Elke Lüder

Ältersein oder Die andere Seite des Humors

 Der Mittwoch war nicht nur voller Humor, er hat mir auch eine andere Seite gezeigt und durch Ilses Gedicht "Älterwerden"  sind die Gedanken wieder da.

Schon bei unserem Mitfahrer war niemand da. Ihn brachte die Taxifahrerin auf die Dialysestation. Nun gut, kenne die Umstände nicht. Vielleicht hat er ja wirklich niemanden, vielleicht aber auch nutzt seine Frau die Zeit um "unbeschwert" Einkäufe machen zu können. Wissend das ihr Mann ja gut aufgehoben ist im Klinikum.

Aber dann dort in der Augenarztpraxis waren viele die einfach nur "abgeliefert" wurden. Aus eigenen Erfahrungen weis ich das es nicht immer möglich ist da zu sein. Aber gerade solche Termine nehmen wir ernst und sind für Mutti da.

Ort; Wartezimmer der Praxis für ambulante Augen Op´s

Mutti war die erste und inzwischen schon im Vorbereitungsraum. Somit hatte ich Zeit. Viel Zeit.
Ich fühlte mich deplaziert, "platzwegnehmend", beobachtend. Aber das tat ich ja auch. Was ich beobachten konnte tat weh. Zeigte mir wieder mal die "Neue Zeit". Die "schnelllebige" Zeit. Die "gefühllose" Zeit.
 
Viele der Patienten wurden nur gebracht. Abgeliefert. Aus den Gesprächen konnte ich dann entnehmen das sie alle das Angebot der Praxis angenommen haben, die Nacht in der Pension zu verbringen. Dort gab es eine Art "Nachsorgebetreuung" und Weckdienst sowie Vollverpflegung bis zum nächsten Morgen.
Die Verabschiedungen von den Angehörigen fielen unterschiedlich aus. Mal sehr herzlich, mal weniger. Aus den Verabschiedungen konnte man allerdings den Verwandtschaftsgrad nicht ganz zuordnen.

Eine Begebenheit blieb mir besonders im Gedächtnis haften.

Eine große alte Dame mit Gehstock in Begleitung von einem Mann und einer Frau. Kleiner und jünger als sie. Und ihre Gesichter verbiestert. Die Dame strahlte Angst, Unsicherheit und Verzweiflung aus. Aber auch Größe. Nicht nur vom Wachstum!
Die beiden Jüngeren hatten keine Ausstrahlung! Der Mann gab sich wenigstens die Mühe und half der Dame ihre Jacke auszuziehen. Er drückte diese der jüngeren Frau in die Hand, sie hatte schon mit einer Abneigung die Tasche hingestellt. Ich muss gestehen meine Blicke blieben an den drei hängen. Gespannt wie es weiter geht beobachtete ich nun wirklich!
Der Mann ging an die Rezeption und stellte Fragen, dadurch konnte ich entnehmen das ER der Sohn war.
Die beiden Frauen schauten sich weder an noch wurde ein Wort gewechselt. Die Schwiegertochter sah nicht mal das sich am Halstuch der Dame ein Haarnetz verfangen hatte. Sie schaute verbissen und auch immer an der "Mutti" vorbei. Keine Regungen, sie musste doch die Angst und Unsicherheit der alten Dame spüren?!
Sohnemann lies sich die Telefonnummer der Pension geben, das zeigte schon das er sich keineswegs mal die Unterlagen angesehen haben kann, denn dort war alles ausführlich und verständlich beschrieben.
Dann kam er wieder zu Mutti, erklärte ihr das er am nächsten Tag in der Pension anrufen würde und dann entscheidet wie es weiter geht!
Mein Denken; "Weiter geht? Hallo! Kerl wie wär’s mal Deiner Mutti aufmunternde Worte zu sagen!!!"
Er nahm die Jacke, sagte Auf Wiedersehen...   na wenigstens was, dachte ich nur.....   kein Händedrücken, kein gutes Wort!
Und die Schwiegertochter?! Mir stockte der Atem! Ich war selbst zweimal Schwiegertochter, kenne also die Tücken und diese typischen "Schwiegergesichter"... aber soviel Kälte hab ich bisher noch nie erlebt. Sie stand einfach nur auf und ging.
Er hängte noch die Jacke auf.
Abgegeben. Ohne Gefühle abgegeben.
Wie die Jacke an der Garderobe.


Ort; Wartezimmer der Untersuchungspraxis
Zeit; Nächster Tag

Alle Pensionsbewohner tauchten so nach und nach auf, auch die Dame. Gerade sie wollte ich sehen. Und ich sah und hörte
eine lebhafte aufgeweckte Frau. Die nun keine Angst mehr zeigte, keine Unsicherheit.
Sie hatte Anschluss gefunden bei den anderen Patienten. Sie fühlte sich wohl in deren Mitte. Und sie plauderte mit ihnen. Sie war sich deren Hilfe bewusst.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.10.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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