Elke Lüder

Zweimal Hexentanzplatz oder Wie bewältige ich meine Ängste

 Der Hexentanzplatz Klappe die Erste.

Eine weitere Kindheitserinnerung die ich gern auffrischen wollte während meiner Hochzeitsreise.
Anhaltend schönes Wetter  begleitete uns im Urlaub, so auch an diesem Tag.
Vorgenommen hatten wir uns einen Besuch des Hexentanzplatzes. Meine Erinnerungen waren an den Hexentanzplatz nur noch ganz gering. Manches kam wieder bei Besuchen der "alten" Orte zum Vorschein, machte sich breit und zeigte mir das die Erinnerungen nur ein wenig verstaubt waren.
Bald schon waren wir in Thale angekommen und suchten uns einen Parkplatz. Es gab drei Möglichkeiten den Hexentanzplatz zu erkunden. Die Hochfahrt mit der Seilbahn, eine fahrt mit dem Auto und den Rest dann zu Fuß oder ein kompletter "Aufstieg".
Wieder waren mir meine Ängste im Weg. Seilbahn kam für mich nicht in Frage. Warum ich die Fahrt mit dem Auto nicht gewählt habe weiß ich nicht mehr. Also blieb nur der Aufstieg.
Beide hatten wir Rucksäcke dabei, denn am Morgen konnten wir uns am Frühstücksbüfett konnten wir uns für den Tag immer Proviant mitnehmen, Obst, Brötchen und zu trinken war also immer unser Begleiter. Auf ging’s. Ich war mir wohl bis zu dem Zeitpunkt nicht Bewusst was ich mir da zumutete. Noch heute muss ich an die Erinnerung daran schmunzeln. Nun, ich bin nicht grad schlank. Bedeutet dass ja dann auch das ich mehr Masse als manch Anderer in Bewegung  setzen muss. Aber ich wandere gerne und rad fahren gehört auch zu meinen Hobbys, also tat ich das ganze mit einem Achselzucken ab und meinte nur so, Elke das schaffst Du schon. Aber, ich hatte wohl eines nicht bedacht ;) den Aufstieg, die Abhänge, Abgründe und teilweise sehr schmalen Wege.
Es gab zwei Wege und wir wählten den vorbei Aussichtsturm.

Sonne satt und warm. Zum Anfang war’s noch recht locker, der Weg normal und der Anstieg noch nicht so fürchterlich steil. Aber schon bald wurde der Weg steiniger, steiler und auch immer schmaler, rechts von mir die Abgründe immer tiefer. Für jemanden der Ängste hat sind ja schon Balkonhöhen aus dem ersten Stock riesige Bewältigungen.
Mein Mann war toll, wieder und wieder stellte er sich an die Anhänge breitete seine Arme aus so dass ich mich "vorbeischleichen" konnte.
Zwischenstopp, der Aussichtsturm. Na für mich kam der ja nun so gar nicht in Frage. Einige Stufen schaffte ich ja noch aber dann nahm die Angst mich doch gefangen. Für meinen Mann war es ein Klacks den Turm zu besteigen, von oben rief er immer wieder wie schön es doch sei und die Aussicht könne man einfach nur genießen, nun ja, es machte ihm eben auch Spaß mich ein wenig zu fordern. Aber er konnte mich nicht locken. Ich wusste ja was uns noch bevorstand... einige Meter Aufstieg bis zum Hexentanzplatz. Wieder und wieder breitete mein Mann die Arme aus, mir lief der Schweiß, nicht nur vom steilen Aufstieg... es roch nach Angst. Immer wieder blieben wir stehen, ich musste schon über meine Angst lachen und irgendwie wurde mir immer wohliger. Ich fühlte mich nicht mehr so ängstlich wie noch am Anfang unserer Wanderung. Ich genoss so manchen Ausblick zwischen den Bäumen hindurch. Plötzlich Regen, na prima. Aber so fielen auf meiner braunen Bluse die Schweißflecken nicht mehr auf die sich rundum breit gemacht hatten.
Wieder und wieder mussten wir über meine Ängste lachen und ich fragte meinen Mann ob er sich sicher sei das oben auf dem Hexentanzplatz nicht Kai Pflaume mit seinem Team stehen würde. Damals lief so eine Sendung wo Leute ihre Ängste bewältigen konnten. Ich hätte das meiner Familie zugetraut. Schon bald erreichten wir dann das Bergtheater und es gab nur noch wenige Meter die uns vom eigentlichen Hexentanzplatz trennten.
Nun sah man auch mehr Menschen, und ich war froh dass der Regen meine Bluse fast durchnässt hatte. Es schien die Sonne und ein kleiner Regenbogen war auch zu sehen. Nur kein Kai Pflaume, dabei fand ich nun fast Gefallen an dieser Idee. Hatte ich doch einiges gemeistert beim Aufstieg.

Auf dem Hexentanzplatz traf mich dann fast der Schlag. Wo? Wo ist denn nun meine Kindheitserinnerung? Verstellt mit Buden und Büdchen und jeder Menge Kommerz. Diese Kindheitserinnerung gab es also nicht mehr. Ich war sehr enttäuscht. Vom Hexentanzplatz ist nicht mehr viel übrig.

Wir schauten uns um, sahen uns alles an und bald schon hieß es Abstieg. Aber da war ja noch die Seilbahn und ich muss sagen, ich war ziemlich groggy.
Überwinde ich meine Angst? Oder steige ich ab? Versuch macht Klug. Ich kann mich entsinnen an Fahrten aus meiner Kindheit und da waren die Gondeln immer sehr voll. Wir hatten eine für uns, sogar mit Sitzplatz. Also neu, denn damals musste man noch stehen. Mein Mann setze sich so dass er während der Fahrt nach unten schauen konnte, ich saß so dass  ich den Blick nach oben hatte. Ich kann mich entsinnen das mir mal jemand geraten hatte, versuch immer geradeaus zu schauen. Aber wozu? Meine Augen waren geschlossen. Ich hörte nur wieder und wieder meinen Mann schwärmen und ich blinzelte dann doch irgendwann ein wenig und stellte fest dass ich herrliche aussichten verpassen würde wenn ich weiter die Augen zulassen würde. So genoss ich nun die restliche Fahrt und sah mir die Umgebung und den von mir "bezwungenen" Berg an.

Unten angekommen fragte ich meinen Mann ob wir nun noch mal hinauffahren würden. Seinen Blick werde ich nie vergessen. Erstaunen und Stolz gemischt mit einem Schmunzeln.

  Zwei Jahre später! Hexentanzplatz  Klappe die Zweite


Das was ich an diesem Tag geleistet hatte, wurde mir erst viel später bewusst als wir mit meiner Mutti eine Reise in den Harz unternahmen. Auf Grund ihrer Erkrankung wählten wir die Auffahrt mit dem Auto. Oben angekommen musste ich mit Stolz zurückdenken wie  ich vor Jahren den Berg bestiegen habe. Und ein spätes Eigenbewusstsein  erfüllte mich. Denn dieses  "bezwingen" war ein Erfolg für mich.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.10.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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