Ingrid Grote

TOPP, die Wette – Der Ernst der Liebe...8

 

HOFFNUNG

 

Das Erwachen war immer wie ein Schock. Doch auch der Schlaf fühlte sich furchtbar an, nie konnte sie sich richtig fallen lassen und einfach aufhören zu denken. Auch im Schlaf wusste sie, was passiert war, konnte es nicht vergessen, es geisterte durch ihre unruhigen Träume, es trat in seltsamen Bildern auf, es erschreckte sie und ließ sie aufstöhnen. Und dann hatte sie immer furchtbare Angst vor der Endgültigkeit des Erwachens.

Eine ganze Woche ging das nun schon so. Aber es musste ein Ende haben! Sie sollte sich entweder damit abfinden und es hinnehmen, oder sie sollte sich noch einmal vergewissern, sich noch einmal demütigen vor ihm. Aber das war ihr mittlerweile egal. Es musste ein Ende haben. So oder so.

Sie hatte das Telefon wieder eingeschaltet, aber es tat sich nichts. Es blieb stumm, während sie es beobachtete. War es vielleicht kaputt? Sie nahm den Hörer auf, und das Freizeichen ertönte. Es war nicht kaputt, es rief nur keiner an, auch jetzt am späten Freitag Abend nicht. Sie sollte nicht mehr darauf warten.

Gerade als sie den Hörer auflegte, klingelte das Ding urplötzlich. Irma zuckte zusammen, und ein flaues Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus. Dann riss sie sich zusammen, sie ließ sich Zeit, wollte nichts überstürzen, wollte ihm zeigen, dass sie nicht darauf angewiesen war...

„Wie geht es dir?“ Irenes Stimme klang überhaupt nicht besorgt, nein, sie klang unverblümt direkt. Klasse! Hatte eigentlich niemand Mitleid mit ihr? Und warum konnte eigentlich nicht derjenige anrufen, dem sie ihren desolaten Zustand verdankte? Träum nur weiter, du... blöde Nuss!

„Beschissen!“ Natürlich zeigte sie Irene ihre Enttäuschung nicht, sondern antwortete genauso unverblümt.

„Ich verstehe dich so gut, mein Irmaschatz! Aber ich denke, jetzt wo alles heraus ist, wird sich auch alles ändern.“

„Toll! Wirklich toll!“, sagte Irma sarkastisch. „Und wieso höre ich dann nichts von ihm?

„Er ist total fertig, denn er weiß jetzt, dass er furchtbar daneben war. Aber er muss sich erst daran gewöhnen, er traut sich ja selber nichts mehr zu...“

„Von mir aus kann er sich noch zehn Jahre lang dran gewöhnen, ist mir egal...“ Irmas Stimme klang trotzig, aber Irene hörte wohl die Verzweiflung heraus.

„Er steht noch unter Schock“, meinte sie beschwichtigend. „Seltsam, Chris ist doch so ein starker Typ. Und trotzdem hat er sich von diesem Gespräch, das er zufällig belauscht hat, so beeinflussen lassen. Ich kann das immer noch nicht verstehen…“

„Das war es wohl nicht allein“, sagte Irma muffig. „Der Proff hat ihm doch deutlich gezeigt, dass er ihn nicht so liebt, wie man ein Kind lieben sollte.“ Mist, wieso verteidigte sie Chris überhaupt?

„Da hast du Recht! Und diese beiden Sachen, die angebliche Schuld am Tod seiner Mutter und die fehlende Liebe des Vaters – das sagt der Psychologe jedenfalls – diese beiden Sachen haben ihn extrem beeinflusst, bis sie sich schließlich vereinigt haben...“ Chris’ Schwester machte eine lange nachdenkliche Pause, während der Irma immer ungeduldiger wurde.

„Zu was denn?“ fragte sie schließlich ungehalten.

„Zu der Angst, ein eigenes Kind zu haben. Denn das Kind könnte die Mutter töten und würde mit einem lieblosen Vater leben müssen“, sagte Irene bedeutungsvoll.

„Freud lässt grüßen... Interessant!“ Irma versuchte, ihre Stimme sarkastisch klingen zu lassen, aber es gelang ihr nicht so richtig. Doch dann auf einmal kamen ihr Irenes Worte voll zu Bewusstsein, und sie stutzte ungläubig.

„Psychologe? Chris war bei einem Seelenklempner? Das glaube ich dir nicht! Er hasst doch diese Typen und hat sich immer über sie lustig gemacht.“

„Früher auf jeden Fall! Aber jetzt probiert er es tatsächlich aus. Der Proff hat ihm ganz schnell einen Termin besorgt, kein Wunder bei seinen Beziehungen...“ Irene schwieg wieder, und Irma wartete wortlos und vor allem gespannt auf ihre weiteren Ausführungen.

„Ich denke, Chris hat das Gefühl, er könne sich nicht aus eigener Kraft aus dem Sumpf seiner blöden Psychosen herausziehen“, sagte Irene schließlich.

„Wäre es nicht besser für ihn, mich einfach mal anzurufen?“, schlug Irma zähneknirschend vor.

„Liebes, er will nichts falsch machen, er hat Angst...“

„Aber wovor denn? Jetzt müsste er doch wissen, dass er sich alles nur eingebildet hat!“

„Das weiß er auch. Nur möchte er keinen Fehler machen, und vor allem möchte er nicht wieder rückfällig werden. Er hat zu mir gesagt, er könne es nicht ertragen, dir noch einmal weh zu tun.“

„Ha! Er tut mir die ganze Zeit schon weh! Also was soll das?“

„Hab’ ein bisschen Geduld, er wird sich schon melden, es kann nicht mehr lange dauern.“

 

Kann nicht mehr lange dauern... Aber wie lange wollte er noch warten? Nachdem das Gespräch mit Irene beendet war, wälzte Irma unerfreuliche Gedanken. Warum meldete er sich nicht? Konnte es wirklich sein, dass er so durcheinander war? Das war schlimm, Irma fühlte auf einmal einen Schmerz irgendwo in der Herzgegend. Oh nein, sie hatte Mitleid mit ihm! Es musste ihm wirklich schlecht gehen, das kam ihr auf einmal zu Bewusstsein. Wahrscheinlich war er hin und her gerissen zwischen seiner Liebe zu ihr – er liebte sie wirklich, das war ihr auf einmal sonnenklar – und seinen dämlichen Wahnvorstellungen. Die waren an allem Schuld. Denn der Chris, den sie kannte, der hätte sie nie so verletzt, hätte nie so grausame Sachen zu ihr gesagt.

Oh Chris! Sie hätte geduldiger mit ihm sein müssen, ihn fragen müssen, immer wieder fragen müssen. Aber nein, sie ist davon gestolpert wie ein ängstliches Kaninchen. Sie hat anscheinend immer noch nicht geglaubt, dass er sie liebt. Aber das tut er, ganz sicher tut er das. Mein Gott, ist sie bescheuert, sie muss zu ihm, er soll nicht so leiden, denn sie ist stärker als er. Warum? Weil sie eine Frau ist natürlich. Und er soll sich ruhig an ihr auslassen, sie kann das ertragen, aber sie muss ihm sagen, dass sie ihn liebt, egal was kommt. Denn vielleicht wird er Zeit brauchen, viel Zeit. Aber die gibt sie ihm. Sie will ihn jetzt einfach nur sehen. Es ist doch schon über eine Woche her, seit...

Irma stand grübelnd in der Küche, das Telefon hielt sie noch in der Hand. Aber dann auf einmal hatte sie es ziemlich eilig, sie lief ins Badezimmer, schaute sich aufmerksam im Spiegel an, zupfte ihre Haare zurecht und biss sich auf die Lippen, damit sie nicht so blass aussahen. Wie in ‚Vom Winde verweht’, dachte sie belustigt. Da hatte Scarlett sich auch auf die Lippen gebissen, um ihnen Farbe zu geben, wollte mit diesem einfachen Mittel Rhett Butler betören. Kein schlechter Vergleich... Rhett Butler war ja auch ein Mann mit viel Erfahrung, aber Scarlett war seine große Liebe, obwohl sie ziemlich dämlich war. Aber ich bin nicht dämlich, Irma kicherte in sich hinein, während sie ihr Spiegelbild musterte. Wie gut, dass ich weiß, dass ich ihn liebe – und wie gut, dass ich weiß, dass er mich liebt.

Und wie gut, dass sie noch die Wohnungsschlüssel hatte...

 

~~~~~~~~~~~

 

IRRTÜMER

 

Chris wacht auf, er hat unruhig geträumt, und sogar in seinem Halbschlummer hat er Angst davor gehabt, der verdammte Traum könne ihn wieder überwältigen. Eigentlich sollte er ihn ja los sein mitsamt diesem ganzen Mist von Schuldbewusstsein und Ängsten. Der Psychologe hat gute Arbeit geleistet. Natürlich traut er dem Psychologen immer noch nicht. Die Heilung muss aus einem selber kommen, das ist seine Meinung dazu, und mittlerweile glaubt er, dass er geheilt ist. Fast geheilt ist, aber er will kein Risiko eingehen.

Erstaunt stellt er fest, dass es nicht der Traum ist, der ihn geweckt hat, sondern er spürt etwas neben sich, eine sanfte Berührung und den Hauch einer zarten Haut.

Erschreckt richtet er sich auf. Kann es wahr sein? Ist sie gekommen? Er hat es hinausgeschoben, sie zu sehen und sie um Verzeihung zu bitten, er hat Angst gehabt, sie würde es nicht verstehen – denn er versteht es ja selber nicht. Aber Irma ist eine außergewöhnliche Frau, vielleicht verzeiht sie ihm ja doch, und alles wird gut.

Sie ist wirklich da, er hat sich so nach ihr gesehnt! Langsam dreht er sich zu ihr um. Im Zimmer ist es tiefdunkel, auch die einsame Laterne links vor dem Haus kann die Dunkelheit nicht sonderlich erhellen. Aber das ist egal, er weiß, wie sie ausseht, es ist tief in ihm drin, er könnte mit geschlossenen Augen ihr Aussehen nachzeichnen und davon erzählen, er weiß alles über ihre bezaubernden Grübchen und über ihren wunderschönen Mund, über die samtweiche Haut unterhalb ihrer Brüste und ihre schlanken Beine, die ihn so oft lustvoll gefangen hielten, und er hätte weinen können vor Freude, aber er verkneift sich die Tränen, obwohl die Versuchung groß ist.

Sie ist da, endlich ist sie da... Chris atmet tief aus.

Sie liegt mit dem Rücken zu ihm, und ihre nackte Haut fühlt sich ein wenig kühl an. Friert sie etwa? Alle seine Beschützerinstinkte werden wach, es sind Gefühle, die nur Irma in ihm erwecken kann, und er legt zaghaft einen Arm um sie, um sie zu wärmen.

Und sofort spürt er, dass sie sich ihm entgegenbiegt, ihr Rücken, ihr entzückender Hintern, alles drängt sich zärtlich an ihn, und das macht ihn fast wahnsinnig. Doch er beherrscht sich, obwohl alles in ihm nach ihr verlangt. Es ist schwer, sich zu beherrschen. Sein Körper reagiert so heftig, als wolle er sich sofort in sie verströmen, sich in ihr verlieren, aber nein nicht, nicht jetzt sofort... Er muss sich beherrschen, es ist wichtig, denn er fühlt instinktiv, dass es noch nicht die Zeit dafür ist. Langsam versenkt er sein Gesicht in ihrem Haar, berührt es dann mit den Lippen. Es fühlt sich etwas anders als sonst, oder bildet er sich das nur ein? Wahrscheinlich.

Sie fängt an zu stöhnen und murmelt mit leiser Stimme: „Ich liebe dich so sehr...“, während sie sich an sein Glied drängt. Er ächzt auf vor Begehren und zieht sie noch enger an sich heran, berührt ihre Brüste, reibt sich wollüstig hilflos an ihrem Körper…

Aber dann stutzt er etwas. Irgendetwas stimmt nicht. Irgendetwas ist anders als sonst. Der Geruch, er ist nicht richtig, die Haut ist auch nicht richtig, und vor allem die Stimme... Verdammt noch mal, er ist schon so nahe daran, über die Klippe zu springen, ist bereit, sich bedingungslos hinzugeben, sich in sie fallen zu lassen, aber etwas hält ihn davor zurück, obwohl er fast platzt vor Verlangen. Es ist bestimmt nur Einbildung, aber er muss Gewissheit haben.

Mit letzter Kraft schiebt er sie von sich weg. Sie knurrt leicht erbost, und er kommt sich sagenhaft blöd vor, weil er nicht über sie herfällt, nicht in sie eindringt, nicht ihren Bund erneuert. Aber es wäre zu einfach, es wäre nicht richtig.

Stattdessen langt er mit dem Arm über sie. Er knipst die kleine Lampe an, die neben dem Bett steht und wendet sich dann langsam Irma zu. Denn er muss sie unbedingt sehen, und er muss unbedingt mit ihr reden, muss ihr sagen, was er für sie und das Kind empfindet. Muss sie um Verzeihung bitten.

 

~~~~~~~~~~~

 

Irma zögert ein Weilchen, bevor sie zaghaft den Schlüssel in das Türschloss steckt.

Es ist seltsam, heimlich hier einzudringen. Quatsch, natürlich dringt sie nicht heimlich hier ein, denn sie ist hier zuhause.

Also tut sie es, aber vorsichtig und vor allem leise.

Es ist nicht ganz dunkel in der Wohnung. Aber das ist normal, manchmal, wenn er noch wach ist, brennt eine kleine Lampe im Schlafzimmer. Ob er schon im Bett liegt? Wenn ja, wird sie sich einfach zu ihm legen, ganz still... Ob er sich wohl freuen wird?

Sie hofft es, sie hofft es von ganzem Herzen. Es hängt soviel davon ab. Aber vor allem will sie, dass es ihm gut geht, egal wie er sich entscheiden wird. Oder schon entschieden hat… Und erst jetzt erkennt sie, wie sehr sie sich nach ihm gesehnt hat, aber es ist ja bald soweit...

Schlafwandlerisch durchquert sie den großen dunklen Wohnraum und findet den Weg in das Schlafzimmer, die Tür ist offen wie immer und sie sieht, dass dort eine Lampe brennt. Also ist er noch wach. Schade, es wäre ihr lieber gewesen, wenn er schon geschlafen hätte. Doch eigentlich es ist egal, sie wird einfach hineingehen.

Aber dann bleibt sie wie angewurzelt auf der Türschwelle stehen. Der Anblick ist entsetzlich, und sie weiß nicht, ob sie ihn verkraften kann.

Sie sieht Chris, er liegt im Bett und beugt sich gerade über eine Frau, über DIESE Frau, die mit dem Sohn, und er schaut sie an. Mit einem seltsamen Gesichtsausdruck schaut er sie an, und Irma glaubt zu erkennen, dass es sich um Begehren handelt. Die Frau ist schön und blond, man sieht ihren Körper, denn sie hat die Bettdecke beiseite gestreift. Und Chris beugt sich wohl über sie, um ihre Schönheit zu bewundern.

Das ist zuviel! Irmas Mund entweicht, ohne dass sie es steuern kann ein klagender Laut, und die beiden Akteure, klar sind es Akteure, passiv sind die bestimmt nicht gewesen, schauen sie überrascht an. In Chris Blick steht Entsetzen. Oder auch nicht. Wahrscheinlich ist es nur Ärger darüber, dass sie sich hierhin traut und ihn beim Liebesspiel stört. Aber in den Augen der Frau steht einwandfrei etwas Triumphierendes, sie lächelt hämisch, und Irma schaut sie mit verletzten Augen an, aber nur kurz. Dann verwandelt sich ihr Blick und sie schaut auf Chris, der gerade aus dem Bett springt – nach seiner Hose greift und versucht, sie hastig anzuziehen. Dabei lässt er ihren Blick nicht los. Er wagt es tatsächlich, ihr in die Augen zu schauen!

 

Tatsächlich ist es passiert: Das, wovor sie von Anfang an schon Angst hatte. Er mit einer anderen Frau. Wie es scheint, ist es wohl das normalste auf der Welt.

Sie muss ihn anstarren, es geht nicht anders, sie hasst ihn, sie hasst die Frau neben ihm, und sie denkt in diesem Augenblick: Wenn Blicke töten könnten, dann wäre er jetzt tot. Das gleiche scheint er auch zu fühlen, denn er beißt sich auf die Lippen und verheddert sich beim Anziehen der Hose.

„Ich wollte dir nur die Schlüssel geben“, sagt etwas in den Raum hinein. Es hört sich komisch an. Ist es ihre eigene Stimme? Anscheinend. Jetzt sich nur keine Blöße geben, ist doch alles im Normbereich, was hat sie sich nur vorgestellt, Chris ist Chris, Chris hat Frauen, und sie ist ein Nichts, aber das Nichts wird sich nichts anmerken lassen. Soll er doch mit anderen Frauen rummachen. Viel Vergnügen!

Irma geht gemessenen Schrittes aus dem Schlafzimmer, während alles in ihr tobt und ihre Nerven fast zerreißen.

Hinter ihr ertönt ein Geräusch. Es hört sich an, als hätte Chris einen Stuhl umgeworfen und würde ihr jetzt hastig folgen. Er ruft irgendetwas, aber sie will es nicht verstehen. Wozu auch? Was will er noch von ihr? Ist doch sowieso alles nur gelogen! Er soll sie in Ruhe lassen! Sie dreht sich nicht um, sondern geht automatisch schneller durch den Raum, aber der nimmt einfach kein Ende.

In einer plötzlichen Anwandlung von Wut wirft sie die Schlüssel an die Wand. Das Geräusch, das sie beim Herunterfallen auf den Parkettboden machen, hallt verstärkt in ihren Ohren. Hoffentlich haben sie einen dicken Kratzer gemacht. Wo ist das Ende des Raumes, es kommt ihr vor, als versuche sie, im Wasser eines Schwimmbeckens vorwärts zu kommen, es geht unendlich langsam voran. Die Zeit scheint still zu stehen, und sie denkt an ihre erste Begegnung mit Chris, damals in der kleinen Disco, an diese Vertrautheit, dieses nicht nur körperliche Gefühl... Hätte sie sich doch nie mit ihm eingelassen! Endlich erreicht sie die Wohnungstür und zieht sie laut und entschlossen hinter sich zu.

Die Zeit läuft wieder normal, und im Treppenhaus beschleunigt sie ihre Schritte und poltert die Treppe hinunter, als ob sie den Teufel im Nacken hätte. Klar, der ist ja auch hinter ihr her! Sie hört wie Chris ruft, er ruft irgendwas wie warte Irma es ist doch alles nicht wahr, aber das was sie da hört, ist bestimmt auch nicht wahr. Und wenn’s wahr ist, dann ist es gelogen. Sie hat genug.

Zitternd hantiert sie mit dem Autoschlüssel herum, bis sie ihn schließlich durch Zufall ins Schloss bekommt. Sie startet den Karman und setzt ohne zu schauen zurück auf die Straße, just in diesem Augenblick öffnet sich die Haustür, und Chris erscheint, er ist immer noch halbnackt, nur mit seiner Hose bekleidet, und sie hört seine Stimme... „Irma bitte bleib’ doch hier, es ist alles ein Missverstän...“

Der Rest des Satzes verweht irgendwo im Wind, oh Gott, vom Winde verweht, Scarlett und Rhett Butler, es gibt keine Parallelen, sie hat sich alles nur eingebildet, sie will ihn auch gar nicht hören, ist doch sowieso alles gelogen. Sie gibt schnell Gas, sie schaut nicht zurück, sie will irgendwohin, wo er sie nicht erreichen kann, denn es ist aus.

Es fängt an zu regnen, und sie schaltet die Scheibenwischer ein.

Es ist aus, surren sie monoton hin und her. Es ist aus...

Sie fährt, als wäre der Teufel hinter ihr her, sie fährt bei Tiefgelb über die Ampeln, dem Himmel sei Dank passiert nichts, sie will so schnell wie möglich nach Hause und sich in ihrem Bett verkriechen.

Aber als sie dort ankommt, geht es ihr kein bisschen besser, und sie erkennt schlagartig: Es ist nicht mehr ihr zuhause, sie fühlt sich nicht mehr wohl dort, zu viele Gespenster bevölkern die Wohnung. Elende Gespenster, die von Liebe sprachen und die sie dann verraten haben. Nein, sie muss weg von hier, aber wohin? Jessi weiß noch gar nichts, sie hat keine Ahnung von der Schwangerschaft und natürlich auch nicht von Chris’ Reaktion darauf. Anna und Markus kommen überhaupt nicht in Frage, die haben schon das Scheitern ihrer Beziehung mit Exfreund Oliver erlebt, und sie sind so ein glückliches Pärchen, sie würden ihr Problem gar nicht verstehen, sondern bestimmt drüber faseln, dass alles gut wird oder so... Und Ralf ist so lieb, er ist viel zu lieb. Er würde ihr wieder Mut machen wollen, würde von einer gemeinsamen Zukunft reden – und das, nein nicht das, es wäre im Moment unerträglich.

Also gibt es nur eines. Irma packt hastig ein paar Sachen zusammen und verlässt dann fluchtartig die Wohnung.

 

Fortsetzung folgt

 

Alle IRMA-CHRIS-Geschichten befinden sich auf meiner Homepage unter: SHORTSTORIES>>>   bis auf diese natürlich ;-))

Alle Irma-Chris Geschichten sind auf meiner Homepage, und zwar dort:
http://ingridgrote.de/html/bucher.html
Ingrid Grote, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.09.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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