Nina Lochmann

Wie bei Muttern

 

"Schmeckt wie bei Muttern". Den Ausspruch kenne ich. Habe ihn schon oft gehört, meistens gesprochen von schwärmenden Menschen, die ihre Begeisterung über eine delikate Gaumenfreude hinausposaunen. Wenn jemand diesen Satz zu mir sagt, ernte ich in der Regel verwirrte Blicke über die Reaktionen meinerseits. Schweißtropfen bilden sich dann meistens auf meiner Stirn und ich sehe mich hektisch nach links und rechts um, damit ich gegebenenfalls den richtigen Flugweg einschlagen kann.

Welche Folgen ein so belanglos daher gesagter Satz haben kann, darüber sind sich die meisten Menschen nicht bewusst. Erinnerungen, begleitet von den seltsamsten Geschmackskombinationen, welche der Kopf einem in den Mund zu legen scheint, können Auswirkungen sein. Aber es soll auch schon zu psychischen Kriesen, bis hin zu totalen Zusammenbrüchen im Zusammenhang mit diesem nach Außen harmlos erscheinenden Satz gekommen sein.

Wer schlau ist, versucht von vorne herein, traumatisierende Begebenheiten zu vermeiden. Kinder haben es da noch relativ einfach. Mittagschule ist ein bewährtes Mittel dagegen, mütterlicher Experimentierfreude am Herd zu entgehen. Ein bedauernder Blick zur Mutter, und man erhält meist zu einem Tag Schonfrist noch 3 Euro für einen Döner in der Stadt. Besser kann es nicht laufen.

Meistens warne ich die Menschen, welche mir den Satz entgegenbringen. Ich meine, sie können schließlich nichts dafür. Ein Mensch, der keine Negativerfahrungen gesammelt hat, ist sich der Gefahr dieser Worte nur im seltensten Falle bewusst. Nämlich eigentlich nur dann, wenn er einen Menschen kennt, der wiederum negative Erfahrungen in diesem Bereich gemacht und ihm davon berichtet hat.

Wenn ich jemanden warnen und vom wiederholten Gebrauch dieser Worte abzuhalten versuche, ernte ich des Öfteren noch verstörtere Blicke als über meine Reaktion darüber. Manchmal bekomme ich aber auch mitleidige Erwiderungen. Das eine oder andere Mal habe ich sogar Einladungen zum Mittagessen bei anderen Müttern erhalten. Sie konnten meine Skepsis zwar nie ganz verschwinden lassen, aber mit der Zeit habe ich gelernt, dass es auch Mütter gibt, die kochen können. Irgendwann, nach einigen Mittagessen und auch ein paar Einladungen zum Kaffee- das Backen ist eine ganz andere, wenn auch nicht weniger belastete Geschichte wie das Kochen, dazu ein andermal- habe ich sogar aufgehört, nach Fluchtwegen zu suchen. Meine Schweißausbrüche wurden mit den Jahren auch seltener. Nur ab und zu, wenn ich an Spaghetti in Blätterteig denke, zum Beispiel, kann ich das leichte Zittern meiner Hände noch nicht ganz kontrollieren. Dennoch befinde ich mich auf einem guten Weg, darüber hinweg zu kommen. Konfrontation ist die beste Therapie, habe ich vor kurzem gelesen. Ich denke, ich besuche meine Mutter bald mal zum Essen.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.09.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Dieses Buch ist ein Teil meines Lebens, das ich schrieb, als ich gerade mein zweites Kind verloren hatte. Bis dahin war mir unbegreiflich, warum es gerade immer mich traf, dieses viele Pech und Unglück. Mir alles von der Seele zu schreiben, war eine große Erleichterung für mich, zu vergleichen mit einer Therapie. Es half mir einfach . In dem Moment , als ich alles Erlebte niederschrieb, durchlebte ich zwar alles noch einmal und es schmerzte, doch ich hatte mir alles von der Seele geschrieben und fühlte mich erleichtert. Genau dieses Gefühl, möchte ich an Leser heranbringen, die auch vom Pech verfolgt sind, damit sie sehen, das es trotzdem doch immer weiter geht im Leben. Ebenso möchte ich es an Menschen heranbringen, die nicht soviel Pech im Leben hatten, aber sich gar nicht mit anderen Sorgen von Fremden belasten wollen. Und wenn es nur ein einfaches Gespräch oder ein guter Rat ist, das hilft schon sehr viel.

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