Achim Müller

Das Bild

Am Samstagmorgen, war ein riesengroßes Geschrei auf dem Flur. "Gib her, Nein, doch, hier, fang doch, schnapp es dir, hört doch auf."
Ich schaue auf den Flur hinaus. Die Jungs draußen auf dem Flur, schmissen sich irgendetwas gegenseitig zu, und der Johannes lief immer hin und her, und versuchte es abzufangen.
Alle hatten ihren Spaß dabei, und der Johannes war den Tränen nah. "Gebt das her, bevor ihr das kaputt macht", rief er. Die anderen verhöhnten ihn nur", hol es dir doch, lauf nur". Aber sosehr er sich bemühte, er schaffte es nicht.
Ich schaute nach, was hatten die denn da von ihm? Einen Schuh, oder deine Baseball Kappe? Nein es war ein Bilderrahmen, mit einem Postkartengroßen Bild, welches Ihn mit einer Frau und einem anderen Jungen zeigte. Johannes war fast 11 Jahre alt. Das Bild zeigte den Johannes, als er ungefähr 8 Jahre alt war, seine Ex Pflegemutter und ein anderes Pflegekind von derselben Pflegemutter.
Johannes hatte es mir mal erklärt. Seine richtige Mutter hatte er nicht mehr in Erinnerung, er kam ist Heim, als er nicht ganz 2 Jahre alt war. Seine Ex Pflegemutter hatte ihn dann als er 3 Jahre alt war in einem Krankenhaus kennen gelernt und in Pflege genommen. Später kam dann der andere Junge auch hinzu. Er war 4 Monate älter als Johannes. Sieben Jahre lang, wahren die beiden Jungs und die Pflegeeltern eine glückliche Familie. Er kam in den Kindergarten, und von dort in die Grundschule. Seine Pflegeeltern hatte er sehr gemocht. Eigentlich hatte er schon vergessen, dass er nur ein Pflegekind war. Nur sein anderer Nachnahme erinnerte daran. Den anderen Jungen hatten die Pflegeeltern bereits adoptiert, der hatte bereits den Nachnahmen seiner Pflegeeltern. Nur bei Johannes gab es Schwierigkeiten, seine Pflegeeltern schafften es nicht ihn zu adoptieren, weil es mit seinen Papieren Probleme gab. Seine richtigen Eltern hatten irgendetwas nicht unterschrieben, und der Typ von Jugendamt, der sein Vormund war, wollte die Adoption nicht.
Vor einem Jahr, nahm dann die Katastrophe seinen Lauf. Seine Pflegeeltern stritten sich immer häufiger, und ließen sich letztendlich Scheiden. Für Johannes ist da die Welt zusammengebrochen. Erst haben sich seine Pflegeeltern, die er beide sehr lieb hatte, gestritten und getrennt. Sein Pflegevater ist dann aus dem Haus ausgezogen. Wenige Wochen später, hat dann seine Pflegemutter ärger mit dem Pflegekinderdienst vom Jugendamt bekommen. Hauptsächlich wegen der Scheidung. Seine Pflegemutter hat dann die Pflege von Johannes verloren, obwohl Sie wochenlang gekämpft hatte. Der Johannes kam dann in unsere Gruppe ins Heim. Der andere Junge ist bei ihr geblieben, der war adoptiert. Johannes hat dies nie verstanden. Er liebte seine Pflegeeltern, beide.
Auch warum er nicht bleiben durfte, das hat er nicht begriffen. Er sagte, sein Vormund ist ein "Arsch mit Ohren". Beim HPG weigerte sich Johannes teilzunehmen, weil der Vorstand da war, den wollte er nicht sehen.
Seine Ex Pflegemutter besucht ihn noch oft im Heim. Möglicherweise heirate sie wieder, hofft Johannes, dann nimmt sie ihn wieder mit nach Hause.
Das Bild hatte er erst neben seinem Bett stehen, als er deswegen ausgelacht und gefoppt wurde, hat er es am Kopfende seines Betts unter die Matratze gelegt.
Nun hatten es die anderen gefunden, und schmissen es hin und her.
Und er, er rannte hin und her, um es zurückzubekommen. "Gebt endlich her", schrie er.
Der Lärm hatte eine Erzieherin allarmiert. "Halt, Stopp!, was ist hier los?", rief Sie.
Klatsch, Klirr, fiel der Bilderrahmen auf den Boden. Der den fangen sollte, hatte nicht mehr zugegriffen.
Mit Tränen in den Augen, schnappte sich der Johannes den Zerbrochenen Rahmen mit dem Bild.
Die Erzieherin, die die Situation nicht geschnallt hatte, schnappte sich nun ausgerechnet den Johannes. "Kannst du mir erklären, was ihr hier treibt?", schnauzte sie ihn an. "Was hast du da weggesteckt?" "Gib das sofort mal her!" Johannes war nun außer sich. "Fick dich!", schrie er die Erzieherin an, die versuchte ihn zu schnappen. Er rannte die Treppe runter, öffnete die Haustür und rannte raus.
Die Erzieherin brauchte fast eine halbe Stunde die Situation zu klären.
Nun war aber der Johannes weggelaufen, er hatte nur einen Pullover an, und keine Jacke mitgenommen. Und es war mittags, der 7. Dezember und es war minus 2 Grad draußen.
Erst wollte alle raus, und den Johannes suchen. Nix da, entschieden die Erzieher "Keine Treibjagd".
Nun hatte einige aus der Gruppe ein schlechtes Gewissen.
Der Johannes kam aber nicht zurück. Später am Abend, wurde er dann bei der Polizei als abkömmlich gemeldet.
Aber keine Spur von Johannes. Einige Erzieher sind dann in die Stadt gefahren und haben einige bekannte Orte abgesucht, ohne Erfolg.
Nach 22:00 Uhr musste ich dann auch ins Bett. Am nächsten Morgen war er aber immer noch nicht da.
Aber dann kam ein Anruf, ein Busfahrer hatte den in der letzten Nacht gegen 2:00 Uhr in einem Bus aufgelesen. Er hatte bei dem zu Hause übernachtet, und er würde den vorbeibringen.
Wir haben zwar nach einem Bus Ausschau gehalten, aber die Busfahrer sind dann doch mit einem kleinen Opel von den Verkehrsbetrieben vorbei gekommen.
Die haben den Johannes einige Städte weiter schlafend in einem Bus gefunden. Einer der Busfahrer hatte dann die Polizei informiert, und den Johannes über Nacht, zu sich nach Hause mitgenommen, weil der nicht zur Polizei wollte. Die hatten nämlich dort noch keine Vermiestenmeldung.
Der Johannes hatte dem dann alles erzählt. Auch seine Ex Pflegmutter ist dann noch gekommen, die hat man angerufen, weil man dachte, der Johannes währe auf dem Weg zu ihr. Dahin wollte er zwar auch, aber hat es nicht geschafft.
Die Gruppe wurde dann dazu verdonnert, den Bilderrahmen aus der Gruppenkasse zu ersetzen. Allen Beteiligenten wurden Punkte abgezogen, einige bekamen minus Punkte.
Die Punkte werden in der Gruppe unter anderem für gute Leistungen und / oder gutes Betragen vergeben. Diese kann man dann gegen Vergünstigungen, wie Fernsehzeiten oder Internetnutzung eintauschen.
Johannes hofft immer noch auf eine Rückkehr zu seiner Pflegemutter. Wenn sie nur wieder Heiraten würde. Oh, wie beneidet er den anderen Jungen, warum nur, wurde er nicht rechtzeitig adoptiert. Aber sein Bild, das hatte er gerettet. Noch mal wegnehmen lassen, würde er sich das nicht.

Ach ja, ein HPG ist ein Hilfe Plan Gespräch, wer im Heim aufwächst, weiss so etwas.

Schaut euch auch:

http://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?2697

und

http://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?2600

und

http://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?2538

an.
Achim Müller, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.12.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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