Gerhard Christandl

Ein Tag in meinem Leben

Ein Tag in meinem Leben 

 

                                        Kurzroman      

 

                                                                                von Gerd Chris

 


Ein strahlender Morgen kündigt einen schönen,aber kalten
Tag an.
Es ist ein klirrender Novembertag,die Stadt liegt noch im Schlaf.
Die Spitzen der Berge sind bereits in Schnee gehüllt,die Bäume haben ihre Blätter verloren und erwarten jeden Tag den Winter.
Es ist die Ruhe und Anspannung vor etwas neuem,vereinzelt sieht man Menschen auf der Strasse.
Die Parkplätze vor den Häusern sind noch besetzt,die Scheiben der Autos mit leichten Reif überzogen.
Im Haus Nummer 16 herrscht bereits reges Leben,ein Mann und seine Tochter sitzen um den Frühstückstisch.
Lustlos rühren sie den Kaffee um,die Brötchen bleiben unberührt,keiner hat Appetit,die Atmosphäre ist gespannt.
Vater und Tochter sehen sich an und bekümmert scheinen sich beide Sorgen um die Zukunft zu machen.
Tanja das neunzehnjährige Mädchen ,bricht das Schweigen,ihre dunklen Augen blicken den Vater traurig an, ihr blondes glattes Haar liegt ihr uber den Schultern und glänzt im Lampenschein wie Gold.
Sie räumt den Frühstückstisch und mahnt den Vater zum Aufbruch.mit stolzem Blick betrachtet er seine Tochter und plötzlich kehren seine Gedanken 27 jahre zurück...:


Er ist angenehm berührt von seiner Ehe,denkt intensiv an seine Frau,die ihm vier Kinder geschenkt hat,der Mann blickt das Mädchen an und es kommt ihm die Realität zu Bewustsein,sie ist die Einzige,die noch bei ihren Eltern wohnt und sein ganzer Stolz ist.
Seine Erinnerung führen ihn zu ihrer Kindheit zurück: er sieht die Bergtouren vor sich, die sie gemeinsam machten und denkt an die Gipfelbücher,welche sie beinahe süchtig mit Reimen beschrieb.
Und er sieht sich schnell an ihr Kinderbettchen eilen,als die Mutter ihn vom Geburtstagsfest eines Freundes heimholte,weil sie nicht mehr wußte,wie sie das Kind beruhigen sollte.
Glücklicherweise hatte er die Telefonnummer hinterlassen,er sah sich die Treppe zur Wohnungstür hinaufhetzen,die Angst machte seinen Atem schneller,ein beklemmendes Gefühl durchrann ihn,als seine Frau die Türe öffnete,war ihr Blick ratlos und furchtsam.

 


Sie war eine sehr schöne Frau und man merkte nicht,daß sie bereits vier kinder zur Welt gebracht hatte,ihre blaugrünen Augen und die zarten Wangen wurden von ihren blonden gewelltem Haar umrahmt,ihre großen weichen Lippen luden zum küssen ein,die langen schlanken Beine waren durch einen kurzen blauen Rock verdeckt.
Wahrlich sie war eine bildhübsche Frau die mit 30 Jahren so richtig aufblühte,sie trug das Kind am Arm und schaukelte es leicht.
Er nahm ihr sanft das Kind aus der Hand,bettete es an seinen Oberkörper,mit der rechten Hand faßte er die kleinen Händchen,er streichelte ihr Gesicht und redete beruhigend auf das Kind ein.
Von einer Minute zur anderen hörte das Baby mit dem Weinen auf,ein paar sekunden später ,schlief es mit einem leichten zittern tief und fest ein.
Dankbar blickte seine Frau ihn an und entschuldigte sich,daß sie sein Fest gestört hatte.
Aus weiter Ferne nimmt er die Stimme seiner Tochter wahr,die ihn abermals zum Aufbruch mahnt.
Gedankenverloren steht er auf,bindet seine Krawatte zurecht,schlüpft in seine schwarzen Schuhe und betrachtet sich im Spiegel....
Die Figur, die ihm mit den dunkelbraunen Augen aus dem Spiegel entgegen lächelt,befriedigt ihn.....:
Er ist von mittlerer Statur,das leicht gewellte dunkelbraune Haar, betont seinen von der Sonne gebäunten Teint,die goldfarbene Brille umrahmt seine leichte Hakennase,sein Gesicht verät Wärme und Humor,mit 34 hat er eine sportliche Figur und der durchtrainierte Körper, erregte manch weibliche Person aus dem Bekanntenkreis,doch er liebte nur seine Frau und Kinder und fremdgehen war für ihn kein Thema !!
Es sind nur noch wenige Schritte bis zu Strassenbahn,auf den Strassen herrscht mittlerweile hektisches Alltagsleben.

.
Verschlafene Menschen schauen auf,manche murmeln einen kaum hörbaren guten Morgen Gruß,wogegen andere mürrisch zu Boden blicken.
Junge Männer starren seine Tochteran,die einem schon fast Model gemäß,in hochhackigen Schuhen,welche ihre schlanken Füße betonen,auf ihre Figur aufmerksam macht...! Ihr Vater registriert die Blicke mit einen
lächeln,nach kurzer Zeit steigen sie in den Bus um und erwischen gerade noch zwei Sitzplätze.....!
Bei der Endstation Krankenhaus,trennen sie sich,das Mädchen besucht die Mutter und verabschiedet sich vom Vater,welcher in der zwischenzeit die Cafeteria im Obergeschoß aufsucht,
Gedankenverloren setzt er sich an einen Tisch: sicherlich ist Tanja die Einzige der vier Kinder,die ihre Mutter besucht,obwohl alle Kinder ihre Mutter lieben,können sie wohl ebenso wie der Mann selbst der Frau nicht verzeihen,daß sie das Kind eines anderen Mannes unter ihrem Herzen trägt !
auch wenn alle Kinder sie besuchen würden ,wäre er keinem böse,ihn allein quält der Gedanke,warum sie sich im Krankenhaus aufhält.
Es ist nicht nur sein Gedanke an die Liebe zertrümmert,sondern auch sein männlicher Stolz auf nicht mehr wieder gutzumachende Weise verletzt.
Wie muß seine Frau wohl in Ekstase gewesen sein,sich mit einem anderen Mann sexuell einzulassen...!
Mit welchen Ausreden sie sich immer freigekämpft hatte und sich darauf vorbereitete fremd zu gehen,sie wollte mit ihren Freundinnen essen gehen,wollte ein Stück  Freiheit genießen,ging auf einen Nachmittags kaffee,sie fühlte sich eingesperrt,obwohl das konnten die Kinder und Verwandschaft bezeugen,er ihr alle Freiheiten gelassen hatte...!


In Wirklichkeit hatte sie die Macht innerhalb ihrer Beziehung,nur in wenigen Momenten hatte sie die (pflicht) der Ehefrau wirklich erfüllt.
Seine Gedanken quälen ihn schon seit Monaten,er weiß was Liebe ist .er spürt Seitenstechen in der Brust und ist Imstande ,das Brennen in der Herzgegend zu fühlen....,die Schmetterlinge im Bauch schwirren herum und bringen ihn um den Verstand,gedanklich gefangen ist er in den Nächten in denen er heimlich weint und dennoch der Druck am Herz sich nicht löst oder leichter wird...!!
Zwischenzeitlich allerdings meldet sich wieder sein verletzter Stolz,der ihm zu einer anderen Frau rät,die ihm hilft sie zu vergessen.
Der Gedanke daran lindert zwar für einen Augenblick seinen Schmerz,doch breitet sich das Gefühl der Leere und Hoffnungslosigkeit sogleich wieder aus,mit der Frustration nimmt er sein leeres Bierglas in die Hand und blickt mit Sehnsucht in eine heile Welt zurück;der Aschenbecher ist schon mit einigen Zigaretten gefüllt,ein Blick zum Aufzug holt ihn in die Realität zurück,seine Tochter ist von ihrer Mutter zurückgekehrt,das Mädchen bestellt schöne Grüsse von der schwangeren Frau,ein leises danke ist murmelnd zu vernehmen.
Dem Mann fröstelt leicht und er zieht den Mantel über,die beiden schlendern zum Bus und bewundernd stellt seine Tochter die Ruhe fest, mit der der Vater die Schwangerschaft seiner Frau durch einen anderen Mann aufnimmt...!

Er begleitet seine Tochter zum Zug der das Mädchen zu ihrem Freund bringen soll,sie ist glücklich mit dem jungen Mann,obwohl er sich für seine Tochter einen anderen Menschen vorgestellt hat,möchte er ihr Glück nicht trüben!!
Zu Hause angekommen geht er in die leere Wohnung,um ein wenig stimmung in die Stille zu bringen,dreht er den Fernseher an,doch kann er sich mit keinem Programm identifizieren und stellt wieder ab.
Plötzlich durchbricht das schrille Läuten des Telefons die Stille,seine Frau ruft vom Krankenhaus an und teilt ihm mit ,daß die ungeborene Leibesfrucht (8.woche) abgestorben ist und sie ihr morgen genommen wird !!

 



Schweigen beherrscht das Gespräch,sein Blick schweift in das Schlafzimmer in dem ein Doppelbett steht,wo sie in glücklichen Zeiten,sehr schöne Stunden verbracht haben,er hört sich noch Mitleid aussprechen und ihr viel Glück für die Operation wünschen,in seinem inneren wehrt er sich gegen aufkommende Gefühle,die Scheidung ist bereits beschlossene Sache.
Am liebsten aber würde er die Zeit zurück drehen zu jenen Augenblicken,in denen sie mit den Kindern glücklich waren und gemeinsam ihr Leben teilten und innigste Freude spürten !
Voller Wehmut denkt er an diese Momente zurück,er erinnert sich seiner Kinder und deren Übermut und wieder breitet sich die Leere und Hoffnungslosigkeit in seinem Herzen aus.
Obwohl es schon weit über Mitternacht ist,wird es dauern bis er Schlaf finden kann..!
Durch das Fenster erkennt er den Nebel des nächsten Novembertages und sieht darin seine Seele widerspiegeln,an Worte wie:ich will dich lieben,bis daß der Tod uns scheidet;glaubt er nicht mehr....!
erschöpft schläft er ein und hofft ,daß der neue Tag ihm mehr Kraft bringen wird....!!


                                                                 ENDE

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.10.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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