starb, als ob es gestern gewesen wäre. Sie starb als ich dreizehn Jahre alt war. Das war vor sieben...nein acht Jahren. Es war Sommer und heiss draussen. Sie pflegte hinaus zu gehen an solchen Tagen. Sie pflegte in ihr Auto zu steigen, zum Schwimmbad zu fahren und ihre 20 Längen zu schwimmen. Sie war schnell. Ich hatte nie eine Chance ihr nachzukommen, obwohl ich auch nicht schlecht war. Sie liebte es zu schwimmen. Aber an diesem Tag lag sie in einem Spitalbett im Zimmer meiner Schwester.Meine Schwester musste wegen ihr in den Keller ziehen, aber das machte ihr nichts aus. Sie liebte sie genauso sehr wie ich sie liebte. Wir alle liebten sie; meine beiden Schwestern, mein Bruder, mein Vater und John, ihr Freund. Aber ich denke die, die sie am meisten liebte war meine Mutter. In diesen fünf oder sechs Wochen, vielleicht auch weniger, ich kann mich nicht mehr daran erinnern, in denen sie in unserem Haus war, war es meine Mutter, die sich um sie kümmerte. Natürlich war da auch noch eine Krankenschwester, die jeden zweiten Tag vorbei kam, um ihr zu helfen, aber meistens war es meine Mutter, die ihr half zu essen, die ihr die Medizin gab, die oft einfach and ihrem Bett sass, ihre Hand haltend oder aus der Bibel vorlesend. Es war meine Mutter, die ihr ein Glöcklein gab, die sie während des Tage benutzen konnte, falls sie Hilfe brauchte. Es war meine Mutter, die eine Klingel einbaute, dessen Schellen man im Elternschlafzimmer hören konnte, falls etwas war während der Nacht. Und es war meine Mutter, die da war mit ihr, ihre Hand haltend, als sie zum letzten Mal ausatmete.
Ich erinnere mich an den Morgen ihres Todes, als ich hinunter ging in ihr Zimmer um ihr guten Morgen zu sagen. Ich bin wieder dort, ein Teenager, mich über sie beugend um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben. Ihr war heiss, aber ihre Wange war kalt. Sie sagte nichts, sie schaute mich nur an, als ob sie mir sagen wollte: „Ich liebe dich, aber ich muss bald gehen.“ Diese Erinnerung niederschreibend bringt mir den Schmerz zurück, den ich fühlte als ich ihr Zimmer verliess an diesem Morgen. Ich schaute ein letztes Mal zurück, im Türrahmen stehend und Tränen rannen an meinen Wangen hinunter. Ich war dreizehn damals und ich wusste nicht viel vom Sterben. Aber obwohl ich es nicht wissen wollte, fühlte ich doch, dass ich sie gehen lassen musste.
Ich erinnere mich an den Nachmittag dieses Tages, als John den Arzt anrief, um ihn zu bitten, dass er komme und ihr irgendwie helfe. Aber er kam nicht. Er sagte nur: „Ich komme, wenn sie gestorben ist. Aber Sie können vorbeikommen, um etwas gegen ihre Schmerzen zu holen.“
Ich erinnere mich dass mein Vater uns Kinder zum Arzt mitnahm, um meiner Mutter und John Zeit zu geben, um sich von ihr zu verabschieden. Er nahm uns mit sich, um die Medizin zu holen, die sie gar nicht mehr brauchte. Es war meine Mutter und John, die mit ihr waren als sie uns verliess.
Ich erinnere mich wie wir mit der Medizin zurückkamen, wie ich vom Auto zum Haus rannte, ausrufend: „Wir haben es!“ Aber bevor ich ihr Zimmer betreten konnte kam meine Mutter hinaus. Einen Blick in ihr Gesicht, einen Blick in ihre vom Weinen gerötete Augen sagte alles. Ich wusste sofort, dass sie nach Hause zu unserem Schöpfer gegangen war. Ich drehte mich um mit einem Schrei, „Nein!“ und rannte in mein Zimmer. Ich wollte niemanden sehen. Ich wollte nur alleine sein. Alleine mit dem Schmerz des Verlustes im Herzen und das Bild von ihr in meiner Erinnerung.
Ich erinnere mich an diesen Tag, als ob es gestern gewesen wäre. Den Tag an dem mein Grosi starb.

Das Original dieser Geschichte habe ich auf Englisch geschrieben und ist auch auf e-Stories.de veröffentlicht. Das Schreiben ist für mich eine Art Geschehenes zu verarbeiten und Erinnerngen im Herzen zu behalten. Ich habe mein Grosi mit dreizehn verloren. Sie starb an Krebs. Oft denke ich an sie zurück, und ich wünschte sie wäre noch hier. Aber sie hat es schöner dort wo sie jetzt ist. Und ein Trost ist mir geblieben. Denn eines Tage werde ich bei meinem Herrn Jesus mit ihr wieder vereint sein.Sara Puorger, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.12.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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