Ulla Meyer-Gohr

Das Geschenk

Das Motorengebrumm eines Autos durchbrach die morgendliche Stille einer Ortschaft. Gero Bunt konnte sich nicht erinnern je so früh aus den Federn gekrochen zu sein. Jetzt ein absolutes Muss für das Gelingen der Ballonfahrt. Vor Sonnenaufgang galt es die Kraft der Thermik zu nutzen. Schon zweimal kam eine Absage. Wegen ungünstiger Wetterverhältnisse hieß es. Für Heute gab der Wetterbericht grünes Licht und hielt sein Versprechen. Der Frühaufsteher steuerte den Kieckeberg an. Nochmals studierte Gero Bunt den Orientierungsplan. Beim-Sich-Vorbeugen spürte der Mann den Geschenkgutschein in der Jackentasche.

   " 35 Jahre Gymnasium !"

In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, er konnte als Direktor und Mensch nicht versagt haben. Zu seiner bevorstehenden Pensionierung überraschte die Schule mit der Erfüllung seines Kindheitstraumes, einmal mit dem Heissluftballon fahren.

Hinter einer Baumgruppe öffnete sich ein weiter Blick über Wald und Feld. Hier musste es sein. Gero suchte einen Parkplatz am Rande der Wiese. Der Geruch von Hochsommer lag in der Luft. Einen Moment sog er die Eindrücke in sich auf, dann näherte sich der Mann den Vorbereitungen. Sie liefen bereits auf Hochtouren. Durch Fachkenntnisse des Piloten kam alles zügig voran. Langsam entwickelte sich Leben in den ca 5000 Kubikmeter Volumen. Aufgebläht wie ein Kugelfisch pendelte der Ballon samt Einstiegskorb am Boden. Seine Dekoration erinnerte an Wachspapier, daß die Innenseite eines alten Buches schmückt.

   " Ehepaar Kracht, Ehepaar Melling, Herr Bunt. - Ich bin ihr Begleiter, Heiko Müller," stellte der Pilot die Mitfahrenden vor. Etwas unterkühltes gegenseitiges Händeschütteln. Die frühe Morgenstunde saß noch allen in den Knochen. In diesem Moment machte sich ein Fauchen sowie eine Flamme aus dem angebrachtem Brenner bemerkbar. Die kalte Luft, die den Ballon füllte, wurde erwärmt. Er fing an zu tänzeln und hob vom Boden ab samt Weidenkorb. Einige Zentimeter schwebte der Koloss über der Erde und versuchte auszubrechen. Plötzlich verlief die Vorbereitung sehr schnell. Der Einstieg, Platz-Zu-Weisung, lösen der Verankerungstaue. Mit einer guten Eigendynamik stieg der Gigant ca. 400 m senkrecht in den Himmel.

   " Guten Flug ! Pardon ! Hier spricht man von Fahrt ! Das kostet eine Runde !" korrigierte Gero Bunt sich selbst und sah in Gesichter, die merklich blasser geworden, den Aufstieg noch verkraften mussten.

An diesem Sommertag brachte der Zufall fünf Menschen zusammen, um in den Lüften ihr spezielles Ereignis zu feiern. Ein zwanzigjähriges Firmenjubileum der Krachts, der Anfang eines gemeinsamen Lebens von Mann und Frau der Mellings und der Abschluss eines Berufslebens des Direktor Bunt. Die Verantwortung ruhte auf den Schultern des Piloten Heiko Müller.

Langsam fuhren sie in Richtung Buxtehude. Die Fahrt bestimmte der Wind. Eine direkte Steuerung war nicht möglich. Jeder spürte die Besonderheit dieses Augenblicks. Unbeschwertheit ergriff Gero Bunt. Die Auswirkung machte sich durch ein grenzenloses Freiheitsgefühl bemerkbar. - Eigentlich ein Glückspilz ! - Das Schicksal bescherte ihm eine prächtige Frau, zwei gut geratene Kinder, einen Beruf, den er liebte, - Nun sollte sich auch noch ein alter Kindertraum erfüllen !

Die Fischbeker Heide lag unter Ihnen. Sie blickten auf eine Miniaturwelt. Zwei Radfahrer entdeckten die Ballonfahrer winkten mit den Taschentüchern  hinauf. Machten sich einen Spaß daraus den Koloss zu begleiten. Über allem die Sonne, die alles in eine freundliche Helligkeit tauchte.

   " Ein irdisches Paradies, finden sie nicht auch ?" meinten die Krachts versonnen. Zustimmendes Nicken. Heiterkeit verbreitete sich.

Eine Stunde dauerte bereits die Fahrt. Der Ort Buxtehude tauchte im Hintergrund auf. Sie steuerten die große Wiese an, die der Ortschaft am nächsten lag. So ungern die Reisenden zur Kenntnis nahmen, das Ziel lag unter ihnen.

" Achtung, ich leite die Landung ein. Durch erkalten der Luft sinken wir !"

Der Pilot zog an der Leine um den Parachutes im oberen Teil des Bollons zu öffnen. Korb, Mensch, Material alles landete in dieser ungefähren Reihenfolge  auf einem Fleck. Jeder versuchte sich aus dem Gewusel zu befreien.

   " Alles okay ?"

Unter Gelächter und necken wurde die Ordnung der Gruppe wieder hergestellt. Erschöpft, aber glücklich, erreichten die Pioniere das Begleitfahrzeug unter den Bäumen.

   " Abgemacht ! Es gibt eine Wiederholung ?"

Mit Begeisterung nahm die Allgemeinheit den Vorschlag an.  

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