Katja Heinrich

Sodbrennen - 23. Auf dem Balkon: Bauen vor dem Haus

 

 

Nicht, dass ich oft meinen Balkon nutze, aber manchmal braucht auch der Sozialphobiker einen Sonnenstrahl – und wo kann er diesen besser genießen auf dem eigenen einsamen Balkon?

Leider wird zurzeit gegenüber meinem Mietshaus gebaut.

Und natürlich wird im Sommer gebaut. Und natürlich ist das laut!

Diese dreisten Bauarbeiter fangen bereits um 7 Uhr an, mit dem Bagger herumzuwerkeln und sich laut irgendwelche Anweisungen zuzuschreien.

Ich hasse es, wenn ich so unsanft geweckt werde.

Nein, ich hasse es, überhaupt um diese Uhrzeit wach sein zu müssen.

Im Sommer schlafe ich nämlich auch mal ganz gerne bei gekipptem Fenster und somit höre ich dann den Baulärm.

Mittagspause machen die Arbeiter anscheinend auch nicht. Ist das nicht gesetzlich vorgeschrieben?

Ich glaube, ich schaue mal in die Gesetzesbücher, vielleicht kann ich mich ja ein wenig auf diese Weise dafür rächen, dass ich weder ausschlafen noch in Ruhe mich eine Stunde auf den Balkon setzen kann.

Außerdem ist der Anblick der aufgerissenen Erde eine Beleidigung für meine Augen. Dort wo vorher friedlich Sträucher und Büsche vor sich hinvegetierten, sehe ich nun den blanken aufgerissenen Erdboden.

 

Nun sitze ich hier auf dem Balkon an meinem Laptop, die Sonne scheint, ich habe meinen Discman neben mir, der mir schöne Musik direkt ins Ohr trägt und den Baulärm zumindest zu 80% ausschaltet und was denken sie, was passiert?

Freundlich lächelnd taucht ein Bauarbeiter an meinem Balkon auf. Zu Tode erschrocken  springe ich auf.

Ich glaube, ich träume. Ist ja nicht so, dass ich ebenerdig wohnen würde. Wo kommt der her?

In meiner kleinen eigenen Welt ist mir entgangen, dass auch noch zusätzlich zum Bauvorhaben gegenüber die Fassade meines Mietbunkers neu gestrichen und nun deswegen ein Gerüst rund um das Haus hochgezogen wird.

Schwer atmend ziehe ich mich ins Innere meiner Wohnung zurück, schließe das Fenster, die Vorhänge, die Rollos. Meine Festung gehört mir!

 

Am nächsten Tag steht nicht nur das Gerüst komplett und jeder Bauarbeiter kann an meinen Fenstern vorbei latschen, nein, das Gerüst ist auch noch prima eingezäunt mit Folie, die kaum Luft oder Licht durchlässt. Ich hause im Dunklen.

Ich bin ja gerne abgeschnitten von der Welt da draußen, aber doch nicht so!

Entrüstet greife ich zum Telefon, um die Hausverwaltung anzurufen und zu fragen wieso zum Teufel ich als Eigentümer nicht informiert wurde und erfahre dort, dass ich bereits vor Wochen eine Benachrichtigung über die Fassadensanierung erhalten habe, worin auch der Zeitrahmen festgehalten sei, innerhalb dessen die Arbeiten erledigt werden sollen.

Meine Güte, kann ja mal vorkommen, dass man so was übersieht. Genervt suche ich in meinem Arbeitszimmer nach dem Wisch, finde ihn endlich und lese, dass die ganze Aktion etwa vier Wochen dauern soll. Vier lange Wochen. Vor meinen Augen tanzen rote Pünktchen.

 

Das gute daran ist, ich höre nun den Baulärm und sehe das hässliche  Erdloch von der anderen Straßenseite nicht mehr, da ich hermetisch abgeriegelt lebe.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.09.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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