Ulla Meyer-Gohr

MACHT EURE KINDER NICHT ZORNIG !

 

Eine tiefliegende Novembersonne begrüßte den Tag. Der Geruch von aufgeworfener Erde erfüllte die Luft. Zwei graue Gestalten standen zwischen kahlen Bäumen,Grasssoden,braunem Laub und einer Reihe errichteter Holzkreuze.

   " Weißt du schon, was du beerdigen willst ?" Marcus musterte den Neuen. Seine Aufgabe war es die Einführung zu übernehmen.

   " Nein, wozu ?"

Der Ankömmling spuckte trotzig auf die Erde und las die Aufschrift des Kreuzes, welches zwischen ihnen stand.

                                       MARKUS  FAHRENHOLZ  1. 06. 2003

   " Das solltest du aber und wenn es ein Knopf, verbunden mit einer deiner Geschichten ist. Sonst wirst du nie wieder den Weg in die Freiheit finden !"

Eine Pause entstand.

   " Was hast du ins Grab gelegt ?" fragte Dennis Marquart, der Neue.

   " Alles - die Drogen - das Klauen - die Körperverletzungen - niedergeschrieben auf Papier - nie wieder - ganz tief in der Erde vergraben !"

   " Und du meinst das hilft ?" Dennis lächelte zynisch.

Der Andere trommelte mit dem Zeigefinger gegen seine Brust.

   " Siehst du, das ist der Anfang, wegen guter Führung, nach zwei Monaten, das blaue T - Shirt. Kannst du auch bekommen. --- Weshalb bist du eigentlich hier ?"fragte Marcus den Neuen.

   " Raub - Drogen - ähnlich wie du. ---- Wie alt bist du Fahrenholz ?"

   " 14 und du ?"

   " 15," antwortete Dennis gedämpft.

Beide holten tief Luft. Ihnen war kalt. Sie sahen ihrer Atemwolke nach, die sich langsam auflöste.

   " Also, überleg' s dir - das Vergraben - meine ich !"

 

Die Szenerie spielte sich ab in einer Einrichtung für straffällig gewordene Jugendliche, bei denen eine nächste Straftat unweigerlich in eine Gefängnisstrafe mündete. Die Helfer dieser Institution führten einen täglichen Kampf gegen Agression und Brutalität. Zweck dieser Anstrengung: Disziplin, ein normaler Umgang mit Menschen und erlernen von redlicher, täglicher Arbeit. Sie sollten zu einem normalen Bürger erzogen werden. Eine psychologische Betreuung gehörte ebenfalls dazu. Das Denken um Gewalt mußte aus den Köpfen dieser Jugendlichen. Keine leichte Aufgabe !

 

Der Frühling kam.  Die Welt schien wieder freundlicher zu werden. Zarte Knospen der Hoffnung sprossen aus manchem Unterbewußtsein. Dennis klopfte sich die Erde von der Kleidung und suchte sein blaues T - Shirt ( wegen guter Führung ) nach Erdresten ab. Er betrachtete daraufhin sein frisch errichtetes Holzkreuz und das Grab der lästigen Erinnerungen.

   " Hoffentlich, verliere ich das T - Shirt nicht so schnell wie Markus !"

Rückfällig geworden schnüffelte Marcus Fahrenholz an irgendwelchen Klebstoffen und verlor somit sein T - Shirt.

   " Ob ich wohl jemals die Freiheit erlange, um ein normales Leben führen zu können ?"

Die leidigen, schmerzhaften Familiezerwürfnisse hatte Dennis bereits symbolisch vergraben.          

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