Klaus Lutz

Der Arztbesuch 28

Es ist schon seltsam. Hin und wieder ist das Leben
dann das totale Chaos, wenn es ganz klar ist. Das
ist so der Fall nach zehn Litern Tee. Drei Tafeln
Schokolade. Und fünf stück Torte. Oder nach zehn
Cognac. Fünf Piccolo und und drei Flaschen Wein.
Dann ist es da, dieses Leben. Es ist Klar. So klar,
das mir nichts mehr dazu einfällt. Dann liebe ich
die Menschen. Die Nachbarn. Die Verrücken. Die Durch-
geknallten. Diese Klarheit hat nur einen Fehler.
Sie kostet ziemlich viel Kohle. Und Sie ist nicht
gerade gut für den Körper. Es ist das, was es an
Liebe gibt, die auf Dauer zerstört. Aber zwei drei-
mal im Jahr sollte ich mir das Leisten. Das große
Fest. Torte, Cognac, Piccolos und Wein ohne Ende.
Und dann einen Tag die große Liebe. Für alle Ver-
rückten, Durchgeknallten und Vollidioten. Für meine
Nachbarn. Besondere Freunde! Und all die Menschen,
die mir so begegnen. Immer mit einenm Kilo Pfeffer-
minzbonbons im Mund. Damit sie nicht merken, warum
ich sie gerade so liebe. Und das ich sie nur so
lieben kann. Die Klarheit. In Wahrheit gibt es
nichts was mich rettet. Ich bleibe nüchtern. Und
bewahre mir einen gesunden kultivierten Hass.
Ohne Pfefferminzbonbons. Und mit dem Tonfall der
es freundlich und besitimmt allen zeigt: "Ihr könnt
mich mal!" Ich mag mein Leben. Meine 250 kilo. Und
diesen Kerker. Ja! Es ist einfach so! Ich mag es:
"Ich bin der Süsseste und netteste Mensch der
Welt. Ein lieber Kerl. Einfach schnuckelig. Aber
total verkannt. Deswegen sitze ich hier. Unschul-
dig. Ein Opfer von Lügen.

Aber, wenn ich dann das Leben genau sehe. Dann
denke ich mir schon. Was war es wirklich? In
unserem Garten stand ein riesen Kirschbaum. Auf
den bin ich immer geklettert. Und habe Kirschen
gegessen bis zum geht nicht mehr. In Kairo war
ein Restaurant. Das hieß: "Felfalla!" Da war ich
immer gern Essen. Das Essen dort war einfach
Spitze. Es waren die Menschen, die all dort sas-
sen. Von überall her. In Bangkok waren es die
Strassenküchen. Das Bummeln durch die Stadt. Und
eine Srasse mit Kneipen. Wo nur Abenteurer und
Weltenbummler sassen. In Sidney war es der Kings
Cross. Dieses Cafe. Es gab Kaffee für 2 Dollar.
Und für den Kaffeelöffel nahmen sie einen Dollar
Pfand. Und es sassen fast nur Junkies in diesem
Cafe.

Es ist komisch. Aber es ist so. Der Verfall zeigt
das Wesen der Menschen. Wenn ein Mensch langsam
kaputt geht. Dann zeigt sich das Leben. Die Leute
sehen plötzlich, was sie hätten Leben können. Und
wie bekloppt ihr Leben war. Was sie so wichtig
genommen haben. Und wie unwichtig das war. Das ist
der Widerspruch des Lebens. Um so näher der Tod ist,
um so mehr zeigt sich das Leben. Der Tod ist immer
da. Aber die Leute denken zu spät drüber nach. Des-
wegen stimmt etwas nie. Die Zeit wann sie erfahren
was das Leben ist. Sie erfahren es meist zu spät.
Dann wenn es fast Egal ist. Dann merken die Mei-
sten, wie scheißegal Ihnen das Leben war. Und wie-
viel und was es hätte sein können! "Aber die Raten
für das Auto. Für das Haus. Für den Urlaub und das
sinnvolle Leben!" Es reicht ein Zelt. Irgendwo im
Wald. Und ein Fahrrad. Und fünf Stunden arbeit in
der Woche. Und der Rest ist Piece and Love. Love!
Love! Love! Die "love" mit der man sich im Winter ge-
genseitig wärmen kann. Die "love" die teilt und
selbstlos ist. Die "love" die aufrichtig rein und
voller Schönheit ist. Die "love" der Natur. So ir-
gendwie: "Love! Love! Love!"

Aber es ist in Wahrheit schon schrill irgendwie. Das
Leben. Und das Theater, das es ist. Es ist verlogen
dieses Leben. Und um so Verlogener es ist. Um so
mehr ist es das Leben. Und wenn ich es richtig sehe.
Dann wird es auch immer mehr dieses Leben. Mehr und
mehr Leben. Mehr und mehr Verlogen. Dann denke ich
an diese Wohnung. Über den Tip hatte ich Jemand ge-
funden, der Fußbodenleisten anbrachte. Der also mit
Holz arbeiten konnte. Und sich da auskannte. Er hat-
te so eine Bekannte, die ihn etwas betreute. Und diese
Bekannte kam mit ihm. Sie war die Tochter von einem
Reiseunternehmer. Und irgendwie lustig. Sie kam dann
hin und wieder vorbei. Ich ließ ihr Sachen zukommen,
die ich geschrieben hatte. Aber in Wahrheit war das
Ganze nur Eins: "Es war Theater!" Alle Klischees über
Neureiche. Bei ihr wurden die voll und ganz bestätigt.
Es war herrlich. Einfach wunderbar. Diese Sprache!
dieses Verhalten! All das Getue. Und nichts, was davon
Echt war. Es war einfach wunderbar. Alles was neureiche
Dummheit ist. Wenn sie die Beste und höchtste Form
der Vollendung gefunden hat: "Dann war sie wie diese Frau!"
Ich erwähne es. Denn es war wirklich einmalig. Der Ton-
fall! Die Stimme! Wenn es ein Hollywood für Laientheater
gegeben hätte. Dann wäre es Sie gewesen. Die jedes Jahr
all die Oscars für Blödheit bekommen hätte. Ihr Vater
war nicht anders. Er übertaf sie wahrscheinlich noch
an Falschheit und Verlogenheit. Einmal waren wir bei
Mc Donalds. Und ihr Vater sass an der Seite. Und ihre
Augen sagten so: "Papi! Papi! Gucki! Gucki! bin ein
gutes Mädi! Mädi! Habi eini behinderti als freundi.
Gucki! Gucki! Papi! papi! Auf jeden Fall waren die bei-
den so doof! So hinterhältig und bekloppt. Das es un-
glaublich ist.

Das andere besondere Erlebnis in dieser Wiohnung war
eine Krankenschwester. Sie kam von einem Sanitätshaus.
Es ging um die Begutachtung einer Matratze. Eine Anti-
dekubitus Matratze. Das sind Spezialmatratzen für
Querschnittgelähmte. Die das Entstehen von Duckgeschwü-
ren verhindern. Sie sieht sich das Bett an. Die Matrat-
ze. Dann geschieht etwas. Was mich ein wenig verwundert
hat. Ich denke, ich wußte es gleich richtig ein zu
schätzen. Und habe auch richtig reagiert. Sie stellt
sich so hin. Ich glaube die Hände an der Seite liegend.
Und nickt so mit dem Kopf in richtung Bett. So wie:
"Komm kleiner!" Wie wärs? Jetzt und hier! Wir könnten
es treiben! Aber mit der Matratze war alles erledigt.
Und ich ignoriere das alles. Und gehe mit ihr in die
Küche. Sie sitzt am Tisch. Und ich erzähle ihr von all
den Künsten die ich beherrsche. Im Besonderen, das
Lesen in der Hand. Was ich auch wirklich kann. Ich
kann in jeder Hand die Sachen lesen, die nur phantas-
tisch sind. Gigantisch! So dass selbst ich es nicht
glauben kann. Also dachte ich, lese in ihrer Hand. Wer
sie wirklich ist. Ich erkläre es ihr, mit der Hand. Und
sie gibt sie mir. Und was ich da las konnte ich selbst
nicht glauben. Und sie auch nicht. Da war es mir klar.
Wenn ich im Schlafzimmer auf das reingefallen wäre. Sie
wäre rausgerannt und hätte gerufen: "Vergewaltigung!
Vergewaltigung! Vergewaltigung! Da dachte ich mir auch.
Das Leben ist schon abgefuckt. Und manche Weiber sind
es auch. Es ist schon verrückt das Ganze. So eindeutig
wie das war. Und wenn dann ein Typ auf sie reingefallen
wäre. Und dann noch ein Behinderter. Der wäre nie mehr
Glücklich geworden. Das, ist das Leben. Wenn es so ist
wie es ist. Und es ist so wie es ist.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.09.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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